<article class="rz"><h2>1. Einleitung<sup><a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1"><strong>01</strong></a></sup></h2>
<p>In der Schweiz unterliegen grundsätzlich alle juristischen Personen mit unbeschränkter Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_50" target="_blank" rel="noopener">Art. 50 Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer</a><sup><a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">02</a></sup> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_20" target="_blank" rel="noopener">Art. 20 Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden</a><sup><a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">03</a></sup>) und beschränkter Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_51" target="_blank" rel="noopener">Art. 51 DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_21" target="_blank" rel="noopener">Art. 21 StHG</a>) der Gewinnsteuer auf Stufe Bund (direkte Bundessteuer) sowie den Gewinn- und Kapitalsteuern auf Stufe Kantone und Gemeinden (Staats- und Gemeindesteuern).</p>
<p>Im Sinne einer abschliessenden Aufzählung sind privat- oder öffentlich-rechtliche juristische Personen, die gewisse Tätigkeiten ausüben oder Zwecke verfolgen, von den Gewinn- und Kapitalsteuern befreit (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 StHG</a>). In der Praxis unbestritten ist grundsätzlich die Gewinn- und Kapitalsteuersteuerbefreiung von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie ihrer Anstalten und von Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und der Sozialversicherungen. In der Lehre und Praxis umstrittener ist hingegen die Tragweite der Steuerbefreiung juristischer Personen, die einen gemeinnützigen Zweck verfolgen. So führt der Begriff «Gemeinnützigkeit» in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis immer wieder zu Diskussionen. Andererseits ist die Steuerbefreiung gewisser Nichtregierungsorganisationen (NGOs) mit «politischer Schlagseite» nicht kritiklos.<sup><a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">04</a></sup> Erst im Februar 2025 nahm der Bundesrat in seiner Antwort auf die Motion der FDP/Liberale-Fraktion Stellung zu diesem Thema und erachtete eine gesetzliche Anpassung als nicht erforderlich. Er appelliert an die Kantone, die gesetzlichen Vorschriften strikter anzuwenden.<sup><a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5">05</a></sup> Die Vorschriften im DBG und StHG wurden über die letzten Jahre – mit ein paar wenigen Ausnahmen<sup><a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6">06</a></sup> – kaum angepasst oder reformiert. Für nicht steuerbefreite juristische Personen mit ideellem Zweck gilt seit 1. Januar 2018 die Sonderregelung von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_66_a" target="_blank" rel="noopener">Art. 66a DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_26_a" target="_blank" rel="noopener">Art. 26a StHG</a>, wonach Gewinne von höchstens CHF 20'000 (direkte Bundessteuer; Staats- und Gemeindesteuern je nach Kanton) unter bestimmten Voraussetzungen nicht besteuert werden.</p>
<p>Mit der Einführung der nationalen und internationalen Ergänzungssteuer («Pillar Two») erhält die Schweiz zwei neue Steuern, die ihrer Natur nach den ordentlichen Gewinnsteuern sehr ähnlich sind und diese ergänzen. Auch diese Ergänzungssteuern kennen in Art. 1.5.1 der <a href="https://www.oecd-ilibrary.org/taxation/tax-challenges-arising-from-digitalisation-of-the-economy-global-anti-base-erosion-model-rules-pillar-two_782bac33-en" target="_blank" rel="noopener">GloBE-Mustervorschriften («MR»)</a> Vorschriften über subjektiv steuerbefreite Geschäftseinheiten.</p>
<p>Der vorliegende Aufsatz geht rechtsvergleichend der Frage nach, ob die Vorschriften für die Gewinn- und Kapitalsteuern auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene einerseits und die Vorschriften für die Ergänzungssteuern andererseits deckungsgleich sind. Geht die Steuerbefreiung bei den Gewinnsteuern weiter als bei den Ergänzungssteuern, wird der Effekt der Steuerbefreiung durch eine Ergänzungssteuer gänzlich oder teilweise ausgehebelt.<sup><a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7">07</a></sup></p>
<p>Es hat sich bereits gezeigt, dass die Einführung von Pillar Two in der Schweiz durchaus zu einer Angleichung der nationalen Vorschriften an das OECD-Regelwerk oder zur Abschaffung bestehender steuerlicher «Ärgernisse» führen kann (z.B. Abschaffung der «Taxe Professionnelle Communale» im Kanton Genf, mögliche Anpassung des Beteiligungsabzugs<sup><a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8">08</a></sup>). Der Autor nimmt daher die Ergebnisse des Rechtsvergleichs zum Anlass, einige Forderungen an den Gesetzgeber und die Steuerverwaltungen zu stellen, um die Gewinnsteuervorschriften punktuell zu reformieren.</p>
<p>Im weiteren Verlauf dieses Aufsatzes wird summarisch von den Gewinnsteuern gesprochen. Dies deckt die Gewinnsteuern auf Stufe Bund sowie Kantone und Gemeinden, aber auch die Kapitalsteuern auf Stufe Kantone und Gemeinden ab.</p>
<h2>2. Umsetzung Pillar Two in der Schweiz</h2>
<p>Der Bund erhebt gestützt auf <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1999/404/de#art_129_a" target="_blank" rel="noopener">Art. 129a Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft</a><sup><span title=""><u><a href="#_ftn10">09</a></u></span></sup> seit dem 1. Januar 2024 auf dem Gewinn «grosser Unternehmensgruppen» eine schweizerische Ergänzungssteuer (nach dem Modell einer «Domestic Minimum Top-up Tax», DMTT) und seit dem 1. Januar 2025 eine internationale Ergänzungssteuer nach der Primärergänzungssteuerregelung (nach dem Modell einer «Income Inclusion Rule», IIR). Auf die Erhebung einer internationalen Ergänzungssteuer nach der Sekundärergänzungssteuerregelung (nach dem Modell einer «Undertaxed Profit Rule», UTPR) verzichtet der Bundesrat bis auf Weiteres.<sup><a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10">10</a></sup></p>
<p>Basierend auf den zugehörigen Übergangsbestimmungen in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1999/404/de#art_197" target="_blank" rel="noopener">Art. 197 Ziff. 15 BV</a> hat der Bundesrat hierfür bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen die <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2023/841/de" target="_blank" rel="noopener">Verordnung über die Mindestbesteuerung grosser Unternehmensgruppen vom 22. Dezember 2023</a><sup><a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11">11</a></sup> erlassen.</p>
<p>Der Bundesrat hat sich bei dieser Verordnung für ein im internationalen Vergleich ungewöhnliches Vorgehen entschieden: Während viele andere Staaten die GloBE-Mustervorschriften in nationales Recht überführen, verweist die Schweiz auf das Regelwerk der OECD. Soweit überblickbar, kennen nur das Fürstentum Liechtenstein und Neuseeland einen ähnlichen Ansatz.</p>
<p>Das anwendbare Recht ist in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2023/841/de#art_2" target="_blank" rel="noopener">Art. 2 Abs. 1 MindStV</a> geregelt: Die GloBE-Mustervorschriften finden für die internationale Ergänzungssteuer «direkt» Anwendung und für die die schweizerische Ergänzungssteuer «sinngemäss». Sinngemäss deshalb, weil die GloBE-Mustervorschriften grundsätzlich nur die IIR und die UTPR regeln. Im Zuge der Einführung von Pillar Two war es für die Schweiz ein übergeordnetes Ziel, dass die schweizerische Ergänzungssteuer, wenn immer möglich, deckungsgleich bemessen wird wie die IIR bzw. UTPR. Die GloBE-Mustervorschriften<sup><a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12">12</a></sup> sind gemäss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2023/841/de#art_2" target="_blank" rel="noopener">Art. 2 Abs. 3 MindStV</a> nach Massgabe des zugehörigen Kommentars und der zugehörigen Regelwerke «auszulegen». Für den nachfolgenden Rechtsvergleich wird bezüglich der schweizerischen bzw. internationalen Ergänzungssteuern jeweils ausschliesslich auf die GloBE-Mustervorschriften sowie den <a href="https://www.oecd.org/en/publications/tax-challenges-arising-from-the-digitalisation-of-the-economy-consolidated-commentary-to-the-global-anti-base-erosion-model-rules-2023_b849f926-en.html" target="_blank" rel="noopener">Kommentar</a> und die administrativen Leitlinien verwiesen (soweit diese nicht bereits in den Kommentar überführt wurden).</p>
<p>Da das Regelwerk für die schweizerische und die internationale Ergänzungssteuer – mit wenigen Ausnahmen – identisch ist, wird in diesem Aufsatz summarisch von den Ergänzungssteuern gesprochen. Der Begriff deckt beide Arten ab.</p>
<h2>3. Grundlagen zur Steuerbefreiung</h2>
<h3>3.1 Gewinnsteuern</h3>
<h4>3.1.1 Gesetzliche Grundlagen</h4>
<p>Die Steuerbefreiung von der Gewinnsteuer auf Stufe Bund (direkte Bundessteuer) ist in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 DBG</a> und für die Gewinn- und Kapitalsteuer auf Stufe Kanton und Gemeinde (Staats- und Gemeindesteuern) in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 StHG</a> im Grundsatz abschliessend geregelt. Die beiden Gesetze verwenden den technischen Begriff «von der Steuerpflicht befreit» (bzw. im Titel «Ausnahmen von der Steuerpflicht»). In der Literatur wird von «Ausnahmen der subjektiven Steuerpflicht» gesprochen.<sup><a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13">13</a></sup></p>
<p>Während die Möglichkeit zur Steuerbefreiung für neu eröffnete Gesellschaften im StHG direkt in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 Abs. 3</a> geregelt ist, enthält das DBG keine solche Regelung. Auf Stufe Bund gibt es hierfür einen Spezialerlass, und zwar das <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2007/136/de" target="_blank" rel="noopener">Bundesgesetz über Regionalpolitik vom 6. Oktober 2006</a>.<sup><a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14">14</a></sup> Dieses Gesetz wird durch mehrere Verordnungen ergänzt, wobei die <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2016/348/de" target="_blank" rel="noopener">Verordnung über die Gewährung von Steuererleichterungen im Rahmen der Regionalpolitik vom 3. Juni 2016</a><sup><a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15">15</a></sup> von besonderer Bedeutung ist.</p>
<p>Ebenfalls nicht im DBG bzw. im StHG geregelt ist die Steuerbefreiung internationaler Staaten, die separat im <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2007/860/de" target="_blank" rel="noopener">Bundesgesetz über die von der Schweiz als Gaststaat gewährten Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen sowie finanziellen Beiträge vom 22. Juni 2007</a><sup><a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16">16</a></sup> legiferiert ist.</p>
<h4>3.1.2 Verwaltungspraxis</h4>
<p>Die ESTV hat in Bezug auf die Steuerbefreiung juristischer Personen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke sowie Kultuszwecke verfolgen, bereits 1994 das <a href="https://www.estv.admin.ch/dam/estv/de/dokumente/dbst/kreisschreiben/dbst-ks-w95-012-de.pdf.download.pdf/dbst-ks-w95-012-de.pdf" target="_blank" rel="noopener">Kreisschreiben Nr. 12</a> erlassen, das bis heute unverändert Anwendung findet. Darüber hinaus hat die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) im Jahr 2008 Praxishinweise zuhanden der kantonalen Steuerverwaltungen publiziert, und zwar <a href="https://www.ssk-csi.ch/fileadmin/dokumente/Steuerbefreiung/praxishinweise_steuerbefreiung_18.01.2008_d_202311.pdf" target="_blank" rel="noopener">zu juristischen Personen mit öffentlichem oder gemeinnützigem Zweck</a> sowie <a href="https://www.ssk-csi.ch/fileadmin/dokumente/Steuerbefreiung/praxishinweise_kultureller_zweck_d.pdf" target="_blank" rel="noopener">mit kulturellem Zweck</a>.<sup><a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17">17</a></sup></p>
<h4>3.1.3 Grundzüge der Regelung</h4>
<p>Die Vorschriften in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 DBG</a> und <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 StHG</a> enthalten eine abschliessende Liste von juristischen Personen, die aufgrund ihres Zwecks bzw. ihrer Tätigkeit von den Gewinnsteuern befreit sind. Die Fallkonstellationen und die Intention des Gesetzgebers zur Steuerbefreiung lassen sich vereinfacht wie folgt gruppieren. Die Voraussetzungen werden nachfolgend detailliert ausgeführt (vgl. 4).</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/58DQti6CnigomEXCzaV0GQ/a92479847eb793afedcf659dc4eff700/2025_GrafikA3-1.jpg" alt="Tabellarische Darstellung der Fallkonstellationen und die Intention des Gesetzgebers zur Steuerbefreiung. Die Voraussetzungen werden nachfolgend detailliert ausgeführt." width="900" height="703" /></p>
<p>Die Steuerbefreiung ist grundsätzlich umfassend, d.h. wenn eine juristische Person die Voraussetzungen erfüllt, ist die gesamte juristische Person von allen Gewinn- und Kapitalsteuern befreit. Die Steuerbefreiung umfasst je nach Kanton auch die Erbschafts- und Schenkungssteuern. Im Kanton Zürich sind die von den Erbschafts- und Schenkungssteuern befreiten juristischen Personen in <a href="https://www.notes.zh.ch/appl/zhlex_r.nsf/WebView/DB090BDE17639476C12577F8004B5FB1/$File/632.1_28.9.86_71.pdf" target="_blank" rel="noopener">§ 10 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz vom 28. September 1986</a><sup><a title="" href="#_ftn23" name="_ftnref23">23</a></sup> geregelt. Diese Liste der steuerbefreiten juristischen Personen ist jedoch deckungsgleich mit <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 StHG</a>.<sup><a title="" href="#_ftn24" name="_ftnref24">24</a></sup></p>
<p>Von diesem Grundsatz der umfassenden Befreiung sind allerdings folgende zwei Ausnahmen zu beachten:</p>
<ol>
<li>Kantonale Grundstückgewinnsteuer: Gewisse juristische Personen unterliegen trotz der kantonalen Gewinnsteuerbefreiung der Grundstückgewinnsteuer (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 Abs. 4 StHG</a>). Es wird auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen (vgl. 4.3.1.2).</li>
<li>Partielle Steuerbefreiung: Gemäss Kreisschreiben Nr. 12 kann auch eine blosse teilweise Steuerbefreiung gewährt werden, wenn die ausschliessliche und unwiderrufliche Mittelverwendung für einen gemeinnützigen oder öffentlichen Zweck nicht sichergestellt werden kann.<sup><a title="" href="#_ftn25" name="_ftnref25">25</a></sup> In der Praxis wird indes eine solche partielle Steuerbefreiung gemäss Erfahrung des Autors selten gewährt und die Steuerbehörden bestehen darauf, dass der steuerbefreite Teil in einer separaten juristischen Person ist. In der Literatur wird sogar die Meinung vertreten, dass aufgrund des Wortlauts in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_51" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 </a>lit. d sowie g bis i DBG eine teilweise, objektmässige anstelle einer vollständigen, subjektmässigen Steuerbefreiung notwendig ist.<sup><a title="" href="#_ftn26" name="_ftnref26">26</a></sup></li>
</ol>
<p>Die Steuerbefreiung ausgewählter juristischer Personen ist aus einer verfassungsrechtlichen Perspektive nicht unproblematisch. Einerseits widerspricht eine solche Steuerbefreiung dem verfassungsmässigen Grundsatz der Allgemeinheit und der Gleichmässigkeit der Besteuerung in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1999/404/de#art_127" target="_blank" rel="noopener">Art. 127 Abs. 2 BV</a>, indem spezifische Fallkonstellationen von juristischen Personen nicht der Besteuerung unterworfen werden.<sup><a title="" href="#_ftn27" name="_ftnref27">27</a></sup> Andererseits können auch Konflikte mit der Wirtschaftsfreiheit gemäss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1999/404/de#art_27" target="_blank" rel="noopener">Art. 27 BV</a> auftreten, indem ausgewählte Unternehmen in den Genuss von Steuererleichterungen kommen und dadurch bessergestellt werden als Unternehmen, die ordentlich besteuert werden. Letztgenannter Punkt ist gerade bei der Steuererleichterung von neu angesiedelten Unternehmen problematisch (Gebot der Wettbewerbsneutralität<sup><a title="" href="#_ftn28" name="_ftnref28">28</a></sup>).</p>
<h3>3.2 Ergänzungssteuern</h3>
<h4>3.2.1 Gesetzliche Grundlagen</h4>
<p>Die Befreiung von den Ergänzungssteuern in der Schweiz ist in der MindStV nicht separat geregelt. Es wird über das anwendbare Recht auf Art. 1.5 MR verwiesen, der die steuerbefreiten Einheiten abschliessend regelt. Die Artikel 1.5.1 und 1.5.2 MR enthalten die Voraussetzungen, wann eine Einheit steuerbefreit ist und Art. 1.5.3 MR enthält im Sinne eines Wahlrechts die Möglichkeit, eine steuerbefreite Einheit freiwillig den Ergänzungssteuern zu unterwerfen.</p>
<p>Art. 1.5 MR ist methodisch so konzipiert, dass sehr summarisch aufgelistet wird, welche Einheiten<sup><a title="" href="#_ftn29" name="_ftnref29">29</a></sup> von den Ergänzungssteuern befreit sind (z.B. Art. 1.5.1(a) MR: staatliche Einheiten, Government Entity). Die verwendeten Begriffe sind sodann in Art. 10.1.1 MR auf Basis von kumulativen Voraussetzungen definiert. Art. 1.5 MR muss folglich immer zusammen mit Art. 10.1.1 MR gelesen werden.</p>
<h4>3.2.2 Verwaltungspraxis</h4>
<p>Der Kommentar zu den GloBE-Mustervorschriften enthält an mehreren Stellen hilfreiche Ausführungen zu den verschiedenen Fallkonstellationen steuerbefreiter Einheiten, namentlich auf welchen anderen OECD-Regelwerken die Definition aufbaut oder angelehnt ist.</p>
<p>Da die Ergänzungssteuern in der Schweiz und weltweit neu sind, gibt es noch keine gefestigte Verwaltungspraxis der Steuerbehörden. Die kantonalen Steuerverwaltungen und die Arbeitsgruppe Mindeststeuern der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) haben sich mit diesem Thema bisher nur am Rande befasst und keine technischen Detailfragen diskutiert. Auch seitens der ESTV, die im Bereich der Ergänzungssteuern die Oberaufsicht über die Kantone hat, gibt es bislang keine Praxismitteilung. Auch sind solche, Stand heute, nicht in Vorbereitung.</p>
<h4>3.2.3 Grundzüge der Regelung</h4>
<p>Die Vorschriften in Art. 1.5 MR enthalten eine abschliessende Liste von Einheiten, die aufgrund ihres Zwecks bzw. ihrer Tätigkeit von den Ergänzungssteuern befreit sind. Die GloBE-Mustervorschriften verwenden hierfür den technischen Begriff «Excluded Entities» bzw. in der deutschen Übersetzung «freigestellte Einheiten».</p>
<p>Die Fallkonstellationen und die Intention der OECD zur Freistellung gewisser Einheiten eines multinationalen Konzerns lassen sich vereinfacht wie folgt gruppieren. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung werden im Anschluss detailliert ausgeführt (vgl. 4).</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/3qLLFSRvUsQMNMTFfhvCYz/c1768bed37d04e636250045d5a47039f/2025_GrafikA3-2.jpg" alt="Tabellarische Darstellung der Fallkonstellationen und der Intention der OECD zur Freistellung gewisser Einheiten eines multinationalen Konzerns. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung werden im Anschluss detailliert ausgeführt." width="900" height="343" /></p>
<p>Eine freigestellte Einheit unterliegt gesamthaft nicht den Ergänzungssteuern.<sup><a title="" href="#_ftn33" name="_ftnref33">33</a></sup> Eine partielle Freistellung ist in den GloBE-Mustervorschriften nicht vorgesehen. Die Steuerattribute müssen nicht im GloBE Information Return (GIR) deklariert werden<sup><a title="" href="#_ftn34" name="_ftnref34">34</a></sup> und sie dürfen auch bei der Ermittlung des substanzbasierten Freibetrags nicht berücksichtigt werden.<sup><a title="" href="#_ftn35" name="_ftnref35">35</a></sup> Die Umsätze der freigestellten Einheiten mit Dritten (Aussenumsätze) sind jedoch bei der Ermittlung des Mindestumsatzes (EUR 750 Mio.)<sup><a title="" href="#_ftn36" name="_ftnref36">36</a></sup> des Konzerns zu berücksichtigen, der die Steuerpflicht einzelner Geschäftseinheiten bestimmt. Dies kann im Einzelfall zu einer Aufblähung der Umsatzbasis für die Ermittlung der Steuerpflicht führen.<sup><a title="" href="#_ftn37" name="_ftnref37">37</a></sup></p>
<h3>3.3 Rechtsvergleich</h3>
<p>Die Vorschriften bei den Gewinn- und Ergänzungssteuern sind in den Grundzügen vergleichbar. Beide Vorschriften (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 DBG</a> und <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 StHG</a> bzw. Art. 1.5.1 MR) enthalten eine abschliessende Aufzählung von Fallkonstellationen, in denen eine Steuerbefreiung zu erfolgen hat. Die Fallkonstellationen sind auf den ersten Blick deckungsgleich, wobei ­– wie später in diesem Aufsatz noch aufgezeigt wird – durchaus gewisse Diskrepanzen vorliegen.</p>
<p>Bei den Ergänzungssteuern ist die Freistellung umfassend, d.h. entweder unterliegt eine Geschäftseinheit den Ergänzungssteuern oder nicht. Bei den Gewinnsteuern ist die Steuerbefreiung nicht zwingend umfassend. Es gibt einerseits punktuelle Ausnahmen (z.B. Grundstückgewinnsteuer) und andererseits kann die Steuerbefreiung auch nur partieller Natur sein (gewisse Aktivitäten).</p>
<p>Während im Schweizer Steuerrecht die gesetzliche Intention zur Steuerbefreiung unterschiedlicher Natur ist (u.a. keine Besteuerung staatlich finanzierter Tätigkeiten, Förderung altruistischer Tätigkeiten), stehen bei den Ergänzungssteuern andere Überlegungen im Vordergrund: Einerseits sollen Geschäftseinheiten, die sowieso in den meisten Staaten steuerbefreit sind, nicht mit einer Ergänzungssteuer belastet werden (und damit die Steuerbefreiung ausgehebelt werden). Andererseits sollen gewisse Investitionsvehikel, die keiner Konsolidierungspflicht (IFRS, US GAAP) unterliegen, systembedingt nicht einer Ergänzungssteuerpflicht unterworfen werden.</p>
<h2>4. Fallkonstellationen einer Steuerbefreiung</h2>
<h3>4.1 Staatliche Einheiten</h3>
<h4>4.1.1 Gewinnsteuern</h4>
<p>Systematisch ist die Steuerbefreiung von staatlichen Einheiten dem föderalistischen Aufbau der Schweiz folgend in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 DBG</a> aufgeteilt in den Bund (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">lit. a</a>), die Kantone (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">lit. b</a>) sowie die Gemeinden, Kirchgemeinden und anderen Gebietskörperschaften der Kantone<sup><a title="" href="#_ftn38" name="_ftnref38">38</a></sup> (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">lit. c</a>). Die Steuerbefreiung schliesst jeweils auch die rechtlich selbständigen<sup><a title="" href="#_ftn39" name="_ftnref39">39</a></sup> Anstalten auf allen drei Stufen mit ein. Anstalten im Sinne dieser Artikel sind auf öffentlichem Recht beruhende, vom Staat oder einer anderen öffentlich-rechtlichen Anstalt errichtete und beaufsichtigte Institutionen, die mit personellen und finanziellen Mitteln ausgestattet sind und den Zweck haben, auf Dauer öffentliche Aufgaben zu erfüllen.<sup><a title="" href="#_ftn40" name="_ftnref40">40</a></sup> Beispiele öffentlich-rechtlicher Anstalten sind die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), FINMA, ETH oder auf kantonaler Ebene die Kantonalbanken.<sup><a title="" href="#_ftn41" name="_ftnref41">41</a></sup></p>
<p>In der Literatur umstritten ist die Frage, ob der im Gesetz verwendete Begriff «Anstalt» formell auszulegen ist, oder ob er im Sinne eines Oberbegriffes breit zu verstehen ist und folglich auch andere öffentlich-rechtliche Organisationsformen darunter zu subsumieren sind (öffentlich-rechtliche Körperschaft, öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft, gemischtwirtschaftliche Unternehmen).<sup><a title="" href="#_ftn42" name="_ftnref42">42</a></sup> Beispiele für solch andere öffentlich-rechtliche Organisationsformen sind die Nationalbank (spezialgesetzliche Aktiengesellschaft, steuerbefreit<sup><a title="" href="#_ftn43" name="_ftnref43">43</a></sup>), die Schweizerische Post AG (spezialgesetzliche Aktiengesellschaft, nicht steuerbefreit<sup><a title="" href="#_ftn44" name="_ftnref44">44</a></sup>) oder die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (öffentlich-rechtliche Genossenschaft, steuerbefreit<sup><a title="" href="#_ftn45" name="_ftnref45">45</a></sup>).</p>
<p>Nicht steuerbefreit sind hingegeben privatrechtlich organisierte juristische Personen, die im Teil- oder Alleineigentum vom Bund, der Kantone oder der Gemeinden sind.<sup><a title="" href="#_ftn46" name="_ftnref46">46</a></sup> Anwendungsbeispiele hierfür sind nicht als öffentlich-rechtliche Anstalten inkorporierte Kantonalbanken sowie Elektrizitätswerke.<sup><a title="" href="#_ftn47" name="_ftnref47">47</a></sup></p>
<p>Separat geregelt in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 lit. d DBG</a> bzw.<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener"> Art. 23 lit. j StHG</a> sind vom Bund konzessionierte Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen, die für diese Tätigkeit Abgeltungen erhalten oder aufgrund ihrer Konzession einen ganzjährigen Betrieb von nationaler Bedeutung aufrechterhalten müssen. Die Steuerbefreiung ist indes nur partieller Natur und schliesst Nebenbetriebe und Liegenschaften aus. Gemäss hier vertretener Auffassung kommt es bei konzessionierten Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht auf die Rechtsform an. Ein Anwendungsbeispiel ist die SBB.</p>
<p>Die Intention des Gesetzgebers zur Steuerbefreiung war es, dass solche staatlichen Einheiten durch Steuereinnahmen finanziert werden und die verfügbaren Mittel nicht durch Steuerleistungen geschmälert werden sollen.<sup><a title="" href="#_ftn48" name="_ftnref48">48</a></sup> In der Praxis ist die Steuerbefreiung von Anstalten jedoch nicht unumstritten.<sup><a title="" href="#_ftn49" name="_ftnref49">49</a></sup> Kantonalbanken, die rechtlich in der Form einer öffentlich-rechtlichen Anstalt konstituiert sind, sind in der Regel gewinnsteuerbefreit. Dies führt zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Banken, die nicht im Besitz des Kantons sind (und auch solchen, die als privatrechtliche Aktiengesellschaften inkorporiert sind<sup><a title="" href="#_ftn50" name="_ftnref50">50</a></sup>). Solche steuerbefreiten Banken haben einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Banken, die in direkter Konkurrenz stehen. Der Bundesrat sieht darin kein Problem, weil im Gegenzug die Kantone den Kantonalbanken Restriktionen hinsichtlich des sachlichen und/oder geografischen Geschäftskreises auferlegen können, sodass der steuerliche Wettbewerbsvorteil wiederum relativiert würde. Weiter seien solche Kantonalbanken zur Gewinnablieferung verpflichtet.<sup><a title="" href="#_ftn51" name="_ftnref51">51</a></sup></p>
<h4>4.1.2 Ergänzungssteuern</h4>
<p>Unter dem Begriff «staatliche Einheit» («Governmental Entity», Art. 1.5.1 lit. a MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR) verstehen die GloBE-Mustervorschriften eine Einheit, die kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt:<sup><a title="" href="#_ftn52" name="_ftnref52">52</a></sup></p>
<ul>
<li>Teil des Staates oder privatrechtlich organisierte Einheit im mittel- oder unmittelbaren Alleineigentum des Staates;</li>
<li>Ausübung einer staatlichen Funktion oder Halten und Verwalten von Vermögenswerten des Staates (z.B. Staatsfonds) als Hauptzweck;</li>
<li>Keine Ausübung einer gewerblichen oder geschäftlichen Tätigkeit mit Rechenschaftsbericht gegenüber dem Staat;</li>
<li>Vermögenswerte fallen bei der Auflösung dem Staat zu.</li>
</ul>
<p>Die OECD versteht den Begriff der «staatlichen Funktion» sehr breit, ohne ihn jedoch klar zu definieren. Er umfasst Tätigkeiten wie die Bereitstellung von öffentlicher Gesundheitsvorsorge und Bildung oder den Bau öffentlicher Infrastruktur und die Sicherung der Verteidigungsfähigkeit und die Rechtsdurchsetzung innerhalb des Steuerhoheitsgebiets.<sup><a title="" href="#_ftn53" name="_ftnref53">53</a></sup></p>
<p>Die OECD begründet die Befreiung staatlicher Einheiten von der globalen Mindeststeuer damit, dass diese Einheiten auch nach nationalem Recht regelmässig nicht den Gewinnsteuern unterliegen.<sup><a title="" href="#_ftn54" name="_ftnref54">54</a></sup></p>
<p>Im GloBE-Kommentar wird der Begriff «gewerbliche oder geschäftliche Tätigkeit» nicht weiter definiert. Allerdings wird beispielhaft darauf hingewiesen, dass eine im Staatseigentum befindliche Geschäftsbank einer gewerblichen oder geschäftlichen Tätigkeit nachginge und daher die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht erfülle.<sup><a title="" href="#_ftn55" name="_ftnref55">55</a></sup></p>
<h4>4.1.3 Rechtsvergleich</h4>
<p>Die Regelung bei den Ergänzungssteuern ist vergleichbar mit der Befreiung von den Gewinnsteuern. Auffallend sind jedoch zwei Punkte.</p>
<h5>4.1.3.1 Rechtsform</h5>
<p>Bei den Gewinnsteuern hängt die Steuerbefreiung rechtlich-selbständiger «Einheiten» des Staates von der Rechtsform ab. Unbestritten steuerbefreit sind öffentlich-rechtliche Anstalten und klarerweise nicht steuerbefreit sind privatrechtlich organisierte juristische Personen, die im Teil- oder Alleineigentum des Staates sind. Unklarer ist die Praxis bei anderen Formen öffentlich-rechtlicher Inkorporation (z.B. öffentlich-rechtliche Körperschaft, öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft, gemischtwirtschaftliche Unternehmen; vgl. 4.1.1). Nicht relevant ist indes gemäss hier vertretener Auffassung die Rechtsform von konzessionierten Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen.</p>
<p>Die Ergänzungssteuern sind liberaler und erfassen auch privatrechtlich organisierte Einheiten im mittel- oder unmittelbaren Alleineigentum des Staats. Für die GloBE-Mustervorschriften ist folglich die Rechtsform nicht relevant, sondern einzig, ob sich die Einheiten im Alleineigentum des Staats befinden. Allerdings können juristische Personen in einer anderen Rechtsform, die einen öffentlichen Zweck haben, aufgrund von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 lit. g DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 lit. f StHG</a> im Einzelfall von den Gewinnsteuern befreit werden.</p>
<h5>4.1.3.2 Tätigkeit</h5>
<p>Gemäss hier vertretener Ansicht ist für eine Befreiung von den Gewinnsteuern primär entscheidend, in welcher rechtlichen Form die staatliche «Einheit» inkorporiert ist. Zwar muss sie den Zweck haben, auf Dauer eine öffentliche Aufgabe zu erfüllen, jedoch wird diese Voraussetzung in der Praxis nicht allzu streng ausgelegt (u.a. als öffentlich-rechtliche Einheit inkorporierte Kantonalbanken, die mit privatrechtlichen Banken konkurrenzieren). Bei den Ergänzungssteuern ist eine Steuerbefreiung ausgeschlossen, wenn eine Einheit des Staates «gewerbliche oder geschäftliche Tätigkeit» ausübt und damit – gemäss hier vertretener Auffassung – in Konkurrenz zu anderen Unternehmen steht. Die Hürden für eine Steuerbefreiung sind folglich bei den Gewinnsteuern in diesem Aspekt tiefer. Während z.B. Kantonalbanken in der Rechtsform einer öffentlich-rechtlichen Anstalt von den Gewinnsteuern befreit sind, unterliegen sie dennoch den Ergänzungssteuern, da sie eine gewerbliche Tätigkeit betreiben und in direkter Konkurrenz zu anderen Banken stehen (z.B. steuerbefreite Zürcher Kantonalbank vs. steuerpflichtige UBS). Eine ähnliche Problematik kann sich bei Spitälern oder Kraftwerken ergeben, die ebenfalls eine gewerbliche Tätigkeit ausüben und im Einzelfall im Wettbewerb zu privaten Anbietern stehen.</p>
<p>Die Schweiz hat diese Diskrepanz dadurch gemildert, dass die Ergänzungssteuern solcher staatlichen Einheiten ausschliesslich dem jeweiligen Gemeinwesen zufliessen. Damit wird – aus Sicht des Gemeinwesens – der Effekt der Gewinnminderung durch die Ergänzungssteuern wieder ausgeglichen (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2023/841/de" target="_blank" rel="noopener">Art. 13 Abs. 1 MindStV</a>). So fallen die Ergänzungssteuern der Zürcher Kantonalbank dem Kanton Zürich zu.<sup><a title="" href="#_ftn56" name="_ftnref56">56</a></sup></p>
<h3>4.2 Internationale Organisationen</h3>
<h4>4.2.1 Gewinnsteuern</h4>
<p>Gemäss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2007/860/de#art_2" target="_blank" rel="noopener">Art. 2 GSG</a> kann der Bund zwischenstaatlichen und quasistaatlichen Organisationen sowie internationalen Institutionen Steuererleichterungen gewähren. Die Voraussetzungen sind in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2007/860/de#art_6" target="_blank" rel="noopener">Art. 6 GSG ff.</a> definiert. So können z.B. einer internationalen Institution Steuererleichterungen gewährt werden, wenn sie kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt:</p>
<ul>
<li>Ähnliche Struktur wie eine zwischenstaatliche Organisation;</li>
<li>Übernahme von staatlichen Aufgaben oder Aufgaben, die gewöhnlich einer zwischenstaatlichen Organisation übertragen werden;</li>
<li>Internationale Anerkennung innerhalb der internationalen Rechtsordnung.</li>
</ul>
<p>Darüber hinaus enthält <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 lit. i DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 lit. h StHG</a> eine Sondervorschrift diplomatisch oder konsularisch genutzter Liegenschaften.</p><h4>4.2.2 Ergänzungssteuern</h4>
<p>Die GloBE-Mustervorschriften definieren den Begriff «internationale Organisation» (Art. 1.5.1 lit. b MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR) als eine zwischen- oder überstaatliche Organisation, die mit dem Steuerhoheitsgebiet ein Sitzabkommen abgeschlossen hat, deren Mitglieder mehrheitlich Staaten sind und deren Einkünfte nicht Privaten zufliessen. Die Definition lehnt sich an den OECD-Standard für den automatischen Austausch von Finanzinformationen in Steuersachen an.<sup><a title="" href="#_ftn57" name="_ftnref57">57</a></sup> Im konkreten Einzelfall ist folglich dieser OECD-Standard für eine Interpretation heranzuziehen.</p>
<h4>4.2.3 Rechtsvergleich</h4>
<p>Die Voraussetzungen sind grossmehrheitlich deckungsgleich und sollten in der Praxis zu keinen Anwendungsfragen führen.</p>
<h3>4.3 Organisationen ohne Erwerbszweck</h3>
<h4>4.3.1 Gewinnsteuern</h4>
<h5>4.3.1.1 Allgemein</h5>
<p>Juristische Personen, die einen öffentlichen oder gemeinnützigen Zweck verfolgen, sind gemäss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 lit. g DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 lit. f StHG</a> steuerbefreit. Gemäss Verwaltungspraxis müssen für die Steuerbefreiung solcher juristischen Personen zunächst folgende allgemeine, kumulative Voraussetzungen erfüllt sein:<sup><a title="" href="#_ftn58" name="_ftnref58">58</a></sup></p>
<ul>
<li>Juristische Personen in der Rechtsform einer Stiftung oder eines Vereins (Aktiengesellschaft nur, wenn statutarisch auf Dividendenausschüttungen verzichtet wird);</li>
<li>Steuerbefreite Aktivität muss ausschliesslich auf die öffentliche Aufgabe oder auf das Allgemeinwohl ausgerichtet sein;</li>
<li>Die der steuerbefreiten Zwecksetzung gewidmeten Mittel müssen unwiderruflich mit dem steuerbefreiten Zweck verhaftet sein (auch bei einer Auflösung der juristischen Person<sup><a title="" href="#_ftn59" name="_ftnref59">59</a></sup>);</li>
<li>Statutarische Zwecksetzung muss tatsächlich verfolgt bzw. verwirklich werden.</li>
</ul>
<p>Von einem öffentlichen Zweck ist dann auszugehen, wenn sich die juristische Person im Bereich der übergeordneten Interessen des öffentlichen Gemeinwesens betätigt. Sie werden dadurch dem Bund, den Kantonen und Gemeinden sowie ihren Anstalten gleichgesetzt (vgl. 4.1). Gegenstand der Tätigkeit können grundsätzlich die gleichen Aufgaben sein, die in der Regel auch das Gemeinwesen zu erfüllen hat. Nach Auffassung des Bundesgerichts darf es sich dabei aber nur um eine begrenzte Kategorie von Aufgaben handeln, die in engem Zusammenhang mit den Staatsaufgaben stehen (z.B. Lieferung von Wasser und Elektrizität, Gasversorgung über Leitungsnetz, Abfallbeseitigung, amtliche Fahrzeugprüfungen, Führung von Schulen, Altersheimen und Spitälern, Vollzugsaufgaben im Bereich der Sozialhilfe, Erfüllung von kulturellen Aufgaben<sup><a title="" href="#_ftn60" name="_ftnref60">60</a></sup>).<sup><a title="" href="#_ftn61" name="_ftnref61">61</a></sup> Die Steuerbefreiung bei der Verfolgung öffentlicher Zwecke muss dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität folgen, d.h. sie darf nicht zu einer Bevorteilung gegenüber privaten Anbietern führen.<sup><a title="" href="#_ftn62" name="_ftnref62">62</a></sup></p>
<p>Von einem gemeinnützigen Zweck wird dann gesprochen, wenn die Tätigkeit in objektiver Hinsicht im Interesse der Allgemeinheit liegt (offener Destinatärkreis) und in subjektiver Hinsicht dem Wirken uneigennützige Motive zugrunde liegen.<sup><a title="" href="#_ftn63" name="_ftnref63">63</a></sup> Gemäss explizitem Wortlaut des Gesetzes nicht gemeinnützig sind unternehmerische Zwecke. Ein wirtschaftlicher Erwerbszweck ist zulässig, soweit es sich nicht um den eigentlichen Zweck handelt, sondern dem Erreichen des gemeinnützigen Zwecks dient. Laut Praxis der Steuerbehörden darf dieser dem gemeinnützigen Zweck dienliche wirtschaftliche Erwerbszweck allerdings nicht die einzige wirtschaftliche Grundlage sein.<sup><a title="" href="#_ftn64" name="_ftnref64">64</a></sup> Zum unbestimmten Rechtsbegriff der Gemeinnützigkeit gibt es eine reiche Verwaltungspraxis und viele Gerichtsurteile.<sup><a title="" href="#_ftn65" name="_ftnref65">65</a></sup></p>
<p>Der Erwerb und die Verwaltung von wesentlichen Kapitalbeteiligungen an Unternehmen gelten als gemeinnützig, wenn das Interesse an der Unternehmenserhaltung einem zusätzlich dazu bestehenden gemeinnützigen Zweck untergeordnet ist und keine geschäftsleitenden Tätigkeiten ausgeübt werden. Daraus folgt, dass zwecks Wahrung der unternehmerischen Unabhängigkeit eine weitgehende organisatorische und personelle Trennung zwischen den Organen der gemeinnützigen Institution und denjenigen der Unternehmung gewährleistet sein muss.<sup><a title="" href="#_ftn66" name="_ftnref66">66</a></sup></p>
<p>Schliesslich sind auch juristische Personen, die gesamtschweizerisch Kultuszwecke verfolgen, ebenfalls steuerbefreit. Die Verfolgung von Kultuszwecken setzt voraus, dass ein konfessioneller, religiöser Glaube gepflegt wird.<sup><a title="" href="#_ftn67" name="_ftnref67">67</a></sup> Der Zweck muss in der gesamten Schweiz verfolgt werden und nicht bloss in einzelnen Kantonen oder Regionen.<sup><a title="" href="#_ftn68" name="_ftnref68">68</a></sup></p>
<h5>4.3.1.2 Sondervorschrift Grundstückgewinnsteuer</h5>
<p>Die Steuerbefreiung ist grundsätzlich umfassend und deckt den gesamten Gewinn der juristischen Person ab, der mit den Gewinnsteuern erfasst würde. Davon ausgenommen sind jedoch aufgrund der Sonderregelung in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 Abs. 4 StHG</a> Gewinne auf der Veräusserung von Grundstücken, welche mit der kantonalen Grundstückgewinnsteuer erfasst werden. Nicht abschliessend geklärt ist, ob aufgrund dieser Regelung dualistische Kantone zwingend die Grundstückgewinnsteuer erheben müssen oder ob sie im Einklang mit ihrem System die Gewinne mit den kantonalen und kommunalen Gewinnsteuern erfassen dürfen.<sup><a title="" href="#_ftn69" name="_ftnref69">69</a></sup> Der Kanton St. Gallen als dualistischer Kanton erhebt beispielsweise gestützt auf <a href="https://www.gesetzessammlung.sg.ch/app/de/texts_of_law/811.1" target="_blank" rel="noopener">Art. 130 Abs. 2 lit. c Steuergesetz vom 9. April 1998</a><sup><a title="" href="#_ftn70" name="_ftnref70">70</a></sup> systemfremd<sup><a title="" href="#_ftn71" name="_ftnref71">71</a></sup> bei von den Gewinnsteuern befreiten juristischen Personen die Grundstückgewinnsteuer.</p>
<h4>4.3.2 Ergänzungssteuern</h4>
<p>Die Definition des Begriffs «Organisation ohne Erwerbszweck» («Non-Profit Organisation», NPO, Art. 1.5.1 lit. c MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR) ist ebenfalls an den OECD-Standard für den automatischen Austausch von Finanzinformationen in Steuersachen angelehnt<sup><a title="" href="#_ftn72" name="_ftnref72">72</a></sup> und erfasst Einheiten, die folgende kumulative Voraussetzungen erfüllen:</p>
<ul>
<li>Religiöser, gemeinnütziger, wissenschaftlicher, künstlerischer, kultureller, sportlicher, erzieherischer oder ähnlicher Zweck sowie Berufsverbände, Handelskammern und ähnliches;</li>
<li>Sämtliche Erträge aus diesen Tätigkeiten sind im Ansässigkeitsstaat von den Gewinnsteuern befreit;</li>
<li>Mitglieder haben keine Eigentums- oder Nutzungsrechte an den Einkünften oder Vermögenswerten;</li>
<li>Einkünfte oder Vermögenswerte dürfen nicht an Privatpersonen oder nicht-gemeinnützige Geschäftseinheiten ausgerichtet werden (ausser: in Ausübung der gemeinnützigen Tätigkeit, angemessene Vergütung für Leistungen oder Erwerb von Vermögenswerten zum Marktwert);</li>
<li>Vermögenswerte fallen bei der Auflösung anderen gemeinnützigen Organisation oder dem Staat zu;</li>
<li>Keine gewerbliche oder geschäftliche Tätigkeit, die nicht unmittelbar mit dem eigentlichen Zweck zusammenhängt.</li>
</ul>
<p>In der Literatur wird mit Bezug auf den Kommentar zu den GloBE-Mustervorschriften die Ansicht vertreten, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung eng auszulegen seien.<sup><a title="" href="#_ftn73" name="_ftnref73">73</a></sup></p>
<p>Umstrittenster Punkt bei den Voraussetzungen ist die Frage, wann eine gewerbliche oder geschäftliche Tätigkeit «unmittelbar» mit dem eigentlichen Zweck zusammenhängt (letzte Voraussetzung). Der Kommentar zu den GloBE-Mustervorschriften äussert sich dazu nicht weiter. Während bei den staatlichen Einheiten gewerbliche oder geschäftliche Tätigkeiten der Steuerbefreiung komplett entgegenlaufen («not carry on a trade or business»<sup><a title="" href="#_ftn74" name="_ftnref74">74</a></sup>, vgl. 4.1.2), sind bei Organisationen ohne Erwerbszweck solche in einem gewissen Umfang («not directly related»<sup><a title="" href="#_ftn75" name="_ftnref75">75</a></sup>) erlaubt.<sup><a title="" href="#_ftn76" name="_ftnref76">76</a></sup> Im Kommentar werden zwei Beispiele aufgeführt, wann bei einer solchen Einheit gewerbliche Tätigkeiten erlaubt sind und wann nicht:<sup><a title="" href="#_ftn77" name="_ftnref77">77</a></sup></p>
<ul>
<li>Beispiel 1 – Zulässig: Fundraising-Aktivitäten, die in angemessenem Zusammenhang mit dem Auftrag einer gemeinnützigen Organisation stehen, insbesondere der Verkauf von Waren mit dem Logo einer Organisation;</li>
<li>Beispiel 2 – Nicht zulässig: Ausschliesslicher Fokus auf den Verkauf von Waren, jedoch wird der Gewinn für karitative Zwecke gespendet.</li>
</ul>
<p>In der Literatur werden diese beiden illustrativen Beispielen dahingehend interpretiert, als der (statutarische und tatsächliche) Zweck der Geschäftseinheit relevant ist: Ist der ausschliessliche Zweck eine geschäftliche Tätigkeit, ist eine Befreiung ausgeschlossen (auch wenn der Gewinn später für karitative Zwecke gespendet wird). Ist der Zweck nur untergeordneter Natur und dient dem eigentlich karitativen Zweck, ist eine Befreiung möglich.</p>
<h4>4.3.3 Rechtsvergleich</h4>
<p>Die Regelung bei den Ergänzungssteuern ist vergleichbar mit der Befreiung von den Gewinnsteuern. Mehrere Punkte sind jedoch hervorzuheben.</p>
<h5>4.3.3.1 Öffentlicher Zweck</h5>
<p>Zunächst fällt auf, dass der Begriff «Organisationen ohne Erwerbszweck» gemäss Art. 1.5.1 lit. c MR nicht deckungsgleich ist mit dem Begriff der steuerbefreiten juristischen Personen in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 lit. g/h DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 lit. f/g StHG</a>. Einheiten, die einen öffentlichen Zweck verfolgen, werden nicht unter Art. 1.5.1 lit. c MR subsumiert, jedoch unter die staatlichen Einheiten gemäss Art. 1.5.1 lit. a MR. Der Begriff «staatliche Einheit» («Governmental Entity», Art. 1.5.1 lit. a MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR) deckt auch privatrechtlich organisierte Einheiten ab, die im mittel- oder unmittelbaren Alleineigentum des Staates sind und eine staatliche Aufgabe erfüllen.</p>
<h5>4.3.3.2 Geschlossener Destinatärkreis</h5>
<p>Die GloBE-Mustervorschriften würden zwar auch Berufsverbände und Handelskammern von den Ergänzungssteuern befreien (erste Voraussetzung). Da solche Verbände nach der Praxis der Schweizer Steuerbehörden Partikular- und keine Allgemeininteressen verfolgen (geschlossener Destinatärkreis), sind sie regelmässig nicht von den Gewinnsteuern befreit. Folglich können sie auch nicht von der Ergänzungssteuer befreit werden (zweite Voraussetzung).</p>
<h5>4.3.3.3 Wirtschaftliche Tätigkeit</h5>
<p>Bei den Ergänzungssteuern ist eine gewerbliche oder geschäftliche Tätigkeit zulässig, wenn sie unmittelbar dem steuerlich privilegierten Zweck dient (Art. 10.1.1 MR). Bei den Gewinnsteuern ist ein wirtschaftlicher Erwerbszweck zulässig, soweit es sich nicht um den eigentlichen Zweck handelt, sondern dem gemeinnützigen Zweck dient. Die Voraussetzungen sind damit im Grundsatz vergleichbar.</p>
<p>Allerdings erfährt diese grundsätzliche Regelung eine Einschränkung bei Konzernobergesellschaften, die einen gemeinnützigen Zweck verfolgen. In der Praxis sind Konzernstrukturen anzutreffen, die durch eine gewinnsteuerbefreite Stiftung beherrscht werden. Bei den Gewinnsteuern gelten gemäss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 lit. g DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 lit. f StHG</a> der Erwerb und die Verwaltung von wesentlichen Kapitalbeteiligungen an Unternehmen als gemeinnützig, wenn das Interesse an der Unternehmenserhaltung dem gemeinnützigen Zweck untergeordnet ist und keine geschäftsleitenden Tätigkeiten ausgeübt werden (organisatorische und personelle Trennung, vgl. 4.3.1.1). Bei den Ergänzungssteuern macht der Kommentar zu den GloBE-Mustervorschriften folgenden Hinweis:</p>
<p>«Eine Einheit, die lediglich als Holdinggesellschaft eines international tätigen gewerblichen Unternehmens dient, gilt dagegen nicht einfach deshalb als Einheit ohne Erwerbszweck, weil sie nach den innerstaatlichen Steuervorschriften als gemeinnützige Stiftung oder ähnliche Einrichtung eingestuft ist.»<sup><a title="" href="#_ftn78" name="_ftnref78">78</a></sup></p>
<p>Dies bedeutet gemäss hier vertretener Ansicht, dass wenn eine Konzernobergesellschaft die Voraussetzungen gemäss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 lit. g DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 lit. f StHG</a> erfüllt und von den Gewinnsteuern befreit ist, eine Freistellung von den Ergänzungssteuern dennoch ausgeschlossen sein kann. Dies unabhängig davon, ob das Halten und Verwalten der Beteiligungen unmittelbar dem gemeinnützigen Zweck dienen. Mit anderen Worten wird die Befreiung von den Gewinnsteuern des Bundes sowie der Kantone und Gemeinden durch die Ergänzungssteuern ausgehebelt. Die Folgen sind indes limitiert, sofern solche Konzernobergesellschaften nur Dividendenerträge ihrer Tochtergesellschaften erzielen und diese gemäss Art. 3.1.2 lit. b MR nicht Bestandteil der Bemessungsgrundlage sind.</p>
<h3>4.4 Einrichtungen der beruflichen Vorsorge</h3>
<h4>4.4.1 Gewinnsteuern</h4>
<h5>4.4.1.1 Allgemein</h5>
<p>Die Steuerbefreiung der beruflichen Vorsorge ergibt sich auch aus <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1983/797_797_797/de#art_80" target="_blank" rel="noopener">Art. 80 Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (SR 831.40, BVG)</a> und umfasst folglich alle Körperschaften und Anstalten, die eine dem BVG unterstellte berufliche Vorsorge betreiben. Es ist unerheblich, ob sich die Vorsorgeeinrichtung nur auf die Abdeckung des BVG-Obligatoriums beschränkt oder auch im darüber hinausgehenden Bereich der beruflichen Vorsorge tätig ist.<sup><a title="" href="#_ftn79" name="_ftnref79">79</a></sup> Auch Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen und patronale Wohlfahrtsfonds fallen unter den Anwendungsbereich.<sup><a title="" href="#_ftn80" name="_ftnref80">80</a></sup> Letztere werden erfasst, soweit ihre Mittel dauernd und ausschliesslich der Personalvorsorge dienen.<sup><a title="" href="#_ftn81" name="_ftnref81">81</a></sup> Gemäss Gesetzeswortlaut fallen auch juristische Personen, die der beruflichen Vorsorge nahe stehen, unter diese Steuerbefreiung.</p>
<h5>4.4.1.2 Sondervorschrift Grundstückgewinnsteuer</h5>
<p>Es wird auf die vorhergehenden Ausführungen verwiesen (vgl. 4.3.1.2).</p>
<h4>4.4.2 Ergänzungssteuern</h4>
<p>Unter dem Begriff «Pensionsfonds» («Pension Fund», Art. 1.5.1 lit. d MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR) verstehen die GloBE-Mustervorschriften eine Einheit, die kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt:</p>
<ul>
<li>Dient ausschliesslich oder fast ausschliesslich dazu, für natürliche Personen Altersversorgungsleistungen und Zusatz- oder Nebenleistungen zu verwalten oder zu erbringen;</li>
<li>Unterstehen einer staatlichen Aufsicht oder die Leistungen sind durch nationale Rechtsvorschriften gesichert oder anderweitig geschützt;</li>
<li>Werden aus einem Pool von Vermögenswerten finanziert.</li>
</ul>
<p>Die Definition lehnt sich an Art. 3 Abs. 1 lit. i OEDC-Musterabkommen (Version 2017) an, unterscheidet sich aber insofern, als dass der Pensionsfonds für Zwecke der globalen Mindeststeuer kein eigenständiges Steuersubjekt in der jeweiligen Steuerjurisdiktion sein muss.<sup><a title="" href="#_ftn82" name="_ftnref82">82</a></sup> Da die GloBE-Mustervorschriften den Begriff «Einheit» rechtsformneutral gemäss Art. 10.1.1 MR verstehen, erfasst die angepasste Definition somit z.B. auch Trusts. Wie sich aus der zweiten Voraussetzung ergibt, muss der Pensionsfonds nicht zwingend einer staatlichen Aufsicht unterliegen. Auch Pensionsfonds, die von einem Konzern selbst verwaltet werden, fallen unter die Definition, sofern ihr Vermögen durch bestimmte Rechtsvorschriften besonders geschützt ist.</p>
<p>Darüber hinaus gelten Altersvorsorge-Dienstleistungsgesellschaften («Pension Services Entities») als freigestellte Einheiten. Die GloBE-Mustervorschriften verstehen darunter Einheiten, die ausschliesslich oder fast ausschliesslich errichtet und betrieben werden, um Gelder der Pensionsfonds anzulegen oder Tätigkeiten ausüben, welche die regulierten Tätigkeiten ergänzen (letzteres, sofern zur gleichen Unternehmensgruppe gehörend).<sup><a title="" href="#_ftn83" name="_ftnref83">83</a></sup> Darunter fallen z.B. Einheiten, welche die Gelder des Pensionsfonds verwalten («Fund Manager»).</p>
<h4>4.4.3 Rechtsvergleich</h4>
<p>Die Voraussetzungen sind grossmehrheitlich deckungsgleich und sollten in der Praxis zu keinen Anwendungsfragen führen. Steuerplanerisch unschön ist indes der Verkauf eines Grundstücks durch eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge. Die darauf fällige Grundstückgewinnsteuer aufgrund der Sondervorschrift in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 Abs. 4 StHG</a> kann bei keiner Geschäftseinheit bei der Bemessung der Ergänzungssteuern als massgebende Steuern («Covered Taxes») geltend gemacht werden.</p>
<h3>4.5 Sozialversicherungen</h3>
<h4>4.5.1 Gewinnsteuern</h4>
<h5>4.5.1.1 Allgemein</h5>
<p>Weiter sind Sozialversicherungs- und Ausgleichskassen von den Gewinnsteuern aufgrund von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 lit. f DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 lit. e StHG</a> befreit. Darunter fallen namentlich Arbeitslosen-, Krankenversicherungs-, Alters-, Invaliden- und Hinterlassenenversicherungskassen. Die Steuerbefreiung ergibt sich im Übrigen auch aus<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2002/510/de#art_80" target="_blank" rel="noopener"> Art. 80 Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000</a><sup><a title="" href="#_ftn84" name="_ftnref84">84</a></sup>.</p>
<h5>4.5.1.2 Sondervorschrift Grundstückgewinnsteuer</h5>
<p>Es wird auf die vorhergehenden Ausführungen verwiesen (vgl. 4.3.1.2).</p>
<h4>4.5.2 Ergänzungssteuern</h4>
<p>Die GloBE-Mustervorschriften enthalten keine vergleichbaren Regelungen. Gemäss hier vertretener Ansicht können öffentlich-rechtlich organisierte Versicherungen wie z.B. AHV-Ausgleichskassen unter den Begriff der «staatlichen Einheit» («Governmental Entity», Art. 1.5.1 lit. a MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR) subsumiert und dadurch von den Ergänzungssteuern freigestellt werden (vgl. 4.1.2).</p>
<p>Herausfordernder sind privatrechtlich organisierte Sozialversicherungen, namentlich die Krankenkassen. In der Grundversicherung dürfen sie keinen Gewinn erzielen, weshalb sie gemäss hier vertretener Ansicht unter den Begriff der «Organisation ohne Erwerbszweck» («Non-Profit Organisation», Art. 1.5.1 lit. c MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR, vgl. 4.3.2) fallen können. Dadurch wäre eine analoge Steuerfreistellung zum nationalen Gewinnsteuerrecht möglich. Bei den Zusatzversicherungen besteht kein Gewinnverbot, weshalb keine Qualifikation als von den Ergänzungssteuern befreite Einheit unter den GloBE-Mustervorschriften möglich ist. Eine Subsumtion als «staatliche Einheit» (vgl. 4.1.2) ist indes nicht möglich. Zwar könnte der Betrieb eine Krankenkasse (namentlich im Bereich der Grundversicherung aufgrund des durch den Staat vorgeschriebenen Obligatoriums) als staatliche Aufgabe verstanden werden, jedoch sind die Krankenkassen nicht im Alleineigentum des Staates. Letzteres ist eine zwingende Voraussetzung für die Qualifikation als staatliche Einheit.</p>
<h4>4.5.3 Rechtsvergleich</h4>
<p>Die GloBE-Mustervorschriften enthalten keine vergleichbare Regelung, was sich – wie oben erläutert – namentlich bei privatrechtlich organisierten Sozialversicherungen wie Krankenkassen ausserhalb des KVG-Obligatoriums als problematisch erweisen kann.</p>
<h3>4.6 Investitionsvehikel</h3>
<h4>4.6.1 Gewinnsteuern</h4>
<h5>4.6.1.1 Kollektive Kapitalanlagen mit direktem Grundbesitz</h5>
<p>Die Vorschriften in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_51" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 DBG</a> und <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 StHG</a> setzen voraus, dass zunächst eine juristische Person als Steuersubjekt vorliegt, die dann von der Gewinnsteuer befreit wird. Kollektive Kapitalanlagen werden steuerlich transparent behandelt und sind daher keine Steuersubjekte, weshalb die Vorschriften zur Steuerbefreiung keine Anwendung finden können. Einzige Ausnahme hiervon sind allerdings kollektive Kapitalanlagen mit direktem Grundbesitz, die aufgrund der Vorschrift in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_49" target="_blank" rel="noopener">Art. 49 Abs. 2 DBG</a> und <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_20" target="_blank" rel="noopener">Art. 20 Abs. 1 StHG</a> den juristischen Personen gleichgestellt und damit für diese Einkünfte ein eigenes Steuersubjekt sind.</p>
<p>Gemäss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_51" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 lit. f DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 Abs. 1 lit. i StHG</a> unterliegen kollektive Kapitalanlagen mit direktem Grundbesitz ausnahmsweise nicht der Gewinnsteuer, wenn deren Anleger ausschliesslich steuerbefreite Einrichtungen der beruflichen Vorsorge (vgl. 4.4.1) und/oder Sozialversicherungen (vgl. 4.5.1) sind.</p>
<h5>4.6.1.2 Sondervorschrift Grundstückgewinnsteuer</h5>
<p>Es wird auf die vorhergehenden Ausführungen verwiesen (vgl. 4.3.1.2).</p>
<h4>4.6.2 Ergänzungssteuern</h4>
<h5>4.6.2.1 Investmentgesellschaften als oberste Muttergesellschaft</h5>
<p>Investmentfonds sind freigestellte Einheiten, aber nur sofern sie die oberste Muttergesellschaft einer multinationalen Unternehmensgruppe sind. Unter dem Begriff «Investmentfonds» («Investment Fund», Art. 1.5.1 lit. e MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR) verstehen die GloBE-Mustervorschriften eine Einheit, die kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt:</p>
<ul>
<li>Finanzielle oder nicht-finanzielle Vermögenswerte mehrerer nicht-verbundener Anleger, die in einem Pool zusammengefasst sind;</li>
<li>Investition im Einklang mit einer festgelegten Anlagepolitik;</li>
<li>Senkung der Transaktions-, Recherche- und Analysekosten der Anleger sowie Streuung der Risiken;</li>
<li>Generierung der Erträge oder Gewinne aus den Anlagen;</li>
<li>Anleger haben einen an ihren Beträgen bemessenen Anspruch auf Rendite;</li>
<li>Unterliegen im Staat ihrer Errichtung oder Verwaltung aufsichtsrechtlichen Bestimmungen;</li>
<li>Werden von professionellen Investmentfondsmanagern verwaltet.</li>
</ul>
<p>Die Definition ist angelehnt an den Begriff «Investment Entity» des Einzelstandards IFRS 10 und der EU-Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds.<sup><a title="" href="#_ftn85" name="_ftnref85">85</a></sup></p>
<p>Ist ein Investmentfonds nicht die oberste Muttergesellschaft, d.h. er wird durch eine andere Einheit als oberste Muttergesellschaft direkt oder indirekt beherrscht, qualifiziert er nicht als befreite Einheit (z.B. Ein Einanlegerfonds von Versicherungen).</p>
<h5>4.6.2.2 Immobilieninvestmentfonds als oberste Muttergesellschaft</h5>
<p>Immobilieninvestmentfonds («Real Estate Investment Vehicles», Art. 1.5.1 lit. f MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR) sind freigestellte Einheiten, sofern sie die oberste Muttergesellschaft einer multinationalen Gruppe sind. Für die Qualifikation müssen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:</p>
<ul>
<li>Im Besitz mehrerer nicht-verbundener Anleger («Streubesitz»);</li>
<li>Investition überwiegend in unbewegliches Vermögen;</li>
<li>Erträge werden nur einmal besteuert, entweder auf Stufe des Fonds oder auf Stufe der Anleger (mit einem Aufschub von maximal 12 Monaten).</li>
</ul>
<p>Die Definition des Begriffs ist angelehnt an den Kommentar zum OECD-Musterabkommen (Version 2017). Gemäss ergänzenden Ausführungen im GloBE-Kommentar kann das unbewegliche Vermögen direkt (Direktbesitz von Immobilien) oder indirekt (Investment in andere Immobilienfonds oder Immobiliengesellschaften) gehalten werden.<sup><a title="" href="#_ftn86" name="_ftnref86">86</a></sup></p>
<h4>4.6.3 Rechtsvergleich</h4>
<p>Die Vorschriften bei den Gewinn- und Ergänzungssteuern sind nicht vergleichbar. Beiden Vorschriften liegen jedoch ausschliesslich steuersystematische Gründe für die Befreiung zu Grunde. Bei den Gewinnsteuern soll verhindert werden, dass an sich steuerbefreite Einrichtungen der beruflichen Vorsorge aufgrund der Sonderregelung in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_49" target="_blank" rel="noopener">Art. 49 Abs. 2 DBG</a> und <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_20" target="_blank" rel="noopener">Art. 20 Abs. 1 StHG</a> für Investments in Immobilienfonds dennoch besteuert würden. Bei den Ergänzungssteuern soll verhindert werden, dass Investitionsvehikel, die keiner Konsolidierungspflicht (IFRS, US GAAP) unterliegen, nicht systemwidrig dennoch einer Ergänzungssteuer unterworfen werden.</p>
<p>Eine aufgrund der Sondervorschriften in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_51" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 lit. f DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 Abs. 1 lit. i StHG</a> von den Gewinnsteuern befreite kollektive Kapitalanlage mit direktem Grundbesitz könnte sich indes aus der Perspektive der Ergänzungssteuern als problematisch erweisen. Bei den Ergänzungssteuern wird verlangt, dass die kollektive Kapitalanlage die oberste Konzerngesellschaft ist und damit durch keine andere (juristische) Person beherrscht wird. Bei den Gewinnsteuern wird hingegen verlangt, dass die kollektive Kapitalanlage durch steuerbefreite Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und/oder Sozialversicherungen beherrscht wird. Der Effekt der Gewinnsteuerbefreiung wird durch die Ergänzungssteuern ausgehebelt.</p>
<p>Wenn allerdings die Investorin selbst eine staatliche Einheit ist (z.B. AHV-Ausgleichsfonds), ist eine Subsumtion der kollektiven Kapitalanlage als «staatliche Einheit» («Governmental Entity», Art. 1.5.1 lit. a MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR, vgl. 4.1.2) denkbar. Wenn der Investor als von den Ergänzungssteuern befreiter Pensionsfonds (Art. 1.5.1 lit. d MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR, vgl. 4.4.2) qualifiziert, könnte die kollektive Kapitalanlage als «Pension Services Entity» ebenfalls von den Ergänzungssteuern befreit werden.</p>
<h3>4.7 Neuansiedlungen</h3>
<h4>4.7.1 Gewinnsteuern</h4>
<p>Die Kantone können gestützt auf <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener">Art. 23 Abs. 2 StHG</a> Unternehmen bei der Neugründung (bzw. einem Zuzug im Sinne einer Sitzverlegung) und bei der wesentlichen Änderung der betrieblichen Tätigkeit im Gründungsjahr und maximal in den neun folgenden Jahren eine teilweise oder vollständige Befreiung von den kantonalen und kommunalen Gewinnsteuern gewähren («Tax Holiday»). Insbesondere Art und Ausmass der Steuererleichterungen werden aber im StHG nicht näher geregelt und bleiben grundsätzlich der kantonalen Regelung überlassen.<sup><a title="" href="#_ftn87" name="_ftnref87">87</a></sup></p>
<p>Eine zusätzliche Steuerbefreiung ist im Grundsatz auch bei der Gewinnsteuer des Bundes möglich. Die gesetzliche Grundlage ist nicht im DBG, sondern im <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2007/136/de" target="_blank" rel="noopener">Bundesgesetz über Regionalpolitik vom 6. Oktober 2006</a><sup><a title="" href="#_ftn88" name="_ftnref88">88</a></sup>. Dieses Gesetz wird durch mehrere Verordnungen ergänzt, wobei die <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2016/348/de" target="_blank" rel="noopener">Verordnung über die Gewährung von Steuererleichterungen im Rahmen der Regionalpolitik vom 3. Juni 2016</a><sup><a title="" href="#_ftn89" name="_ftnref89">89</a></sup> von besonderer Bedeutung ist. Die Voraussetzungen sind bedeutend strenger. Namentlich können Steuererleichterungen nur gewährt werden, wenn die Neuansiedlung in genau definiert geografischen Regionen der Schweiz erfolgt.</p>
<h4>4.7.2 Ergänzungssteuern</h4>
<p>Die GloBE-Mustervorschriften enthalten keine Regelung, wonach ein Staat bei der Neuansiedlung eines Unternehmens dieses von den Ergänzungssteuern befreien kann.</p>
<h4>4.7.3 Rechtsvergleich</h4>
<p>Die Gewährung von «Tax Holidays» durch einzelne Staaten ist ein Instrument, das von Konzernen durchaus zur Steueroptimierung verwendet werden kann, indem Funktionen und die damit verbundenen Gewinne in Staaten verlagert werden, die bei der Neuansiedlung eine teilweise oder vollständige Befreiung von den Gewinnsteuern gewähren. Dies widerspricht dem Grundgedanken des BEPS-Projekts der OECD/G20, weshalb sie unter den GloBE-Mustervorschriften nicht mehr funktionieren. Der Effekt wird durch die Ergänzungssteuern teilweise oder vollständig ausgehebelt.</p>
<h2>5. Verfahren zur Steuerbefreiung</h2>
<h3>5.1 Gewinnsteuern</h3>
<p>Das Verfahren zur Steuerbefreiung ist weder im DBG noch im StHG geregelt.<sup><a title="" href="#_ftn90" name="_ftnref90">90</a></sup> Die Kantone sind somit frei, im Rahmen der allgemeinen Verfahrensbestimmungen des DBG/StHG und unter Gewährleistung der gesetzlichen Verfahrensgarantien, die Feststellung (oder Verweigerung) der subjektiven Steuerbefreiung sowie den Umfang der Steuerbefreiung im Rahmen der materiellrechtlichen Normen zu regeln (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_104" target="_blank" rel="noopener">Art. 104 Abs. 4 DBG</a>).<sup><a title="" href="#_ftn91" name="_ftnref91">91</a></sup> Die Verweigerung der Steuerbefreiung muss einer richterlichen Überprüfung unterliegen.<sup><a title="" href="#_ftn92" name="_ftnref92">92</a></sup> In der Praxis erfolgt die Prüfung der Steuerbefreiung – im Gegensatz zu den Ergänzungssteuern (vgl. 5.2) – vorgängig in einem separaten Verfahren ausserhalb des Veranlagungsverfahrens. Bei öffentlich-rechtlichen juristischen Personen, deren Zweckbestimmung in einem Spezialgesetz geregelt ist, wird in der Praxis häufig kein vorgängiges Steuerbefreiungsverfahren durchgeführt und die subjektive Steuerbefreiung auch nicht mittels Verfügung festgesetzt.<sup><a title="" href="#_ftn93" name="_ftnref93">93</a></sup> Die Steuerbefreiung ergibt sich direkt aus dem Gesetz.</p>
<p>Beispielhaft muss im Kanton Zürich vorgängig ein Gesuch gestellt werden. Dies erfolgt mittels des Formulars «Gesuch um Befreiung von der Steuerpflicht, Gemeinnützige Zwecke» unter Beilage verschiedener Dokumente.<sup><a title="" href="#_ftn94" name="_ftnref94">94</a></sup></p>
<p>Das Verfahren zur periodischen Überprüfung der Befreiungsvoraussetzungen richtet sich ebenfalls nach kantonalem Recht. Die Überprüfung kann grundsätzlich in jeder Steuerperiode erfolgen.<sup><a title="" href="#_ftn95" name="_ftnref95">95</a></sup> Sind die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, ist dies der betroffenen juristischen Person mittels beschwerdefähiger Feststellungsverfügung mitzuteilen. Damit entfällt auch die subjektive Steuerbefreiung.<sup><a title="" href="#_ftn96" name="_ftnref96">96</a></sup></p>
<h3>5.2 Ergänzungssteuern</h3>
<p>Mangels etablierter Verwaltungspraxis ist das Verfahren noch nicht geregelt. Gemäss Verständnis des Autors muss ein Konzern im Rahmen des GloBE Information Return (GIR) sämtliche Geschäftseinheiten des Konzerns auflisten und dabei angeben, ob eine Geschäftseinheit gemäss Einschätzung des Konzerns als «Excluded Entity» qualifiziert und falls ja, unter welche Kategorie sie gemäss Art. 1.5.1 MR fällt. Mit anderen Worten ist die Steuerbefreiung integriert in die Steuererklärung bzw. den Deklarations- und Veranlagungsprozess. Gemäss hier vertretener Meinung kann die Verweigerung der Befreiung von den Ergänzungssteuern akzessorisch als Teil der gerichtlichen Überprüfung der Höhe der Ergänzungssteuer überprüft werden (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2023/841/de#art_24" target="_blank" rel="noopener">Art. 24 f. MindStV</a>).</p>
<p>Ferner hat jeder Konzern gemäss Art. 1.5.3 MR die Möglichkeit, auf die Steuerbefreiung zu verzichten, selbst wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt wären.</p>
<h2>6. Fazit & Handlungsempfehlungen</h2>
<p>Die Vorschriften zur Steuerbefreiung bei den Gewinn- und den Ergänzungssteuern sind weitgehend deckungsgleich, wenn auch mit gewissen Nuancen. In folgenden Konstellationen stehen die Vorschriften zueinander im Widerspruch, sodass der Effekt der Gewinnsteuerbefreiung durch die Ergänzungssteuern teilweise oder vollständig ausgehebelt werden kann:</p>
<ul>
<li>Staatliche Einheiten, die (auch) einer gewerblichen oder geschäftlichen Tätigkeit nachgehen (insb. Kantonalbanken inkorporiert als öffentlich-rechtliche Anstalten);</li>
<li>Steuerbefreite gemeinnützige Konzernobergesellschaften (z.B. als steuerbefreite Stiftungen inkorporierte Holdinggesellschaft);</li>
<li>Privatrechtlich organisierte Sozialversicherungen (insb. Krankenkassen);</li>
<li>Kollektive Kapitalanlagen mit direktem Grundbesitz, die als Investoren ausschliesslich steuerbefreite Einrichtungen der beruflichen Vorsorge oder Sozialversicherungen haben;</li>
<li>Steuererleichterungen für neu angesiedelte Unternehmen.</li>
</ul>
<p>Aufgrund dieser identifizierten Diskrepanzen ergeben sich gemäss Ansicht des Autors drei konkrete Handlungsempfehlungen an den Gesetzgeber bzw. die kantonalen Steuerverwaltungen. Es versteht sich von selbst, dass diese Empfehlungen nur Sachverhalte juristischer Personen betreffen, die den Ergänzungssteuern unterliegen.</p>
<h3>6.1 Staatliche Einheiten</h3>
<p>Die Steuerbefreiung von staatlichen Anstalten, die in einem direkten Wettbewerb mit privaten Anbietern stehen, ist auch losgelöst von den Ergänzungssteuern störend. Namentlich die Steuerbefreiung gewisser Kantonalbanken steht seit vielen Jahren in der Kritik. Um unser nationales Recht an internationale Grundsätze anzupassen, müsste <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_56" target="_blank" rel="noopener">Art. 56 lit. a-d DBG</a> bzw.<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_23" target="_blank" rel="noopener"> Art. 23 lit. a-c StHG</a> dahingehend konkretisiert werden, dass Anstalten mit gewerblicher oder geschäftlicher Tätigkeit nicht mehr von den Gewinnsteuern befreit werden können.</p>
<h3>6.2 Privatrechtlich organisierte Sozialversicherungen</h3>
<p>Eine Freistellung von privatrechtlich organisierten Sozialversicherungen (insb. Krankenkassen) von den Ergänzungssteuern wäre möglich, indem diese als «Organisation ohne Erwerbszweck» («Non-Profit Organisation», Art. 1.5.1 lit. c MR i.V.m. Art. 10.1.1 MR) qualifiziert werden. Bedingung ist allerdings, dass diese nicht gewinnstrebig sind und die Tätigkeit als gemeinnützig eingestuft wird.</p>
<h3>6.3 Steuererleichterungen bei Neuansiedlungen</h3>
<p>Bestehende «Tax Holidays» funktionieren nicht mehr bei Neuansiedlungen von Unternehmen, die der Mindestbesteuerung unterliegen. Um Ansiedlungen von solchen Unternehmen in der Schweiz weiterhin zu fördern, sind neue Instrumente notwendig (z.B. qualifizierende rückerstattungsfähige Steuergutschriften [«QRTC»], staatliche Förderungsbeiträge).</p></article>
Use the editor to edit this text.