<article class="rz"><h2>Einleitung</h2>
<p>Unter dem Titel «<a href="https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/das-efd/abstimmungen/initiative--imposer-les-successions-de-plusieurs-millions-pour-f.html" target="_blank" rel="noopener">Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV</a>» wurden im Herbst 2011 Unterschriften für eine Volksinitiative zur Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Bundesebene gesammelt. Gemäss Initiativtext wäre die kantonalen Erbschafts- und Schenkungssteuer aufgehoben und eine Nachlasssteuer auf Bundesebene eingeführt worden. Diese Nachlasssteuer hätte zur Folge gehabt, dass die bisher in den meisten Kantonen von der Erbschaftsteuer befreiten Nachkommen neue mit einer Nachlasssteuer von 20% belastet worden wären.</p>
<p>Da diese Nachlasssteuer bei Annahme der Initiative bereits auf den 1. Januar 2012 in Kraft getreten wäre, haben viele Besitzer ihre Liegenschaften noch vor Ende 2011 als Erbvorbezüge auf ihre Kinder übertragen. Solche Erbvorbezugsgemeinschaften halten die Liegenschaften nun seit bereits seit 10 Jahren im Gesamteigentum. Vielfach drängen sich Sanierungen auf oder die Gesamteigentümer ziehen eine andere Nutzung oder Umnutzung der voraus geerbten Liegenschaften in Betracht.</p>
<p>Insbesondere aus steuerrechtlicher Optik ist bei solchen Umnutzungen oder Investitionen Vorsicht geboten, da eine Erbvorbezugsgemeinschaft steuerrechtlich als einfache Gesellschaft qualifizieren könnte, deren Auflösung die Abrechnung der aufgeschobenen Grundstückgewinnsteuer zur Folge hat. Dieser steuerlichen Konsequenzen sind sich die Mitglieder einer Erbvorbezugsgemeinschaft häufig nicht bewusst.</p>
<h2>1. Beispielhafte Darstellung</h2>
<p>Per Ende 2011 übertrug Herr Muster ein Einfamilienhaus, welches er selbst bewohnte, sowie ein unbebautes Grundstück auf seine beiden Kinder zu Gesamteigentum unter Vorbehalt einer lebenslänglichen Nutzniessung auf den Liegenschaften. Im Grundbuch wurden die Kinder als «- Gesamteigentümer, einfache Gesellschaft -» eingetragen.</p>
<p>Per Ende 2019 entschloss sich Herr Muster aus dem Einfamilienhaus auszuziehen und in eine Alterswohnung zu übersiedeln. Daraufhin vereinbarten alle miteinander, dass der Vater auf die Nutzniessung verzichtet, dass der Sohn mit seiner Familie in das Einfamilienhaus zieht und dass die Tochter auf dem unbebauten Grundstück ein Haus für sich und ihre Familie baut.</p>
<p>Die Steuerberaterin der Familie ist davon ausgegangen, dass eine steuerfreie Aufteilung der Parzellen auch erst nach dem erfolgten Bau des neuen Einfamilienhauses möglich ist. Aus diesem Grund wurde die Erbvorbezugsgemeinschaft mit Bezug auf die beiden Grundstücke nicht bereits vor dem Bau des Hauses aufgelöst.</p>
<p>Der Sohn war in den Bau des neuen Einfamilienhauses der Schwester grundsätzlich nicht involviert. Da er aber im Grundbuch als Gesamteigentümer eingetragen war, musste er diverse offizielle Dokumente mitunterzeichnen.</p>
<p>Erst nach erfolgtem Bau war eine Teilung der Erbvorbezugsgemeinschaft geplant, indem die eine Parzelle vollumfänglich dem Sohn und die andere Parzelle vollumfänglich der Tochter zugeteilt werden sollte. Eine Anfrage beim Steueramt hat ergeben, dass die Erbvorbezugsgemeinschaft allenfalls bereits mit der Eingabe der Bauvorhaben bzw. mit dem Baubeginn beendet worden sein könnte und seither eine einfache Gesellschaft bestanden habe, bei deren Auflösung die aufgeschobene Grundstückgewinnsteuer abzurechnen ist.</p>
<h2>2. Zivilrechtliche Aspekte</h2>
<h3>2.1 Erbvorbezugsgemeinschaft</h3>
<p>Zuwendungen eines Erblassers an die Erben erfolgen von Todes wegen. Die Erbengemeinschaft entsteht somit von Gesetzes wegen nach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/24/233_245_233/de#book_3/part_2/tit_16/chap_2" target="_blank" rel="noopener">Art. 560 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB)</a>. Die Erben eines ungeteilten Nachlasses bilden zusammen von Gesetzes wegen eine Erbengemeinschaft im Sinne von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/24/233_245_233/de#book_3/part_2/tit_17" target="_blank" rel="noopener">Art. 602 ZGB</a>.</p>
<p>Bei einem Erbvorbezug überträgt der Erblasser die Vermögenswerte zu Lebzeiten auf die Erbanwärter. Sie bilden zusammen eine Gemeinschaft zur gesamten Hand im Sinne von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/24/233_245_233/de#book_4/part_1/tit_18/lvl_C/lvl_I_I" target="_blank" rel="noopener">Art. 652 ZGB</a>.<a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1"><sup>01</sup></a> Die Erbvorbezugsgemeinschaft untersteht – wie die Erbengemeinschaft - zivilrechtlich den Regeln der einfachen Gesellschaft nach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/27/317_321_377/de#part_2/tit_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 530 ff. des Obligationenrechts (OR)</a>. Im Grundbuch werden die Erbanwärter als «Gesamteigentümer infolge einfacher Gesellschaft» eingetragen. In diesem Fall stehen die Erbanwärter sachenrechtlich im gleichen Verhältnis zueinander, wie die Erben eines ungeteilten Nachlasses.<sup><a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">02</a></sup> Trotz der Anwendung der Regeln der einfachen Gesellschaft handelt es sich um eine Rechtsgemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit in der Form einer Gesamthandschaft.<sup><a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">03</a></sup></p>
<p>Der Erbvorbezug ist kein zivilrechtlicher Begriff. Das Bundesgericht umschreibt den Erbvorbezug als lebzeitige Zuwendung an gesetzliche Erben in Anrechnung an den Erbteil bzw. als ausgleichungspflichtige derartige Zuwendung.<sup><a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">04</a></sup> Die Praxis versteht unter einem Erbvorbezug eine Schenkung an einzelne oder mehrere Erbanwärter.<sup><a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5">05</a></sup> Analog zu einer Schenkung kann auch ein gemischter Erbvorbezug vorliegen, wenn beispielsweise die Erbanwärter die Hypothek übernehmen oder dem Erblasser ein Wohnrecht oder eine Nutzniessung eingeräumt wird. Auch der gemischte Erbvorbezug setzt ein offensichtliches Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung verbunden mit einem Schenkungswillen des Erblassers voraus.<sup><a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6">06</a></sup></p>
<h3>2.2 Auflösung der Erbengemeinschaft</h3>
<p>Während bei der Erbteilung eine Liegenschaft durch faktische Zuweisung (Realteilung) oder durch Vollzug eines schriftlichen Teilungsvertrags oder eines Gerichtsurteils erfolgen kann, bedarf es bei der durch Erbvorbezug erworbenen Liegenschaft einer Auflösung der Erbvorbezugsgemeinschaft, um die Liegenschaft ins Alleineigentum eines Gesellschafters zu überführen.<a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7"><sup>07</sup></a> Insofern steht ihr, anders als der Erbengemeinschaft, im Rechtsverkehr eine beschränkte Rechtspersönlichkeit zu. Sachenrechtlich handelt es sich nicht um eine Handänderung, sondern um eine Anwachsung beim übernehmenden Gesellschafter durch Ausscheiden der übrigen Gesellschafter. Es bedarf keiner öffentlichen Beurkundung, sondern lediglich einer Anpassung im Grundbuch.<a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8"><sup>08</sup></a></p>
<h3>2.3 Fortgesetzte Erbengemeinschaft vs. Einfache Gesellschaft</h3>
<p>Liegt ein Erbvorbezug zu Lebzeiten an sämtliche gesetzliche Erben zur Gesamthand vor, so wandelt sich die Erbvorbezugsgemeinschaft nach Ableben des Erblassers von Gesetzes wegen in eine Erbengemeinschaft um. Zu begründen ist dies sowohl mit der Identität der Subjekte der Gemeinschaft als auch der Identität der sachenrechtlichen Gemeinschaftsform. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn sämtliche Empfänger des Erbvorbezuges hinreichend sichere Erbanwärter der Veräussererin sind (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/24/233_245_233/de#book_3" target="_blank" rel="noopener">Art. 457 ff. ZGB</a>).<sup><a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9">09</a></sup></p>
<p>Die Erben müssen die Erbengemeinschaft nach Ableben des Erblassers nicht zwingend auflösen. Es steht ihnen frei, die Teilung des Nachlasses auf bestimmte oder unbestimmte Zeit hinauszuschieben, sei es durch Vereinbarung oder durch passives Zuwarten (sog. fortgesetzte Erbengemeinschaft). Alternativ kommen auch die Bildung von Miteigentum oder eine förmliche Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine Körperschaft oder in eine Personengemeinschaft (namentlich eine einfache Gesellschaft nach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/27/317_321_377/de#part_2/tit_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 530 ff. OR</a>), welche einen anderen Zweck als die Liquidation des Nachlasses verfolgt, in Betracht.<sup><a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10">10</a></sup> Eine solche Umwandlung stellt ein Teilungssurrogat dar mit der Konsequenz, dass für eine Teilungsklage fortan kein Raum mehr bleibt.<sup><a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11">11</a></sup></p>
<h3>2.4 Umwandlung der Gemeinschaften in eine einfache Gesellschaft</h3>
<p>Die Umwandlung einer Erbengemeinschaft in eine einfache Gesellschaft kann sich sowohl vor Ableben des Erblassers in Bezug auf die «Erbvorbezugsgemeinschaft» als auch nach Ableben des Erblassers hinsichtlich der «Erbengemeinschaft» stellen.</p>
<p>Sie setzt voraus, dass die Betroffenen die Gemeinschaft aufheben und als einfache Gesellschaft weiterführen wollen.<sup><a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12">12</a></sup> Mit anderen Worten bedarf es der – von sämtlichen Erben getragenen<a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13"><sup>13</sup></a> – Absicht, «aus Provisorium und der Passivität der Erbengemeinschaft in eine dauernde und aktivere Zweckverfolgung hinüberzutreten».<a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14"><sup>14</sup></a> Die Umwandlung bedingt also eine Zweckänderung von der blossen Verwaltung und Nutzung der Erbschaft hin zu einem darüber hinausgehenden Zweck, den die Erben fortan mit gemeinsamen Kräften und Mitteln zu verfolgen gedenken (animus societatis, <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/27/317_321_377/de#part_2/tit_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 530 Abs. 1 OR</a>). Vorausgesetzt ist eine vertragsmässige Bindung zwischen den Erben in Bezug auf diese gemeinschaftliche Zweckverfolgung, welche über die Beziehungen innerhalb einer Erbengemeinschaft hinausgeht und sich qualitativ von diesen unterscheidet (sog. rechtsgeschäftliche Förderungspflicht).<sup><a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15">15</a></sup></p>
<p>Ob die Erben die Erbvorbezugsgemeinschaft, respektive die Erbengemeinschaft durch Umwandlung auflösen wollten, ist auf dem Weg der Auslegung zu ermitteln. Die eine Umwandlung begründende, vertragsmässige Bindung kommt nach den allgemeinen obligationenrechtlichen Regeln durch den Austausch übereinstimmender, gegenseitiger Willenserklärungen zustande. Diese Willenserklärungen müssen sich auf die objektiv wesentlichen Vertragspunkte beziehen, nämlich auf den Gesellschaftszweck und die gemeinsame Verfolgung desselben als Gegenstand einer vertraglichen Pflicht, auf den Kreis der beteiligten Personen und auf die – wie auch immer auszugestaltende – Leistung eines Betrags durch jeden der Beteiligten.<sup><a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16">16</a></sup></p>
<p>Der Wille zur Umwandlung kann ausdrücklich oder stillschweigend durch entsprechendes Verhalten zum Ausdruck gebracht werden (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/24/233_245_233/de#art_1" target="_blank" rel="noopener">Art. 1 Abs. 2 OR</a>). An den Nachweis einer Zweckänderung – vor allem dort, wo diese auf konkludentes Handeln der Beteiligten beruht – sind nach der höchstrichterlichen Praxis allerdings hohe Anforderungen zu stellen. Namentlich müssen die Umstände bei objektiver Auslegung zweifelsfrei auf einen Umwandlungswillen der Erben schliessen lassen.<sup><a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17">17</a></sup> Begründet wird dies damit, dass zwischen den Erben bereits von Gesetzes wegen eine rechtliche Sonderverbindung besteht, welche ein gewisses Mass an Zusammenwirken mit sich bringt. Mangels ausdrücklicher Willensbekundungen ist der Umwandlungsvorgang in solchen Fällen daher äusserlich nicht wahrnehmbar, sondern vollzieht sich ausschliesslich im Willen der Beteiligten.<sup><a title="" href="#_ftn18" name="_ftnref18">18</a></sup> Insofern besteht eine Vermutung zugunsten der Fortsetzung der Erbengemeinschaft gegenüber ihrer Umwandlung.</p>
<h2>3. Steuerrechtliche Aspekte</h2>
<h3>3.1 Grundsätzliches zum Steueraufschub der Grundstückgewinnsteuer</h3>
<p>Alle zivilrechtlichen Handänderungen lösen die Grundstückgewinnsteuer aus, sofern sie nicht kraft gesetzlicher Vorschrift von der Besteuerung ausgenommen bzw. befreit sind.</p>
<p>Gemäss <a href="http://www.zhlex.zh.ch/Erlass.html?Open&Ordnr=631.1" target="_blank" rel="noopener">§161 Abs. 3 lit. b des Steuergesetzes des Kantons Zürich (StG-ZH)</a> fällt die Erhebung einer Grundstückgewinnsteuer bei Handänderungen infolge eines Erbvorbezuges oder Erbganges ausser Betracht. Das Verwaltungsgericht Zürich (VGr ZH) hatte bereits am 25. April 1985<sup><a title="" href="#_ftn19" name="_ftnref19">19</a></sup> erkannt, es komme zu keiner steuerbaren Handänderung, wenn mehrere Erbanwärter als Gesamteigentümer einer als Erbvorbezug empfangenen Liegenschaft sich durch Übertragung derselben zu Alleineigentum eines Erbanwärters auseinandersetzen. Es liege vielmehr eine weitere Handänderung infolge Erbvorbezuges vor, welche von der Grundstückgewinnsteuer befreit ist. Aus den Materialien der Gesetzesnovelle zu <a href="http://www.zhlex.zh.ch/Erlass.html?Open&Ordnr=631.1" target="_blank" rel="noopener">§161 Abs. 3 lit. b StG-ZH</a> ergebe sich, dass der Gesetzgeber eine Besteuerung erst bei einem eigentlichen Verkauf an Dritte habe eingreifen lassen wollen.<a title="" href="#_ftn20" name="_ftnref20"><sup>20</sup></a></p>
<p>Bei der Auflösung einer Erbvorbezugsgemeinschaft kann es nur dann noch zu einer steuerrechtlich bevorzugten Handänderung kommen, wenn die Erbanwärter bezüglich des vorbezogenen Grundstückes eine Gemeinschaft zur gesamten Hand bilden. Setzten sich die Erbanwärter auseinander, indem einer von ihnen die Liegenschaft zu Alleineigentum übernimmt, so liegt keine steuerbare, sondern eine der Erbteilung nahestehende, privilegierte weitere Handänderung infolge Erbvorbezugs vor.</p>
<p>Selbst bei einer Umwandlung von Gesamteigentum in Miteigentum gilt derselbe Privilegierungsgrund mangels Veräusserung an Dritte. Das Ausscheiden eines Erbanwärters aus der Erbvorbezugsgemeinschaft kommt erbrechtlich zwar einer partiellen Erbteilung gleich, ist aber steuerrechtlich keine Handänderung infolge Erbteilung, da keine Veräusserung an einen Dritten stattfindet.<a title="" href="#_ftn21" name="_ftnref21"><sup>21</sup></a> Vielmehr wächst der Anteil des Ausscheidenden den verbliebenden Gesellschaftern an.</p>
<h3>3.2 Ausnahme – einfache Gesellschaft</h3>
<p>Die Privilegierung wird nicht gewährt, wenn Miteigentum vorliegt oder die Erbvorbezugsgemeinschaft vertraglich oder stillschweigend in eine andere Gemeinschaftsform überführt worden ist. Die Erbvorbezugsgemeinschaft hat wie die Erbengemeinschaft grundsätzlich den vorübergehenden Zweck des Erwerbs, der Sicherung, der Erhaltung und der geeigneten Bewirtschaftung bis zu ihrer vorbestimmten Auflösung durch Teilung. Es liegt nach der Rechtsprechung des VGr ZH<a title="" href="#_ftn22" name="_ftnref22"><sup>22</sup></a> keine Handänderung infolge Erbteilung vor, wenn die Erben unter sich schon vorher eine andere Gemeinschaftsform als die gesetzliche Erbengemeinschaft begründet haben. Die Erbengemeinschaft wird nicht nur durch Erbteilung, sondern auch durch vertragliche Begründung einer anderen Gemeinschaftsform aufgelöst.<a title="" href="#_ftn23" name="_ftnref23"><sup>23</sup></a> Dies gilt analog auch für Erbvorbezugsgemeinschaften. Wird nicht mehr die Sicherung, Erhaltung und geeignete Bewirtschaftung bezweckt oder treten diese in den Hintergrund, so haben die Erbanwärter in der Regel eine einfache Gesellschaft gegründet.</p>
<p>Es ist im Einzelfall und anhand von objektiven Kriterien zu entscheiden, ob eine Erbvorbezugsgemeinschaft ihren Liquidationszweck nicht mehr verfolgt.<a title="" href="#_ftn24" name="_ftnref24"><sup>24</sup></a> Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Erbanwärter einen gemeinsamen Zweck anstreben, welcher über die blosse Verwaltung des Nachlasses hinausgeht und dauerhafterer Natur ist.<a title="" href="#_ftn25" name="_ftnref25"><sup>25</sup></a> Anzeichen für eine Beendigung sind z.B. eine gemeinsame Hypothezierung und/oder Überbauung.</p>
<p>Der Gesellschaftsvertrag kann sich dabei aus dem blossen Verhalten der Partner ergeben und stillschweigend geschlossen werden.<a title="" href="#_ftn26" name="_ftnref26"><sup>26</sup></a> Allen von Gerichten zu beurteilenden Sachverhalten ist gemeinsam, dass die Erben (und in Analogie Erbanwärter) gemeinsam vorgegangen sind, um in der Regel Liegenschaften zu sanieren oder eine Überbauung zu realisieren, um das Grundstück besser nutzen zu können. Neben dem objektiven Element der gemeinsamen Tätigkeit, kommt auch das subjektive Element hinzu, wonach die Erben, wenn auch stillschweigend, übereinkommen, gemeinsam tätig zu werden.</p>
<h2>4. Auslegung der Beispielhaften Darstellung</h2>
<p>Aus dem Verhalten der beiden Kinder ist nicht ersichtlich, dass sie eine einfache Gesellschaft begründen wollten. Nachdem der Vater sich entschlossen hatte, in eine Alterswohnung zu ziehen, beschlossen alle gemeinsam, dass der Vater auf seine Nutzniessung verzichtet und der Sohn mit seiner Familie in das bestehende Einfamilienhaus einzieht und die Tochter die unbebaute Landparzelle erhalten soll, um darauf ein Einfamilienhaus für sich und ihren Ehegatten zu erstellen.</p>
<p>Beide Kinder waren sich grundsätzlich einig, die beiden als Erbanwärter im Gesamteigentum gehaltenen Liegenschaften je ins Alleineigentum zu überführen. Hätten sie gewusst, dass das Steueramt die Anhandnahme des Bauvorhabens als Beendigung der Erbvorbezugsgemeinschaft und als Begründung einer einfachen Gesellschaft werten könnte, hätten sie wohl bereits in diesem Zeitpunkt die Erbvorbezugsgemeinschaft aufgelöst. Selbst die Steuerberaterin ist fälschlicherweise davon ausgegangen, dass eine Teilung der Erbvorbezugsgemeinschaft auch nach Fertigstellung des Hausbaus möglich ist.</p>
<p>Die gerichtlichen Auslegungen basieren in der Regel hauptsächlich auf objektiven Kriterien. Für die Annahme einer einfachen Gesellschaft ist jedoch massgebend, ob die Erben die Absicht hatten, aus der provisorischen und passiven Erbengemeinschaft in eine andauerndere und aktivere Zweckverfolgung hinüberzutreten. Eine einseitige Auslegung aufgrund von lediglich objektiven Kriterien kann allerdings dazu führen, dass eine Erbvorbezugsgemeinschaft zu einer einfachen Gesellschaft wird, ohne dass sich die Erbanwärter dies bewusst sind.</p>
<p>Eine solche Auslegung widerspricht der Idee der einfachen Gesellschaft, wonach sich zwei oder mehr Personen zusammenschliessen, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Gehen die Erbanwärter aber gar nicht davon aus, dass sie einen gemeinsamen Zweck verfolgen, sondern sind sie vielmehr der Ansicht, dass sie die Liegenschaften, wenn auch noch nicht formell, geteilt haben, kann schon deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass ein gemeinsamer, längerdauernder und aktiverer Zweck verfolgt wird.</p>
<p>Ein gemeinschaftliches Handeln liegt in der vorliegenden Sachdarstellung nicht vor, weil vorweg schon klar war, dass die Kinder die Parzellen je aufteilen werden. Die gesamte Finanzierung des Neubaus erfolgte durch die Tochter. Der Sohn musste lediglich bei gewissen Dokumenten unterzeichnen, da die Liegenschaft im Grundbuch immer noch im Gesamteigentum eingetragen war.</p>
<p>Diese Tatsachen muss die Tochter allerdings mittels geeigneter Dokumente nachweisen. Solche Dokumente können u.a. das Baugesuch sein, in welchem nur ein Erbanwärter als Gesuchsteller bezeichnet wird, während der andere lediglich als Grundeigentümer (gemäss Grundbuchauszug) aufgeführt ist. Als Gesamthänder der Erbvorbezugsgemeinschaft muss der in den Bau nicht involvierte Erbanwärter für gewisse Anträge sein Einverständnis abgeben. Hieraus kann aber vor dem Hintergrund der strengen bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei der Annahme der Umwandlung einer Erbengemeinschaft in eine einfache Gesellschaft noch keine gemeinsame Zweckverfolgung abgeleitet werden. Es fehlt am subjektiven Willen der Erbanwärter gemeinsam zu wirken.</p>
<p>Weitere Dokumente können Werkverträge sein, welche im Rahmen des Neubaus geschlossen wurden, sofern lediglich ein Erbanwärter als Partei auftritt. Allenfalls liegen Verfügungen von öffentlichen Stellen vor, welche lediglich einem Erbanwärter als Bauherr zugestellt wurden.</p>
<p>Mit diesen Dokumenten können die Erbanwärter unmissverständlich beweisen, dass der Sohn in keiner Weise, also weder finanziell noch sonst wie, am Neubau mitwirkte. Der «animus societatis» ist nicht vorhanden. Die beiden Kinder hatten zu keinem Zeitpunkt den Willen, die Erbvorbezugsgemeinschaft in eine einfache Gesellschaft umzuwandeln und gemeinsam im Interesse dieser Gesellschaft ein Hausbau zu realisieren. Es liegt vielmehr eine faktische (vorgezogene und vorbezogene) Erbteilung vor, welche nun die Überführung des in Diskussion stehenden Grundstücks vom Gesamteigentum ins Alleineigentum der Tochter nach sich ziehen sollte. Die beiden Erbanwärter gingen von der falschen Vorstellung aus, dass ihre Handlungen im Hinblick auf die Teilung erfolgen und damit ein (vorweggenommener) Bestandteil der Teilung der Erbvorbezugsgemeinschaft sind.</p>
<h2>5. Schlussfolgerung</h2>
<p>In sämtlichen Gerichtsentscheiden mussten sich die Gerichte stets mit Sachverhalten auseinandersetzen, in welchen die Erben oder Erbanwärter gemeinsam ein Bauvorhaben oder eine Sanierung planten und vollzogen. Es fand tatsächlich ein gemeinsames Handeln statt und es wurde in der Regel ein gemeinsamer Zweck angestrebt. Wird beispielsweise ein Mehrfamilienhaus im Stockwerkeigentum erstellt mit der Absicht, gewisse Stockwerkeigentumseinheiten an einen Dritten zu verkaufen, qualifiziert die Erbvorbezugsgemeinschaft stets als einfache Gesellschaft. Das vom VGr ZH geforderte Indiz des Verkaufs an einen Dritten ist diesfalls erfüllt.</p>
<p>Sofern notwendige Sanierungsarbeiten vorgenommen werden müssen, ist die Sachlage bereits schwieriger. Es ist im Einzelfall zu klären, ob die Erbvorbezugsgemeinschaft dabei ihren Liquidationszweck nicht mehr verfolgt, weil die Erbanwärter einen gemeinsamen Zweck anstreben, der über die blosse Verwaltung des Nachlasses hinausgeht und dauerhafterer Natur ist. Anzeichen für eine Beendigung kann unter Umständen eine gemeinsame Hypothezierung sein.</p>
<p>Bevor eine Erben- oder Erbvorbezugsgemeinschaft gemeinsam Investition in eine zur gesamten Hand gehaltenen Liegenschaft tätigt, sollte sie zwingend vorab klären, ob sie damit allenfalls stillschweigend zu einer einfachen Gesellschaft wird und bei einer späteren Auflösung die Grundstückgewinnsteuer abgerechnet werden muss. Wird eine baldige Auflösung der Erben- oder Erbvorbezugsgemeinschaft in Erwägung gezogen, wäre es aus steuerlicher Sicht eventuell besser, die Auflösung vorzuziehen und eine Investition erst danach zu tätigen.</p></article>
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