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Andrea Opel

Andrea Hildebrand

Steuer- und sozialabgaberechtliche Aspekte aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmersicht Fokus: Vorsorge

Workshop von Andrea Opel und Andrea Hildebrand anlässlich des ISIS)-Seminars vom 14./15. sowie 21./22. Juni 2021 mit dem Titel «Unternehmenssteuerrecht 2021»

06/2021
Das vollständige PDF des Seminarordners kann für CHF
Die zugehörigen Falllösungen können für CHF
150.00
(Einführungspreis)
im Shop erworben werden.
Alle Workshops der ISIS-Seminare sind einzeln in der Rubrik «Unterlagen» verfügbar.
Die Falllösungen und weitere Unterlagen können kostenlos im Shop bezogen werden.

Fall 1: Barauszahlung bei Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit

1. Sachverhalt

X hat am 30. Juni 2019 eine Kapitalleistung von CHF 300’000 aus seiner Freizügigkeitsstiftung bezogen. Die Barauszahlung wurde mit der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit auf dem Gebiet der Önologie begründet.

Das Steueramt besteuerte diese Kapitalleistung bei X in Anwendung von Art. 38 DBG gesondert und mit Vorbehalt vom übrigen Einkommen zum privilegierten Steuersatz.

In der Steuererklärung 2019 deklarierte X ein steuerbares Einkommen von CHF 100‘000. Es wurde kein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit deklariert.

Mit Auflage ersuchte das Steueramt X u.a. um:

  • eine substantiierte Sachdarstellung zur Art und zum Aufnahmezeitpunkt der Tätigkeit,
  • sachdienliche Belege für das Auftreten nach aussen (Briefpapier, Visitenkarten, usw.),
  • eine Aufstellung über die Aktiven und Passiven, Einnahmen und Ausgaben, Privatentnahmen und Privateinlagen inkl. Nachweis der geschäftsmässigen Begründetheit, und
  • sämtliche Lohnausweise für die Steuerperiode 2019.

X erklärte daraufhin, dass die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit für den Sommer/Herbst 2019 geplant gewesen und in einem Teilpensum auch kurz ausgeübt worden sei. Aufgrund einer im Oktober 2019 erlittenen Erkrankung habe das Vorhaben jedoch nicht wie vorgesehen realisiert und zu 100% aufgenommen werden können.

Schliesslich schätzte das Kantonale Steueramt Zürich X am 20. April 2021 für die Steuerperiode 2019 mit einem steuerbaren Einkommen von CHF 400‘000 ein. Die von Herrn X vorbezogenen Vorsorgegelder wurden dabei als übrige weitere Einkünfte aufgerechnet.

2. Fragen

  1. Wer entscheidet darüber, ob der Kapitalbezug rechtmässig erfolgt ist, die Freizügigkeitsstiftung oder die Steuerbehörden?
  2. Wurde die Kapitalleistung zu Unrecht bezogen und erfolgte entsprechend  die nachträgliche ordentliche Besteuerung der Kapitalleistung im Veranlagungsverfahren 2019 zu Recht?
  3. Gibt es Vorgaben hinsichtlich der Frist, innert welcher nach dem Kapitalbezug eine selbständige Erwerbstätigkeit aufgenommen werden muss, um von der privilegierten Besteuerung gemäss Art. 38 DBG Gebrauch machen zu können?
  4. Äussern Sie sich zur Beweislast in diesem Verfahren.
  5. Wie hätte eine nachträgliche ordentliche Besteuerung des Kapitalbezugs verhindert werden können?
  6. Wäre es möglich, dass X bei Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit nur einen Teil des Vorsorgeguthabens bezieht (schrittweiser Bezug)? Und weshalb kann dies Sinn machen?

Fall 2: Teilpensionierung bei selbständiger Erwerbstätigkeit

1. Sachverhalt

A (geb. 1942) war bis zum 70sten Altersjahr als selbstständig erwerbender Rechtsanwalt tätig. Im September 2006 bezog er div. Kapitalleistungen aus der 3. Säule, schloss sich aber gleichzeitig als freiwillig versicherter Selbstständigerwerbender der Vorsorgestiftung des Zürcher Anwaltsverbands an und kaufte sich bei dieser mit CHF 800'000 ein; am 26. November 2007 folgte ein weiterer Einkauf von CHF 1'200'000. Ab 2010 nahm er folgende drei Kapitalbezüge von Total CHF 2‘491‘904 vor:

08.12.2010 CHF 814'301

01.04.2011 CHF 817'329

01.01.2012 CHF 860'274

Im Jahr 2012 erfasste das Kantonale Steueramt Zürich sämtliche Auszahlungen im Totalbetrag von CHF 2'491'904 gestützt auf § 37 StG ZH getrennt vom übrigen Einkommen als Kapitalleistungen, zum Satz von 1/10 der gesamten Leistung. Eine separate Besteuerung der drei Teilzahlungen wegen sukzessiver Reduktion des Beschäftigungsgrads wurde nicht gewährt.

A beschritt in der Folge den Rechtsmittelweg. Die Kapitalbezüge seien getrennt zu besteuern. Bei unselbstständig Erwerbenden sei gemäss Reglement eine Teilauszahlung bei Reduktion des Arbeitspensums möglich, weshalb dies auch einem selbstständig Erwerbenden gewährt werden müsse. Das Einkommen des Pflichtigen habe 2009 bis 2012 kontinuierlich um mehr als einen Drittel abgenommen. Dies begründete A mit der Reduktion seiner Einkünfte aus Anwaltstätigkeit:

Steuer- und sozialabgaberechtliche Aspekte aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmersicht Fokus: Vorsorge Opel Hildebrand Workshop ISIS Seminar Unternehmenssteuerrecht Teilpensionierung bei selbständiger Erwerbstätigkeit Fallbeispiele

Das vorliegend anwendbare Reglement der Vorsorgestiftung des Zürcher Anwaltsverbands sah die Möglichkeit einer schrittweisen Pensionierung in maximal drei Schritten mit einer Mindestreduktion der Erwerbstätigkeit pro Schritt von 30% vor.

2. Fragen

  1. Ist eine Teilpensionierung im geltenden Vorsorgerecht vorgesehen resp. wird diese anerkannt? Sind im Zuge der laufenden Reform der Altersvorsorge (AHV 21) Änderungen zu erwarten?
  2. Was muss bei einer Teilpensionierung von Unselbständigerwerbenden aus steuerlicher Sicht beachtet werden?
  3. Was muss bei einer Teilpensionierung von Selbständigerwerbenden aus steuerlicher Sicht beachtet werden?
  4. Welches sind mögliche steuerrechtliche Konsequenzen, wenn die Teilpensionierung a) reglementarisch nicht zulässig war oder b) aus steuerlichen Gründen nicht akzeptiert wird?

Fall 3: Sperrfristverletzung nach Art. 79b Abs. 3 BVG

1. Sachverhalt

A (geb. 1954) war in der Steuerperiode 2016 unselbständig erwerbstätig. Am 21. Oktober 2016, d.h. im Alter von 62 Jahren, nahm er einen Einkauf von CHF 45‘000 in seine berufliche Vorsorge (2. Säule) vor, was er später in der Steuererklärung zur Steuerperiode 2016 steuermindernd berücksichtigte. Am 9. April 2019, d.h. im Alter von 65 Jahren, bezog er von seiner Säule 3a eine Kapitalleistung von CHF 20‘000. Er sah sich dazu gezwungen, da die Kosten für sein seit Herbst 2018 in Bau befindliches Eigenheim höher als offeriert ausgefallen waren.

Das Steueramt rechnete daraufhin den im Jahr 2016 getätigten Einkauf im Umfang von CHF 20‘000 rückwirkend auf, was es mit einer Verletzung der dreijährigen Sperrfrist nach Art. 79b Abs. 3 BVG begründete.

A beschritt hiergegen den Rechtsmittelweg.

2. Fragen

  1. Hat das Steueramt vorliegend den Einkauf zu Recht aufgerechnet?
  2. In welchem Verfahren hat eine Aufrechnung des Einkaufs zu erfolgen?
  3. Bestehen (andere) Ausnahmen, in welchen die Dreijahres-Sperrfrist nach Art. 79b Abs. 3 BVG nicht zum Tragen kommt?

Fall 4: Abgangsentschädigung

1. Sachverhalt A

A (geb. 1947) war seit 1986 Mitglied der Geschäftsleitung verschiedener Gesellschaften des C-Konzerns. Unter anderem leitete A fast 30 Jahre das Personalwesen des Konzerns. Infolge interner Umstrukturierungen wurde A von seiner Position in der Geschäftsführung der C-Gruppe abberufen. In diesem Zusammenhang wurde A per Ende Februar 2004 im Alter von 57 Jahren schliesslich nach langandauernden Verhandlungen zwischen A und der C-Gruppe in eine andere Position innerhalb des Konzerns versetzt. A akzeptierte die Versetzung insbesondere aufgrund der Auszahlung einer als „Abfindung“ bezeichneten Entschädigung von CHF 240‘000. Die Versetzung war mit einer Gehaltskürzung im Umfang von rund 50% verbunden (urspr. Nettolohn rund CHF 15‘000 p.M., nachher rund CHF 7‘500 p.M.). Schliesslich wurde ihm per 30. April 2008 im Alter von 61 Jahren endgültig gekündigt.

Für die Steuerperiode 2004 deklarierte A u.a. eine als „Abgangsentschädigung“ bezeichnete Kapitalleistung in Höhe von CHF 240‘000. Mit einem separaten Schreiben beantragte A „que [ce montant] soie imposé spécifiquement en tant que versement en capital de l'employeur analogue à un versement provenant d'une institution de prévoyance, respectivement en tant que versement en capital remplaçant des prestations périodiques“ (d.h. als Kapitalabfindung des Arbeitgebers analog einer Kapitalleistung einer Vorsorgeeinrichtung im Sinne von Art. 17 Abs. 2 DBG bzw. als Kapitalabfindung für wiederkehrende Leistungen i.S.v. Art. 37 DBG).

2. Fragen

  1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Abgangsentschädigungen nach Art. 17 Abs. 2 DBG besteuert werden können?
  2. Ist die vorliegende Kapitalleistung, wie von A beantragt, nach Art. 17 Abs. 2 DBG zu besteuern?
  3. Könnte die Abfindung/Abgangsentschädigung als Kapitalleistung für wiederkehrende Leistungen i.S.v. Art. 37 DBG besteuert werden?

3. Sachverhalt B

A (geb. 1949) war bis 31. Mai 2002 als Flugkapitän bei der Swissair tätig. Er bezog ein jährliches Salär von CHF 200’000. Infolge der Frühpensionierung im Alter von 53 Jahren im Zusammenhang mit dem Grounding der Swissair erhielt er neben einer Teilkapitalzahlung und einer Rente bzw. Übergangsrente bis zum Erreichen des AHV-Alters von der Vorsorgeeinrichtung der Swissair im Jahr 2003 zusätzlich eine Entschädigung aus Sozialplan von CHF X.  In der Steuererklärung 2003 deklarierte A die Kapitalzahlung von CHF X und verlangte die separate Besteuerung für diesen Betrag.

4. Fragen

  1. Kann die Kapitalleistung als Kapitalleistung aus Vorsorge nach Art. 38 DBG privilegiert besteuert werden?
  2. Angenommen A betätigt sich seit dem 31. Mai 2002 als selbständiger Touristenführer (Jahresgehalt von max. CHF 40'000), ändert dieser Umstand etwas an der Beurteilung?

Fall 5: Freiwillige Versicherung nach Art. 47 und Art. 47a BVG

1. Sachverhalt

X war als Lehrperson (geb. 1961) an einer Privatschule angestellt. Da an seinen pädagogischen Ansätzen zunehmend Zweifel bestanden, wurde das Arbeitsverhältnis per 31. Mai 2020 in gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst. X ist seither nicht mehr berufstätig und hat dies auch in Zukunft nicht vor, da er sich in ausreichend guten finanziellen Verhältnissen befindet.

X würde sein Vorsorgeverhältnis mit der derzeitigen Vorsorgeeinrichtung bis zum Erreichen des ordentlichen Pensionsalters gerne fortführen. Da er über eine grössere Vorsorgelücke verfügt, käme für ihn auch ein weiterer Aufbau der Vorsorge in Frage. Gemäss Reglement seiner derzeitigen Vorsorgeeinrichtung ist eine frühzeitige Pensionierung ab Vollendung des 58. Altersjahres möglich.

2. Fragen

  1. Ist es vorsorgerechtlich möglich, das bisherige Vorsorgeverhältnis nach Aufgabe der Erwerbstätigkeit fortzuführen? Wenn ja, welches sind die Voraussetzungen hierfür?
  2. Ist eine freiwillige Weiterversicherung steuerrechtlich anzuerkennen?
  3. Nehmen wir an, das Arbeitsverhältnis wird erst per 31. Oktober 2020 aufgelöst. Ändert dies an der vorsorgerechtlichen Situation von X etwas?
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