Nationalrat genehmigt Abkommen gegen Steuervermeidung
Silvia Hunziker
Das Parlament befürwortet die Umsetzung internationaler Standards gegen Steuervermeidung von Unternehmen. Nach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat für ein Abkommen ausgesprochen.
Mit 114 zu 64 Stimmen genehmigte die grosse Kammer am Mittwoch das multilaterale Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung. Dieses ist nun bereit für die Schlussabstimmungen.
Es handelt sich um ein Übereinkommen im Rahmen des Beps-Projekts der OECD. Geregelt wird die Anpassung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) an die Mindeststandards: DBA sollen nicht nur doppelte Besteuerung, sondern auch Missbrauch durch doppelte Nichtbesteuerung verhindern.
Missbrauchs- und Streitbeilegungsklausel
Die Dba werden mit einer Präambel versehen, in der ausdrücklich festgehalten ist, dass sie keine Gelegenheit zu doppelter Nichtbesteuerung oder reduzierter Besteuerung durch Steuerhinterziehung oder -umgehung bieten soll.
Auch eine allgemeine Missbrauchsklausel soll in DBA eingebaut werden. Weiter sollen die unter das Beps-Übereinkommen fallenden DBA eine Bestimmung zur Streitbeilegung erhalten – vorausgesetzt, der Partnerstaat will diesen Teil des Abkommens auch anwenden.
Schwarze und graue Listen
Gegen das multilaterale Abkommen stellte sich die SVP – trotz der Vorbehalte, welche die Schweiz angebracht hat. Sie warnte vor administrativem Aufwand für Unternehmen. Hans Egloff (SVP/ZH) befand, die Schweiz gehöre eigentlich schon heute auf die Musterknabenliste der OECD. Dennoch werde sie auf einer grauen Liste geführt. Er schlafe allerdings trotzdem gut.
Am Vortag war bekannt geworden, dass die Schweiz vorläufig auf der grauen Steuerparadies-Liste der EU verbleibt. Finanzminister Ueli Maurer bezeichnete dies als Erfolg. Die Gefahr sei nämlich relativ gross gewesen, dass die Schweiz auf eine schwarze Liste komme, sagte er. Bei einem Nein zur AHV-Steuervorlage im Mai werde dies geschehen. „Das würde vielleicht Herrn Egloff keine schlaflosen Nächte bereiten, aber hunderten von Firmen, die mit Sanktionen zu rechnen hätten.“
Steuervermeidung als Businessmodell
Die Mehrheit im Nationalrat hält den Kampf gegen Steuerflucht für sinnvoll. Jacqueline Badran (SP/ZH) stellte fest, eine aggressive und schädliche Steuervermeidung habe sich als Businessmodell etabliert. Bezahlen müssten dies die KMU und die natürlichen Personen. Die Länder hätten sich jahrelang gegenseitig Steuergelder abgeluchst und auch
Steuersubstrat vernichtet. Damit müsse Schluss sein. Das Abkommen reiche zwar nicht, gehe aber in die richtige Richtung.
Angepasst werden sollen vorerst die Doppelbesteuerungsabkommen mit Argentinien, Chile, Island, Italien, Litauen, Luxemburg, Mexiko, Österreich, Portugal, Südafrika, Tschechien und der Türkei. Denkbar ist, dass weitere Staaten dazukommen. Die BEPS-Mindeststandards können auch durch bilaterale Änderungen von DBA vereinbart werden. Maurer betonte, es handle sich nicht um neue Standards, sondern um ein effizientes Vorgehen.