Laetitia Fracheboud
Olivier Margraf
Vermögensanlagen in Immobilien (national/international)
Workshop von Laetitia Fracheboud und Olivier Margraf anlässlich des ISIS)-Seminars vom 23. - 24. September 2024 mit dem Titel «Vermögensanlagen in Immobilien (national/international)»
Fall 1: Kostspieliges Ferienhaus in St. Moritz
1. Sachverhalt
Luise Steinreich wohnt in Deutschland und hält im Privatvermögen auch ein Ferienhaus in St. Moritz. Dieses bricht sie ab und lässt ein neues erstellen. Es resultiert ein Abzugsüberhang betreffend Steuerperiode 2022 von CHF 250'000 (Rückbaukosten), der mangels übrigen schweizerischen steuerbaren Erträgen nicht verrechnet werden kann. Luise Steinreich hat in 2022 Vermögenserträge von rund CHF 1 Mio. erzielt, die sie in Deutschland versteuert.
Fragen
- Wie ist die internationale Steuerausscheidung aus Schweizer Optik vorzunehmen?
- Luise ficht die Veranlagung 2022 an, weil sie mit der internationalen Steuerausscheidung, insbesondere mit der Verlegung des Abzugsvortrags an den Wohnsitzstaat nicht einverstanden ist. Welche verfahrensrechtlichen Probleme ergeben sich?
- Betreffend Steuerperiode 2023 hat Luise in der Schweiz einen Nettovermögensertrag aus unbeweglichem Vermögen von CHF 50'000 zu versteuern. Kann der Abzugsvortrag verrechnet werden?
Variante 1
Luise stirbt in 2023 und hinterlässt 2 Erben, welche auch das Ferienhaus in St. Moritz je hälftig erben.
Frage
- Können die Erben den Abzugsvortrag in 2023 ff. geltend machen, sofern angenommen wird, dass in der Steuerperiode 2022 keine Verrechnung mit übrigen Vermögensertragen erfolgt ist?
Fall 2: Steuerliche Behandlung von Projektkosten
1. Sachverhalt
Das Ehepaar Dornacher mit Wohnsitz im Kanton St. Gallen hält mehrere Liegenschaften in verschiedenen Kantonen der Schweiz, die es seit Beginn der neunziger Jahre erworben hat. Im Juli 2016 hat es für CHF 850'000 eine unbebaute Parzelle Land in Zofingen, Aargau erworben. Im November 2016 haben sie auch noch die Nachbarparzelle für CHF 250'000 erworben. Insgesamt hat das Ehepaar Dornacher für diesen Erwerb eine Hypothek von CHF 200'000 aufgenommen. Ursprünglich beabsichtigte das Ehepaar, diese Landparzellen mit einem Mehrfamilienhaus zu bebauen und die Wohnungen zu vermieten. Das Ehepaar beauftragte ein Architekturbüro mit der Planung des Projekts.
Da die Fläche der Parzellen gemäss anwendbarer Bau- und Nutzungsordnung der Gestaltungsplanpflicht untersteht, musste zunächst ein Gestaltungsplan erstellt werden. Es kam zu einer ersten Verzögerung des Bauprojekts. Nachdem im Jahr 2018 erst ein Gestaltungsplan vorlag, wurden in den Jahren 2019 und 2023 zwei Bauprojekte erarbeitet. Keines der Projekte konnte das Ehepaar Dornacher jedoch vollständig überzeugen. Da Herr Dornacher ausserdem zwischenzeitlich schwer erkrankt ist, beschloss das Ehepaar, das Bauprojekt vorerst auf Eis zu legen. Bis dahin sind Projektkosten (Ingenieurarbeiten, Überbauungsstudien und strategische Planung) von gesamthaft CHF 34'500 angefallen.
Im Januar 2024 unterbreitet Felix Tschudin Frau Dornacher im Namen der Tschudin Bau AG ein Kaufangebot für die beiden Landparzellen zu einem Preis von CHF 4 Mio. Die Parteien schliessen daraufhin im Juli 2024 einen Kaufrechtsvertrag zugunsten der Tschudin Bau AG ab und die Tschudin Bau AG leistet einen Optionsbetrag von CHF 150'000. Das Kaufrecht bezieht sich ausschliesslich auf die beiden Landparzellen.
Die Tschudin Bau AG gibt daraufhin auf eigene Kosten ein Überbauungsprojekt in Auftrag und holt als Bauherrin eine entsprechende Baubewilligung ein. Das Ehepaar Dornacher ist in dieses Projekt nicht involviert und erteilt keine diesbezüglichen Weisungen.
Am 28. Dezember 2024 beurkunden und vollziehen das Ehepaar Dornacher einerseits und die Tschudin Bau AG andererseits einen Grundstückkaufvertrag für die beiden Landparzellen. Der Kaufpreis beläuft sich auf CHF 3.9Mio. Der Grundstückkaufvertrag definiert als Kaufobjekt ausschliesslich die Landparzellen. Der Vertrag sieht jedoch vor, dass das Ehepaar Dornacher auf entsprechendes Ersuchen der Tschudin Bau AG sämtliche Unterlagen im Zusammenhang mit in der Vergangenheit in Auftrag gegebenen Bauprojekten herauszugeben hat. Ein solches Ersuchen wird nicht gestellt.
Fragen
- Wie sind die Projektkosten und der Optionsbetrag für Zwecke der Grundstückgewinnsteuer zu behandeln?
- Welche Frage stellt sich allenfalls die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen mit Bezug auf die Einkommenssteuer? Zu Recht?
- Was ist mit Bezug auf die Mehrwertsteuer zu beachten?
Fall 3: Verdeckte Kapitaleinlage
1. Sachverhalt
Lorenz Edelmann hat in 2019 5 im Kanton Thurgau gelegene Liegenschaften zu den Anlagekosten auf eine selbstbeherrschte Aktiengesellschaft übertragen. In 2024 hat die AG eine der übertragenen Liegenschaften an eine Drittperson veräussert (Veräusserungserlös CHF 2.5 Mio.; Buchwert CHF 750'000).
Fragen
- Skizzieren Sie die Steuerfolgen bei der Einbringung in die Kapitalgesellschaft.
- Lorenz möchte einen Teil des in 2024 realisierten Kapitalgewinnes als Dividende beziehen. Sind damit Steuerfolgen verbunden?
- Ändert sich an der steuerlichen Beurteilung etwas, wenn die AG nach der Übertragung keine Liegenschaft veräussert hat?
Fall 4: Umwandlung Einzelunternehmen in Kapitalgesellschaft
1. Sachverhalt
Frau Häfeli, wohnhaft im Kanton Schwyz, erbte im Jahr 1995 fünf Mehrfamilienhäuser (Baujahr zwischen 1970 und 1975) mit insgesamt 45 Wohnungen im Kanton Zürich. Sämtliche Wohnungen sind fremdvermietet. Im Jahr 2023 erzielte Frau Häfeli Nettomieteinnahmen von CHF 2'050'000.
Für die Verwaltung der Liegenschaften von Frau Häfeli ist die CasAdmin GmbH, Zürich, zuständig. Unter einem entsprechenden Verwaltungsvertrag kümmert sie sich um die technische Verwaltung, die Vermietung, das Inkasso sowie die Abrechnungen. 2023 verrechnete die CasAdmin GmbH Frau Häfeli für die Verwaltung der Liegenschaften ein Honorar von CHF 75'000.
Seit der Erbschaft im Jahr 1995 investierte Frau Häfeli regelmässig in die Liegenschaften. So entstanden im Jahr 2001 Kosten von CHF 1'500'000 für die Aufstockung einer Baute und im Jahr 2012 Kosten von CHF 350'000 für die Erweiterung der Gartenanlage bei einer anderen Liegenschaft. Sodann hat Frau Häfeli im Jahr 2019 sämtliche Häuser für insgesamt CHF 1'050'000 energetisch saniert.
Bis und mit zur Steuerperiode 2021 deklarierte Frau Häfeli die Liegenschaften stets als Privatvermögen. In der Steuererklärung 2022 deklarierte sie die Liegenschaften erstmals als Geschäftsvermögen. Nun kommt Frau Häfeli in ein Alter, in dem sie ihren Nachlass regeln möchte. Da Frau Häfeli drei Kinder hat und um zu verhindern, dass das zivilrechtliche Alleineigentum an den Liegenschaften in Miteigentum aufgeteilt werden muss, hat sie die Idee, ihre Liegenschaften in eine Aktiengesellschaft mit Sitz im Kanton Schwyz einzubringen. Allerdings möchte sie dieses Ansinnen nur umsetzen, wenn es mit keinen erheblichen Steuerfolgen verbunden ist.
Die ursprünglichen Anlagekosten der Liegenschaften sind nicht bekannt. Bis und mit zur Steuerperiode 2021 hat Frau Häfeli die Liegenschaften jeweils zu einem Vermögenssteuerwert von CHF 14.5 Mio. deklariert.
Fragen
- Wie ist die Überführung der Liegenschaften vom Privat- ins Geschäftsvermögen steuerlich zu beurteilen?
- Welche Steuerfolgen hat die Einbringung der Liegenschaften in eine Aktiengesellschaft vor dem Hintergrund der Antwort zur ersten Frage?
Variante 1
Im Jahr 2022 beauftragte Frau Häfeli, die FutuRE GmbH, eine Immobilienentwicklerin, ein Projekt für eine möglichst klimaeffiziente Totalsanierung ihrer Liegenschaften auszuarbeiten. Sie beabsichtigt, einen oder mehrere Investoren für dessen Umsetzung zu suchen. Die Überführung der Liegenschaften ins Geschäftsvermögen sowie deren Einbringung in eine Aktiengesellschaft sind vor diesem Hintergrund zu sehen.
Fragen
- Wie ist die Überführung der Liegenschaften ins Geschäftsvermögen jetzt zu beurteilen?
- Welche Werte muss Frau Häfeli in der Steuererklärung für die Steuerperiode 2022 für die Liegenschaften ansetzen?
- Wie ist die geplante Einbringung der Liegenschaften in eine Aktiengesellschaft zu beurteilen?
Variante 2
Gleiche Ausgangslage wie in der Variante 1. Nun befinden sich die Liegenschaften von Frau Häfeli jedoch nicht im Kanton Zürich, sondern im Kanton St. Gallen.
Frage
- Wie ist die Überführung der Liegenschaften ins Geschäftsvermögen jetzt zu beurteilen?
Fall 5: Kongruenzprinzip
1. Sachverhalt
Alexander Maier hat in 2000 eine Liegenschaft mit Baujahr 1971 für CHF 600'000 (Landanteil CHF 350'000) gekauft und seither wertvermehrende Investitionen von CHF 100'000 darauf vorgenommen. Seit 2010 wurde der Gebäudeunterhalt stark vernachlässigt. Alexander hat in den Steuererklärungen jeweils nur die Liegenschaftsunterhaltspauschale geltend gemacht. In 2023 verkauft Alexander die Liegenschaft für CHF 750'000 an einen institutionellen Anleger, der darauf ein Mehrfamilienhaus errichten will.
Fragen
- Was besagt das Kongruenzprinzip?
- Wie ist der vorliegende Fall zu beurteilen?
- Kann die Anwendung des Kongruenzprinzips durch Geltendmachung des kantonalen Ersatzwertes verhindert werden?
Variante 1
Der institutionalisierte Anleger ist bereit, auch den Gebäudewert zu entschädigen, und darüber hinaus einen «Paketzuschlag» zu leisten, weil er andere Interessenten ausstechen will. Der vereinbarte Kaufpreis kommt auf CHF 3 Mio. zu stehen (Verkehrswert inkl. Gebäude CHF 2.3 Mio.). Alexander hat im Gegenzug bereits die Abbruchbewilligung bei der Standortgemeinde einzuholen.
Frage
- Kann das Kongruenzprinzip angewendet werden?
Fall 6: Veräusserung einer Immobiliengesellschaft
1. Sachverhalt
Julius Meyer, wohnhaft und steuerlich ansässig in Deutschland, hält 100% der Aktien an der C AG. Bei der C AG handelt es sich um eine Immobiliengesellschaft mit zahlreichen Liegenschaften in der Stadt Zürich und in Winterthur. Die Anteile an der C AG sind klarerweise dem Privatvermögen zuzuordnen.
Am 1. Juli 2024 veräussert Herr Meyer sämtliche Aktien an der C AG für CHF 35 Mio. an eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich.
Frage
- Was sind die Steuerfolgen dieses Verkaufs?
Variante
Die C AG hält nunmehr ausschliesslich Liegenschaften im Kanton Thurgau.
Frage
- Inwiefern unterscheiden sich die Steuerfolgen zum Grundsachverhalt?