Nationalrat gegen Bericht zu Steuerhinterziehung
Silvia Hunziker
Der Nationalrat will nicht wissen, in welchem Ausmass in der Schweiz Steuern hinterzogen werden. Er hat es am Mittwoch abgelehnt, vom Bundesrat einen Bericht zu verlangen.
Mit 135 zu 57 Stimmen bei 1 Enthaltung verwarf der Rat am Mittwoch ein Postulat von SP-Nationalrätin Mattea Meyer (ZH). Diese argumentierte vergeblich, Steuerhinterziehung sei kein Kavaliersdelikt.
Der öffentlichen Hand entgingen dadurch hohe Summen, gab Meyer zu bedenken. Es liege im Interesse der ehrlichen Steuerzahlenden, dagegen vorzugehen. Dazu sei es unerlässlich, mehr über das Ausmass der Steuerhinterziehung zu erfahren und die Merkmale der Steuerhinterzieher zu kennen.
Meyer schlug vor, für die Analyse die Daten aus den straflosen Selbstanzeigen einzubeziehen. Auch Daten aus den „Panama Papers“ und den „Paradise Papers“ sollten berücksichtigt werden.
Abgrenzung schwierig
Der Bundesrat stellte sich gegen den Vorstoss. Aus seiner Sicht wäre es schwierig, verlässliche Schätzungen zu erhalten. Das liege unter anderem daran, dass die Abgrenzung zwischen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung schwierig sei, sagte Finanzminister Ueli Maurer.
Im Zusammenhang mit dem Vorstoss gerieten Thomas Matter (SVP/ZH) und Margret Kiener Nellen (SP/BE) aneinander. Matter fragte, ob es sich bei der Steuererklärung Kiener Nellens, die vor einigen Jahren für Schlagzeilen sorgte, noch um Steueroptimierung oder schon -hinterziehung gehandelt habe.
Kiener Nellen empörte sich über die Frage. Sie rechtfertigte das Nulleinkommen, das sie und ihr Ehemann im Jahr 2011 deklariert hatten. Dies habe mit einem einmaligen Pensionskassenabzug ihres Mannes zu tun gehabt, sagte sie. Optimierung wäre gewesen, den Abzug über mehrere Jahre zu verteilen.
Keine erhöhte Sorgfaltspflicht
Der Nationalrat lehnte auch andere Vorstösse zu Steuerdelikten ab. So sprach er sich dagegen aus, dass Beihilfe zu Steuervergehen im Ausland in der Schweiz sanktioniert wird. Motionärin Meyer argumentierte vergeblich, die Schweiz sei Sitz zahlreicher multinationaler Gesellschaften und die weltweit grösste Drehscheibe für grenzüberschreitende Vermögensverwaltung. Mit dieser führenden Rolle gehe eine zusätzliche Verantwortung einher.
Ferner verwarf der Nationalrat eine Motion von SP-Nationalrätin Schneider Schüttel (FR), die eine erhöhte Sorgfaltspflicht für Geschäfte mit Offshore Finanzplätzen forderte. Die Enthüllungen der „Panama Papers“ und der „Paradise Papers“ legten nahe, dass die Meldepflicht in Bezug auf Beziehungen zu Offshore-Finanzplätzen bisher nur ungenügend wahrgenommen würden, stellte Schneider Schüttel fest. Die Mehrheit war jedoch der Ansicht, die heutigen Regulierungen genügten.