Jasmin Malla
Steuerbezug, Solidarhaftung und steuerstrafrechtliche (Mit-)Verantwortung in Ehe und Partnerschaft
Workshop von Jasmin Malla anlässlich des ISIS)-Seminars vom 16. November 2021 mit dem Titel «Ehe, Partnerschaft und Familie im Steuerrecht».
Fallbeispiel 1
1. Sachverhalt
Die Ehegatten Maurer haben in den vergangenen 20 Jahren ein ausländisches Bankkonto des Ehemannes im Wert von rund CHF 1 Mio. nicht deklariert. Der Ehefrau war dieser Umstand nicht wirklich bewusst gewesen. Aufgrund des automatischen Informationsaustauschs (AIA) erhält das Steueramt nun Kenntnis davon und leitet ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung ein.
Frau Maurer ist das gar nicht geheuer und sie wendet sich an Sie. Sie möchte wissen, ob sie sich strafbar gemacht hat.
Frage
- Hat sie?
Fallbeispiel 2
1. Sachverhalt
Im Gespräch mit Ihnen kommt aus, dass noch ein weiteres nicht deklariertes Konto besteht, welches auf beide Ehegatten Maurer lautet. Frau Maurer möchte nun eine straflose Selbstanzeige einreichen.
Frage
- Gilt die straflose Selbstanzeige von Frau Maurer auch für ihren Mann?
Fallbeispiel 3: Exkurs Strafbarkeit des Beraters
1. Sachverhalt
Martin, neu in die Schweiz gezogen, hat ein steuerbares Einkommen von CHF 100‘000 und ein Wertschriftenvermögen von CHF 5 Mio. Da er trotz Mahnung keine Steuererklärung einreicht, wird er mit einem Einkommen von CHF 50‘000 und einem Vermögen von CHF 100‘000 nach Ermessen veranlagt.
Mit dieser Veranlagung wendet er sich an seinen Treuhänder. Dieser rät ihm, nichts zu unternehmen, da er so günstig davonkomme und wohl im Folgejahr ohnehin wieder zurück ins Ausland ziehen werde, so dass dem Schweizer Fiskus vermutlich nichts auffallen werde. Wenn doch, könne er sich ja entschuldigen und die fehlende Steuer im Nachsteuerverfahren noch begleichen. Auf diese Weise sei alles sauber geregelt. Aufgrund dieser Empfehlung lässt Martin die Ermessenveranlagung in Rechtskraft erwachsen.
Frage
- Hat sich der Treuhänder der Steuerhinterziehung strafbar gemacht?
Fallbeispiel 4: Enthaftung infolge Zahlungsunfähigkeit
1. Sachverhalt
Lukas (arbeitet 100%) und Anina (arbeitet 20%) sind seit sechs Jahren verheiratet. Lukas spekuliert seit einiger Zeit an der Börse, wofür er die Löhne der Ehegatten eingesetzt hat, nicht zur Begeisterung von Anina. Vor einigen Jahren hat er ohne Wissen von Anina begonnen, hochspekulative Geschäfte mit hohen Beträgen zu machen. Es kommt wie es muss, er erleidet herbe Verluste. Infolge dieser Situation liegen inzwischen auch schon zwei Verlustscheine gegen Lukas vor.
Nebst anderen Rechnungen kann das Ehepaar nun die noch offenen Steuerrechnungen der letzten Jahre nicht begleichen. Aufgrund ihrer misslichen Lage möchte Anina nun ihre Eltern um einen Erbvorbezug bitten, damit nicht alles bachab geht. Die Ehe kriselt.
Fragen
- Kann das Steueramt Anina für die gesamten offenen Steuerrechnungen in Anspruch nehmen und so den durch Erbvorbezug erhaltenen Betrag zur Begleichung beziehen?
- Gibt es eine Möglichkeit für Anina, dies zu verhindern?
Fallbeispiel 5: Enthaftung infolge Trennung
1. Sachverhalt
Fortsetzung von Fallbeispiel 4
Lukas hat Glück: Gerade in diesem privat so schwierigen Jahr 2021 erhält er einen nennenswerten Bonus. Dadurch gelingt es ihm, sich finanziell gerade so zu stabilisieren. Die Ehe mit Anina hält dem Ganzen aber nicht stand: Im August 2021 trennen sich die Eheleute, Lukas zieht aus der ehelichen Wohnung aus.
Für die Steuerperioden 2018 bis und mit 2021 wurden noch keine Zahlungen getätigt; 2019 und 2020 sind noch nicht rechtskräftig veranlagt, 2018 schon.
Im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung ist unter anderem ein Thema, welche Steuerschulden noch bestehen und wer diese zu bezahlen hat.
Fragen
- Wie sieht die Rechtslage in Bezug auf die direkte Bundessteuer aus?
- Wie für die Kantons- und Gemeindesteuern (ZH)?
- Wie wäre die Rechtslage in anderen Kantonen?