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<article class="rz"><h2>1. Hintergrund</h2>
<p>Arbeitnehmende sind heutzutage mobiler denn je. Immer häufiger ist der mit einer Erwerbstätigkeit verbundene Aufenthalt in einem Gaststaat allerdings nicht von dauerhafter Natur. Arbeitnehmende, die in mehreren Ländern gearbeitet und gelebt haben, verfügen daher oftmals über berufliche und private Vorsorgeguthaben in mehreren Ländern. Die steuerliche Situation wird regelmässig spätestens dann unübersichtlich, wenn eine grenzüberschreitende Übertragung bzw. Auszahlung dieser Vorsorgegelder an die Anspruchsberechtigten erfolgen soll.</p>
<p>Der nachfolgende Beitrag stellt zunächst die Grundlagen der Altersvorsorge in der Schweiz vor sowie die damit verbundenen steuerrechtlichen Aspekte. Sodann werden zwei grenzüberschreitende Praxisbeispiele präsentiert und die jeweiligen Steuerfolgen im Hinblick auf die Auszahlung aus den ausländischen Vorsorgeformen näher erörtert.</p>
<h2>2. Altersvorsorge in der Schweiz im Allgemeinen</h2>
<p>Das Vorsorgesystem der Schweiz beruht auf dem 3-Säulen-Prinzip, das historisch gewachsen und seit 1972 in der Bundesverfassung verankert ist. Es basiert einerseits auf der staatlichen Existenzsicherung (AHV), die im Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) geregelt ist. Diese 1. Säule umfasst die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV), die Erwerbsersatzordnung (EO) sowie die sogenannten Ergänzungsleistungen (EL).</p>
<p>Die 2. Säule bildet die betriebliche Vorsorge (BVG). Erwerbstätige sind dafür obligatorisch oder freiwillig einer Pensionskasse angeschlossen. Das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) gibt hier grundsätzlich die Rahmenbedingungen vor. Ausserdem beinhaltet die 2. Säule die Unfallversicherung (UVG) sowie die Kollektivkrankentaggeldversicherung (KTG).</p>
<p>Die 3. Säule basiert auf der freiwilligen privaten Selbstvorsorge. Diese ist untergliedert in die gebundene private Selbstvorsorge (Säule 3a) und die freie ungebundene Selbstvorsorge (Säule 3b).</p>
<h3>2.1 Steuerrechtliche Aspekte zur Altersvorsorge in der Schweiz</h3>
<p>Das Steuerrecht lehnt sich an das 3-Säulen-Prinzip an. Anwendung findet hier das sogenannte Waadtländer Modell. Das heisst, der grundsätzlich vollen Abzugsfähigkeit der Beiträge steht die volle Besteuerung der Leistungen gegenüber. Dieses Modell gilt für die 1. und die 2. Säule sowie für die gebundene private Selbstvorsorge. Die freie Selbstvorsorge geniesst dagegen nur eine beschränkte steuerliche Privilegierung auf der Beitragsseite, und entsprechend erfolgt lediglich eine teilweise oder bestenfalls keine Besteuerung der ausgerichteten Leistungen.</p>
<h3>2.2 Besteuerung von Leistungen aus der gebundenen Selbstvorsorge</h3>
<p>Steuerbar sind nach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_22">Art. 22 Abs. 1 DBG</a> und <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_7">Art. 7 Abs. 1 StHG</a> alle Einkünfte aus der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung. Diese Leistungen werden in der Regel als Rente oder Taggelder ausbezahlt und werden damit zusammen mit dem übrigen Einkommen zum ordentlichen Tarif erfasst. Diese gesetzliche Grundlage erfasst auch alle Einkünfte aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge mit Einschluss der Kapitalabfindungen und Rückzahlungen von Einlagen, Prämien und Beiträgen.</p>
<p>Renten werden zum übrigen Einkommen gerechnet und vollumfänglich in die Bemessungsgrundlage einbezogen, während Kapitalleistungen aus Vorsorge sowie Zahlungen bei Tod und für bleibende körperliche oder gesundheitliche Nachteile gesondert vom übrigen Einkommen zu einem privilegierten Satz besteuert werden (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_38">Art. 38 DBG</a><u>, </u><a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_11">Art. 11 Abs. 3 StHG</a>).</p>
<p>Leistungen aus der gebundenen privaten Selbstvorsorge werden grundsätzlich gleich besteuert wie entsprechende Leistungen aus der 2. Säule.</p>
<h3>2.3 Besteuerung von Leistungen aus der ungebundenen Selbstvorsorge</h3>
<p>Für Leistungen aus der ungebundenen Selbstvorsorge gilt der Grundsatz, wonach aufgrund der faktischen Nichtabziehbarkeit der Beiträge keine oder eine nur teilweise Besteuerung im Leistungsfall stattfindet.</p>
<p>Für die Beurteilung der Steuerfolgen ist auch die Ausgestaltung des Vorsorgeprodukts zu analysieren: Handelt es sich um ein rückkaufsfähiges Vorsorgeprodukt (das heisst, der Eintritt des Leistungsfalls ist sicher), oder ist es eine Risikoversicherung (bei welcher der Eintritt des Leistungsfalls ungewiss ist)?</p>
<p>Der Vermögensanfall aus einer rückkaufsfähigen privaten Kapitalversicherung beispielsweise ist steuerfrei gemäss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_24">Art. 24 lit. b DBG</a> und <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_7">Art. 7 Abs. 4 lit. d StHG</a>. Hintergrund ist der, dass es sich hier im Prinzip um eine Vermögensumschichtung handelt, weil der Begünstigte im Versicherungsfall sein einbezahltes Kapital zurückerhält. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass auf kantonaler Ebene der Rückkaufswert während der vertraglichen Laufzeit für Vermögenssteuerzwecke deklariert werden muss.</p>
<p>Dagegen stellt eine Todesfallversicherung eine Risikoversicherung dar, wobei der Anspruch nur fällig wird, wenn die versicherte Person vor einem bestimmten Datum stirbt und dann Leistungen an eine anspruchsberechtigte Person ausgezahlt werden (bspw. Ehegatte). Gemäss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_23">Art. 23 lit. b DBG</a><u> </u>unterliegt eine solche Versicherungsleistung der Einkommenssteuer.</p>
<h3>2.4 Besteuerung einer ausländischen Vorsorgeleistung im Allgemeinen</h3>
<p>Es erfolgt grundsätzlich eine sinngemäss gleiche Anwendung der Besteuerungsregeln für ausländische Vorsorgeleistungen, sofern Vergleichbarkeit gegeben ist. Beispielsweise werden Leis­tungen aus ausländischen gesetzlichen Sozialversicherungen, die mit der schweizerischen 1. Säule vergleichbar sind, gleich wie entsprechende Leistungen aus schweizerischen Einrichtungen als ordentliches Einkommen besteuert, sofern ein allenfalls anwendbares Doppelbesteuerungsabkommen keine Einschränkungen des schweizerischen Besteuerungsrechts vorsieht. Eine Einzelfallbetrachtung ist indessen stets angezeigt, wie die nachfolgenden Praxisbei­spiele verdeutlichen sollen.</p>
<h2>3. Praxisbeispiel I</h2>
<h3>3.1 Sachverhalt</h3>
<p>Eine schweizerische Staatsangehörige wohnt und arbeitet seit einigen Jahren wieder in der Schweiz. Während fünf Jahren war sie in den Vereinigten Staaten erwerbstätig und leistete dort Beiträge in einen sogenannten Traditional Individual Retirement Account (IRA Vorsorgeplan). Nun beabsichtigt sie, das angesparte Kapital aus den USA in die Schweiz zu transferieren. Die nachfolgenden Charakteristika zeichnen diesen Vorsorgeplan insbesondere aus: Die Beiträge in den Vorsorgeplan waren steuerlich nicht abzugsfähig in der Ansparphase. Ausserdem sind die geäufneten finanziellen Mittel in der Ansparphase nicht gebunden.</p>
<h3>3.2 Steuerrechtliche Beurteilung</h3>
<p>Für schweizerische Steuerzwecke dürfte der vorliegende US-Vorsorgeplan mit der freien Selbstvorsorge (Säule 3b) vergleichbar sein. Denn die USA haben im vorliegenden Praxisbeispiel keine steuerliche Privilegierung in der Ansparphase gewährt (keine Abzugsfähigkeit der Beiträge). Eine Bezugsmöglichkeit der eingezahlten finanziellen Mittel ist zudem jederzeit gegeben.</p>
<p>Folglich würden im Moment der Auszahlung aus schweizerischer Perspektive wohl keine Einkommenssteuerfolgen ausgelöst. Die Begünstigte erhält lediglich ihr einbezahltes Kapital zurück.</p>
<p>Zu beachten ist allerdings, dass der Verkehrswert seit der vertraglichen Laufzeit und mit Wohnsitznahme in der Schweiz in der Steuererklärung für die Vermögenssteuer angegeben hätte werden müssen. Ist die Begünstige dieser Pflicht bislang nicht nachgekommen, sollte eine Offenlegung des US-Vorsorgeplans für Vermögenssteuerzwecke zusammen mit dem Einreichen der nächsten Steuererklärung grundsätzlich ohne grössere Umtriebe möglich sein. Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, wird ein Nachsteuerverfahren eingeleitet.</p>
<p>Sollte es sich beim US-Vorsorgeplan um ein Säule 3a-ähnliches Vorsorgeprodukt handeln (was in casu wohl nicht der Fall ist), wäre die Auszahlung nur dann steuerbar, wenn tatsächlich eine Auszahlung vorgenommen wird. Die Besteuerung der Auszahlung würde dann zusammen mit dem übrigen Einkommen erfolgen. Ein Transfer auf ein Freizügigkeitskonto oder eine Einzahlung in eine Pensionskasse sollte dagegen keine direkten Steuerfolgen haben, da der «Vorsorgekreislauf» nicht verlassen würde.</p>
<h2>4. Praxisbeispiel II</h2>
<h3>4.1 Sachverhalt</h3>
<p>Eine deutsche Staatsangehörige lebt und arbeitet seit 10 Jahren in der Schweiz. Während ihrer Berufstätigkeit in Deutschland hat sie jährliche Beiträge in die deutsche Basisrente (auch bezeichnet als «Rürup-Rente») eingezahlt. Nun erhält sie eine monatliche lebenslange Rente.</p>
<p>Die Rürup-Rente ist eine freiwillige private Altersvorsorge für erwerbstätige Personen in Deutschland. Diese sieht die Zahlung von monatlichen lebenslangen Leibrenten frühestens ab dem vollendeten 62. Lebensjahr vor und bietet kein Kapitalwahlrecht. Der Rentenvertrag kann vor Rentenbeginn nicht gekündigt werden. Gemäss deutschem Steuerrecht können die Beiträge zu Rürup-Versicherungsverträgen als Sonderausgaben geltend gemacht werden.</p>
<h3>4.2 Steuerrechtliche Beurteilung</h3>
<p>Da es sich um eine freiwillige private Altersvorsorge handelt, kann vorgängig festgehalten werden, dass es sich in casu nicht um eine Rentenleistung analog der 2. Säule handelt.</p>
<p>Die Vergleichbarkeit mit einer Säule-3a Vorsorgeform ist aufgrund der nachfolgenden Kriterien zu bestätigen: Die geäufneten Mittel werden erst im Pensionsalter verfügbar. Ausserdem wird der Vorsorgeplan vom deutschen Staat gefördert aufgrund der Abzugsfähigkeit der Beiträge und setzt eine Erwerbstätigkeit voraus.</p>
<p>Somit resultiert, dass während der Laufzeit des Vertrages das Kapital von der Vermögenssteuer ausgenommen ist. Die ausgerichtete Rente ist vollumfänglich als private berufliche Altersvorsorge steuerbar, wobei keine reduzierte Besteuerung vorgesehen ist.</p>
<h2>5. Fazit</h2>
<p>Betroffene Personen mit Vorsorgeguthaben in verschiedenen Ländern sind gut beraten, vorgängig ihre individuelle Steuersituation diesbezüglich zu analysieren, das heisst nicht erst im Zeitpunkt der Übertragung bzw. Auszahlung der Vorsorgeleistungen. Um Rechtssicherheit betreffend die Einordnung und Behandlung eines ausländischen Vorsorgeplans für schweizerische Steuerzwecke zu erhalten, ist auch jederzeit die Einholung einer verbindlichen Auskunft bei der zuständigen Veranlagungsbehörde möglich und empfehlenswert.</p></article>
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