Tobias Felix Rohner
Nachträgliche Änderung der Umsatzsteuerschuld und des Vorsteuerabzugs – Eine kritische Würdigung der Verwaltungspraxis
Besteht das Risiko von Forderungsausfällen muss der Leistungserbringer bereits aufgrund des handelsrechtlichen Vorsichtsprinzips eine Wertberichtigung verbuchen. Entsprechend rechnet der Leistungserbringer mit der Vereinnahmung eines tieferen als des in Rechnung gestellten Entgelts.
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Besteht das Risiko von Forderungsausfällen muss der Leistungserbringer bereits aufgrund des handelsrechtlichen Vorsichtsprinzips eine Wertberichtigung verbuchen. Entsprechend rechnet der Leistungserbringer mit der Vereinnahmung eines tieferen als des in Rechnung gestellten Entgelts. Rechnet der Leistungserbringer nach vereinbartem Entgelt ab und stellt sich später heraus, dass die Leistungsempfängerin oder an ihrer Stelle eine Drittperson das Entgelt nicht oder nur teilweise leistet, hat der Leistungserbringer zu viel Mehrwertsteuern dem Fiskus entrichtet, weshalb er dies zu seinen Gunsten korrigieren darf.
Wird aber die mehrwertsteuerbelastete Forderung abgetreten und geht dabei auch das Delkredererisiko auf die Zessionarin über, wird dem Leistungserbringer und Zedenten nach der geltenden Verwaltungspraxis praktisch verunmöglicht, eine entsprechende Korrektur vorzunehmen. Diese Verwaltungspraxis ist system- und gesetzeswidrig.
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1. Einleitung
Das mehrwertsteuerpflichtige Unternehmen erbringt eine Leistung, stellt hierfür eine Rechnung (inkl. MWST) und führt der ESTV die geschuldete MWST ab. Der Schuldner lässt mit der Zahlung auf sich warten, weshalb sich das Unternehmen fragt, ob es eine entsprechende Entgeltsminderung geltend machen darf. Der vorliegende Aufsatz geht dieser und weiteren Fragen im Zusammenhang mit Entgeltsminderungen nach. Dabei wird nachfolgend unterschieden zwischen der Situation ohne Forderungsabtretung und der Situation, in der eine Forderungsabtretung erfolgte.
2. Entgelt und Korrekturen des Entgelts ohne Forderungsabtretung
2.1. Allgemeines
«Entgelt» im mehrwertsteuerrechtlichen Sinne wird definiert als Vermögenswert, den der Empfänger oder an seiner Stelle eine Drittperson für den Erhalt einer Leistung aufwendet.01 Die Entgeltlichkeit stellt – ausser bei der Einfuhrsteuer – ein unabdingbares Tatbestandselement für das Vorliegen einer steuerbaren Leistung dar.02 Wendet die Empfängerin bzw. die Drittperson für den Erhalt einer Leistung nichts auf, liegt auch keine steuerbare Leistung vor. Denn die MWST stellt nicht darauf ab, ob jemand etwas erhält oder verbraucht, sondern knüpft - primär aus praktischen Gründen - an den finanziellen Aufwand (private Einkommens- und Vermögensverwendung) für den Verbrauch an.03
Das Entgelt ist aber nicht nur Tatbestandselement für das Vorliegen eines steuerbaren Umsatzes, sondern auch Bemessungsgrundlage der MWST. Die Inlandsteuer wird vom tatsächlich empfangenen Entgelt berechnet.04 Bei der Abrechnung nach vereinnahmtem Entgelt kann über die MWST erst abgerechnet werden, wenn das Entgelt auch vereinnahmt wird. Ist dieses tiefer, als ursprünglich in Rechnung gestellt wurde, bedarf es keiner Korrektur des Entgelts bzw. der MWST, weil über diese bislang nicht abgerechnet wurde. Anders verhält es sich, wenn nach vereinbartem Entgelt abgerechnet wird (sog. Soll-Besteuerung) und die Steuerperiode, in der die Rechnung gestellt und verbucht wurde, nicht identisch ist mit jener, in der das Entgelt vereinnahmt wurde, und das vereinnahmte nicht dem verbuchten Entgelt entspricht. In diesem Fall drängt sich eine Korrektur auf.05 Ist nämlich das vereinnahmte Entgelt tiefer als das verbuchte, wurde dem Fiskus u.U. zu viel MWST entrichtet. Ist das vereinnahmte Entgelt höher als das verbuchte, wurde dem Fiskus u.U. zu wenig MWST entrichtet.
Art. 41 MWSTG widmet sich dieser Thematik und bestimmt unter dem Titel «Nachträgliche Änderung der Umsatzsteuerschuld und des Vorsteuerabzugs» das Folgende:
[Abs. 1] Wird das vom Leistungsempfänger oder der Leistungsempfängerin bezahlte oder mit ihm oder ihr vereinbarte Entgelt korrigiert, so ist im Zeitpunkt, in dem die Korrektur verbucht oder das korrigierte Entgelt vereinnahmt wird, eine Anpassung der Umsatzsteuerschuld vorzunehmen.
[Abs. 2] Wird das von der steuerpflichtigen Person aufgewendete Entgelt korrigiert, so ist im Zeitpunkt, in dem die Korrektur verbucht oder das korrigierte Entgelt bezahlt wird, eine Anpassung des Vorsteuerabzuges vorzunehmen.
Diese Bestimmung bringt v.a. zum Ausdruck, dass die Korrektur nicht rückwirkend, sondern ex nunc erfolgt. Hat eine Leistungserbringerin eine Rechnung im 1. Quartal 2019 mit dem Betrag von CHF 107.70 (inkl. 7.7% MWST) verbucht und wird die Rechnung erst im 2. Quartal 2019 nach Abzug von 3% Skonto bezahlt, erfolgt keine Korrektur der zu viel abgerechneten und entrichteten MWST (CHF 0.23) rückwirkend für das 1. Quartal 2019, sondern im 2. Quartal 2019. Die Entgeltsminderung ist auf der MWST-Abrechnung im Feld 235 vorzunehmen. Sowenig die Leistungserbringerin eine Verzinsung des Liquiditätsnachteils verlangen darf, den sie erfährt, weil das Entgelt nicht zeitnah zur Leistungserbringung erbracht wird, sowenig findet eine Verzinsung der zu viel an den Fiskus entrichteten MWST statt.
Die Korrekturvorschrift von Art 41 MWSTG gilt spiegelbildlich und sachlogisch auf Seiten des Leistungsempfängers. Hat dieser eine Rechnung im 1. Quartal 2019 mit dem Betrag von CHF 107.70 (inkl. 7.7% MWST) verbucht und wird die Rechnung erst im 2. Quartal 2019 nach Abzug von 3% Skonto bezahlt, erfolgt keine Korrektur der zu viel in Abzug gebrachten Vorsteuern (CHF 0.23) rückwirkend für das 1. Quartal 2019, sondern im 2. Quartal 2019. Die entsprechende Korrektur ist auf der MWST-Abrechnung im Feld 415 vorzunehmen. Eine Verzinsung der zu viel in Abzug gebrachten oder zurückgeforderten Vorsteuern findet nicht statt.
Der Grund für die Geltendmachung einer Entgeltsminderung ist mehrwertsteuerrechtlich irrelevant: Entgeltsminderungen können Ausfluss gegenseitiger Vereinbarungen sein. Dazu gehören insbesondere Rabatte, Skonti, Jahresboni, Mengenrabatte oder Treueprämien.06 Entgeltsminderungen können aber auch gegen den Willen des Leistungserbringers eintreten, so etwa bei Debitorenverlusten (Entgeltsminderungen bei Zahlungsunfähigkeit oder Konkurs des Schuldners) oder wenn der Schuldner Mängel rügt und eine Preisminderung aufgrund Gewährleistungsansprüchen geltend macht. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Entgeltsminderungen in den MWST-Abrechnungen zu berücksichtigen sind.
2.2. Geltendmachung der Entgeltsminderung
Aus Sicht der Leistungserbringerin besteht ein Interesse, die Entgeltsminderung möglichst früh in den MWST-Abrechnungen geltend zu machen, denn sie reduziert ihre Nettosteuerlast. Aus Sicht des Leistungsempfängers ist das Interesse umgekehrt. Er möchte die Vorsteuerkorrektur möglichst spät geltend machen, denn sie erhöht seine Nettosteuerlast. In der Folge wird die Sicht des Leitungsempfängers nicht mehr weiter thematisiert.
Die Praxisanweisungen der ESTV äussern sich nicht zur Frage, wie und wann die Entgeltsminderung und damit die Reduktion der Steuerforderung geltend zu machen ist. Im Schrifttum wird die Meinung vertreten, dass die Entgeltsminderung dann vorzunehmen ist, wenn die Leistungserbringerin die Forderung in ihren Büchern abgeschrieben hat.07 Weiterer Voraussetzungen bedarf es nicht. Insbesondere muss die Leistungserbringerin beispielsweise keine Verlustscheine vorlegen, damit sie eine Forderung abschreiben und eine Entgeltsminderung geltend machen kann. Diese Meinung verdient Zustimmung, denn die Bemessungsgrundlage der MWST ist das tatsächlich empfangene Entgelt.08 Erachtet die Leistungserbringerin die Forderung als gänzlich oder teilweise uneinbringlich und nimmt eine entsprechende Abschreibung vor, ändert sich die Bemessungsgrundlage, weshalb eine Entgeltsminderung ohne weitere Voraussetzungen möglich sein soll.
Wann eine Forderung als gänzlich oder teilweise uneinbringlich erachtet werden darf und deshalb abgeschrieben werden muss, beantwortet das handelsrechtliche Vorsichtsprinzip.09 Dieses verlangt, dass bei Ungewissheiten, vor allem im Zusammenhang mit der Bewertung von Aktiven und der Bildung von Rückstellungen die weniger optimistische und damit vorsichtigere Variante gewählt wird.10 Vielfach werden die Wertberichtigungen von Forderungen (Delkredere für Debitorenverluste) pauschal festgesetzt. Diese pauschalen Wertberichtigungen werden regelmässig von der Verwaltungspraxis betreffend die Geltendmachung von Entgeltsminderungen bei der Mehrwertsteuer anerkannt.11
Zu beachten ist, dass das Berichtigungsrecht (Art. 41 Abs. 1 MWSTG) unabhängig davon eintritt, ob und allenfalls wann eine Vorsteuerberichtigungspflicht (Art. 41 Abs. 2 MWSTG) eintritt. Die Leistungserbringerin ist auch nicht verpflichtet, den Leistungsempfänger davon in Kenntnis zu setzen, dass sie ihre Forderung als uneinbringlich qualifiziert.12
3. Entgelt und Korrekturen des Entgelts nach Forderungsabtretung
3.1. Forderungsabtretungen
Für Entgeltsminderungen im Anschluss an eine Forderungsabtretung sollen nach der Praxis ganz andere Massstäbe gelten. Bevor auf diese Praxis eingegangen wird, bedarf es gewisser Hintergrundinformationen. Insbesondere können Forderungsabtretungen inkasso- oder verkaufshalber erfolgen.
3.1.1. Forderungsabtretungen inkassohalber
Beim Inkassogeschäft beauftragt ein Gläubiger eine Inkassounternehmung mit dem Inkasso einer oder mehrerer Forderungen und zahlt der Inkassounternehmung eine Gebühr für das Inkasso. Die Inkassoleistung beinhaltet die Abklärung und Beurteilung der Solvenz des Schuldners, das Mahnwesen, das eigentliche Inkasso und das Weiterleiten des eingezogenen Betrags an den Gläubiger. Die Inkassogebühr beträgt in der Regel einen tiefen Prozentsatz der Schuldnerzahlung, abhängig von der Art der Forderung und der Klasse von Schuldnern (natürliche/juristische Personen, ausländische/inländische Personen). Ein Risiko für den bonitätsbedingten Forderungsausfall übernimmt die Inkassounternehmung nicht.
Beim Inkassogeschäft kauft die Inkassounternehmung die Forderung dem Gläubiger (Zedent) in der Regel nicht ab. Ebenso wenig übernimmt sie ein Delkredererisiko, sondern handelt lediglich im Auftrag des Gläubigers, indem sie dessen Forderung gegenüber dem Schuldner eintreibt.
Dabei kann der Inkassounternehmung die Forderung (inkl. etwaiger MWST) im Namen und auf Rechnung des Gläubigers eintreiben. Entsprechend bedarf es keiner Abtretung der Forderung des Gläubigers an die Inkassounternehmung.
Die Inkassounternehmung kann aber auch in eigenem Namen, jedoch auf Rechnung des Gläubigers handeln. Damit in diesem Fall die Inkassounternehmung im eigenen Namen die Forderung gegenüber dem Schuldner durchsetzen kann, bedarf es der Abtretung (Zession) der Forderung des Gläubigers an die Inkassounternehmung. Die Abtretung macht die Inkassounternehmung zur unbeschränkten Inhaberin des Rechts und Gläubigerin der Forderung. Doch auch in diesem Fall hat die Inkassounternehmung – vorbehaltlich anderslautender vertraglicher Regelung – gestützt auf Art. 400 OR das Eingetriebene an den ursprünglichen Gläubiger weiterzuleiten.
3.1.2. Forderungsabtretungen verkaufshalber (Forderungsverkäufe)
Bei einem Verkauf von Forderungen übernimmt die Forderungskäuferin das volle Risiko eines bonitätsbedingten Forderungsausfalls (sog. Delkredererisiko); d.h. falls die gekauften Forderungen nicht oder lediglich teilweise bezahlt werden, hat die Forderungskäuferin kein Recht, irgendwelche Ansprüche gegenüber dem Forderungsverkäufer und Zedenten geltend zu machen.13 Umgekehrt rechnet die Forderungskäuferin nach einer allfälligen Zahlung einer Forderung nicht mit dem ursprünglichen Gläubiger ab. Mithin weiss der ursprüngliche Gläubiger in der Regel nicht, ob, in welchem Umfang und wann ein Schuldner seine Forderung bezahlt hat.
Der Kauf von Forderungen bedarf eines schuldrechtlichen Vertrages (pactum de cedendo). Dieser wird als einzelnes Geschäft zwischen dem Forderungsverkäufer und bisherigen Gläubiger (Zedent) einerseits und der Forderungskäuferin und neuen Gläubigerin (Zessionar) anderseits abgeschlossen. Der Schuldner (debitor cessus) ist an diesem Vertrag nicht beteiligt; die Gültigkeit der Zession ist auch nicht von seiner Benachrichtigung abhängig. Zur Erfüllung des Forderungsverkaufs (Verfügungsgeschäft) braucht es die Abtretung der Forderung. Dies erfolgt durch Zession nach Art. 164 ff. OR. Sie bedarf einfacher Schriftlichkeit (Art. 165 Abs. 1 OR).
Die Rechtsfolge des Forderungskaufs besteht darin, dass an die Stelle des bisherigen Gläubigers ein neuer tritt.14 Die Forderung geht vom Forderungsverkäufer auf die Forderungskäuferin über. Ebenso gehen allfällige Ansprüche wegen Nicht- oder nicht gehöriger Erfüllung oder wegen Verzugs über, soweit sie nicht das Schicksal des Grundgeschäfts an sich, sondern nur die zedierte Forderung selber betreffen. So gehen mit der Hauptforderung auch das Recht auf Erhebung von Verzugszinsen und etwaigen Inkassogebühren auf die Forderungskäuferin über.
Buchhalterisch muss der ursprüngliche Gläubiger und Forderungsverkäufer die Forderung aus dem Grundgeschäft ausbuchen. Dafür erwirbt er eine neue Kaufpreisforderung gegenüber der Forderungskäuferin. Die Ausbuchung erfolgt durch Abschreibung der Forderung aus dem Grundgeschäft im Umfang der Differenz zwischen der ursprünglichen Forderung und der neuen Kaufpreisforderung gegenüber der Forderungskäuferin.15 Die Forderungsverkäuferin ihrerseits verbucht die erworbene Forderung als Aktivum und die neue Kaufpreisforderung des Forderungsverkäufers als Passivum unter den Verbindlichkeiten.
3.2. Entgeltsminderung nach Forderungsabtretungen inkassohalber
Die ESTV äussert sich in ihren Verwaltungsanweisungen nicht zur Frage, wie Forderungsausfälle nach einer Abtretung von Forderungen zum Inkasso mehrwertsteuerrechtlich zu behandeln sind. Da dies scheinbar nicht regelungswürdig ist, darf davon ausgegangen werden, dass der oben unter 2.2 ausgeführte Grundsatz gilt, wonach eine Entgeltsminderung zu dem Zeitpunkt geltend gemacht werden darf, wenn der Leistungserbringer die Forderung in seinen Büchern abgeschrieben hat.
3.3. Entgeltsminderungen nach Forderungsabtretungen verkaufshalber
3.3.1. Verwaltungspraxis
Gemäss Verwaltungspraxis werden Forderungsausfälle beim Geschäft mit Geldforderungen vom Dritten (Forderungskäufer) übernommen und nicht dem Leistungserbringer belastet, weshalb sie vom Leistungserbringer grundsätzlich nicht als Entgeltsminderungen geltend gemacht werden können. Eine nachträgliche Änderung der MWST-Schuld beim Leistungserbringer wird in der Praxis jedoch akzeptiert, wenn die nachstehenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
1. Der Dritte erleidet einen definitiven Forderungsausfall, indem er vom Leistungsempfänger nicht den Nominalwert inkl. MWST vergütet erhält.
2. Die (Rest-)Forderung ist definitiv uneinbringlich, weil weitere Inkassomassnahmen objektiv nicht mehr möglich sind. Dies ist namentlich der Fall, wenn
- der Leistungsempfänger die Verlustscheinforderung vom Dritten zurückgekauft hat,
- der Leistungsempfänger, sofern es sich bei diesem um eine juristische Person handelt, im Handelsregister gelöscht worden ist, oder
- die (Rest-)Forderung verjährt ist.
3. Im Forderungskaufvertrag resp. Abtretungsvertrag haben Leistungserbringer und Dritter seinerzeit vereinbart, dass der Dritte im gegebenen Zeitpunkt dem Leistungserbringer schriftlich darüber Mitteilung macht und ihm unter Bezugnahme auf die genau bezeichnete Forderung unterschriftlich bestätigt, dass (a) die fragliche Forderung im Sinne der ESTV-Praxis definitiv aus seinem Vermögen ausgeschieden ist und er (b) einen definitiven Forderungsausfall in der genannten Höhe erlitten hat.
3.3.2. Kritik an der Verwaltungspraxis
3.3.2.1. Verfehlter Grundsatz
Gemäss Verwaltungspraxis werden Forderungsausfälle beim Geschäft mit Geldforderungen von Dritten übernommen und nicht dem Leistungserbringer belastet, weshalb sie vom Leistungserbringer grundsätzlich nicht als Entgeltsminderungen geltend gemacht werden können.
Die Folgen dieses Grundsatzes sollen anhand des folgenden Sachverhalts aufgezeigt werden.
Eine Forderung für eine im Inland erbrachte Dienstleistung von CHF 1'077 (inkl. 7.7% MWSt) wird vom Leistungserbringer und Gläubiger an die Forderungskäuferin zum Preis von CHF 900 veräussert, die anschliessend diese Forderung selber eintreibt. Der Käuferin gelingt es lediglich CHF 100 einzutreiben.
Im Beispiel realisiert die Forderungskäuferin einen Verlust von mindestens CHF 800 (Kapitalverlust plus etwaige Auslagen für erfolglose Inkassobemühungen). Nach der Verwaltungspraxis könnte der Leistungserbringer und Zedent grundsätzlich keine Entgeltsminderung geltend machen (auch nicht von CHF 1'077 auf CHF 900). Somit hätte der Leistungserbringer dem Fiskus CHF 77 MWST zu entrichten, obwohl der Schuldner für den Erhalt der Leistung lediglich den Betrag von CHF 100 aufwendete und damit MWST von CHF 7.15 (100 / 107.7 x 7.7) bezahlte.
Grundsätzlich ist dabei zu berücksichtigen, dass die MWST gemäss Art. 1 Abs. 1 Satz 2 MWSTG die steuerliche Belastung des nicht-unternehmerischen Endverbrauchs im Inland bezweckt (sog. Belastungskonzeption).16 Besteuert werden soll die Tatsache, dass ein Nicht-Unternehmer eine Leistung konsumiert. Allerdings ist diese Aussage mehrfach zu relativieren, weil sich der tatsächliche Konsum kaum feststellen lässt.17 Dieses praktische Umsetzungsproblem hat zur Folge, dass der von der Mehrwertsteuer anvisierte Sachverhalt (sog. Steuergut) und ihr Steuerobjekt auseinanderfallen.18 Der Gesetzgeber musste mit verschiedenen Fiktionen arbeiten, um an das eigentliche Ziel – die Besteuerung des nicht unternehmerischen Endverbrauchs – möglichst nah heranzukommen. Als zentrale Fiktion nimmt der Gesetzgeber einen Konsum lediglich dann an, wenn eine Person dafür Vermögen aufwendet.19 Entsprechend wird der Begriff «Entgelt» definiert als Vermögenswert, den der Empfänger oder an seiner Stelle eine Drittperson für den Erhalt einer Leistung aufwendet.20 Würde die Tatsache, dass der Schuldner für den Bezug ein kleineres Entgelt aufwendete, als der Leistungserbringer von ihm verlangte, ausser Acht gelassen, änderte sich die gesamte Belastungskonzeption. Damit würde nämlich der Unternehmer und nicht der Konsument die Steuerlast tragen, was sich mit dem Zweck der MWST (Besteuerung des nicht-unternehmerischen Endverbrauchs; Art. 1 Abs. 2 MWSTG) und dem Grundsatz der Überwälzbarkeit (Art. 1 Abs. 3 lit. c MWSTG) nicht vereinbaren liesse.
Es stellt sich sodann die Frage, weshalb die ESTV auch eine Entgeltsminderung im Umfang des tatsächlichen Kapitalverlusts (CHF 177 [CHF 1’077 ./. CHF 900]) des Forderungsverkäufers verweigert. Diese Verwaltungspraxis ist jedoch auf der Basis der folgenden Überlegungen systemkonform:
Eine Forderung stellt nichts anderes als ein Recht auf Zahlung und damit Kapital dar, welches für Konsumzwecke eingesetzt werden kann. Wird Kapital für den Erwerb verbrauchsfähiger Güter aufgewendet, liegt darin ein Entgelt und es entsteht ein mehrwertsteuerrechtlich relevantes Leistungsverhältnis. Wird Kapital lediglich gegen Kapital getauscht, liegt kein mehrwertsteuerrechtlich relevantes Leistungsverhältnis vor. So anerkennt auch das Bundesgericht, dass der eigentliche Kapitalverkehr bei Kreditgeschäften keine Dienstleistung darstelle, wohl aber die Kreditgewährung gegen Zins, nämlich die Überlassung von Kapital über eine gewisse Zeit mit der Verpflichtung zur Rückzahlung.21
Mit anderen Worten ist in unserem Beispiel der Verkauf der Forderung mit dem Nominalwert von CHF 1'077 zum Preis von CHF 900 mehrwertsteuerrechtlich irrelevant, da lediglich Kapital gegen eine andere Kapitalform getauscht wird. Hingegen ist die Dienstleistung, welche die Forderungskäuferin gegenüber dem Leistungserbringer erbringt, von mehrwertsteuerrechtlicher Relevanz. Diese besteht im vorliegenden Fall aus einer Finanzierungsleistung, welche die Forderungskäuferin dem Leistungserbringer erbringt und wofür die Forderungskäuferin eine Entschädigung von CHF 177 (CHF 1'077 ./. CHF 900) verlangt.22
Die Forderungskäuferin begründet gegenüber dem Schuldner keine mehrwertsteuerliche Leistungsbeziehung. Entsprechend kann die Bezahlung durch den Schuldner aus Sicht der Forderungskäuferin nicht als Entgelt im mehrwertsteuerlichen Sinn gelten.23 Hingegen kann aus Sicht des Schuldners der Forderungsverkauf den ursprünglichen Leistungsaustausch nicht beeinflussen, zumal der Schuldner zwar eine neue Gläubigerin, aber insbesondere keine neue Vertragspartei erhält. Folglich muss aus der Optik des Schuldners der von ihm an die Forderungskäuferin bezahlte Betrag weiterhin als Entgelt aus dem Leistungsverhältnis mit dem Leistungserbringer gelten.
Dieser vermeintliche Konflikt kann nur dadurch systemkonform aufgelöst werden, dass der von der Forderungskäuferin vereinnahmte Betrag als Entgelt gilt, aber die Besteuerung und damit die etwaige Berichtigung beim Forderungsverkäufer bzw. Leistungserbringer erfolgt. Dies entspricht auch der deutschen Lehre und Rechtsprechung.24
Diese Lösung hält vor dem Wortlaut von Art. 24 Abs. 1 Satz 1 MWSTG stand, zumal die Bestimmung lediglich statuiert, dass die Steuer vom tatsächlich empfangenen Entgelt berechnet wird, ohne zu bestimmen, wer Empfänger des Entgelts sein muss. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 MWSTG verbietet demnach die Berücksichtigung der Sicht des Schuldners oder eines Dritten nicht. Folglich kann auch ein Dritter (z.B. die Forderungskäuferin) ein Entgelt vereinnahmen, wobei die Besteuerung und Berichtigung nicht bei ihm, sondern beim ursprünglichen Leistungserbringer zu erfolgen hat.
Diese Lösung entspricht auch der Lehre und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung.25 Sie steht sodann mit dem Wesen der MWST im Einklang, insbesondere dem Zweck der Bestimmung von Art. 15 Abs. 4 MWSTG: «Tritt eine steuerpflichtige Person Forderungen aus ihrem Unternehmen an Dritte ab, so haften diese subsidiär für die mit den Forderungen mitzedierte Mehrwertsteuer, wenn im Zeitpunkt der Abtretung die Steuerschuld gegenüber der ESTV noch nicht entstanden ist und ein Verlustschein vorliegt.» Der Umfang der Haftung wird in Art. 24 Abs. 1 MWSTV wie folgt präzisiert: «Die Haftung nach Art. 15 Abs. 4 MWSTG beschränkt sich auf die Höhe des Mehrwertsteuerbetrags, der während eines Zwangsvollstreckungsverfahrens gegen die steuerpflichtige Person ab dem Zeitpunkt der Pfändung bzw. ab dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung durch den Zessionar oder die Zessionarin tatsächlich vereinnahmt worden ist.»
Die Regelungen von Art. 15 Abs. 4 MWSTG und Art. 24 Abs. 1 MWSTV dienen der Vermeidung von Mehrwertsteuerausfällen, die dadurch entstehen, dass der Forderungsverkäufer häufig nicht mehr in der Lage ist, die von ihm geschuldete MWST zu entrichten, weil die Forderungskäuferin die Forderung eingezogen hat. Die Forderungskäuferin, die nicht verpflichtet ist, die MWST, die zivilrechtlich Bestandteil der abgetretenen Forderung ist, der ESTV abzuführen, wird aber, sofern gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, aufgrund dieser Bestimmung subsidiär haftbar. Folglich wollte der Gesetzgeber, dass wenigstens diejenigen MWST-Schulden sichergestellt sind, die der Schuldner (Leistungsempfänger) auch bezahlt hat. Oder anders ausgedrückt: Der Gesetzgeber wollte, dass das vom Schuldner effektiv bezahlte Entgelt der Besteuerung unterliegt und zwar unabhängig davon, an wen der Schuldner das Entgelt leistet. Leistet der Schuldner nicht an den ursprünglichen Leistungserbringer, sondern an die Forderungskäuferin, so soll dieser unter Umständen für die geschuldete MWST subsidiär haften. Dennoch bleibt der ursprünglich Leistende und Forderungsverkäufer als Mehrwertsteuerpflichtiger primär haftbar.
Die vorgeschlagene Lösung weist aber insofern ein praktisches Problem auf, weil der ursprüngliche Leistungserbringer und Forderungsverkäufer in der Regel nicht weiss, ob und in welchem Umfang der Schuldner die Forderung bezahlt. Kann der ursprüngliche Leistungserbringer und Forderungsverkäufer gegenüber der ESTV nicht in genügender Weise dartun, ob und in welchem Umfang die Forderung an die Forderungskäuferin bezahlt wurde, trifft den Forderungsverkäufer allenfalls das Risiko der Beweislosigkeit mit dem Resultat, dass er keine Entgeltsminderung geltend machen kann.
Mit anderen Worten besteht entgegen der Ansicht der Verwaltungspraxis grundsätzlich ein Anspruch auf Entgeltsminderung, auch wenn der Forderungsausfall nicht den Leistungserbringer, sondern die Forderungskäuferin trifft. Folglich dürfte der Leistungserbringer – um beim obigen Beispiel zu bleiben – eine Entgeltsminderung von CHF 977 (CHF 1'077 ./. CHF 100) gegenüber der ESTV geltend machen.
Die Tatsache, dass beim Forderungsverkauf das Risiko eines Forderungsausfalls vom Leistungserbringer an die Zessionarin übertragen wird, hat keinen Einfluss auf das Leistungsverhältnis zwischen dem ursprünglichen Leistungserbringer und dem Leistungsempfänger. Die Tragung des Risikos eines Forderungsausfalls betrifft ausschliesslich das Leistungsverhältnis zwischen dem Leistungserbringer und der Forderungskäuferin und nicht jenes zwischen Leistungserbringer und Leistungsempfänger. Da die Zession dieses nicht verändern kann, muss ein etwaiger Forderungsausfall – wie im Fall ohne Forderungsabtretung – zu einer Steuerkorrektur führen. Dass diese Steuerkorrektur beim Leistungserbringer zu erfolgen hat, wurde oben aufgezeichnet.
3.3.2.2. Zu hohe Anforderungen an die Entgeltsminderung
Wie bereits oben unter Ziff. 3.4.2.1 ausgeführt, widerspricht die Verwaltungspraxis, wonach die Forderungsverkäuferin grundsätzlich keinen Korrekturanspruch hat, schon im Grundsatz der Belastungskonzeption der MWST. Dessen scheint sich die ESTV bewusst zu sein, ansonsten sie wohl kaum eine Entgeltsminderung in Ausnahmefällen zuliesse.
Die ESTV verlangt, dass der Forderungsausfall definitiv uneinbringlich ist, weil weitere Inkassomassnahmen objektiv nicht mehr möglich sind. In extremis würde es nach der Verwaltungspraxis nicht genügen, wenn ein Verlustschein vorliegen würde. Vielmehr müsste dieser noch verjährt sein, was gemäss Art. 149a SchKG erst 20 Jahre nach Ausstellung der Fall ist.
Diese Verwaltungspraxis entbehrt jeder Grundlage und steht auch in Widerspruch zur allgemeinen und von der ESTV anerkannten Regel, wonach Entgeltsminderungen dann vorgenommen werden dürfen, wenn der Leistungserbringer die Forderung in seinen Büchern abgeschrieben hat.26 Weshalb die Voraussetzungen an den Anspruch auf Entgeltsminderungen nach einer Forderungsabtretung völlig anders sein sollen, erschliesst sich dem Autor nicht. Die Verwaltungspraxis ist system- und gesetzeswidrig.
Das Risiko, dass der Leistungserbringer eine zu hohe Entgeltsminderung geltend macht, liesse sich bereits dadurch reduzieren oder gar eliminieren, wenn die Forderungskäuferin gegenüber dem Leistungserbringer schriftlich bestätigen würde, in welchem Umfang der Schuldner eine Zahlung leistete und dass auf weitere Inkassomassnahmen verzichtet werde. Selbstredend müsste die Forderungskäuferin den Leistungserbringer informieren, wenn der Schuldner später dennoch eine Zahlung leisten würde, damit der Leistungserbringer wiederum eine Korrektur zu seinen Lasten vornehmen kann.
4. Fazit
Die nachträgliche Änderung der Umsatzsteuerschuld und des Vorsteuerabzugs ist in Art. 41 MWSTG geregelt. Eine Entgeltsminderung ist dann vorzunehmen, wenn die Korrektur verbucht wurde oder das korrigierte Entgelt vereinnahmt wird. Abzustellen ist daher auf die handelsrechtlich korrekt vorgenommene Buchung. Weiterer Anforderungen bedarf es nicht. Dieser Auffassung folgt die Verwaltungspraxis nicht, sofern eine Forderung abgetreten wird, die letztlich nicht oder nur teilweise getilgt wird. Die Verwaltungspraxis ist system- und gesetzeswidrig und sollte daher aufgegeben werden.
02 Tobias F. Rohner, Meldeverfahren bei der MWST unter besonderer Berücksichtigung von Umstrukturierungen, IFF FStR 2019, S. 148.
03 Tobias F. Rohner, a.a.O., S. 148 mit vielen Hinweisen auf das Schrifttum.
04 Art. 24 Abs. 1 erster Satz MWSTG.
05 Zu beachten ist, dass die Soll-Besteuerung an die Rechnungsstellung und nicht an die Verbuchung anknüpft (Art. 40 Abs. 1 lit. a und b MWSTG). Bei Vorauszahlungen des Entgelts entsteht der Steueranspruch im Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts (Art. 40 Abs. 1 lit. c MWSTG).
06 Marlise Rüegsegger, in: Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (MWSTG), Basel 20154, Art. 41 N 5.
07 Alois Camenzind/Niklaus Honauer/ Klaus A. Vallender/Marcel René Jung/Simeon L. Probst, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz, N 1511.
09 Art. 958c OR.
11 Diese Praxis dürfte auch vom Bundesgericht gestützt sein. In diese Richtung lässt sich zumindest BGE 137 II 136 lesen. In jenem Fall hatte der Gläubiger eine Entgeltsminderung geltend gemacht, weil der Schuldner ein Gesuch um Nachlassstundung stellte. Dieses hat regelmässig lediglich dann Erfolg, wenn Aussicht auf Sanierung besteht, weshalb der Gläubiger nicht notwendigerweise seine Forderung als gänzlich uneinbringlich betrachten muss. Dennoch führte das höchste Gericht aus, dass spätestens im Zeitpunkt der Bewilligung der Nachlassstundung eine Entgeltsminderung geltend gemacht werden dürfe (E. 4.2). Folglich bedarf es bspw. nicht eines Verlustscheins, um eine Entgeltsminderung geltend zu machen. Es sollte genügen, dass die Wahrscheinlichkeit eines teilweisen oder gänzlichen Forderungsausfalls mehr als 50% beträgt.
12 Regine Schluckebier/Thomas Sprecher/Adrian W. Kammerer, Mehrwertsteuer und Konkurs, IFF FStR 2006, S. 194.
13 Vgl. auch Art. 171 Abs. 2 OR.
14 Tobias F. Rohner, Mehrwertsteuerrechtliche Aspekte des Inkassogeschäfts und des Forderungskaufs, IFF FSTR 2017, S. 288.
15 Tobias F. Rohner, Mehrwertsteuerrechtliche Aspekte des Inkassogeschäfts und des Forderungskaufs, IFF FSTR 2017, S. 288.
16 Tobias F. Rohner, Mehrwertsteuerrechtliche Aspekte des Inkassogeschäfts und des Forderungskaufs, IFF FSTR 2017, S. 289.
17 Tobias F. Rohner, Mehrwertsteuerrechtliche Aspekte des Inkassogeschäfts und des Forderungskaufs, IFF FSTR 2017, S. 289; Claudio Fischer/Claude Grosjean, Der Leistungsbegriff, ASA 78 (2009/2010), S. 702.
18 Vgl. BVGer A-5534/2013 vom 5. November 2014 E. 2.2.2; Michael Beusch, Der Untergang der Steuerforderung, Zürich 2012, S. 50.
19 Vgl. Claudio Fischer/Claude Grosjean, Der Leistungsbegriff, ASA 78 (2009/2010), S. 702.
21 BGE 132 II 353, E. 6.1; so auch explizit in der Botschaft vom 25. Juni 2008 zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer, BBl 2008 7045; vgl. auch Sonja Bossart, Zum Einfluss von Nichtumsätzen auf den Vorsteuerabzug bzw. die Vorsteuerkürzung, zsis 2008, S. 5.
22 Die Frage stellt sich, wann eine Dienstleistung als Finanzierungsleistung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. a MWSTG gilt. Weil jeder Vermögenswert, der für den Erhalt einer Leistung aufgewendet wird (entspricht der Definition des Entgelts), auch finanziert werden muss, könnte jede mehrwertsteuerrechtlich relevante Transaktion als Finanzierungsleistung qualifiziert werden. Dieses Ergebnis wäre aber wiederum systemwidrig. M.E. muss aus der Sicht eines durchschnittlichen Leistungsempfängers beurteilt werden, welches die charakteristischen Züge der empfangenen Leistung sind.
23 Vgl. Peter Storg, Leistender und Leistungsempfänger im Umsatzsteuerrecht, Diss. Bamberg 2004, S. 131.
24 Vgl. Christian Korn, in: Kommentar Umsatzsteuergesetz, 17. Aufl. 2018, N 22 zu § 17 UStG, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung.
25 Vgl. Harun Can, Mehrwertsteuer-Folgen der Abtretung von Geldforderungen, IFF FStR 2008 S. 203; BGer 2A.51/2005 vom 19. Mai 2006 E. 4.1.1. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung entspricht auch der deutschen Lehre und Rechtsprechung (vgl. Christian Korn, Kommentar Umsatzsteuergesetz, 17. Aufl. 2018, N 22 zu § 17 UStG, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).
26 Alois Camenzind/Niklaus Honauer/ Klaus A. Vallender/Marcel René Jung/Simeon L. Probst, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz, 3. Aufl., Bern/Stuttgart/Wien 2012, N 1511.