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Julia von Ah

Oliver Appenzeller

Gemeinnützige Stiftungen und Unternehmensstiftungen

Workshop zum Thema «Gemeinnützige Stiftungen und Unternehmensstiftungen» von Julia von Ah und Oliver Appenzeller anlässlich des ISIS-Seminars «Strukturierung des Privatvermögens mittels Trusts oder Stiftungen» vom 31. Oktober 2023.

11/2023
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(Einführungspreis)
im Shop erworben werden.
Alle Workshops der ISIS-Seminare sind einzeln in der Rubrik «Unterlagen» verfügbar.
Die Falllösungen und weitere Unterlagen können kostenlos im Shop bezogen werden.

Fall 1: Stiftung mit Medienfonds

1. Sachverhalt

X., 60-jährig, mit Wohnsitz in der Schweiz, plant, die Y. Stiftung mit Sitz in der Schweiz nach Art. 80 ff. ZGB mit einem Stiftungskapital von zunächst CHF 5 Mio. zu errichten. Weitere Einlagen von X. werden folgen. X. hat geerbt und ist kinderlos.

Die Stiftung ist als Verbrauchsstiftung mit einer Lebensdauer von grundsätzlich 25 Jahren konzipiert, maximal verlängerbar um 5 Jahre auf total 30 Jahre.

Der Zweck der Stiftung wird in Art. 2 der Statuten umschrieben mit:

Art. 2

Die Stiftung engagiert sich gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit. Die Stiftung errichtet und unterhält einen Medienfonds, der Beiträge zu sozialpolitischen Themen fördert.

Zu diesem Zweck unterstützt die Stiftung schweizerische und ausländische Nichtregierungsorganisationen und staatliche Einrichtungen namentlich in den Bereichen internationale Entwicklungszusammenarbeit, Gesundheit, Bildung und Menschenrechte. Sie kann auch eigene Projekte verwirklichen.

Ziel des Medienfonds ist es, finanzielle Unterstützungen bis zu CHF 10'000 pro Beitrag zur Deckung von Recherche- und Reisekosten für journalistische Beiträge in der Berichterstattung zu sozialpolitischen Themen zu leisten. Angedacht ist, jährlich bis zu CHF 150'000 für solche Beiträge zur Verfügung zu stellen. Journalistinnen und Journalisten sollen Unterstützungsbeiträge bei der Stiftung beantragen können. Der Stiftungsrat wird über die Anträge zur Förderung von Beiträgen entscheiden. Die Themenbereiches olcher Beiträge sollen sich im Bereich des Zwecks der Stiftung bewegen. Ziel ist es, dass auch zu Themen professionell recherchiert und geschrieben wird, die derzeit ausserhalb der täglichen Berichterstattung stehen und dennoch aus humanitärer Sicht wichtig sind und Aufmerksamkeit verdienen.

Frage

Die Y. Stiftung strebt eine vollständige Steuerbefreiung qua Gemeinnützigkeit an. Widerspricht das Betreiben des Medienfonds einer der Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit, oder kann sie den Medienfonds wie angedacht errichten und betreiben?

Fall 2: Stiftung erhält 100% Beteiligung an Personal HoldCo

1. Sachverhalt

X. mit Wohnsitz in der Schweiz ist alleinstehend, Anfang 70, und sehr vermögend. Er hält einen Teil seiner Kapitalanlagen in einer persönlichen Holdinggesellschaft, der Z. AG, mit Sitz in der Schweiz. Deren Verwaltungsratspräsident ist X. A., ein ehemaliger Vermögensverwalter mit Wohnsitz in Luxemburg, ist zweites Mitglied des zweiköpfigen Verwaltungsrates und berät die Z. AG bei der Vermögens­anlagestrategie.

Die Z. AG hält Streubesitzanteile an rund zwanzig börsenkotierten in- und vor allem ausländischen Kapitalgesellschaften; daneben hat sie als Limited Partner in über zwanzig ausländische Fund of Funds investiert und hält etliche Beteiligungen (zwischen 5 und 40% Kapitalanteile) an primär ausländischen Startups und ehemaligen Startups und gewährt auch Darlehen an Letztere. X. ist Board Member bei den meisten der Beteiligungen, an denen er eine Beteiligung von 10% oder mehr hält oder grössere Darlehen gewährt hat. Der NAV aller Anlagen zusammen beträgt über CHF 200 Mio. Die Z. AG ist vollständig eigenfinanziert.

X. ist kinderlos und möchte die 100% Beteiligung an der Z. AG noch zu Lebzeiten in eine gemeinnützige, neu zu errichtende Stiftung Y. Charity mit Sitz in der Schweiz einlegen, um damit das Stiftungsvermögen zu äufnen und sicherzustellen, dass die Stiftung jährlich Vergabungen zur Unterstützung gemeinnütziger Institutionen und Einrichtungen, die insbesondere auf karitativem, humanitärem, wissenschaftlichem, sozialem und medizinischem Gebiet tätig sind, tätigen kann.

X. soll Stiftungsratspräsident werden, A. dessen Stellvertreter und zuständig für die Anlagestrategie der Stiftung und B., einbefreundeter Anwalt, wird drittes Stiftungsratsmitglied und soll sich u.a. um Corporate Governance und Compliance-Aufgaben kümmern. Der Stiftungsrat soll auch fortan Einsitz nehmen in die Boards der bestehenden Beteiligungen.

Fragen

  1. Steht die 100% Kapitalbeteiligung an der Z. AG der subjektiven Steuerbefreiung wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke entgegen?
  2. Variante: Was ist, wenn die Stiftung ergänzend zum Grundsachverhalt nebst der Ausrichtung von Vergabungen selber direkt Impact Investing machen möchte und direkt in Startups (z.B. im Bereich der Erforschung des Rett-Syndroms oder bestimmten Nachhaltigkeitsthemen) investiert?
  3. A. und B. verlangen eine Stiftungsratsentschädigung von je CHF 12'000 p.a. und Spesenrückerstattung basierend auf effektiven Belegen, da sie etliche Geschäftsführungsaufgaben wahrnehmen, weil es keinen separaten Geschäftführer gibt. X. will für sich selber auf eine Entschädigung verzichten. Steht die Entschädigung der subjektiven Steuerbefreiung wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke entgegen?
  4. Alternative zu Frage 3: A. nimmt nicht Einsitz im Stiftungsrat, sondern bleibt einzig im Verwaltungsrat der Z. AG. B. wird neben X. einziges Mitglied des Stiftungsrats. Er erhält für die Stiftungsratstätigkeit pauschal CHF 5'000. Daneben soll er auf Auftragsbasis gegen einen Stundenansatz von CHF 300 sämtliche nahezu täglich eintreffenden Anträge auf Vergabungen prüfen und mit den Antragstellern in Kontakt treten bzw. diese ablehnen, in regelmässigem Kontakt mit den unterstützten Institutionen stehen, das Controlling des sachrichtigen Mitteleinsatzes bei den Empfängern von Vergabungen prüfen, das jährliche Vergabungsbudget erstellen, sämtliche juristischen Belange der Stiftung betreuen resp. gegebenenfalls mit externen Fachspezialisten koordinieren und weitere Geschäftsführungsarbeiten wahrnehmen, da die Stiftung keinen Geschäftsführer beschäftigt. Die max. Stundenzahl pro Jahr wird auf 100 h festgelegt (d.h. Kostendach bei CHF 30'000). Der Stiftungsratspräsident will sich soweit möglich auf Repräsentationsaufgaben und seine formellen Aufgaben beschränken.

Fall 3: Stiftung mit Immobilienbesitz

1. Sachverhalt

Die Stiftung P hat den statutarischen Zweck, denkmalgeschützte Liegenschaften zu erhalten und der Spekulation zu entziehen. Entgegen der statutarischen Zwecksetzung erwirbt die Stiftung jedoch nur ältere Gebäude in Randgebieten, welche keine denkmalpflegerischen Qualitäten aufweisen und keiner Schutzmass­nahme unterliegen (z.B. Getreidemühlen, Werkstätten, Wohnhäuser). Die Stiftung stellt den Erhalt der Bauten sicher und funktioniert diese teilweise auch um. Die Gebäude werden soweit möglich der Öffentlichkeit zur Besichtigung offengehalten. Da einzelne Bauten auch bewohnbar sind, können diese für ein kostendeckendes Entgelt zum Übernachten gebucht werden. Die restliche Finanzierung erfolgt über Spenden, den Verkauf einer Broschüre sowie Freiwilligenarbeit durch die Stiftungsräte.

Variante: Die Stiftung P ist effektiv gemäss der statutarischen Zwecksetzung aktiv und Eigentümerin von denkmalgeschützten Liegenschaften (kantonal als schützenswert eingestuft) in einer kleineren Altstadt in der Ostschweiz an bester Lage. Die Bauten konnten aufgrund einer ursprünglichen Spende des Stifters und hauptsächlich dank zinslosen Darlehen vom Stifter und verzinsten Darlehen von Dritten erworben werden. Die Liegenschaften umfassen Geschäftsräume, Restaurants sowie Wohnungen, welche durchwegs vermietet sind. Durch die Vermietung erwirtschaftet die Stiftung jährliche – wenn auch nicht übermässige – Überschüsse. Andere Einnahmen verzeichnet die Stiftung nicht. Aufgrund der guten Ertragslage konnten über die letzten Jahre Reserven geäufnet werden. Ferner stellt der Stifter ein weiteres Darlehen in Aussicht. Aus diesem Grund gedenkt die Stiftung, eine zusätzliche schützenswerte Liegenschaft zu erwerben.

Fragen

  1. Kann die Stiftung P wegen Gemeinnützigkeit von der Steuerpflicht befreit werden?
  2. Variante: Ändert sich etwas an der Einschätzung?

Fall 4: Unternehmensnachfolge über eine gemeinnützige Stiftung

1. Sachverhalt

A will kürzertreten und seine B AG so rasch wie möglich veräussern. Einen grossen Teil des Erlöses will er dabei einer gemeinnützigen Stiftung zukommen lassen. Hierfür gründet er mit einem Anfangskapital von CHF 300'000 die Stiftung Z, welche die finanzielle Unterstützung von armutsbetroffenen Personen und Familien bezweckt.

Mit der langjährigen Mitarbeiterin F hat er bereits eine Nachfolgerin bzw. Kauf­interessentin für die B AG gefunden. F möchte die Firma jedoch nicht alleine übernehmen und ist daher noch auf der Suche nach einem Geschäftspartner. A will nicht warten und veräussert 51% seiner Aktien an F. Die restlichen 49% überträgt er der Stiftung Z, wobei die Auflage gilt, dass die Stiftung Z die Aktien an den künftigen Geschäftspartner von F zum Verkehrswert veräussern muss.

Frage

  • Gefährdet die Übertragung der Anteile an der B AG die Steuerbefreiung der Stiftung Z?

Fall 5: Teilweise Steuerbefreiung

1. Sachverhalt

Die Stiftung X ist im Bildungsbereich tätig. Sie betreibt ein breites Kurswesen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene (Sprachkurse, Theaterkurse, handwerkliche Kurse, Weiterbildungen etc.). Die Kurse werden allesamt entgeltlich angeboten und die Lehrpersonen marktüblich entschädigt.

Aufgrund der aktuellen Flüchtlingssituation möchte die Stiftung X neu auch unent­geltliche Sprach- und Fachkurse für Flüchtlinge und generell für benachteiligte Jugendliche anbieten. Der steuerbefreite Verein P hat der Stiftung X hierfür grundsätzlich eine jährliche finanzielle Unterstützung zugesichert, damit die Lehrkräfte und sonstige Aufwendungen (Miete etc.) finanziert werden können. Der Verein P setzt für diese Zuwendungen aber die Steuerbefreiung der Stiftung X voraus. Im Übrigen hat die Stiftung bereits diverse Spenden von Privaten vereinnahmt.

Bedauerlicherweise lehnt die Steuerbehörde das Steuerbefreiungsgesuch der Stiftung X wegen Gemeinnützigkeit ab.

Fragen

  1. Weshalb verweigert die Steuerbehörde die Steuerbefreiung?
  2. Welche Vorkehrungen könnte die Stiftung X treffen, damit sie gleichwohl die Steuerbefreiung erhält und die finanzielle Unterstützung durch den Verein P gesichert wird?

Fall 6: Gemeinnützige Stiftung - Vergabungen ins Ausland

1. Sachverhalt

Die X. Foundation mit Sitz in der Schweiz hat folgenden Zweckartikel:

Die Foundation bezweckt die Unterstützung gemeinnütziger Institutionen und Einrichtungen im In- und im Ausland, insbesondere jüdische und israelische, die auf karitativem, humanitärem, wissenschaftlichem, kulturellem, sozialem und medizinischem Gebiet tätig sind und welche in einem Stiftungsreglement näher bestimmt werden können.

Die X. Foundation möchte grösstenteils Institutionen in Israel unterstützen. Dazu gehören hauptsächlich ein sich im Weiterausbau befindendes Hospital in Jerusalem oder Yad Vashem, eine Gedenkstätte für den Holocaust und dessen Opfer in Israel oder auch save a child's heart in Israel, ein medizinisches Projekt, bei dem Kinder mit Herzproblemen, die aus Entwicklungsstaaten stammen, wo die Herzchirurgie nicht besteht oder für diese Kinder nicht zugänglich ist, in Israel operiert und bis zur Genesung betreut werden.

Die X. Foundation möchte die Zuwendungen aus Kosten- und Monitoringgründen direkt ins Ausland an die Empfängerorganisationen machen, und nicht an eine "Fundraising" Einrichtung im Inland (z.B. Verein Schweizer Freunde des Yad Vashem).

Frage

  • Ist die X. Foundation bei den Vergabungen frei, 100% ihrer Vergabungen ins Ausland zu tätigen, oder muss sie einen bestimmten Anteil an Einrichtungen im Inland tätigen?

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