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Andrea Opel

Andrea Hildebrand

Vermögensstrukturierung mittels Trusts und Stiftungen

Workshop von Andrea Opel und Andrea Hildebrand anlässlich des ISIS)-Seminars vom 23. - 24. September 2024 mit dem Titel «Vermögensstrukturierung mittels Trusts und Stiftungen»

09/2024
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Alle Workshops der ISIS-Seminare sind einzeln in der Rubrik «Unterlagen» verfügbar.
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Fall 1a: Anerkennung von Stiftungen und Trusts, Zurechnung an den Stifter bei einer FL-Stiftung

1. Sachverhalt

A. mit Wohnsitz im Kanton Baselland hielt diverse Liegenschaften in Tschechien, welche er im Jahr 2007 in die von ihm gehaltene D. s.r.o. in Tschechien einlegte. Im Jahr 2008 verkaufte er 90% der Anteile an der D. s.r.o. an die E. Ltd. mit Sitz auf den British Virgin Islands. Diese wiederum verkaufte die Beteilung an der D. s.r.o. an die liechtensteinische Familienstiftung F., welche A. zugunsten seiner Familie errichtet hat.

Die Stiftung bezweckte in der Hauptsache «die Anlage und Verwaltung des Stiftungsvermögens sowie Zuwendungen an gemäss Beistatuten und Reglementen bestimmbare Begünstigte. Begünstigte können neben Angehörigen bestimmter Familien auch weitere, nicht zu diesen Familien zählende Drittpersonen sowie gemeinnützige Institutionen und Organisationen sein. Die Stiftung dient der Finanzierung des Lebensunterhalts, der Ausbildung und Gesundheit, der Sicherung und/oder Verbesserung des bisherigen Lebensstandards im Allgemeinen, der wirtschaftlichen Förderung und Unterstützung der Begünstigten im weitesten Sinne sowie der Verfolgung ähnlicher Zwecke».

A. deklarierte in den Jahren 2007 bis 2011 weder die Stammanteile an der D. s.r.o. noch die F. Stiftung in seinen Steuererklärungen. Es wurde ein Nach- und Strafsteuerverfahren eröffnet.

NB: Aus dem Wortlaut des liechtensteinischen Gesetzes ergibt sich, dass ein Stifter die Stiftung nur dann voraussetzungslos widerrufen oder ihre Stiftungsurkunde ändern kann, wenn er sich ein solches Recht ausdrücklich vorbehalten hat (vgl. Art. 559 Abs. 4 PGR). Vorliegend war kein solches Widerrufs- oder Änderungsrecht in der Stiftungsurkunde enthalten.

Fragen

  1. Wie ist die F. Stiftung aus Schweizer Steuersicht zu behandeln?
  2. Was sind die steuerlichen Konsequenzen für A., sofern die Stiftung aus Schweizer Steuersicht transparent behandelt wird?
  3. Kann sich A., sofern sich Liechtenstein auf den Standpunkt stellt, die Stiftung sei ein selbständiges Steuersubjekt, auf das Vorliegen einer Doppelbesteuerung berufen, die kraft DBA-FL zu vermeiden ist?
  4. Welchem Staat kommt das Besteuerungsrecht für die Anteile an der D. s.r.o. (= Immobiliengesellschaft) zu?

Fall 1b: Anerkennung von Stiftungen und Trusts, Zurechnung an die Begünstigten bei einem US-Trust

1. Sachverhalt

Vater V., in den USA ansässig, hinterliess nach seinem Tod zwei Söhne. Sohn S. hat seinen Wohnsitz in der Schweiz. Sohn U. hat seinen Wohnsitz in den USA. Im Zeitpunkt des Todes erhielten die beiden Söhne kleine Beträge direkt aus dem Nachlass des Vaters. Der grosse Rest wurde gemäss Trusturkunde und Willen des Vaters in den T. Trust überwiesen. Der Trust verfügt über ein Gesamtvermögen von CHF 500 Mio.

Seit 2014 erfolgen jährliche Auszahlungen aus diesem Trust an die Söhne. S.  erhält pro Jahr Ausschüttungen von CHF 150'000 – 200’000. Er deklarierte diese Auszahlungen in seinen jährlichen Schweizer Steuererklärungen jeweils als Erbschaft von seinem Vater.

Die Eckpunkte des Trusts können gemäss Trusturkunde des «T. Irrevocable Family Trust» wie folgt zusammengefasst werden:

  • Settlor: Vater V., sel., USA
  • Executor: Sohn U., USA
  • Beneficiaries: 
    • 1. Rang: Sohn U., USA, und Sohn S., Schweiz, sowie die Nachkommen («descendants») der beiden Söhne.
    • 2. Rang und folgende: verschiedene Klassen von Beneficiaries über verschiedene Generationen von Blutsverwandten; wer wie viel erhält, wird von den heutigen und zukünftigen Trustees bestimmt.
  • Gemäss Trusturkunde können die Trustees aus dem Vermögen oder dem Ertrag nach eigenem Ermessen auszahlen, gleichmässig oder ungleichmässig, wobei die Auszahlungen an die Begünstigten im 1. Rang und deren Nachkommen erfolgen können.
  • Ausschüttungen aus dem Trust (sog. HEMS-Standard[1]): Ausschüttungen liegen grundsätzlich im Ermessen der Trustees, jedoch dürfen sie Ausschüttungen nur vornehmen für die «Erhaltung der Gesundheit und des angemessenen Komforts des Begünstigten und ihren Nachkommen, für eine vollständige Ausbildung (einschliesslich vorbereitender, schulischer, postgradualer und beruflicher Ausbildung) oder für die Aufrechterhaltung der gewohnten Lebenshaltung eines Begünstigten» (sog. HEMS-Standard).
  • Ab dem 30. Altersjahr hat jeder Beneficiary das Recht, 5% des Trustkapitals zu beziehen.
  • Trustees: Sohn U., USA, und Sohn S, Schweiz. Wenn die beiden Söhne nicht mehr als Trustees agieren, dann wird der Enkel E. (Sohn von S.), Schweiz, Trustee.
  • Nach dem Ableben der Erstbegünstigten (S. und sein Bruder) ist vorgesehen, dass die Nachkommen grundsätzlich «per stripes» (nach Stämmen) begünstigt werden.
  • Die beiden Trustees legen die Verteilungen jährlich fest. Sie haben diese Entscheidungen einstimmig zu fällen.
  • Es besteht keine Möglichkeit, dass die Trustees den Trust auflösen.
  • Der Trust gilt in den USA als Steuersubjekt und zahlt dort substantielle Einkommenssteuern. Auch S. zahlt auf den erhaltenen Ausschüttungen in den USA Steuern, mind. USD 50'000 pro Jahr.

Die Steuerperioden 2020 ff. sind noch offen. Die Steuerperioden 2014-2019 sind definitiv veranlagt. Betreffend diese Perioden wurde ein Nachsteuerverfahren gegen den Sohn S. eingeleitet.

Fragen

  1. Wie ist der Trust aus Schweizer Steuersicht zu beurteilen?
  2. Was sind die steuerlichen Konsequenzen für S., sofern der Trust aus Schweizer Steuersicht transparent behandelt wird?
  3. Können die definitiv veranlagten Steuerperioden im Nachsteuerverfahren korrigiert werden?
  4. Liegt – sofern das Trustvermögen S. zugerechnet wird – eine Doppelbesteuerung in der Schweiz und den USA vor, welche nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA vermieden werden könnte?

1 HEMS-Standard: HEMS steht für «Health, Education, Maintenance and Support» und bedeutet, dass Ausschüttungen nur zu diesen Zwecken zulässig sind. Die Verpflichtung auf den HEMS-Standard hat nach dem US-Steuerrecht zur Folge, dass das Trust-Vermögen nicht in den (steuerbaren) Nachlass des Begünstigten fällt, auch wenn dieser zugleich als Trustee agiert. Das Vermögen wird diesfalls steuerlich dem Trust zugeordnet, der Trust mithin für US-Steuerzwecke anerkannt.

Fall 2: Besteuerung von Ausschüttungen aus einer CH-Familienstiftung

1. Sachverhalt

Die Familienstiftung C. ist eine Familienstiftung im Sinn von Art. 335 Abs. 1 ZGB Ihr Zweck besteht darin, dem Ehepaar A. und B. und dessen Nachkommen (Berechtigte) «an die Kosten der Ausstattung, durch Förderung ihrer Erziehung oder Ausbildung irgendwelcher Art Beiträge zu leisten und bei Bedarf ihr wirtschaftliches und wissenschaftliches Fortkommen zu ermöglichen und zu erleichtern».

In der strittigen Steuerperiode errichtet die Familienstiftung C. verschiedene Vergabungen an die drei Kinder des Ehepaars A. und B. Zu beachten ist, dass eine Tochter in der strittigen Steuerperiode volljährig wurde.

Gemäss Stiftungsurkunde beschliesst ein durch die volljährigen Anteilsberechtigten gewähltes Kuratorium (Stiftungsrat) über die Vergabungen.

Ergänzung: Die Familienstiftung C. wurde 1950 errichtet. Der längst verstorbene Stifter hat in die Stiftung unter anderem ein Aktienpaket eingelegt, welchem damals ein Wert von CHF 1 Mio. zukam. Heute beläuft sich der Wert auf CHF 2 Mio.

Fragen

  1. Ist die Errichtung einer Familienstiftung, wie sie hier vorliegt, zivilrechtlich zulässig? Können sich die Steuerbehörden auf die zivilrechtliche Nichtigkeit einer Familienstiftung berufen?
  2. Wie werden die Vergabungen bei den Begünstigten besteuert?
  3. Was gilt in Bezug auf die volljährig gewordene Tochter?
  4. Sind die Vergabungen auf Stufe der Familienstiftung C. steuerlich abzugsfähig?
  5. Angenommen, die Familienstiftung C. schüttet 2% des eingelegten Aktienpakets (Wert = CHF 40'000 im Ausschüttungszeitpunkt) an die Tochter aus, damit sie sich damit ihr LL.M.-Studium in Harvard finanziert. Kann die Tochter geltend machen, dass es sich um eine steuerfreie Substanzausschüttung handelt?

Fall 3: Statuswechsel bei einem Trust

1. Sachverhalt

J. (*1945), SchweizerStaatsbürger, mit Wohnsitz in England hat zwei Söhne, N. (*1980) und M.(*1983), beide ebenfalls Schweizer Staatsbürger. Die beiden Söhne haben keineNachkommen. Die Vermögens- und Nachlassplanung von J. besteht nebstletztwilligen Verfügungen aus einer Truststruktur, die ihren Hintergrund in derSteuerplanung in England hatte.

Die Trustregelung lässt sichwie folgt zusammenfassen.:

-       J.hat den Trust im Jahr 2015 als Settlor nach dem Recht von Jersey alsunwiderruflichen, diskretionären Trust (irrevocable discretionary trust) aufgesetzt.

-       Trustee ist die Z. Trust CompanyLtd. in Jersey. J. kann betreffend Verwaltung und Verwendung desTrustvermögens Wünsche äussern, die für den Trustee allerdings keine rechtlicheBindungswirkung entfalten.

-       AlsBegünstigte sind J. (= Settlor), dessen Sohn M. und dessen Nachkommensowie fünf namentlich genannte, gemeinnützige Institutionen vorgesehen (indieser Reihenfolge).

-       Protectordes Trusts ist ein langjähriger Berater von J.

-       Esbesteht ein Letter of Wishes, in welchem J. kundtut, dass er zu Lebzeiten alsalleiniger Begünstigter gelten soll und nach seinem Ableben, seinem Sohn M.dieses Recht zustehen soll.

J. plant einen Zuzug in dieSchweiz, um im Alter näher bei seinen Söhnen zu sein.

Fragen

1.   Wie ist der Trust nach Zuzug von J. in dieSchweiz steuerlich zu beurteilen?

2.   Welche Steuerfolgen löst der Todesfall von J.aus?

3.   Nach Zuzug von J. erkennt er, dass sein Sohn M.einen liederlichen Lebensstil pflegt. Er beschliesst, die Trusturkundeanzupassen und seinen Sohn und dessen Nachkommen von der Begünstigtenliste zustreichen. Nach seinem Tod sollen lediglich die fünf namentlich genannten,gemeinnützigen Institutionen als Begünstigte in Frage kommen.

Welche steuerlichen Folgen ziehtdiese Änderung der Trusturkunde nach sich? Zu Lebzeiten von J. bzw. bei dessenTod?

Fall 4: Steuerbefreiung bei einer Erbstiftung

1. Sachverhalt

B. verstarb am 7. November 2014. Mit Testament vom 22. September 2013 hatte sie eine neu zu gründende Stiftung als ihre Alleinerbin eingesetzt, schloss die Verwandtschaft von der Erbfolge aus und verfügte gewisse Legate.

Im Testament heisst es: «Alle übrigen Güter fliessen in eine Stiftung, die nach meinem Ableben zu gründen ist. Diese ist wie folgt beschrieben zu errichten. Sollten sich Schwierigkeiten ergeben, weil ich zu geringe juristische Kenntnisse habe, bitte ich in meinem Sinne Korrekturen vorzunehmen.» Es folgen relativ detaillierte Ausführungen zum Zweck, Sitz, Stiftungsvermögen und Stiftungsrat. Das Testament erhielt jedoch (noch) keine Angaben zur unwiderruflichen Mittelverwendung für den steuerbefreiten Zweck im Falle der Auflösung der Stiftung (Zweckbindung).

Die "Stiftung A" wurde im 2015 wie folgt in das Handelsregister eingetragen. Der Stiftungszweck lautet: "Die Stiftung soll wirtschaftlich schwachen Mitmenschen ermöglichen, ihrem Tier eine medizinische Behandlung zukommen zu lassen, die sie nicht finanzieren könnten. Auch soll sie Menschen in angespannter finanzieller Lage ermöglichen, ein Tier weiterhin zu halten. Die Stiftung hat gemeinnützigen Charakter und verfolgt keinen Erwerbszweck."

Das erste Gesuch um Steuerbefreiung der Stiftung wurde vom Kantonalen Steueramt Zürich im 2016 wegen fehlender Uneigennützigkeit abgewiesen, da insb. die Funktion des Stiftungsratspräsidenten und des Geschäftsführers in Personalunion ausgeübt wurden und die Stiftungsräte nicht ehrenamtlich tätig waren.

Im Rahmen eines zweiten Gesuchverfahrens um Steuerbefreiung im 2017 reichte die Stiftung u.a. die vom Stiftungsrat unterzeichnete, aber nicht von der Stiftungsaufsicht geänderte Stiftungsurkunde ein – neu mit einer Auflösungsklausel, welche die unwiderrufliche Mittelverwendung für den steuerbefreiten Zweck sicherte. Auch wurde die Rolle des Siftungsratspräsidenten und des Geschäftsführers neu nicht mehr durch die gleiche Person wahrgenommen. In der Folge genehmigte die Stiftungsaufsicht die geänderte Stiftungsurkunde (am 31. Mai 2017) und die Änderung wurde im Handelsregister eingetragen. Das Kantonalen Steueramt Zürich wies im 2018 jedoch auch das zweite Gesuch um Steuerbefreiung ab.

Fragen

  1. Was sind generell die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung? Müssen die Stiftungsräte für eine Steuerbefreiung ehrenamtlich tätig sein und genügt der Grund der Personalunion von Stiftungsrat und Geschäftsführer, um eine Steuerbefreiung zu verweigern?
  2. Kann eine Steuerbefreiung aufgrund des Missverhältnisses von Vergabungen zum Personal- und Verwaltungsaufwand abgewiesen werden?
  3. Braucht es eine explizite Klausel in den Statuten, wonach die unwiderrufliche Zweckbindung der Mittel auch bei Auflösung fixiert ist, um eine testamentarisch begründete Stiftung («Erbstiftung»01) von der Steuer zu befreien?
  4. Falls eine Steuerbefreiung vorliegend zu gewähren wäre, ab welchem Zeitpunkt könnte die Stiftung steuerbefreit werden? Ab Todestag (7. November 2014) oder erst ab dem 31. Mai 2017 (Datum der Änderungsverfügung mit ausreichender Auflösungsklausel)?

01 Als «Erbstiftungen» bezeichnet man Stiftungen, die durch Verfügung von Todes wegen errichtet werden (vgl. Art. 493 ZGB). Siehe zur Erbstiftung etwa Thomas Sprecher, Stiftungsrecht in a nutshell, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2023, 25 ff.

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