René Hintermann
Eva Mäki
Konzerninterne Finanzierung und verdecktes Eigenkapital
Workshop von René Hintermann und Eva Mäki anlässlich des ISIS)-Seminars vom 20. April 2021 mit dem Titel «Steuerliche Aspekte der Unternehmensfinanzierung, einschliesslich Sanierungsthemen»
Fall 1: Berücksichtigung des Goodwills bei der Berechnung des verdeckten Eigenkapital
Sachverhalt
Im Jahr 2020 erwarb die internationale A Gruppe die Schweizer X AG in einem Share Deal. Die Transaktion fand zwischen zwei unabhängigen Drittparteien statt und es bestehen keine Zweifel darüber, dass es sich beim vereinbarten Kaufpreis um einen unabhängigen Drittpreis handelte. Der Kaufpreis betrug CHF 1'000.
Der Kaufpreis soll zu 100% mittels eines konzerninternen Darlehens in der Höhe von CHF 1’000 finanziert werden. Dieses Darlehen wird vom niederländischen Cash-Pool der A Gruppe gewährt. Der Zinssatz auf diesem Darlehen beträgt jährlich 2.5%.
Der Cash-Pool der Gruppe besteht einerseits aus Mitteln anderer Gruppengesellschaften sowie aus Bankdarlehen von Drittbanken.
Nach der erfolgten Akquisition ist geplant, die Schweizer A AG mit der Schweizer X AG zu fusionieren.
Die Gruppenstruktur nach dem Kauf kann wie folgt dargestellt werden.
Die A Gruppe hat im Jahr 2019 eine Investmentbank mit dem Verkauf der A AG beauftragt. Während diesem Bieterprozess gingen zahlreiche bindende Kaufangebote ein, allesamt im Bereich von CHF 1'500. Der Verkauf kam jedoch nicht zustande, da die A Gruppe die Angebote als zu tief erachtete.
Die Bilanz der Schweizer A AG nach dem Kauf präsentiert sich wie folgt:
Die Bilanz der Schweizer X AG per 31. Dezember 2020 präsentiert sich wie folgt:
Fragen
- Kann der eigene Goodwill (originärer Goodwill)bei der Berechnung des verdeckten Eigenkapital der A AG berücksichtigt werden?
- Zu welchem Wert muss der aus der Fusion entstehende Goodwill (derivativer Goodwill) bei der Berechnung des verdeckten Eigenkapitals einbezogen werden? Wie muss dieser zukünftig berücksichtigt werden?
Fall 2: Anforderungen an den Drittvergleich unter Berücksichtigung des Negativzinsumfelds und Safe Haven Zinssätze bei Downstream-Konstellationen
Sachverhalt
Die deutsche M Gruppe verfügt über einen Cash-Pool in Holland (Cash-Pool B.V.) sowie über zwei Schweizer Tochtergesellschaften (A AG, Kanton Zürich und B AG, Kanton Zug). Die A AG selber hält ebenfalls eine Tochtergesellschaft (E AG, Kanton Zug). Die Gruppenstruktur kann wie folgt dargestellt werden:
Die Gruppe verfügt konzernintern über ausreichend flüssige Mittel. Zudem hat die Cash-Pool B.V. von einer Drittbank eine stehende Kreditlimite (Revolving Credit Facility), welche sie bei Bedarf in Anspruch nehmen kann. Diese Kreditlimite wird weder durch die M GmbH noch durch andere Gruppengesellschaften der M Gruppe garantiert.
Aufgrund des heutigen Zinsumfeldes muss die M Gruppe verschiedentlich Negativzinsen auf den verschiedenen Bankguthaben bezahlen. Die folgenden Szenarien sind jeweils separat zu betrachten und sollen verschiedene Facetten der gruppeninternen Finanzierung in Zusammenhang mit der Berechnung des verdeckten Eigenkapitals resp. der Gewinn- und Verrechnungssteuerfolgen aufgrund der Zinsabzüge aufzeigen.
Szenario 1:
Die Cash-Pool B.V. gewährt der A AG ein Darlehen von CHF 1 Mio. zum Zinssatz von 5.5%. Dieser Zinssatz setzt sich zusammen aus:
- 5% Zinssatz der Kreditlimite (Revolving Credit Facility) der Drittbank, nicht garantiert;
- 0.5% Risikoaufschlag der Cash-Pool B.V.
Die zusätzliche Fremdverschuldung führt bei der A AG nicht zu verdecktem Eigenkapital. Es bestehen keine weiteren Passivdarlehen.
Szenario 1a:
Zusätzlich zum Darlehen der Cash-Pool B.V. erhält die A AG zu einem späteren Zeitpunkt ein Darlehen von ihrer Muttergesellschaft in der Höhe von CHF 0.5 Mio. zu einem Zinssatz von 0.25%. Aufgrund des zusätzlichen Darlehens weist die A AG nun verdecktes Eigenkapital von CHF 0.2 Mio. aus. Zudem überlegt sich die Gruppe, dieses Darlehen zu subordinieren.
Szenario 2:
Die M GmbH verfügt über überschüssige flüssige Mittel. Aufgrund der Negativzinsen gewährt sie ein Darlehen an die A AG in der Höhe von CHF 1 Mio. zu einem Zinssatz von 0.5%. Diese Darlehensgewährung führt bei der A AG nicht zu verdecktem Eigenkapital. Die A AG benötigt diese Mittel nicht. Guthaben der A AG unterliegen bei der Hausbank keinerlei Negativzinsen.
Szenario 3
Die A AG ist vollständig eigenfinanziert. Sie verfügt auf ihrem Bankkonto über flüssige Mittel, welche sie aus Gründen der Flexibilität nicht kurzfristig am Kapitalmarkt anlegen möchte. Entsprechend muss die A AG Negativzinsen auf dem Kontokorrent bezahlen. Die A AG gewährt nun ein Darlehen der B AG, da diese keine Negativzinsen bezahlen muss. Das Darlehen von CHF 1 Mio. ist unverzinslich.
Szenario 3a
Gleich wie Szenario 3, mit der Variation, dass die M GmbH ihren Sitz in der Schweiz (Kanton Zürich) hat.
Szenario 4
Die Cash-Pool B.V. gewährt der A AG ein Darlehen von CHF 1 Mio. zum Zinssatz von 5.5% (vgl. Szenario 1). Die A AG gibt dieses Darlehen an ihre Tochtergesellschaft, die E AG, weiter, da es dieser Gesellschaft wirtschaftlich schlecht geht und sie die finanziellen Mittel benötigt. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage der E AG wird das Darlehen zu einem Zinssatz von 1% gewährt. Langfristig zeichnet sich aufgrund eines anstehenden Grossauftrages eine wirtschaftliche Erholung ab.
Frage
Was sind die Schweizer Steuerkonsequenzen der einzelnen Szenarien?
Fall 3: Verdecktes Eigenkapital im Zusammenhang mit der Ermässigung der Kapitalsteuer im Kanton Zürich
Sachverhalt
Die im Kanton Zürich domizilierte T AG nimmt folgende Stellung innerhalb des Konzerns ein:
Sie agiert als Zwischenholding und wird von der M AG mittels unverzinslichem Darlehen für ihre finanziellen Bedürfnisse ausgestattet. Die Bilanz der T AG präsentiert sich wie folgt:
Dies führt regelmässig zur Aufrechnung von verdecktem Eigenkapital, wie beispielsweise in der Steuerperiode 2019:
Ab Steuerperiode 2020 kennt der Kanton Zürich eine Ermässigung auf dem steuerbaren Eigenkapital (§ 81a StG ZH).
Frage
Wie wirkt sich die Ermässigung auf dem steuerbaren Eigenkapital auf das verdeckte Eigenkapital aus?
Fall 4: Zusammenspiel zwischen Covid-19-Krediten und verdecktem Eigenkapital
Sachverhalt
Die in der Schweiz ansässige T AG wird zu 100% von der deutschen M AG gehalten. Das Bilanzbild der T AG präsentiert sich wie folgt:
Bei der Ausgestaltung des Konzerndarlehens wird jeweils per Jahresende darauf geachtet, dass das Darlehen der Muttergesellschaft nicht als verdecktes Eigenkapital qualifiziert und wird bei Bedarf entsprechend angepasst. So war denn davon auszugehen, dass für das Jahr 2019 kein verdecktes Eigenkapital vorliegt:
Die Generalversammlung für das Geschäftsjahr 2019 der T AG hat bereits Mitte Januar 2020 stattgefunden. Dabei wurde eine Dividendenausschüttung von CHF 700 mit Fälligkeit Ende Februar 2020 beschlossen.
Die T AG ist in einer Branche tätig, die von Covid-19 stark betroffen ist. Dies hatte zur Folge, dass der Umsatz stark eingebrochen ist und ein operativer Verlust resultiert. In der Folge davon nimmt sie im März 2020 einen Covid-19-Kredit in der Höhe von CHF 10 Mio. auf.
Zudem wurde aus Liquiditätsgründen und aus Besorgnis einer drohenden Unterkapitalisierung beschlossen, die beschlossene und bereits fällige Dividende zu widerrufen.
Fragen
- Welchen Einfluss hat die Aufnahme des Covid-19-Kredits auf die steuerliche Qualifikation des Darlehens der Muttergesellschaft?
- Was hat der Widerruf der Dividende für steuerliche Konsequenzen?