Stefan Oesterhelt
Daniel Strahm
Aktuelles zur Besteuerung von Unternehmensumstrukturierungen (2022)
Workshop von Stefan Oesterhelt und Daniel Strahm anlässlich des ISIS)-Seminars vom 13./14. Juni 2022 mit dem Titel «Unternehmenssteuerrecht 2022».
Fall 1: Holdingspaltung
1. Sachverhalt
Die vom in der Schweiz ansässigen Herrn X gehaltene A. AG ist eine Holdinggesellschaft mit folgenden Beteiligungen:
- 20% am Kapital der ausländischen operativen B. GmbH
- 60% der Stimmrechte an der inländischen C. AG, einer Holdinggesellschaft welche 20% am Kapital der ausländischen operativen D. AG hält.
- 100% an der E. AG, einer inaktiven Gesellschaft (AK: CHF 100'000; Gewinnreserve: CHF 50'000; Aktivdarlehen von CHF 150'000 gegenüber X).
- 100% an der operativen inländischen F. AG. Diese hat neben Betriebsaktiven noch handelsrechtlich ausschüttungsfähigen Cash von CHF 2 Mio.
Die Bilanz der A. AG stellt sich wie folgt dar (in TCHF):
Es wird beabsichtigt, die F. AG abzuspalten und an einen Dritten zu veräussern. Hierzu wird folgende Vorgehensweise gewählt:
Schritt 1: A. AG bringt die F. AG am 4.6.2022 mit Wirkung per 1.1.2022 als Sacheinlage in die E. AG ein (à fonds perdu Zuschuss in die Reserven der E. AG; keine Kapitalerhöhung bei der E. AG). F. AG wird zum Gewinnsteuerwert von CHF 2 Mio. bei der E. AG bilanziert.
Schritt 2: E. AG wird am 15.6.2022 als Dividende an X. ausgeschüttet.
Schritt 3: E. AG wird am 17.6.2022 an die inländische Y. AG für CHF 10 Mio. veräussert.
2. Fragestellung
- Welche Steuerfolgen sind mit diesem Vorgehen für Herrn X. und für die A. AG verbunden?
3. Variante 1
- Die F. AG wird nicht mittels Sacheinlage in die E. AG eingebracht, sondern zum Gewinnsteuerwert von CHF 2 Mio. gegen Darlehen verkauft.
4. Variante 2
- Die F. AG wird zwar mittels Sacheinlage in die E. AG eingebracht. Die F. AG erwirbt von der A. AG nach der Sacheinlage aber vor der Ausschüttung noch ein von ihr betrieblich genutztes (d.h. aus Sicht der F. AG betriebs- notwendiges) Patent zum Gewinnsteuerwert von CHF 100'000 (Verkehrswert: CHF 2 Mio.).
5. Variante 3
- Am 29.6.2022 absorbiert die E. AG die F. AG mit Wirkung per 1.1.2022 (Variante: Am 15.4.2023 mit Wirkung per 1.1.2023).
6. Variante 4
- Wie Grundsachverhalt. Am 15.3.2022 veräussert die A. AG ihre Beteiligung an der B. GmbH für CHF 15 Mio. an einen Dritten. Die A. AG hält nun noch die Beteiligung an der C. AG (Wert: CHF 7 Mio.).
7. Variante 5
- Am 15.4.2023 absorbiert die Y. AG die E. AG.
- Hat dies Konsequenzen für Herrn X.?
Fall 2: Mitarbeiteraktien und IPO
1. Sachverhalt
Die Aktien der im Jahr 2018 als Start-up gegründeten X. AG werden von der in Jersey ansässigen Y. Ltd gehalten. An der Y. Ltd sind zu 80% ein Private Equity Fonds und zu 20% die Mitarbeiter der X. AG beteiligt.
Die Mitarbeiter haben ausschliesslich Common Shares der Y. Ltd., welche sie in den Jahren 2019-2022 zu einem Formelwert erwerben konnten. Der PE-Fonds hält 40% Preference Shares sowie 40% Common Shares der Y. Ltd.
Im Hinblick auf einen IPO wird eine in UK ansässige Z. Ltd errichtet und am 15. April 2022 sämtliche Aktien der Y. Ltd (Preference Shares und Common Shares) in Z-Aktien umgetauscht.
Am 1. Juni 2022 wird die Z. Ltd an der London Stock Exchange (LSE) gelistet (IPO).
2. Fragestellung
- Welche Steuerfolgen sind mit (i) dem Aktientausch der Y.-Aktien in Z.- Aktien, (ii) dem IPO bzw. (iii) dem Verkauf von Z-Aktien nach dem IPO durch die in der Schweiz ansässigen Mitarbeiter der X. AG verbunden?
Fall 3: Umwandlung eines Vereins in eine Kapitalgesellschaft
1. Sachverhalt
Ein im Kanton Bern ansässiger, im Handelsregister eingetragener Verein X. wurde am 15.12.2021 (Variante: 15.2.2022) nach Art. 53 FusG in eine Kapitalgesellschaft Y. AG umgewandelt.
Dabei erhält jedes der 20 im Inland ansässigen Vereinsmitglieder (natürliche Personen) gegenleistungslos 50 Y-Aktien mit einem Nennwert von je CHF 100. Der Verkehrswert der Y. AG beträgt CHF 20 Mio.
2. Fragestellung
- Welche Steuerfolgen hat dies für die Vereinsmitglieder?
- Welche Auswirkungen hätte ein vom Kanton Bern erteiltes Ruling, welches vom Kanton Bern am 15.12.2021 unterzeichnet und dem Rechtsvertreter des Vereins am 18.12.2021 zugegangen ist?
- In welchem Umfang können bei der Y. AG KER gebildet werden?
3. Variante
- Wie wäre der Fall für im Inland ansässige Begünstigte zu beurteilen, wenn es sich bei X. um eine im Kanton Schwyz ansässige Familienstiftung handeln würde, welche (im Rahmen einer zweistufigen Umwandlung) in die Y. AG umgewandelt würde?
Fall 3: Umwandlung eines Vereins in eine Kapitalgesellschaft
1. Sachverhalt
Ein im Kanton Bern ansässiger, im Handelsregister eingetragener Verein X. wurde am 15.12.2021 (Variante: 15.2.2022) nach Art. 53 FusG in eine Kapitalgesellschaft Y. AG umgewandelt.
Dabei erhält jedes der 20 im Inland ansässigen Vereinsmitglieder (natürliche Personen) gegenleistungslos 50 Y-Aktien mit einem Nennwert von je CHF 100. Der Verkehrswert der Y. AG beträgt CHF 20 Mio.
2. Fragestellung
- Welche Steuerfolgen hat dies für die Vereinsmitglieder?
- Welche Auswirkungen hätte ein vom Kanton Bern erteiltes Ruling, welches vom Kanton Bern am 15.12.2021 unterzeichnet und dem Rechtsvertreter des Vereins am 18.12.2021 zugegangen ist?
- In welchem Umfang können bei der Y. AG KER gebildet werden?
3. Variante
- Wie wäre der Fall für im Inland ansässige Begünstigte zu beurteilen, wenn es sich bei X. um eine im Kanton Schwyz ansässige Familienstiftung handeln würde, welche (im Rahmen einer zweistufigen Umwandlung) in die Y. AG umgewandelt würde?
Fall 4: Einbringung einer Beteiligung des Geschäftsvermögens in eine Kapitalgesellschaft
1. Sachverhalt
Die von X. geführte Einzelunternehmung hält 100% der Aktien der Y. AG, einer aktiven Gesellschaft. Der von der Y. AG geführte Betrieb hat keinen Bezug zur Tätigkeit der Einzelunternehmung.
X. will die Y. AG in die Z. AG einbringen, welche X. in seinem Privatvermögen hält.
2. Fragestellung
- Kann das Transparenzprinzip auch auf Personenunternehmungen angewandt werden und stellt die Einbringung der Beteiligung eine Übertragung eines Betriebs gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. b DBG dar?
Fall 5: Rückwirkende Immigrationsfusion
1. Sachverhalt
Die in Luxemburg ansässige X. Sàrl fusioniert mit ihrer in der Schweiz ansässigen Mutter Y. AG. Die Fusion wird am 1.6.2022 vollzogen, gestützt auf den Jahresabschluss per 31.12.2021 mit Wirkung per 1.1.2022. Nach der Absorption hat die X. Sàrl keine Betriebsstätte und somit keine beschränkte Steuerpflicht in Luxemburg.
Der Gewinn 2022 der Y. AG beträgt CHF 70 Mio. (Variante: CHF 10 Mio.). Davon entfallen CHF 15 Mio. auf den von der X. Sàrl in der Zeit vom 1.1.2022 bis 31.5.2022 erwirtschafteten Gewinn.
2. Fragestellung
- Wieviel Gewinn wird in der Schweiz besteuert?
3. Variante 1
- Wie würde sich der Fall präsentieren, wenn es sich bei X. um eine auf den BVI ansässige Gesellschaft handeln würde?
4. Variante 2
- Wie würde sich der Fall präsentieren, wenn es sich bei X. um eine im Kanton Bern ansässige Gesellschaft handeln würde, welche von der im Kanton Zürich ansässigen Y. absorbiert würde?