Roger Züger
Steuerbezug
Workshop von Roger Züger anlässlich des ISIS)-Seminars vom 12. Mai 2022 mit dem Titel «Steuerverfahrensrecht einschliesslich Rechtsmittelverfahren».
Fall 1: Steuererlass
1. Sachverhalt
Peter ist 44 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Kinder, A (9-jährig) und B (11-jährig) und wohnt seit 10 Jahren in Winterthur in einer Mietwohnung für monatlich Fr. 2’500.-. Vermögen ist keines vorhanden.
Im Jahr 2018 verdiente er im Investment Banking gut, woraus er dem Bund immer noch Fr. 40’000.- schuldet. Dannzumal genoss er das Leben in vollen Zügen und gab sein Geld für Autos, Uhren und Ferien aus.
Anfang 2019 verlor er nach einem Burnout seinen Job. Dank psychologischer Betreuung konnte er Ende 2019 eine neue Stelle im Betrieb eines Bekannten antreten. Dort verdient er jährlich netto Fr. 90’000.-. Die Berufsauslagen betragen monatlich Fr. 400.-. Die Krankenkassenprämien betragen für die ganze Familie monatlich Fr. 1’500.- (KVG Fr. 1’000.-, VVG Fr. 500.-).
Da er nicht weiss, wie er die Steuerschulden begleichen soll, stellt er ein Steuererlassgesuch.
Frage
- Wird das Erlassgesuch gutgeheissen?
Variante 1
Annahme: Die Notlage von Peter ist gegeben.
Variante 2
Die Notlage ist gegeben und Peter hatte keine Möglichkeit, Rücklagen zu bilden. Peter hat allerdings eine laufende Hypothek und mehrere Kleinkredite.
Variante 3
Peter hat seine Kleinkredite in den letzten beiden Jahren bereits zurückbezahlt, da ihn die hohen Zinsen sehr schmerzten.
Variante 4
Peter wurde im Jahr 2018 nach Ermessen (zu hoch) eingeschätzt, weil er die Steuererklärung nicht eingereicht hat.
Variante 5
Peter schuldet dem Bund Nachsteuern und Bussen über Fr. 200’000.-.
Variante 6
Betreffend die Steuerperiode 2018 wurde der Zahlungsbefehl bereits zugestellt.
Fall 2: Gold und Silber
1. Sachverhalt
Pius mit Wohnsitz in Bülach hat eine Vorliebe für Edelmetalle und legte ihm anvertrautes Geld berufsmässig in Gold und Silber an. Während die Kurse im Jahr 2013 Höchststände erklommen und enorme Gewinne anfielen, sanken die Kurse im darauffolgenden Jahr markant.
Pius bildete in den guten Geschäftsjahren jedoch keine Rücklagen für anfallende Steuern, da er fest darauf vertraute, dass die Kurse auch künftig steigen werden.
Nach den Kursstürzen stehen offene Steuerforderungen über Fr. 1’200’000.- im Raum.
Pius verfügt auf Konten über flüssige Mittel von Fr. 350’000.-, Wertschriften bei der Liechtensteinischen Landesbank über Fr. 50'000.- und ein Ferienhaus in Braunwald im Wert von Fr. 100’000.-. Ein Konto befindet sich bei der Berner Kantonalbank und eines bei der UBS in Andelfingen.
Die Steuern sind noch nicht rechtskräftig veranlagt bzw. befinden sich im Einspracheverfahren beim Steuerkommissär.
Frage
- Wie kommt das Steueramt zum Geld?
Variante 1
Der Wohnsitz von Pius liegt im Ausland. Was ändert sich?
Variante 2
Die Steuern sind bei Arrestlegung bereits rechtskräftig veranlagt. Was ändert sich?
Fall 3: Paul und Pauliana
1. Sachverhalt
Paul, 58 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Kinder A (22-jährig) und B (24-jährig). Zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern wohnt er in Zürich. In Zofingen konnte er vor 6 Jahren ein altes Einfamilienhaus erwerben. Der Schätzwert beträgt seit dem Jahr 2017 Fr. 900’000.-, die Hypothek beträgt Fr. 600’000.-.
Paul nahm es mit dem Ausfüllen der Steuererklärung nicht immer so genau. Das führte im Jahr 2017 zu einem Nachsteuer- und Bussenverfahren, woraus er dem Staat Nachsteuern und Bussen über Fr. 150’000.- schuldet.
Die Betreibung wurde eingeleitet, die Pfändung erfolgte am 31. Juli 2019.
Der Steuerbezug endete am 1. Oktober 2019 mit einem Verlustschein.
Bereits am 28. Januar 2019 übertrug Paul die Liegenschaft für Fr. 600’000.- an A und B. Letztere übernahmen im Gegenzug die Hypothek. Damit galt der Kaufpreis als bezahlt.
Am 1. Dezember 2019 übertrugen die Kinder die Liegenschaft wiederum für Fr. 600’000.- an Z, einem entfernten Bekannten von Paul. Z übernahm seinerseits die Hypothek, womit der Kaufpreis als bezahlt galt.
Frage
- Wie kommt das Steueramt zum Geld?