Niklaus Honauer
Thomas Patt
Steuerfragen und Steuerplanung bei Betriebstätten
Workshop anlässlich des ISIS)-Seminars vom 27. September 2018 mit dem Titel «Mehrwertsteuer. Aktuell. Kompakt. Interdisziplinär.»
Fall 1 «Interessenvertretung»
Sachverhalt
Verein A mit Sitz in der Schweiz bezweckt gemäss Statuten die Vertretung der Schweizer Finanzindustrie am Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main (D).
An seinem Sitz in Zürich befindet sich das Sekretariat. Hier finden auch die Sitzungen des Vereinsvorstandes sowie der Mitglieder statt, in denen die Grundpfeiler der Interessenvertretung bestimmt werden. Zur Durchführung der Interessenvertretung hat der Verein in Frankfurt a.M. ein Büro eingerichtet. Von diesem Büro aus wird auch ein Lobbyist tätig, mit dem der Verein ein Anstellungsverhältnis eingegangen ist.
Fragen:
Wie ist das Büro von Verein A in Frankfurt a.M. aus mehrwertsteuerlicher Sicht in der Schweiz zu qualifizieren?
Welche Mehrwertsteuerfolgen ergeben sich?
Fall 2 «VAT Grouping in Luxembourg»
Sachverhalt
Für Gruppen in der Finanzindustrie ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-274/15 vom 4.5.2017 die Bildung einer sogenannten «Independent Group of Persons (IGP)», welche eine Art des «cost sharings» darstellt, nicht mehr gestattet. Daher bittet Sie der CFO um eine Analyse, welche Auswirkungen sich am 1.1.2019 für die Gruppe in Luxembourg nach Wegfall des IGP Benefits und bei einer allfälligen Bildung einer VAT Group ergeben würden. Der CFO weist Sie noch darauf hin, dass Luxembourg beabsichtigt, das Urteil des EuGHs in der Rechtssache C-7/13 «Skandia America Corp. USA, filial Sverige» konsequent umzusetzen.
Fragen:
Wie sind allfällige Leistungsbeziehungen zwischen den einzelnen Gesellschaften am 1.1.2019 nach Wegfall des «IGP» im Grundsatz zu besteuern?
Welche Auswirkungen hätte die Bildung einer VAT Group in Luxembourg?
Fall 3 «Betriebstätte versus Repräsentationsoffice»
Sachverhalt
Die bisher nur in der Schweiz aktive Helvetic Bank mit Sitz in Zürich beabsichtigt, ihre Geschäftstätigkeit auch im Ausland auszuüben. Als erstes soll in Singapore ein Büro eröffnet werden, welches für die Helvetic Bank neue Kunden akquiriert. Die Verträge mit den Kunden aus dem asiatischen Raum werden in einer Anfangsphase aber ausschliesslich mit dem Hauptsitz in der Schweiz abgeschlossen.
Für den arabischen Markt sieht die Helvetic Bank von Anfang an mehr Potential, so dass in Dubai eine Zweigniederlassung eröffnet wird.
Sämtliche Kosten der beiden Auslandvertretungen werden auf der Basis der effektiv angefallenen Kosten durch durch den Hauptsitz bezahlt bzw. finanziert.
Frage:
Welche MWST-Konsequenzen haben die beiden Vertretungen für den Hauptsitz in der Schweiz?
Fall 4 «Joint Venture»
Sachverhalt
Die in der Schweiz domizilierte und international tätige Löwen Bank macht sich Überlegungen zur effizienteren Abwicklung ihrer administrativen Abläufe. Dafür wird eine interne Arbeitsgruppe gebildet, die mit Mitarbeitern der Löwen Bank Schweiz und der Tochtergesellschaft der Löwen Bank in Düsseldorf bestellt wird. Die beiden Gesellschaften wollen mit dem Projekt folgendes Ziel erreichen:
Optimierung des Zahlungsverkehrs, allenfalls mit dem Ziel ein gemeinsames Verarbeitungszentrum zu realisieren, das als separate Dienstleistungsgesellschaft für die beiden operativen Bankgesellschaften, evtl. auch für Dritte tätig sein wird.
Die Schweizer Bank und die deutsche Tochtergesellschaft leisten je einen Kostenbeitrag von Euro 1 Mio. und erklären sich bereit, auch je 500 Manntage für das Projekt zur Verfügung zu stellen.
Fragen:
Welche MWST-Folgen hat diese Zusammenarbeit der beiden Banken?
Wenn die separate Dienstleistungsgesellschaft mit Sitz in der Schweiz realisiert wird; welche MWST-Folgen hat dies für die neue Gesellschaft und für die beiden Bankgesellschaften in der Schweiz und in Deutschland?
Fall 5 «Betriebstätten in der Schweiz und in Liechtenstein»
Sachverhalt
Ein international tätiger Versicherungskonzern, die Insurance Group mit Hauptsitz in UK ist auch in der Schweiz und in Liechtenstein tätig. In Liechtenstein wird das Geschäft über die Insurance AG (IAG) abgewickelt. Die Dienstleistungsgesellschaft der Gruppe, die Insurance Service AG (ISAG) mit Sitz in UK hat sowohl in der Schweiz als auch in Liechtenstein eine Zweigniederlassung. Die IAG (mit Sitz in Liechtenstein) verfügt zudem über eine Zweigniederlassung in der Schweiz. Haupttätigkeit der Zweigniederlassung ist die Repräsentation des liechtensteinischen Hauptsitzes sowie weiterer Insurance Gruppengesellschaften in der Schweiz im Direktversicherungsbereich.
Fragen:
Welche Konsequenzen ergeben sich aus dieser Struktur und wie sind die Leistungsströme zwischen den Zweigniederlassungen und dem Hauptsitz in UK und in Liechtenstein zu behandeln?
Besteht die Möglichkeit einer Gruppenbesteuerung in FL und/oder der Schweiz?
Welche Steuerverwaltung (FL oder CH) ist für die Behandlung des Antrages zuständig?