<article class="rz"><h2>1. Gemeinnützige Zwecke werden steuerlich begünstigt</h2>
<h3>1.1 Befreiung gemeinnütziger Zwecke von der Kapital- und Gewinnsteuer</h3>
<p>Der Bund und sämtliche Kantone anerkennen die Gemeinnützigkeit einer juristischen Person als Grund zur Befreiung von den direkten Steuern (Kapital- und Gewinnsteuer). Die einschlägige Bestimmung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) lautet:</p>
<blockquote>
<p>«Von der Steuerpflicht sind befreit: Juristische Personen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen für den Gewinn und das Kapital, die ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken gewidmet sind. Unternehmerische Zwecke sind grundsätzlich nicht gemeinnützig. Der Erwerb und die Verwaltung von wesentlichen Kapitalbeteiligungen an Unternehmen gelten als gemeinnützig, wenn das Interesse an der Unternehmenserhaltung dem gemeinnützigen Zweck untergeordnet ist und keine geschäftsleitenden Tätigkeiten ausgeübt werden.»<sup><a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1">01</a></sup></p>
</blockquote>
<p>Das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) enthält eine identische Bestimmung.<sup><a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">02</a></sup> Infolge der Harmonisierung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit finden sich in den kantonalen Steuergesetzen gleiche Regelungen.<sup><a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">03</a></sup> Die Befreiung juristischer Personen mit gemeinnützigem Zweck von den direkten Steuern ist dadurch schweizweit gesetzlich vereinheitlicht. Grundsätzlich besteht daher interkantonale Freizügigkeit bei der Anerkennung gemeinnütziger Organisationen mit Sitz in einem anderen Kanton. Gewisse Unterschiede in der Praxis der jeweiligen kantonalen Steuerbehörden sind vorhanden.<sup><a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">04</a></sup> Insbesondere wurde die Steuerpraxis betreffend Steuerbefreiung in jüngster Zeit vermehrt als Standortvorteil verstanden. So bestehen bspw. in Basel-Stadt und Genf bereits Roundtable, die einen regelmässigen Austausch zwischen dem philanthropischen Sektor und dem Standortkanton ermöglichen. Zielsetzung ist stets die Steigerung der Attraktivität des Kantons für Stiftungen.<sup><a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5">05</a></sup> Das neuste Beispiel ist der Kanton Zürich. Bis dato als einer der restriktivsten Kantone bekannt, was die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit anbelangt, hat die Steuerverwaltung anfangs dieses Jahres auf Druck der Regierung und Initiative des Gemeinnützigkeitssektors eine Praxisanpassung bekannt gegeben.<sup><a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6">06</a></sup></p>
<p>Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung werden im Kreisschreiben Nr. 12 der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) vom 8. Juli 1994 über die Steuerbefreiung juristischer Personen, die öffentliche, gemeinnützige oder Kultuszwecke verfolgen<em> </em>(KS Nr. 12), näher erläutert. Darin finden sich auch Ausführungen über die Abzugsfähigkeit von Zuwendungen. Formell bezieht sich dieses Kreisschreiben auf die direkte Bundessteuer. Da aber die Steuerbefreiungsnormen des DBG, wie erwähnt, identisch mit denjenigen des StHG sind, ist das KS Nr. 12 auch in Bezug auf die Kantonssteuern wegleitend. Das KS Nr. 12 ist das Ergebnis eines eingehenden, konstruktiven Dialogs zwischen der ESTV und proFonds, Dachverband gemeinnütziger Stiftungen der Schweiz.<sup><a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7">07</a></sup> Es zeichnet sich durch eine liberale Haltung zur Steuerbefreiung aus und hat damit die Behördenpraxis zum Vorteil des Gemeinnützigkeitsstandorts Schweiz massgeblich geprägt.</p>
<p>Am 18. Januar 2008 publizierte die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) Praxishinweise zuhanden der kantonalen Steuerverwaltungen betreffend Steuerbefreiung juristischer Personen mit öffentlichem, gemeinnützigem oder Kultuszweck (Praxishinweise der SSK).<sup><a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8">08</a></sup> Diese Praxishinweise der SSK verstehen sich als Ergänzung zum erwähnten KS Nr. 12 über die gleiche Thematik und beschränken sich auf Ausführungen zu bestimmten Aspekten und Anwendungsfragen.<sup><a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9">09</a></sup> Die Praxishinweise sollen zu einem einheitlichen Massstab bei der Beurteilung der Steuerbefreiung durch die kantonalen Steuerverwaltungen beitragen. Im Gegensatz zum KS Nr. 12 sind die ohne Einbezug des gemeinnützigen Sektors ausgearbeiteten Praxishinweise der SSK in wesentlichen Punkten von einem restriktiven Geist geprägt.</p>
<h3>1.2 Befreiung gemeinnütziger Zwecke von der Schenkungs- und Erbschaftssteuer</h3>
<p>Die Kantone befreien die gemeinnützigen juristischen Personen auch von der Schenkungs- und Erbschaftssteuer. Dies ist erforderlich, weil Spenden als Schenkungen zu qualifizieren sind.<sup><a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10">10</a></sup> Würden nun Spenden nicht von der Schenkungssteuer befreit, müsste von jeder Spende der Maximalbetrag der anfallenden Schenkungssteuer bezahlt werden.<sup><a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11">11</a></sup> Das Gleiche gilt für Erbschaften und Vermächtnisse.</p>
<p>Der Bund erhebt diese Steuern bekanntlich nicht, auch wenn gerade wieder politische Diskussionen über eine Bundeserbschaftssteuer zu verzeichnen sind.<sup><a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12">12</a></sup> Zu beachten ist, dass die (kantonalen) Erbschafts- und Schenkungssteuern von der Steuerharmonisierung bzw. dem StHG nicht erfasst werden. Zwar sind die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Erbschafts- und Schenkungssteuer gleich wie diejenigen für eine Befreiung von den direkten Steuern. Mangels Harmonisierung der Schenkungs- und Erbschaftssteuern gilt jedoch in diesem Bereich nicht ohne weiteres die interkantonale Freizügigkeit. Vielmehr sind diesbezüglich interkantonale Gegenrechtsvereinbarungen oder mindestens die Gewährung von faktischem Gegenrecht erforderlich.<sup><a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13">13</a></sup> Ohne die Gewährung von Gegenrecht werden Schenkungen (einschliesslich Spenden) und erbrechtliche Zuwendungen (Erbschaften, Vermächtnisse) an gemeinnützige Organisationen mit Sitz in einem anderen Kanton als dem (Wohn-)Sitzkanton des Zuwendenden grundsätzlich schenkungs- bzw. erbsteuerpflichtig. Überspitzt formuliert, gibt es in der Schweiz bezüglich Erbschafts- und Schenkungssteuern für Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen keinen wirklichen «Binnenmarkt».</p>
<h3>1.3 Spendenabzug</h3>
<h4>1.3.1 Abzug von Geldspenden</h4>
<p>Sowohl nach dem Steuerrecht des Bundes als auch der Kantone können freiwillige Zuwendungen an steuerbefreite juristische Personen vom steuerbaren Einkommen bzw. Gewinn des Spendenden abgezogen werden. Bei der Bundessteuer ist dieser Spendenabzug für alle gemeinnützigen Zwecke auf 20% des steuerbaren Einkommens bzw. Gewinns begrenzt.<sup><a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14">14</a></sup> Bei der Kantonssteuer ist es den Kantonen überlassen, untere und/oder obere Grenzen des Spendenabzugs festzusetzen oder darauf zu verzichten. Fast alle Kantone gewähren inzwischen wie der Bund einen Abzug von 20%. Nur noch zwei Kantone sehen einen Spendenabzug von 10% oder weniger vor, während ein Kanton einen unbegrenzten Abzug zulässt.<sup><a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15">15</a></sup></p>
<h4>1.3.2 Abzug von Sachspenden</h4>
<p>Im Übrigen gilt seit dem 1. Januar 2006 für den Bund und die Kantone, dass die Zuwendung von anderen Vermögenswerten als Geld an steuerbefreite gemeinnützige Organisationen ebenfalls abzugsfähig ist. Ebenso sind in den Kantonen die freiwilligen Zuwendungen von Geld und anderen Vermögenswerten an Bund, Kantone und Gemeinden und deren Anstalten abzugsfähig. Das StHG ist entsprechend revidiert worden.<sup><a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16">16</a></sup></p>
<p>Unter solche Sachspenden fallen zum Beispiel bewegliche und unbewegliche Objekte wie Kunstwerke und Liegenschaften, aber auch Forderungen oder Immaterialgüterrechte (z.B. Patente), nicht jedoch Arbeitsleistungen. Die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung eines Guts berechtigt nicht zum Spendenabzug, z.B. eine private Leihgabe an ein Museum. Diesfalls sind die gesetzlichen Voraussetzungen einer Spende als Schenkung im zivilrechtlichen Sinn nicht erfüllt. Die Sachspende kann der Empfängerorganisation entweder bei der Zweckerfüllung von Nutzen sein (z.B. ein Fahrzeug bei einer Stiftung für Behindertentransporte) oder als Ertrag generierender Vermögenswert (z.B. Wertschriften).</p>
<p>Die Schweizerische Steuerkonferenz hat in einem Arbeitspapier der Arbeitsgruppe Steuerbefreiung einige Praxishinweise zur Bewertung der Zweckmässigkeit von Sachspenden aufgestellt, welche allerdings eher empfehlenden Charakter haben.<sup><a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17">17</a></sup> Im Übrigen unterscheiden sich die gesetzlichen Voraussetzungen zum Naturalspendenabzug nicht von denjenigen bei Geldspenden. Praktische Probleme können sich bei der Ermittlung des steuerlich relevanten Wertes von Sachspenden ergeben. Theoretisch massgebend ist der Verkehrswert, dessen Schätzung aber oft mit Schwierigkeiten verbunden ist. Es obliegt derjenigen Person, die einen Abzug geltend machen will, ein Schätzungsgutachten beizubringen.<sup><a title="" href="#_ftn18" name="_ftnref18">18</a></sup></p>
<h2>2. Die Gemeinnützigkeit als Steuerbefreiungsgrund</h2>
<p>Wenn die nachfolgend erläuterten Voraussetzungen erfüllt sind, können juristische Personen von den direkten Steuern befreit werden. Bei den steuerbefreiten juristischen Personen stehen Stiftungen und Vereine im Vordergrund. Allerdings kommen auch – wenngleich wesentlich seltener – gemeinnützige Aktiengesellschaften, GmbH und Genossenschaften vor.</p>
<p>Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung sind<sup><a title="" href="#_ftn19" name="_ftnref19">19</a></sup>:</p>
<ol style="list-style-type: lower-alpha;">
<li>Allgemeininteresse am verfolgten statutarischen Zweck</li>
<li>Uneigennützigkeit des Handels</li>
<li>Ausschliesslichkeit der Mittelverwendung</li>
<li>Unwiderruflichkeit der Zweckbindung</li>
<li>tatsächliche Zweckerfüllung</li>
<li>Gesuch um Steuerbefreiung.</li>
</ol>
<h3>2.1 Allgemeininteresse</h3>
<p>Das objektive Element der Gemeinnützigkeit ist das Allgemeininteresse an dem von der steuerbefreiten juristischen Person verfolgten Zweck. Gemeint ist damit, dass der Zweck der betreffenden juristischen Person von der jeweils massgebenden Volksauffassung als förderungswürdig erachtet wird.<sup><a title="" href="#_ftn20" name="_ftnref20">20</a></sup> Allerdings soll nicht einfach auf die Meinung einer Mehrheit abgestellt werden, wenn die Meinungen über die Förderungswürdigkeit eines Zwecks divergieren.<sup><a title="" href="#_ftn21" name="_ftnref21">21</a></sup> Es ist hinreichend, wenn ein bestimmter Zweck von einem beachtlichen Teil der Bevölkerung gutgeheissen wird. Wesentliche Erkenntnisquellen bilden auch die rechtsethischen Prinzipien, wie sie namentlich in der Bundesverfassung und der schweizerischen Rechtsordnung zum Ausdruck kommen.</p>
<p>Es ist unmöglich, allgemeingültig zu sagen, welche Zwecke das Erfordernis des Allgemeininteresses erfüllen. Es besteht – etwa im Unterschied zu Deutschland<sup><a title="" href="#_ftn22" name="_ftnref22">22</a></sup> – auch kein gesetzlicher Katalog von im Allgemeininteresse stehenden Zwecken. Vielmehr muss auf den Einzelfall zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Gemeinwesen abgestellt werden.</p>
<p>Unstrittig wird insbesondere bei folgenden Zwecken angenommen, dass sie das Gemeinwohl fördern und damit im Allgemeininteresse liegen: Soziale bzw. karitative Tätigkeiten, Kultur, Wissenschaft und Forschung, Bildung, Förderung der Menschenrechte, Gesundheitsförderung, humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit, Heimat-, Natur- und Tierschutz.<sup><a title="" href="#_ftn23" name="_ftnref23">23</a></sup></p>
<p>Das Allgemeininteresse ist gemäss KS Nr. 12<sup><a title="" href="#_ftn24" name="_ftnref24">24</a></sup> nicht nur auf eine Tätigkeit in der Schweiz begrenzt. Sind die weiteren Voraussetzungen erfüllt, kann auch eine in der Schweiz domizilierte juristische Person mit Aktivitäten im Ausland von der Steuerpflicht befreit werden. Bei einer Tätigkeit im Ausland ist allerdings die Zweckverwirklichung mit geeigneten Unterlagen nachzuweisen. Diesbezüglich sehen die erwähnten Praxishinweise der SSK weitreichende Anforderungen vor.<sup><a title="" href="#_ftn25" name="_ftnref25">25</a></sup></p>
<p>Ein Allgemeininteresse am verfolgten Zweck wird zudem nur angenommen, wenn der Kreis der Destinatärinnen und Destinatäre, d.h. der Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen der steuerbefreiten Organisation, grundsätzlich offen ist. Erforderlich ist somit, dass potentiell jede Person Destinatärin oder Destinatär sein kann, wenn sie die von der steuerbefreiten juristischen Person aufgestellten sachlichen Kriterien erfüllt. Ein allzu enger Destinatärskreis (z.B. Beschränkung auf den Kreis einer Familie oder die Mitglieder eines Vereins) schliesst eine Steuerbefreiung aus.<sup><a title="" href="#_ftn26" name="_ftnref26">26</a></sup></p>
<h3>2.2 Uneigennützigkeit</h3>
<p>Beim Erfordernis der Uneigennützigkeit handelt es sich um das subjektive Element der Gemeinnützigkeit. Es genügt nicht, wenn eine bestimmte Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit liegt. Vielmehr muss ihr auch der Gemeinsinn zugrunde liegen. Die betreffende juristische Person muss selbstlos bzw. altruistisch handeln. Erforderlich ist, dass «unter Hintansetzung der eigenen Interessen Opfer erbracht» werden. Dieses Opfer kann von Mitgliedern bzw. Organmitgliedern der betreffenden juristischen Person oder von Dritten erbracht werden. Die Art der Opfererbringung kann verschiedene Formen annehmen. Beispielsweise sind finanzielle Leistungen (Widmung des Stiftungsvermögens, Zuwendung von Spenden, Verzicht auf Entgelte usw.) möglich. Häufig anzutreffen sind aber auch persönliche Dienstleistungen (z.B. eigene Tätigkeiten im Bereich Krankenpflege oder Fürsorge).<sup><a title="" href="#_ftn27" name="_ftnref27">27</a></sup></p>
<p>Immer noch weit verbreitet – wenn auch jüngst im Kanton Zürich geändert<sup><a title="" href="#_ftn28" name="_ftnref28">28</a></sup> – ist bei Steuerverwaltungen die Auffassung, auch die Mitglieder der strategischen Leitungsorgane (Stiftungsrat bzw. Vorstand) der betreffenden juristischen Person hätten Opfer in Form von ehrenamtlicher Tätigkeit zu erbringen.<sup><a title="" href="#_ftn29" name="_ftnref29">29</a></sup></p>
<blockquote>
<p>Dieser Ansatz ist u.E. aus steuerrechtlichen und Good Governance-Gründen abzulehnen. Angemessene Honorare dürfen der Steuerbefreiung nicht entgegenstehen.</p>
</blockquote>
<p>Eine wesentliche Voraussetzung der Uneigennützigkeit ist das Fehlen von Selbsthilfe- und Erwerbs-zwecken.<sup><a title="" href="#_ftn30" name="_ftnref30">30</a></sup> Der Selbsthilfegedanke ist in der Regel vorherrschend bei der Genossenschaft. Er kommt aber auch häufig bei Vereinen vor. Wo «nur» die Interessen der eigenen Genossenschafter bzw. Vereinsmitglieder gefördert werden, liegt keine Uneigennützigkeit vor.</p>
<p>Erwerbszwecke liegen nach der Praxis der Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) vor, wenn eine juristische Person im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf oder in wirtschaftlicher Monopolstellung mit dem Zweck der Gewinnerzielung Kapital und Arbeit einsetzt und dabei für ihre Leistungen insgesamt ein Entgelt fordert, wie es im Wirtschaftsleben üblicherweise bezahlt wird. Allerdings ist zwischen Erwerbszweck und Erwerbstätigkeit zu unterscheiden. Nicht jede Erwerbstätigkeit schliesst die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit aus. Wo eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, darf sie nicht den eigentlichen Zweck der juristischen Person darstellen. Gemäss Praxis des Bundesgerichts und der ESTV darf sie höchstens ein Mittel zum Zweck sein und auch nicht die einzige wirtschaftliche Grundlage der juristischen Person bilden.<sup><a title="" href="#_ftn31" name="_ftnref31">31</a></sup></p>
<p>Ein besonderer Fall ist der sogenannte Zweckbetrieb: Unter Umständen ist eine wirtschaftliche Betätigung die unumgängliche Voraussetzung zur Erfüllung eines Zwecks im Allgemeininteresse. Zum Beispiel kann ein Erziehungsheim einen Landwirtschaftsbetrieb oder ein Behindertenheim eine geschützte Werkstätte erfordern. Die Steuerbefreiung ist diesfalls nicht ausgeschlossen, wenn die wirtschaftliche Betätigung in einem untergeordneten Verhältnis zur altruistischen Tätigkeit steht.<sup><a title="" href="#_ftn32" name="_ftnref32">32</a></sup> Lehre und Praxis billigen eine kaufmännische Erwerbstätigkeit, sofern ihr gemessen an der Gesamtheit der von der Institution ausgeübten gemeinnützigen Tätigkeit eine blosse Hilfs- und untergeordnete Funktion zukommt.<sup><a title="" href="#_ftn33" name="_ftnref33">33</a></sup> Entscheidend ist, welche Zwecke im Vordergrund stehen und welches Ausmass sie annehmen.<sup><a title="" href="#_ftn34" name="_ftnref34">34</a></sup> Dahinter steht die Überlegung, dass der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität zu respektieren ist und den juristischen Personen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder eine Tätigkeit ausüben, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgt, im Verhältnis zu ihren Konkurrenten kein Steuervorteil gewährt werden darf.<sup><a title="" href="#_ftn35" name="_ftnref35">35</a></sup></p>
<p>Zu erwähnen ist schliesslich der Sonderfall der unternehmerischen Zwecke und Holdingstiftungen. DBG und StHG halten fest, dass unternehmerische Zwecke grundsätzlich nicht gemeinnützig sind. Allerdings stehen wesentliche Kapitalbeteiligungen an Unternehmen, selbst wenn sie 50% überschreiten, der Steuerbefreiung nicht grundsätzlich entgegen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen<sup><a title="" href="#_ftn36" name="_ftnref36">36</a></sup> können juristische Personen, die solche Beteiligungen halten, vorbehältlich der Erfüllung der weiteren Voraussetzungen steuerbefreit werden, wenn bei der Kapitalbeteiligung das Interesse an der Unternehmenserhaltung dem gemeinnützigen Zweck untergeordnet ist und keine geschäftsleitenden Tätigkeiten ausgeübt werden. Dies trifft zum Beispiel zu, wenn die Stimmrechte bei anderen Rechtsträgern liegen. Erforderlich ist auch eine klare organisatorische und personelle Trennung bzw. Unabhängigkeit zwischen den leitenden Organen (Stiftungsrat bzw. Vereinsvorstand einerseits und Verwaltungsrat andererseits) der «haltenden» und «gehaltenen» juristischen Person. Eine Verbindungsperson ist allerdings nach der Praxis der ESTV zulässig. Die Unterordnung des Interesses an der Unternehmenserhaltung unter den gemeinnützigen Zweck schliesslich setzt voraus, dass die «haltende» juristische Person regelmässig mit substantiellen Zuwendungen des von ihr gehaltenen Unternehmens alimentiert wird und mit diesen Mitteln auch tatsächlich eine gemeinnützige Tätigkeit ausübt.<sup><a title="" href="#_ftn37" name="_ftnref37">37</a></sup></p>
<p>Ein neuerer Leitentschied des Bundesgerichts<sup><a title="" href="#_ftn38" name="_ftnref38">38</a></sup> relativiert die bisherige Praxis jedoch erheblich. Demnach hat die finanzielle Verflechtung einer Stiftung mit einem Unternehmen durch das Halten eines Aktienanteils von 100% zur Folge, dass das Interesse der Stiftung am Fortbestand des Unternehmens im Vergleich zum gemeinnützigen Zweck nicht als untergeordnet bezeichnet werden könne. Daher könne die Vermögensverwaltung nicht als uneigennützig qualifiziert werden, weshalb die Steuerbefreiung zu versagen sei. Vorliegend war das gehaltene Unternehmen die Haupteinnahmequelle der Stiftung, weshalb aufgrund des Klumpenrisikos kein untergeordnetes Interesse am unternehmerischen Erfolg vorliegen soll. Entsprechend ging das Bundesgericht von einem Erwerbszweck aus und verneinte die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit.<sup><a title="" href="#_ftn39" name="_ftnref39">39</a></sup></p>
<blockquote>
<p>Entsprechend empfiehlt es sich bei gemeinnützigen Stiftungen, eine diversifizierte Anlagestrategie gemäss den Prudent Investor Rules zu verfolgen.<sup><a title="" href="#_ftn40" name="_ftnref40">40</a></sup></p>
</blockquote>
<h3>2.3 Ausschliesslichkeit</h3>
<p>Das Erfordernis der Ausschliesslichkeit bedeutet, dass eine juristische Person nur steuerbefreit wird, wenn deren Ziel ohne Ausnahme die Gemeinnützigkeit ist, d.h. die uneigennützige Ausführung im Allgemeininteresse liegender Zwecke. Die Zielsetzung der betreffenden juristischen Person darf nicht mit Erwerbszwecken oder sonstigen eigenen Interessen von ihr oder ihren Mitgliedern verknüpft sein. Verfolgt allerdings eine juristische Person neben ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken auch andere Zwecke, kann unter Umständen eine teilweise Steuerbefreiung gewährt werden.<sup><a title="" href="#_ftn41" name="_ftnref41">41</a></sup></p>
<h3>2.4 Unwiderruflichkeit</h3>
<p>Das Erfordernis der Unwiderruflichkeit bedeutet, dass die eingesetzten Mittel unwiderruflich, d.h. für immer, steuerbefreiten gemeinnützigen Zwecken gewidmet sein müssen.<sup><a title="" href="#_ftn42" name="_ftnref42">42</a></sup> Statuten und Reglemente der steuerbefreiten juristischen Person müssen sicherstellen, dass eine Zweckentfremdung der Mittel ausgeschlossen ist. Insbesondere ist ein Rückfall der gewidmeten Mittel an Stifterinnen und Stifter, Gründerinnen und Gründer, Mitglieder etc. statutarisch auszuschliessen. Bei der Liquidation einer gemeinnützigen juristischen Person ist das Vermögen einer anderen steuerbefreiten, in der Schweiz domizilierten Organisation mit gleicher oder ähnlicher Zwecksetzung zuzuwenden.</p>
<h3>2.5 Tatsächliche Zweckerfüllung</h3>
<p>Es genügt nicht, gemeinnützige Zwecke bzw. Tätigkeiten bloss in Statuten und Reglementen zu proklamieren. Vielmehr müssen diese Zwecke erkennbar umgesetzt und die entsprechenden Tätigkeiten entfaltet werden.<sup><a title="" href="#_ftn43" name="_ftnref43">43</a></sup> Die Mittel der steuerbefreiten juristischen Person müssen in substantiellem Ausmass für die Erfüllung des Zwecks eingesetzt werden. Gesetzgeber und Behörden in der Schweiz verzichten allerdings zu Recht auf starre Ausschüttungsquoten, anders etwa als in Deutschland, wo steuerbefreite Organisationen dem sogenannten Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterstehen und nur begrenzt Reserven (Rücklagen) bilden können.<sup><a title="" href="#_ftn44" name="_ftnref44">44</a></sup></p>
<p>Aus dem Gebot substantieller Ausschüttungen ergibt sich auch, dass zum Beispiel Stiftungen, die sich auf eine blosse Vermögensansammlung beschränken, indem sie aus Erträgen Rücklagen bilden, die in keinem vernünftigen Verhältnis zu eventuellen zukünftigen Tätigkeiten stehen (Thesaurus-Stiftungen), die Steuerbefreiung nicht erlangen können.<sup><a title="" href="#_ftn45" name="_ftnref45">45</a></sup> Im Übrigen wäre ein rein thesaurierender Zweck auch stiftungsrechtlich unzulässig.</p>
<h3>2.6 Gesuch um Steuerbefreiung</h3>
<p>Die Steuerbefreiung wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke wird nicht von Amtes wegen gewährt. Vielmehr hat die juristische Person, die eine Steuerbefreiung wünscht, der zuständigen Steuerbehörde ein entsprechendes Gesuch zu unterbreiten. Darin ist darzulegen, dass die geschilderten Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt sind.<sup><a title="" href="#_ftn46" name="_ftnref46">46</a></sup></p>
<p>Für Steuerbefreiungsgesuche zuständig ist grundsätzlich die Steuerverwaltung des Sitzkantons der juristischen Person. Je nach Kanton muss die Steuerverwaltung vor ihrem Entscheid eventuell die Steuerbehörde der Sitzgemeinde anhören.<sup><a title="" href="#_ftn47" name="_ftnref47">47</a></sup> In der Regel entscheidet die kantonale Steuerverwaltung als veranlagende Behörde auch über die Befreiung von der direkten Bundessteuer.<sup><a title="" href="#_ftn48" name="_ftnref48">48</a></sup> Die ESTV wird nur in Zweifelsfällen in das Verfahren einbezogen.</p>
<p>Die Steuerbefreiung einer juristischen Person bleibt bestehen, solange die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt sind oder die Dauer der Befristung erreicht wurde. Dies bedeutet, dass eine Steuerbefreiung beim Wegfall der Voraussetzungen entzogen werden kann.<sup><a title="" href="#_ftn49" name="_ftnref49">49</a></sup></p>
<h2>3. Unternehmerische Fördermodelle</h2>
<p>Ebenfalls ein Teilaspekt der Zürcher Praxisanpassung ist die Zulassung unternehmerischer Fördermodelle unter bestimmten Voraussetzungen. Basel-Stadt kennt diese Mischform der Vermögensanlage und Zweckerfüllung auch und lässt diese ebenfalls zu. Damit wird die Praxis der Steuerverwaltung dem Umstand gerecht, dass immer mehr gemeinnützige Stiftungen sich zunehmend unternehmerischer Förderformen bedienen.<sup><a title="" href="#_ftn50" name="_ftnref50">50</a></sup> Mit diesem Ansatz der Fördertätigkeit verschiebt sich die philanthropische Aktivität von reinen (ein- oder mehrmaligen) Förderbeiträgen à fonds perdu zu anspruchsvolleren (gegebenenfalls längerfristigen) Förder- und Finanzierungsformen.<sup><a title="" href="#_ftn51" name="_ftnref51">51</a></sup></p>
<p>Die Stiftung gemäss Art. 80 ff. ZGB ist eine Anstalt des privaten Rechts.<sup><a title="" href="#_ftn52" name="_ftnref52">52</a></sup> Die Stiftung stellt ein verselbständigtes bzw. personifiziertes, also mit Rechtspersönlichkeit ausgestattetes, einem besonderen Zweck gewidmetes Vermögen dar.<sup><a title="" href="#_ftn53" name="_ftnref53">53</a></sup> Zentrales Element einer Stiftung ist somit das Vermögen. Damit ist auch die Anlage desselben eine zentrale Aufgabe. Es ist stets eine marktübliche Rendite zu erwirtschaften. Der für die Anlage zuständige Stiftungsrat muss dabei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Grundsätze der Sicherheit, der Rentabilität, der Liquidität, der Risikoverteilung sowie der Substanzerhaltung befolgen.<sup><a title="" href="#_ftn54" name="_ftnref54">54</a></sup></p>
<p>Wird das Vermögen zweckbezogen angelegt, so wird zusätzlich darauf geachtet, dass die Vermögensanlage dem statutarischen Zweck der Stiftung zuträgt. Hierzu werden oftmals Anlagekriterien in Anlagereglemente definiert und gewisse Anlagen ausgeschlossen. Zielsetzung solcher Anlagevorgaben ist die Erwirkung eines Impacts im Sinne des gemeinnützigen Zwecks auch im Rahmen der Vermögensanlage. Man spricht daher auch von «Impact Investing».<sup><a title="" href="#_ftn55" name="_ftnref55">55</a></sup> Die Mitberücksichtigung des Stiftungszwecks bei der Anlagestrategie ändert aber nichts daran, dass die Vermögensanlage weiterhin primär der Erwirtschaftung von Ertrag dient und damit Vermögensanlage ist und nicht Zweckerfüllung. Bei unternehmerischen Fördermodellen steht dahingegen die Zweckerfüllung im Fokus. Der durch die Nutzung solcher Fördermodelle gegebenenfalls entstehende Ertrag ist – im Gegensatz zur eigentlichen Vermögensanlage – nur Nebeneffekt.<sup><a title="" href="#_ftn56" name="_ftnref56">56</a></sup></p>
<p>Steuerrechtlich ist der Umgang mit solchen unternehmerischer Fördermodellen nicht einheitlich. Insbesondere der Umstand, dass es sich hierbei eben nicht um Vermögensanlage handelt, sondern um Zweckerfüllung, dabei aber einen Mittelrückfluss nicht a priori ausgeschlossen wird<sup><a title="" href="#_ftn57" name="_ftnref57">57</a></sup>, bereitet den Steuerverwaltungen bei der Einordnung in die «klassischen Bereiche» etwas Mühe.<sup><a title="" href="#_ftn58" name="_ftnref58">58</a></sup> Neben à-fonds-perdu-Beiträgen fördern Stiftungen zunehmend auch in Form von Darlehen, Wandeldarlehen oder anderen Formen der Beteiligungen.<sup><a title="" href="#_ftn59" name="_ftnref59">59</a></sup> Wo Erträge aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit einer wegen Gemeinnützigkeit steuerbefreiten Stiftung zurückfliessen, kann dies nach der heutigen Praxis verschiedener kantonaler Steuerverwaltungen im Hinblick auf die Steuerbefreiung nach wie vor problematisch sein, selbst wenn diese Rückflüsse uneingeschränkt der gemeinnützigen Zweckerfüllung zufliessen. Aus diesem Grund ist nicht nur eine stiftungs-, sondern auch eine steuerrechtliche Risikoanalyse und damit verbunden ein Tax Ruling empfehlenswert.<sup><a title="" href="#_ftn60" name="_ftnref60">60</a></sup></p>
<p>Der Kanton Zürich hat hierzu anfangs dieses Jahres eine Praxisanpassung angekündigt und lässt nun solche Fördermodelle gemeinnützigkeitssteuerrechtlich zu. Die Kriterien müssen noch definiert werden.<sup><a title="" href="#_ftn61" name="_ftnref61">61</a></sup> Ob diese Praxisänderung Einfluss auf weitere kantonale Steuerverwaltungen haben wird, wird die Zukunft zeigen.</p>
<h2>4. Basler Spezialitäten</h2>
<h3>4.1 Honorierung der strategischen Leitungsorgane mit besonderem Fokus auf die Basler Praxis</h3>
<p>Das Ehrenamt ist im Gemeinnützigkeitssektor nach wie vor weit verbreitet.<sup><a title="" href="#_ftn62" name="_ftnref62">62</a></sup> Aber auch die Honorierung des obersten Leitungsorgans einer gemeinnützigen Organisation entspricht einer weit verbreiteten Realität.</p>
<p>Es ist zu unterscheiden zwischen der Tätigkeit des obersten Leitungsorgans einer gemeinnützigen Organisation, wie dem Stiftungsrat bei einer gemeinnützigen Stiftung oder Vorstand bei einem gemeinnützigen Verein, und der operativen Tätigkeit einer Geschäftsstelle. Zu den typischen Stiftungsratsmandatsarbeiten zählen bspw. die Teilnahmen an Stiftungsratssitzungen, die finanzielle Führung der Stiftung, die Jahresplanung, die jährliche Berichterstattung an die Stiftungsaufsicht und die Repräsentation der Stiftung. Alle anderen über diese Aufgaben hinausgehenden Arbeiten sind operative Tätigkeiten und können marktkonform entschädigt werden. Würde nicht ein Stiftungsratsmitglied diese operative Aufgabe übernehmen, müsste die Stiftung diese entgeltlich auf dem Markt einkaufen bzw. eine bezahlte Geschäftsstelle einsetzen.</p>
<p>Die Kontroverse um die Zulässigkeit von Honoraren dreht sich also ausschliesslich um die typischen Aufgaben des strategischen Leitungsorgans. Um die Entschädigung dieser Arbeiten soll es nachfolgend gehen.</p>
<p>Zunächst ist festzuhalten, dass kein gesetzliches Verbot der Honorierung besteht.<sup><a title="" href="#_ftn63" name="_ftnref63">63</a></sup> Der teilweise rigorose Ausschluss einer Zulässigkeit beruht auf der Praxis der kantonalen Steuerverwaltungen. Einschränkend wirkt sich bei der Frage der Honorierung Art. 84 Abs. 2 ZGB aus. Dieser schreibt vor, dass das Stiftungsvermögen zweckgemäss verwendet werden muss und die Aufsichtsbehörde hierfür zu sorgen hat.<sup><a title="" href="#_ftn64" name="_ftnref64">64</a></sup> Das Vermögen darf also nicht zweckentfremdet werden, indem es für die Bezahlung von unangemessenen Honoraren verwendet wird. Vielmehr muss stets das Gros der Mittel dem Stiftungszweck zugeführt werden. Daraus ergibt sich ein allgemeines Verbot übermässiger Honorare bzw. das Gebot angemessener Honorare. Die Zahlung von Honoraren ist natürlich dann nicht zulässig, wenn die Honorierung von der Stifterin oder dem Stifter statutarisch mittels Ehrenamtlichkeitsklausel ausgeschlossen wurde.</p>
<p>Bereits aus Good Governance-Gründen wird eine angemessene Honorierung empfohlen, um damit eine Professionalisierung der strategischen Leitungsorgane zu erwirken. Denn die reine Ehrenamtlichkeit birgt auch Gefahren und Nachteile wie bspw. Gleichgültigkeit der Mitglieder des strategischen Leitungsorgans gegenüber der Organisation oder allgemein Rekrutierungsprobleme (v.a. bezüglich Kompetenz und Diversität). Auf eine vereinfachte Formel heruntergebrochen, könnte also gesagt werden: Lieber eine bezahlte Professionalität als unbezahlter Dilettantismus.<sup><a title="" href="#_ftn65" name="_ftnref65">65</a></sup></p>
<p>Während im Kanton Zürich vor der bereits erwähnten Praxisänderung die Honorierung von Stiftungsrätinnen und -räten sowie Vereinsvorständen ein Hinderungsgrund für die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit war und die Ehrenamtlichkeit des obersten Leitungsorgans statutarisch verankert werden musste<sup><a title="" href="#_ftn66" name="_ftnref66">66</a></sup>, lässt die baselstädtische Steuerverwaltung die angemessene Honorierung von Stiftungsrätinnen und -räten in gefestigter Praxis seit Jahren zu.</p>
<p>Die ausgerichteten Honorare müssen angemessen sein. Dies bedeutet, die Honorare müssen willkürfrei, d.h. sachlich nachvollziehbar sein. Die Höhe der Honorare hängt massgeblich von der Komplexität der Materie, dem erforderlichen Fachwissen bzw. den Erfahrungen, der zeitlichen Beanspruchung, dem Mass der Verantwortung, der Grösse der Organisation und ihres Vermögens sowie der Gefahrenneigung der Tätigkeiten der betreffenden Organisation ab. Im Fokus der Beurteilung der Angemessenheit steht die zeitliche Beanspruchung durch das Mandat.</p>
<p>Die Basler Steuerverwaltung sieht verschiedene zulässige Honorarmodelle für die Tätigkeit des strategischen Leitungsorgans vor:</p>
<p>Pauschales Jahreshonorar: Das pauschale Jahreshonorar deckt sämtliche Tätigkeiten ab, einschliesslich Spesen und Barauslagen. Es ist nach Praxis der Basler Steuerverwaltung nicht kombinierbar mit anderen Vergütungsformen wie Spesen oder Sitzungsgeldern. Abhängig von der Grösse der Organisation (v.a. mit Blick auf das Vermögen) und der Intensität der Tätigkeit als Mitglied des Leitungsorgans (v.a. der effektive Stundenaufwand) erachtet die Basler Steuerverwaltung Honorare in der Grössenordnung von ca. 0.5% bis 1% des Stiftungsvermögens als angemessen. Jahreshonorare von CHF 10'000 bis CHF 15'000 pro Person bei grösseren Stiftungen mit einem Vermögen von mehr als CHF 10 Mio. sind nach dieser Praxis unproblematisch.</p>
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<p>Bei einem Honorar von mehr als CHF 15‘000 empfiehlt sich ein Tax Ruling (auch bei grossen Stiftungen mit einem Vermögen von mehr als CHF 10 Mio.).</p>
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<p>Pauschales Basishonorar: Beim pauschalen Basishonorarmodell wird ein kleineres Grundhonorar ausbezahlt, das mit Spesenentschädigung und Sitzungsgeldern kombinierbar ist. In der Praxis sind Basishonorare von CHF 5'000 pro Jahr und Person bei mittelgrossen Organisationen mit einem Vermögen von CHF 3 Mio. bis CHF 5 Mio. zulässig. Darüberhinausgehende Basishonorare sollten ebenfalls in einem Tax Ruling überprüft werden.</p>
<p>Sitzungsgelder: Sitzungsgelder sind die Entschädigung für die effektive Teilnahme an Stiftungsrats- bzw. Vorstandssitzungen. Sitzungsgelder sollten gemäss der Basler Praxis nicht CHF 300 bis CHF 400 für Sitzungen von zwei bis drei Stunden überschreiten.</p>
<p>Spesen<strong>:</strong> Neben dem pauschalen Basishonorar und Sitzungsgeldern haben die Leitungsorgane auch Anspruch auf den Ersatz der effektiven notwendigen und belegbaren Einzelausgaben und Baurauslagen. Pauschalspesen sind nach Basler Praxis (in Analogie zur Spesenregelung bei Verwaltungsräten) nicht zulässig.</p>
<h3>4.2 Gemeinnützige Organisationen und Grundeigentum: die Basler Praxis</h3>
<p>Ist eine gemeinnützige Organisation Grundeigentümerin, so ist zu differenzieren, für welchen Zweck die Liegenschaft im Eigentum der gemeinnützigen Organisation steht. Eine solche Liegenschaft kann der unmittelbaren Zweckerfüllung dienen wie bspw. ein Heim für Jugendliche. Ein solches Grundeigentum ist aus der Sicht der Basler Steuerverwaltung unproblematisch. Diesfalls spielt die Höhe des Werts der Liegenschaft im Verhältnis zum sonstigen Vermögen auch keine Rolle. Dient eine Liegenschaft jedoch als Vermögensanlage sieht es anders aus. Die Basler Steuerverwaltung verfolgt bei Liegenschaften in der Vermögensanlage eine restriktivere Praxis als andere Kantone. Überschreitet der Liegenschaftsanteil im Anlagevermögen der gemeinnützigen Organisation ein gewisses Volumen (im Verhältnis zum restlichen Anlagevermögen) geht die Basler Steuerverwaltung von einer kommerziellen Tätigkeit der gemeinnützigen Organisation aus. Ist die Rendite aus den im Anlagevermögen gehaltenen Liegenschaften die einzige Einnahmequelle der gemeinnützigen Organisation, so gefährdet dies die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit gemäss der Praxis der Basler Steuerverwaltung. Es muss jedoch stets eine Einzelfallbeurteilung durch die kantonale Steuerverwaltung erfolgen. Diese Praxis ist u.E. schwer nachvollziehbar, denn ausschlaggebend ist, was mit den Erträgen aus dem Grundeigentum gemacht wird. Werden diese für den gemeinnützigen Zweck eingesetzt bzw. statutenkonform verwendet, ist aus unserer Sicht keine klare Abgrenzung zu anderen Investitionen in Sachwerte im Anlagevermögen zu erkennen. Um sicher zu gehen, empfiehlt es sich diesbezüglich stets ein Tax Ruling einzuholen.</p>
<p>Zu beachten ist, dass die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit nicht für die Grundstücksteuer gilt und gemeinnützige Organisationen weiterhin zur Zahlung dieser Steuer verpflichtet sind.</p>
<h2>5. Abschliessende Betrachtung</h2>
<p>Der Gemeinnützigkeitssektor prosperiert in der Schweiz – neben den wirtschaftlichen Gegebenheiten und dem Wohlstand – vor allem auch wegen des liberalen Stiftungs- und Vereinsrechts. Auch das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht trägt seinen wesentlichen Beitrag zu einem solchen starken Dritten Sektor bei. Es ist daher wichtig, dass der Sektor sich für diese Rahmenbedingungen einsetzt und stark macht. Als Vertreter des Dachverbands für gemeinnützige Stiftungen und NPO der Schweiz<sup><a title="" href="#_ftn67" name="_ftnref67">67</a></sup> ist dies den Autoren ein ganz besonderes Anliegen.</p></article>
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