OECD veröffentlicht Eckwerte zur künftigen Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft (Statement on a Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy)
Selina Many
Am 8. Oktober 2021 hat die OECD das "Statement on a Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy" veröffentlicht. Das Dokument konkretisiert die Eckwerte zur künftigen Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft auf Basis von zwei Pfeilern (Pillars).
Pillar One (Auswahl):
Pillar One hat zum Gegenstand, mittels einer multilateralen Konvention neue Ermittlungs- und Allokationsregeln für Gewinne von Unternehmen, die vorwiegend im digital-intensiven oder verbrauchsorientierten Bereich tätig sind, zu etablieren. Mit Pillar One sollen die Marktstaaten einen entsprechenden Anteil des Residualgewinns zur Besteuerung zugewiesen erhalten (Amount A). Zudem sollen vereinfachte Regeln zur drittvergleichskonformen Vergütung für lokale Marketing- und Vertriebs- bzw. Routineaktivitäten eingeführt werden (Amount B).
Unter Pillar One fallen gemäss neuem Statement multinationale Unternehmen (MNEs) mit einem weltweiten Umsatz von über EUR 20 Mrd. und einer Profitabilität von über 10% (Gewinn vor Steuern). Sofern die Implementierung nach einem Review sieben Jahre nach ihrem Inkrafttreten erfolgreich ist, soll dieser Betrag auf EUR 10 Mrd. gesenkt werden.
Bei MNEs, die unter die neue Regelung fallen, sollen 25% des Residualgewinns nach einem Umsatzschlüssel auf die Marktstaaten verteilt werden. Dieser versteht sich als der (weitestgehend am Jahresbschluss (financial accounting)) bemessene Gewinnanteil, der 10% des Umsatzes überschreitet. Berücksichtigt werden dabei nur Marktstaaten mit einem gewissen Nexus, welcher bei einem lokalen Umsatz von EUR 1 Mio. resp. EUR 250'000 (bei kleineren Jurisdiktionen mit einem BIP von max. EUR 40 Mrd.) liegt.
Die beschriebene Verteilung soll dabei durch einen noch zu spezifizierenden safe harbor für Marketing- und Vertriebsaktivitäten begrenzt werden.
Die multilaterale Konvention soll zudem ihre Parteien verpflichten, sämtliche Spezialsteuern auf digitalen Dienstleistungen (Digital Services Taxes) und ähnliche Massnahmen aufzuheben und keine neuen einzuführen. Ab 8. Oktober 2021 soll keine neu eingeführte Digital Services Tax oder ähnliche Massnahme auf irgend ein Unternehmen angewendet werden. Dies gilt bis zum früheren der beiden folgenden Zeitpunkte: 31. Dezember 2023 oder Inkrafttreten der Multilateralen Konvention. Die Modalitäten für die Eliminierung der bestehenden Digital Services Taxes und ähnlichen Massnahmen wird angemessen koordiniert.
Die multilaterale Konvention für Amount A soll Mitte 2022 zur Unterzeichnung bereitstehen, mit Inkrafttreten 2023. Für Amount B sind weitere Arbeiten bis Ende 2022 vorgesehen.
Pillar Two(Auswahl):
Pillar Two befasst sich mit der Einführung einen globalen Mindeststeuer für international tätige Unternehmen. Hierzu sollen im Wesentlichen die folgenden Mechanismen zum Zuge kommen:
- Global anti-Base Erosion Rules (GloBE), bestehend aus (i) Income Inclusion Rule (IIR; ähnlich CFC-Regeln) und (ii) Undertaxed Payments Rule (UTPR; Abzugsbeschränkung bei bestimmten Zahlungen an Nahestehende im Ausland);
- Abkommensbasierte Subject to Tax Rule (STTR; Erlauben ergänzender Quellensteuern auf DBA-Basis bei Entwicklungsländern, sofern Zahlungen wie Zinsen oder Lizenzgebühren im Empfängerstaat mit einem Steuersatz von unter 9% besteuert werden.).
Die Staaten sind nicht zu einer Einführung von GloBE-Regeln verpflichtet; sofern sie eingeführt werden, müssen sie aber mit den vereinbarten Regeln in Einklang stehen. Entsprechende Regelungen anderer Staaten sind zu akzeptieren.
Die GloBE-Regeln gelten für vorbehältlich gewisser Übergangserleichterungen und Carve-outs für MNEs, die die EUR 750 Mio.-Grenze für das Country-by-Country-Reporting überschreiten. Es steht den Staaten frei, für Unternehmen, die dort ihren Hauptsitz haben, tiefere Grenzwerte zu definieren.
Die vereinbarte Mindestbesteuerung für die GloBE-Regeln liegt bei 15%, berechnet auf den jeweiligen Abschlüssen (financial accounting) mit gewissen vereinbarten Anpassungen im Einklang mit den steuerpolitischen Zielen von Pillar Two sowie mit Mechanismen zum Umgang mit zeitlichen Abweichungen.
In Bezug auf die US-GILTI-Regelung ist eine abgestimmte Koexistenz vorgesehen.
Bis Ende November 2021 sollen Modellregelungen zu GloBE sowie eine Regelung im Musterabkommen zur STTR entwickelt werden. Für Letztere soll sodann bis Mitte 2022 ein MLI (multilateral instrument) entwickelt werden. Schliesslich soll bis spätestens Ende 2022 ein Implementierungsrahmen (implementation framework) zur Erleicherung einer koordinierten Einführung der GloBE-Regeln ausgearbeitet und dabei auch die Ausarbeitung einer weiteren multilateralen Konvention geprüft werden.
Die OECD-Statement und weiterführende Unterlagen sind hier abrufbar.