Steuerliche Behandlung von Sanierungszuschüssen im Privatvermögen

<article class="rz"><h2>1. Einleitung</h2> <p>Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, werden von Aktion&auml;ren regelm&auml;ssig mittels &agrave; fonds perdu-Zusch&uuml;ssen saniert. Solche Zusch&uuml;sse sind bei der notleidenden Gesellschaft gewinnsteuerneutral (Art. 60 lit. a DBG). Sie unterliegen grunds&auml;tzlich aber der Emissionsabgabe (Art. 5 Abs. 2 lit. a StG), sofern keine Ausnahme nach Art. 6 StG vorliegt. Eine solche Ausnahme sieht das Gesetz in Art. 6 Abs. 1 lit. k StG vor, wonach Zusch&uuml;sse von Gesellschaftern oder Genossenschaftern bei stillen Sanierungen von der Emissionsabgabe ausgenommen sind, soweit die Leistungen der Gesellschafter oder Genossenschafter gesamthaft CHF 10 Millionen nicht &uuml;bersteigen und bestehende Verluste beseitigt werden (sog. Sanierungsfreibetrag). Dar&uuml;ber hinaus kann die Emissionsabgabe bei Sanierungen unter gewissen Voraussetzungen gestundet oder g&auml;nzlich erlassen werden, wenn die Erhebung der Emissionsabgabe eine offenbare H&auml;rte bedeuten w&uuml;rde (Art. 12 StG). Dogmatisch betrachtet unterliegt diesfalls der Zuschuss der Emissionsabgabe und entsteht eine Emissionsabgabeforderung, die in einem zweiten Schritt dann jedoch erlassen wird (vgl. Kreisschreiben Nr. 32 der ESTV, Ziff. 3.3.3).</p> <p>Aus Sicht des zuschiessenden Aktion&auml;rs stellt ein Zuschuss (Kapitaleinlage) eine Verm&ouml;gensumschichtung dar (Art. 16 Abs. 3 DBG).<a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1">⁰¹</a> Sie l&ouml;st im Privatverm&ouml;gen keine Einkommenssteuerfolgen aus.<a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">⁰²</a> Umgekehrt unterliegt auch die R&uuml;ckzahlung des Zuschusses nicht der Einkommenssteuer (Art. 20 Abs. 3 DBG). Bis vor Kurzem war diese Einkommenssteuerfreiheit der R&uuml;ckzahlung gem&auml;ss Praxis der Steuerbeh&ouml;rden auf handelsrechtlich offen ausgewiesene Kapitaleinlagen beschr&auml;nkt.</p> <p>Im Bereich der Kapitaleinlagen sind im vergangenen Jahr zwei wegweisende Urteile ergangen. In einem ersten Entscheid verwarf das Bundesgericht die bisherige Praxis, wonach eine einkommenssteuerfreie R&uuml;ckzahlung von Kapitaleinlagen im Sinn von Art. 20 Abs. 3 DBG nur dann vorliegt, wenn die zur&uuml;ckbezahlte Kapitaleinlage bei der Gesellschaft (analog zu Art. 5 Abs. 1^bis VStG) auf einem separaten Konto verbucht wurde (vgl. Kreisschreiben Nr. 29c der ESTV, Ziff. 2.1 und 3.2). Das Bundesgericht hat Art. 20 Abs. 3 DBG entsprechend auch auf die R&uuml;ckzahlung einer verdeckten Kapitaleinlage angewandt. In einem zweiten Entscheid hatte das Bundesgericht im vergangenen Jahr die Praxis der ESTV zur Ausnahmebestimmung nach Art. 6 Abs. 1 lit. k StG zu beurteilen. Es sch&uuml;tzte dabei die Praxis der ESTV, wonach die buchhalterische Verrechnung eines Zuschusses mit den Verlustvortr&auml;gen zwingend ist, um den Sanierungsfreibetrag anzuwenden (vgl. Kreisschreiben Nr. 32 der ESTV, Ziff. 3.3.2.b).</p> <p>Der vorliegende Beitrag beleuchtet das Zusammenspiel der beiden ergangenen Urteile und deren Auswirkung auf die steuerrechtliche Behandlung von Sanierungszusch&uuml;ssen im Privatverm&ouml;gen. Hierzu sind zuerst die beiden Urteile genauer zu analysieren, bevor auf die Auswirkungen mit Bezug auf die Sanierungszusch&uuml;sse eingegangen wird.</p> <h2>2. Urteil zur verdeckten Kapitaleinlage vom 17. M&auml;rz 2023</h2> <p>Im Urteil vom 17. M&auml;rz 2023 (9C_678/2021; publiziert als BGE 149 II 158) hatte die Steuerpflichtige als Alleinaktion&auml;rin der B. AG dieser im Jahr 2003 eine Hotelliegenschaft f&uuml;r insgesamt CHF 6.8 Mio. verkauft. In Abweichung zu diesem Erwerbspreis bilanzierte die B. AG die Liegenschaft mit einem Buchwert von CHF 1'865'995. Dieser Buchwert wurde im Lauf der Jahre mehrfach angepasst und betrug bei der Liquidation der B. AG im Jahr 2015 CHF 3&rsquo;426'930. Im Zuge der Liquidation wurde die Liegenschaft mit einem Bruttoerl&ouml;s von CHF 5&rsquo;702&rsquo;094 ver&auml;ussert.<a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">⁰³</a> Das Kantonale Steueramt Nidwalden besteuerte in der Folge bei der Steuerpflichtigen eine Liquidationsdividende in der H&ouml;he von CHF 2'275'164 (Differenz zwischen dem Ver&auml;usserungserl&ouml;s und dem Buchwert). Die Liquidationsdividende entstand dabei insbesondere infolge der verdeckten Kapitaleinlagen, welche die Steuerpflichtige durch Befreiung der B. AG von einer Hypothekarschuld leistete.<a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">⁰⁴</a></p> <p>Das Bundesgericht pr&uuml;fte in seinem Urteil in materieller Hinsicht zuerst, ob eine verdeckte Kapitaleinlage vorliegt, bevor es anschliessend darauf einging, ob eine solche bei der R&uuml;ckzahlung gem&auml;ss Art. 20 Abs. 3 DBG nicht der Einkommensteuer unterliegt. Das Bundesgericht hielt dazu fest, dass die Schuld&uuml;bernahme der Aktion&auml;rin eine Kapitaleinlage darstelle und es keinen Grund gebe, diesen Vorgang anders als den Zuschuss von Barmitteln in die Gesellschaft zu behandeln, mit denen die Gesellschaft ihre Schulden in der Folge selbst begleicht. Da die Kapitaleinlage vorliegend durch die B. AG nicht verbucht wurde, handle es sich um eine verdeckte Kapitaleinlage.<a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5">⁰⁵</a></p> <p>Aufgrund der Auslegung von Art. 20 Abs. 3 DBG kam das Bundesgericht anschliessend zum Schluss, dass bei dieser Bestimmung (im Unterschied zu Art. 5 Abs. 1^bis VStG) die separate Verbuchung der Kapitaleinlage nicht Voraussetzung f&uuml;r die einkommenssteuerfreie R&uuml;ckzahlung an den Anteilsinhaber sei.<a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6">⁰⁶</a> Es spreche nichts dagegen, dem Anteilsinhaber (analog zu Kapitaleinlagen bei ausl&auml;ndischen Gesellschaften) die Erbringung des Nachweises zu erlauben, dass eine Leistung aus einer Kapitaleinlage stamme.<a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7">⁰⁷</a></p> <h2>3. Urteil zur Emissionsabgabe vom 7. September 2023</h2> <p>Im Urteil vom 7. September 2023 (9C_610/2022; publiziert als BGE 149 II 462) war die Abgabepflichtige stark &uuml;berschuldet und wurde im Jahr 2015 saniert. Die Sanierung erfolgte durch Kapitalerh&ouml;hung mit Verrechnungsliberierung, im Rahmen welcher die Muttergesellschaft ein erhebliches Agio leistete. Im Rahmen einer Buchpr&uuml;fung stellte die ESTV fest, dass die Abgabepflichtige das Agio als Kapitaleinlagereserve erfasst und mithin nicht gegen die vorhandenen Verluste ausgebucht hatte. Da somit die Voraussetzungen f&uuml;r die Geltendmachung des Sanierungsfreibetrags gem&auml;ss der Praxis der ESTV nicht erf&uuml;llt waren, stellte sich die ESTV auf den Standpunkt, dass die Emissionsabgabe nachzuerheben sei<a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8">⁰⁸</a> und die sp&auml;tere Ausbuchung zudem unber&uuml;cksichtigt bleiben m&uuml;sse.<a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9">⁰⁹</a></p> <p>W&auml;hrend vor dem Bundesverwaltungsgericht sowohl der Sanierungsfreibetrag nach Art. 6 Abs. 1 lit. k StG als auch der Erlass der Emissionsabgabe nach Art. 12 StG zu beurteilen waren, bildete der Erlass der Emissionsabgabe (aus prozessualen Gr&uuml;nden) nicht mehr Streitgegenstand vor Bundesgericht.<a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10">¹⁰</a></p> <p>Das Bundesgericht verwies in seinem Urteil zuerst auf den formalen Charakter der Stempelabgaben und dem damit verbundenen Erfordernis nach einer formell-zivilrechtlichen Betrachtungsweise.<a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11">¹¹</a> Nachdem weder der Wortlaut noch das historische oder systematische Auslegungselement eine Antwort auf die Frage nach dem Verrechnungserfordernis ergaben, folgerte das Bundesgericht gest&uuml;tzt auf das teleologische Auslegungselement, dass f&uuml;r die Anwendung von Art. 6 Abs. 1 lit. k StG eine Ausbuchung des Verlustvortrags erforderlich sei.<a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12">¹²</a> Eine solche Auslegung werde der gebotenen formell-zivilrechtlichen Betrachtungsweise gerecht.<a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13">¹³</a> Schliesslich hielt das Bundesgericht fest, dass die Verlustbeseitigung bzw. die buchhalterische Verrechnung des Zuschusses mit dem Verlustvortrag in jenem Zeitpunkt zu geschehen hat, in welchem die Sanierungsmassnahme zu verbuchen ist.<a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14">¹⁴</a></p> <h2>4. R&uuml;ckzahlung von Sanierungszusch&uuml;ssen</h2> <h3>4.1 Sanierungszuschuss als (offene) Kapitaleinlage</h3> <p>Eine offene Kapitaleinlage liegt vor, wenn die Kapitaleinlage bei der empfangenden Gesellschaft zum tats&auml;chlichen Wert abgebildet wird. Von einer verdeckten Kapitaleinlage ist hingegen die Rede, wenn die Kapitaleinlage in den B&uuml;chern der empfangenden Gesellschaft nicht oder nicht mit dem tats&auml;chlichen Wert abgebildet wird.<a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15">¹⁵</a> W&auml;hrend bei der offenen Kapitaleinlage das bilanzielle Eigenkapital der empfangenden Gesellschaft somit erh&ouml;ht wird, wird die Eigenkapitalzunahme bei einer verdeckten Kapitaleinlage bilanziell nicht oder nicht vollst&auml;ndig abgebildet. Zu verdeckten Kapitaleinlagen kommt es prim&auml;r dann, wenn eine Gesellschaft von ihrem Aktion&auml;r unterpreislich oder unentgeltlich Sach- oder immaterielle Wirtschaftsg&uuml;ter erwirbt. Legt ein Aktion&auml;r hingegen fl&uuml;ssige Mittel in die Gesellschaft ein, scheidet eine verdeckte Kapitaleinlage aus.</p> <p>Vom Begriffspaar der offenen und verdeckten Kapitaleinlagen abzugrenzen ist die Unterscheidung zwischen einer offenen und einer stillen Sanierung (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. k StG). Eine offene Sanierung liegt vor, wenn das Grund- oder Stammkapital herabgesetzt und anschliessend wieder bis maximal zur H&ouml;he des urspr&uuml;nglichen Kapitals erh&ouml;ht wird. Als stille Sanierungen gelten hingegen Zusch&uuml;sse im Sinn von Art. 5 Abs. 2 lit. a StG, die zur Abdeckung von Verlusten f&uuml;hren.<a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16">¹⁶</a></p> <p>Wenn von einem Sanierungszuschuss gesprochen wird, liegt folglich immer eine stille Sanierung vor. Damit ist allerdings noch nichts dar&uuml;ber gesagt, ob es sich um eine offene oder verdeckte Kapitaleinlage handelt. Da der Sanierungszuschuss allerdings der Beseitigung einer Unterbilanz bzw. des Kapitalverlusts oder der &Uuml;berschuldung der empfangenden Gesellschaft dient, erf&uuml;llt der Sanierungszuschuss seinen Zweck nur, wenn dadurch das Eigenkapital erh&ouml;ht bzw. die Bilanz verl&auml;ngert wird. Dies ist nur der Fall, wenn ein Zuschuss die Reserven der empfangenden Gesellschaft erh&ouml;ht oder durch Verrechnung die Verluste reduziert bzw. beseitigt. Damit stellt ein Sanierungszuschuss stets eine offene Kapitaleinlage dar. Diese kann in Form eines Barzuschusses oder durch &Uuml;bertragung von anderen materiellen oder immateriellen Wirtschaftsg&uuml;tern geleistet werden, wobei im zweiteren Fall auch eine teilweise verdeckte Kapitaleinlage denkbar ist.<a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17">¹⁷</a></p> <h3>4.2 Gemeinsamkeit und Unterschied zur verdeckten Kapitaleinlage</h3> <p>Wie vorstehend erw&auml;hnt, sch&uuml;tzt das Bundesgericht die Praxis der ESTV, wonach ein Sanierungszuschuss mit den vorhandenen Verlusten buchhalterisch zu verrechnen ist, damit der Sanierungsfreibetrag nach Art. 6 Abs. 1 lit. k StG greift.<a title="" href="#_ftn18" name="_ftnref18">¹⁸</a> Erforderlich ist gem&auml;ss dem bundesgerichtlichen Urteil, dass die Ausbuchung des Verlustvortrags in jenem Zeitpunkt zu geschehen hat, in welchem die Sanierungsmassnahme zu verbuchen ist.<a title="" href="#_ftn19" name="_ftnref19">¹⁹</a> In der Literatur wird diesbez&uuml;glich darauf hingewiesen, dass dies zumindest unter dem Rechnungslegungsrecht, das seit dem 1. Januar 2023 gilt, handelsrechtwidrig w&auml;re. Begr&uuml;ndet wird dies damit, dass Einlagen und Zusch&uuml;sse aufgrund von Art. 671 Abs. 1 Ziff. 3 OR in der Jahresrechnung zun&auml;chst zwingend als gesetzliche Kapitalreserve auszuweisen sind und die Verrechnung mit Verlusten durch die Generalversammlung im Folgejahr zu beschliessen ist.<a title="" href="#_ftn20" name="_ftnref20">²⁰</a></p> <p>Unabh&auml;ngig vom Verrechnungszeitpunkt weisen Sanierungszusch&uuml;sse im Ergebnis insofern eine &Auml;hnlichkeit mit verdeckten Kapitaleinlagen auf, als dass der Sanierungszuschuss in den B&uuml;chern der Gesellschaft nicht als separate Kapitaleinlagereserve ausgewiesen wird. Im Unterschied zur verdeckten Kapitaleinlage h&auml;ngt dies aber nicht damit zusammen, dass die Kapitaleinlage buchhalterisch nicht abgebildet wird. Aktivseitig wird die Kapitaleinlage n&auml;mlich zum tats&auml;chlichen Wert verbucht, also offen ausgewiesen. Allerdings findet passivseitig innerhalb des Eigenkapitals eine Verrechnung der Kapitaleinlage mit den Verlusten statt, mit der die Kapitaleinlage quasi &laquo;zugedeckt&raquo; bzw. vernichtet wird. Im Unterschied zur verdeckten Kapitaleinlage kommt eine nachtr&auml;gliche (erneute) Aufdeckung der Kapitaleinlage allerdings nicht in Frage, da die Einlage aktivseitig bereits offengelegt wurde.</p> <h3>4.3 Einkommensteuerfreie R&uuml;ckzahlung von Sanierungszusch&uuml;ssen im Rahmen von Art. 20 Abs. 3 DBG?</h3> <p>Aus Sicht des Aktion&auml;rs stellt sich die Frage, ob aus der j&uuml;ngsten Rechtsprechung zu verdeckten Kapitaleinlagen auch Schlussfolgerungen f&uuml;r die R&uuml;ckf&uuml;hrung von in der Vergangenheit geleisteten und mit sp&auml;teren Gewinnen wiederaufgef&uuml;llten Sanierungszusch&uuml;ssen gezogen werden k&ouml;nnen.</p> <p>Hierbei ist allerdings zu beachten, dass ein mit Verlusten verrechneter Sanierungszuschuss nicht ohne Weiteres mit einer verdeckten Kapitaleinlage gleichgesetzt werden kann. So wird der Sanierungszuschuss buchhalterisch zun&auml;chst erfasst und wieder gegen Verluste ausgebucht, wogegen die verdeckte Kapitaleinlage gerade nicht erfasst und erst sp&auml;ter durch Realisation aufgedeckt wird.</p> <p>Dessen ungeachtet sollte allerdings aus Sicht des Aktion&auml;rs auch ein in der Vergangenheit geleisteter Sanierungszuschuss bei Erholung der Gesellschaft gleich wie eine verdeckte Kapitaleinlage behandelt werden k&ouml;nnen und daher einkommenssteuerfrei r&uuml;ckf&uuml;hrbar sein. Das Bundesgericht hat sich in seinem Urteil zu den verdeckten Kapitaleinlagen ausf&uuml;hrlich mit Art. 20 Abs. 3 DBG besch&auml;ftigt und sich auch klar zum Verh&auml;ltnis zwischen der Einkommens- und der Verrechnungssteuer ge&auml;ussert. Es f&uuml;hrte hierzu zusammengefasst aus, dass das Steuerobjekt des Verrechnungssteuerrechts trotz Sicherungszwecks nicht zwingend mit der Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer &uuml;bereinstimmen m&uuml;sse.<a title="" href="#_ftn21" name="_ftnref21">²¹</a> Zudem w&uuml;rden auch Praktikabilit&auml;ts&uuml;berlegungen keine Deckungsgleichheit zwischen der Verrechnungssteuer und der Einkommenssteuer gebieten, da die Verrechnungssteuer im Selbstveranlagungsverfahren erhoben werde und deshalb im Zeitpunkt der Ausrichtung der Leistung Gewissheit dar&uuml;ber bestehen m&uuml;sse, ob diese der Verrechnungssteuer unterliege oder nicht.<a title="" href="#_ftn22" name="_ftnref22">²²</a> Entsprechend sei die Steuerfreiheit der Aussch&uuml;ttung von Kapitaleinlagen losgel&ouml;st von der separaten Verbuchung bei der Gesellschaft zu beurteilen.<a title="" href="#_ftn23" name="_ftnref23">²³</a> Diese Erw&auml;gungen sind auch auf die R&uuml;ckerstattung von Sanierungszusch&uuml;ssen &uuml;bertragbar.</p> <p>Das Bundesgericht legt in seiner Rechtsprechung zudem den Begriff des Verm&ouml;gensertrags nach Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus.<a title="" href="#_ftn24" name="_ftnref24">²⁴</a> Folgerichtig ist daher auch das Vorliegen einer Kapitaleinlage und deren R&uuml;ckzahlung nach Art. 20 Abs. 3 DBG nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu pr&uuml;fen.<a title="" href="#_ftn25" name="_ftnref25">²⁵</a> Dabei muss die Beurteilung aus der Sicht des Aktion&auml;rs erfolgen. Die Einf&uuml;hrung des Kapitaleinlageprinzips in Art. 20 Abs. 3 DBG wurde historisch neben der Finanzierungsneutralit&auml;t denn auch damit begr&uuml;ndet, dass die Besteuerung von zur&uuml;ckbezahlten Zusch&uuml;ssen im Privatverm&ouml;gen der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsf&auml;higkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) widerspreche.<a title="" href="#_ftn26" name="_ftnref26">²⁶</a> Es ist deshalb auch aus verfassungsrechtlicher Sicht sachgerecht, die Besteuerung auf jene Leistungen der Gesellschaft an ihren Aktion&auml;r zu beschr&auml;nken, die wirtschaftlich keine R&uuml;ckzahlung von Kapital darstellen.<a title="" href="#_ftn27" name="_ftnref27">²⁷</a></p> <h3>4.4 Folgerung</h3> <p>Aufgrund der vorstehenden &Uuml;berlegungen w&auml;re es unseres Erachtens angemessen, auch im Umfang von fr&uuml;her durch den Aktion&auml;r geleisteten Sanierungszusch&uuml;ssen eine einkommenssteuerfreie Mittelr&uuml;ckf&uuml;hrung unter Anwendung von Art. 20 Abs. 3 DBG zu erm&ouml;glichen. Die Verrechnung der durch den Sanierungszuschuss entstehenden Kapitaleinlage mit Verlustvortr&auml;gen der empfangenden Gesellschaft zwecks Geltendmachung des Sanierungsbetrags (Art. 6 Abs. 1 lit. k StG) kann daran nichts &auml;ndern.<a title="" href="#_ftn28" name="_ftnref28">²⁸</a> Dem steht auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 5 Abs. 1^bis VStG nicht entgegen, die f&uuml;r die Zwecke der Verrechnungssteuer ein &laquo;Wiederauff&uuml;llen&raquo; der Kapitaleinlagereserven nach deren Verrechnung mit Verlusten nicht zul&auml;sst.<a title="" href="#_ftn29" name="_ftnref29">²⁹</a></p> <p>F&uuml;r die Besteuerung des Aktion&auml;rs kann es richtigerweise n&auml;mlich keinen Unterschied machen, ob er einen Zuschuss in eine finanziell gesunde oder angeschlagene Gesellschaft vornimmt. Im Privatverm&ouml;gen bzw. aus Sicht des Aktion&auml;rs sollte daher eine Art &laquo;Gestehungskostenprinzip&raquo; gelten, sodass die R&uuml;ckzahlung von Kapital immer steuerfrei bleibt, auch wenn die Gesellschaft zwischenzeitlich r&uuml;ckzahlungsunf&auml;hig ist, weil es ihr an den entsprechenden Reserven fehlt. Ein solcher Ansatz ist auch im Sinn der Finanzierungsneutralit&auml;t, wonach die Eigenkapitalfinanzierung nicht schlechter als die Fremdkapitalfinanzierung behandelt werden soll.</p> <p>Art. 20 Abs. 3 DBG liegt zudem das Konzept des Kapitaleinlageprinzips zugrunde, das vom Kapitalr&uuml;ckzahlungsprinzip abzugrenzen ist. Art. 20 Abs. 3 DBG kn&uuml;pft damit nicht an die Person des Einlegers an, sodass die Kapitaleinlagen auch an andere Personen als jene, welche die Kapitaleinlage seinerzeit geleistet hatten, einkommenssteuerfrei zur&uuml;ckbezahlt werden k&ouml;nnen.<a title="" href="#_ftn30" name="_ftnref30">³⁰</a> Dass dies bei der R&uuml;ckzahlung offener Kapitaleinlagen gilt, scheint unbestritten. Das Bundesgericht hatte im j&uuml;ngsten Entscheid zwar die R&uuml;ckzahlung der verdeckten Kapitaleinlage an die urspr&uuml;ngliche Einlegerin zu beurteilen. Aus den Erw&auml;gungen ergibt sich allerdings nicht, dass dieser Umstand entscheidend gewesen sein soll. Der Verweis des Bundesgerichts auf die Praxis der ESTV zu ausl&auml;ndischen Gesellschaften sowie die Beweislast der steuerpflichtigen Person<a title="" href="#_ftn31" name="_ftnref31">³¹</a> lassen unseres Erachtens eher einen gegenteiligen Schluss zu, womit alle Kapitalr&uuml;ckzahlungen richtigerweise gleich zu behandeln sind. Folglich sollte auch die R&uuml;ckzahlung einer verdeckten Kapitaleinlage an einen anderen Aktion&auml;r (als den einlegenden) einkommenssteuerfrei sein. Dasselbe sollte f&uuml;r die R&uuml;ckzahlung von Sanierungszusch&uuml;ssen gelten.<a title="" href="#_ftn32" name="_ftnref32">³²</a></p> <p>Die Umsetzung eines solchen Konzepts wirft allerdings verschiedene (beweisrechtliche) Fragen auf, auf die nachfolgend eingegangen wird.</p> <h2>5. Ausgew&auml;hlte Fragestellungen</h2> <p>Da es sich bei Art. 20 Abs. 3 DBG um eine steuermindernde bzw. steuerausschliessende Tatsache handelt, tr&auml;gt die steuerpflichtige Person die Beweislast daf&uuml;r, dass eine Zahlung der Gesellschaft eine steuerfreie R&uuml;ckzahlung einer Kapitaleinlage darstellt.<a title="" href="#_ftn33" name="_ftnref33">³³</a> Erforderlich ist hierzu der Nachweis, dass urspr&uuml;nglich eine Kapitaleinlage (verdeckt oder als Sanierungszuschuss) geleistet wurde, wie hoch die Kapitaleinlage war sowie dass es sich bei der Zahlung einer Gesellschaft um die R&uuml;ckzahlung dieser Kapitaleinlage handelt.</p> <p>Wie vorstehend erw&auml;hnt (vgl. vorne Abschnitt 4.4), muss eine steuerfreie R&uuml;ckzahlung auch durch Aktion&auml;re beansprucht werden k&ouml;nnen, die die fr&uuml;here Kapitaleinlage nicht selbst geleistet haben, da das Kapitaleinlageprinzip nicht an die Person des Einlegers ankn&uuml;pft. Kommt es zwischen der Leistung der Kapitaleinlage und der R&uuml;ckzahlung derselben zu Hand&auml;nderungen, kann dies zu Beweisschwierigkeiten f&uuml;hren.</p> <p>Betroffen ist einerseits der Nachweis, dass fr&uuml;her eine Kapitaleinlage geleistet wurde. Falls die entsprechenden Informationen nicht &ouml;ffentlich verf&uuml;gbar sind (z.B. beim Handelsregister), wird die K&auml;uferschaft gut beraten sein, sich bereits beim Erwerb der Aktien &uuml;ber allf&auml;llige fr&uuml;her geleistete verdeckte Kapitaleinlagen und Sanierungszusch&uuml;sse zu informieren. Bei Sanierungszusch&uuml;ssen k&ouml;nnte dieser Nachweis gest&uuml;tzt auf die Jahresrechnungen der Gesellschaft und die Abrechnungen &uuml;ber die Emissionsabgabe (Formulare 3 oder 4) erbracht werden. Denkbar w&auml;re u.E. schliesslich auch die Best&auml;tigung des Zuschusses sowie der anschliessenden Verrechnung desselben mit Verlusten mittels des Formulars 170.</p> <p>Andererseits besteht mangels separaten handelsrechtlichen Ausweises der verdeckten Kapitaleinlage oder des Sanierungszuschusses das Risiko, dass Art. 20 Abs. 3 DBG mehrfach beansprucht wird. Ohne einen separaten Ausweis in der handelsrechtlichen Jahresrechnung (oder in einer Steuerbilanz) ist daher nicht ohne Weiteres bestimmbar, ob es sich bei der Leistung der Gesellschaft um die (verdeckte) R&uuml;ckzahlung von Kapitaleinlagen oder um eine Aussch&uuml;ttung von Gewinnen (Verm&ouml;gensertrag) handelt. Die (laufende) Umsetzung w&auml;re somit mit einigen signifikanten, praktischen Schwierigkeiten behaftet. Eine mehrfache Beanspruchung von Art. 20 Abs. 3 DBG k&ouml;nnte aber grunds&auml;tzlich vermieden werden, wenn erst im Rahmen der Aussch&uuml;ttung der Liquidationsdividende gepr&uuml;ft w&uuml;rde, ob sich diese (teilweise) aus fr&uuml;her geleisteten verdeckten und gegen Verlustvortr&auml;ge ausgebuchten Kapitaleinlagen zusammensetzt. Eine Liquidation lag denn auch dem bundesgerichtlichen Entscheid zugrunde.<a title="" href="#_ftn34" name="_ftnref34">³⁴</a> Auch die ESTV beschr&auml;nkt die einkommenssteuerfreie R&uuml;ckzahlung gem&auml;ss j&uuml;ngst publizierter Mitteilung auf den Zeitpunkt der zivilrechtlichen Liquidation.<a title="" href="#_ftn35" name="_ftnref35">³⁵</a> Rein dogmatisch betrachtet l&auml;sst sich die R&uuml;ckf&uuml;hrung der fr&uuml;her geleisteten verdeckten und gegen Verluste ausgebuchten Kapitaleinlagen jedoch nicht auf die Liquidationsdividende beschr&auml;nken.</p> <h2>6. Fazit</h2> <p>Das Bundesgericht hat im vergangenen Jahr zwei Leitentscheide gefasst, in denen es f&uuml;r den Sanierungsfreibetrag nach Art. 6 Abs. 1 lit. k StG den Verrechnungszwang best&auml;tigte und es die einkommenssteuerfreie R&uuml;ckzahlung auf verdeckte Kapitaleinlagen erweitert hat. Sanierungszusch&uuml;sse sind zwar keine verdeckten Kapitaleinlagen. Wird vom Sanierungsfreibetrag Gebrauch gemacht und die Kapitaleinlage mit Verlusten verrechnet, stellen sich bei einer sp&auml;teren, nach dem &laquo;Wiederauff&uuml;llen&raquo; vorgenommenen R&uuml;ckzahlung, aber &auml;hnliche Fragen wie bei der R&uuml;ckzahlung verdeckter Kapitaleinlagen.</p> <p>Die Folgerungen des Bundesgerichts zur R&uuml;ckzahlung verdeckter Kapitaleinlagen m&uuml;ssen auch f&uuml;r in der Vergangenheit geleistete und mit Gewinnen wiederaufgef&uuml;llte Sanierungszusch&uuml;sse sinngem&auml;ss gelten. Der Verrechnungszwang bei der Emissionsabgabe hat folglich f&uuml;r die Einkommenssteuer ohne Auswirkung zu bleiben. Entsprechend bleiben Kapitaleinlagen f&uuml;r Einkommenssteuerzwecke weiterhin relevant, auch wenn die Gesellschaft diese buchhalterisch nicht mehr ausweist. Hierf&uuml;r spricht sowohl die verfassungskonforme Auslegung von Art. 20 Abs. 3 DBG als auch das Gebot der Finanzierungsneutralit&auml;t.</p></article>