Marco Gehrig
Mehrwertsteuer im Jahresabschluss – generelle Hinweise für die praktische Umsetzung
Das MWSTG umfasst Normen zur sauberen Erfassung der Mehrwertsteuer im Jahresabschluss, die es zu beachten gilt. Dieser Beitrag befasst sich mit den relevanten Normen des Rechnungslegungsrechts und nimmt dabei Bezug auf den aktuellen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts zur Mehrwertsteuer. Die korrekte Erfassung der Umsatz- und Vorsteuer sowie die Gewährleistung der Prüfspur sind wichtige Voraussetzungen, damit die Mehrwertsteuerpflicht erfüllt wird.
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Einleitung
Das Obligationenrecht hat vor einiger Zeit das neue Rechnungslegungsrecht (32. Teil Kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung) eingeführt, welches neue Normen für die Rechnungslegung definiert. Das neue Rechnungslegungsrecht ist rechtsformunabhängig. Aber nicht nur im Rechnungslegungsrecht sind Bestimmungen zur Buchführung zu finden. Auch das Mehrwertsteuergesetz und die MWST-Info kennen Vorschriften, die für die Rechnungslegung von Bedeutung sind. Dieser Beitrag zeigt generelle Fragestellungen auf und geht an einigen Stellen auf den aktuellen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichtes ein.
Gesetzliche Grundlagen des Rechnungslegungsrechts mit Relevanz für die Mehrwertsteuer
Nach Art. 957 Abs. 1 OR haben Einzelunternehmen und Personengesellschaften die Buchführung und Rechnungslegung zu befolgen, sofern sie einen Umsatzerlös von mindestens CHF 500000 im letzten Geschäftsjahr erzielt haben. Juristische Personen sind, unabhängig von ihrem Jahresumsatz, zur Umsetzung der Buchführung und Rechnungslegung nach OR verpflichtet.
Die Buchführung schreibt vor, dass alle Geschäftsvorfälle und Sachverhalte zu erfassen sind, die für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage notwendig sind. Zu den Grundsätzen der Buchführung zählen namentlich nach Art. 957a Abs. 2 OR eine vollständige, systematische und wahrheitsgetreue Erfassung der Geschäftsvorfälle, der Belegnachweis zum Buchungsvorgang, die Klarheit, die Zweckmässigkeit und die Nachprüfbarkeit. Weiter ist der Grundsatz zur Rechnungslegung von Bedeutung nach Art. 958c Abs. 1 OR, welcher vorschreibt, dass die Rechnungslegung vollständig, klar und verständlich auszugestalten ist.
Neu schreibt das Rechnungslegungsrecht nach Art. 959a Abs. 1 und 2 OR eine Mindestgliederung vor. Unter anderem sind die Positionen «übrige kurzfristige Forderungen» bzw. «übrige kurzfristige Verbindlichkeiten» zu führen. Weiter sind im Anhang Angaben zu den angewendeten Grundsätzen zu vollziehen, soweit diese nicht direkt vom Gesetz vorgeschrieben sind.
Anforderungen an die Rechnungslegung nach dem Mehrwertsteuerrecht
Das MWSTG führt wenige gesetzliche Grundlagen, welche die Buchführung betreffen. Nach Art. 70 MWSTG hat die steuerpflichtige Person ihre Geschäftsbücher und Aufzeichnungen nach den handelsrechtlichen Grundsätzen zu führen. Die ESTV kann ausnahmsweise darüber hinausgehende Aufzeichnungspflichten erlassen, wenn dies für die ordnungsgemässe Erhebung der Mehrwertsteuer unerlässlich ist. Weiter sind die Geschäftsunterlagen, die im Zusammenhang mit der Berechnung der Einlageentsteuerung und des Eigenverbrauchs von unbeweglichen Gegenständen benötigt werden, während 20 Jahren aufzubewahren.
in zentrales Element ist in diesem Zusammenhang die Prüfspur (MWST-Info 16, S. 8, 2010). Darunter versteht man eine Verfolgung der Geschäftsvorfälle vom Einzelbeleg über die Buchhaltung bis zur MWST-Abrechnung, oder auch in umgekehrter Reihenfolge. Eine Prüfspur setzt eine systematische Erfassung der Geschäftsvorfälle, Belege mit klarer Kontierung und eine geordnete Aufbewahrung der Geschäftsbücher voraus.
Die Mehrwertsteuer stellt in der Buchhaltung in der Regel eine Durchlaufposition dar. Auf den steuerbaren Erträgen ist die Umsatzsteuer zu erfassen und auf den Aufwendungen und Investitionen kann die Vorsteuer gegenüber der ESTV geltend gemacht werden. Daher empfiehlt sich die Führung der Konten Umsatzsteuer sowie Vorsteuer auf Material- und Dienstleistungsaufwand sowie das Konto Vorsteuer auf Investitionen und übrigem Betriebsaufwand (MWST-Info 16, S.10, 2010). Weiter kann bei der Abrechungsart zwischen vereinbartem und vereinnahmtem Entgelt unterschieden werden.
Sodann muss die steuerpflichtige Person nach Art. 72 Abs. 1 MWSTG im Rahmen der Erstellung ihres Jahresabschlusses Mängel in ihren Steuerabrechnungen der ESTV melden. Zum Jahresabschluss muss die steuerpflichtige Person zusätzlich eine Umsatzabstimmung nach Art. 128 Abs. 2 MWSTV erstellen. Hieraus muss hervorgehen, dass die deklarierte Umsatz- und Vorsteuer mit den Erträgen und Aufwendungen der Erfolgsrechnung übereinstimmt.
Ein wesentliches Element nach dem MWSTG ist es für steuerpflichtige Unternehmen somit, dass die Geschäftsvorfälle korrekt verbucht und abgewickelt werden, um insbesondere die Prüfspur sicherzustellen. Zudem kann eine mangelhaft geführte Buchhaltung zu Nachteilen des Steuerpflichtigen führen, und sie bildet die wichtige Grundlage, um den korrekten Anspruch bei der Vorsteuer belegen zu können.
Umsetzung der Mehrwertsteuer im Jahresabschluss aufgrund des Bundesverwaltungsgerichtsentscheids vom 27. Juli 2016 (A-1129/2016)
Die korrekte Abbildung der Mehrwertsteuer ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Jahresrechnung nach Art. 957 ff. OR vollständig, wahrheitsgetreu und klar ausgestaltet ist.
Die zentrale Voraussetzung hierfür ist die zweckmässige Führung der Konten Umsatz- und Vorsteuer. Sie sollten bei Bedarf und Komplexität des Unternehmens weiter differenziert und im Kontenplan entsprechend aufgeführt werden. Weiter ist es zentral, dass die Kontierung von Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung zweckmässig kontiert und systematisch geordnet werden. Dies bildet die wichtige Grundlage, dass der Anspruch der Vorsteuer gegenüber der ESTV nachgewiesen werden kann. Ferner sind die Umstände von Nutzungsänderungen sowie Eigenverbrauch genau zu analysieren und zu ermitteln. Auch die Forderungen aus Lieferung und Leistung sind jeweils mit dem anzuwendenden Steuersatz zu berechnen und darzulegen. Die Umsatzsteuer ist hierzu entsprechend zu führen und zu verbuchen.
Das Bundesverwaltungsgericht führt in seinem Urteil vom 27. Juli 2016 (A-1129/2016, E. 2.2.1) aus, dass die steuerpflichtige Person an ihre Abrechnung gebunden ist, wenn sie in Bezug auf Steuerpflicht, Steuerbetrag, Abzüge usw. keinen Vorbehalt anbringt. Sie kann deshalb auf die Abrechnung bzw. Selbstveranlagung – ausser in den gesetzlich vorgesehenen Fällen – nicht mehr zurückkommen (vgl. auch BGer, 16. Februar 2012, 2C_650/ 2011, E. 2.5.3; 2. Juni 2003, 2A.320/2002, E. 3.4.3.3 = ASA 74 S. 672; BVGer, 19. Juli 2012, A-5105/2011, E. 2.4.4; 21. Februar 2011, A-7712/2009, E. 3.2.1). Gemäss dem Selbstveranlagungsprinzip ist die steuerpflichtige Person allein für die vollständige, richtige und rechtzeitige Deklaration ihrer steuerbaren Umsätze und abziehbaren Vorsteuern verantwortlich. Sie ist an ihre Abrechnung bzw. Selbstveranlagung grundsätzlich gebunden. Weiter hält das Bundeverwaltungsgericht fest, dass die steuerpflichtige Person die alleinige Verantwortung dafür trägt, ihre Geschäftsbücher so einzurichten, dass sich aus ihnen die für die Feststellung der Steuerpflicht sowie für die Berechnung der Mehrwertsteuer und der abziehbaren Vorsteuern massgebenden Tatsachen leicht und zuverlässig ermitteln lassen. Hat die steuerpflichtige Person in diesem Sinn ihre Buchführungspflichten verletzt, kann sie daraus resultierende Nachteile nicht der ESTV anlasten.
Aus den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts kann die Schlussfolgerung für den Jahresabschluss gezogen werden, dass die Konten zweckmässig angelegt werden müssen, zweckmässige Rechnungswesensprozesse für die Verbuchung von Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung zu definieren sind und entsprechende interne Kontrollen in diesen Prozessen zu implementieren sind. Weiter ist eine regelmässige Prüfung des Anspruchs der Vorsteuer zu vollziehen und zum Jahresabschluss ist eine Umsatzsteuerabstimmung nach Art. 127 MWSTV als Nachweis zu leisten.
Die Konten Umsatzsteuer und Vorsteuer können bei den erwähnten Bilanzkonten nach der Mindestgliederung subsumiert oder separat in der Bilanz aufgeführt werden. Offen bleibt die Frage, ob im Anhang Erklärungen und Ausführungen zur Mehrwertsteuerpflicht nach Art. 959c Abs. 1 Ziff. 1 OR zu vollziehen sind. Die Offenlegung betrifft die Anwendung der Buchführung und Rechnungslegung (Rechnungslegung nach Obligationenrecht, VEB Praxiskommentar, S. 408, 2014, SKV Verlag). Hierzu kann die Anwendung der Mehrwertsteuer gezählt werden. Da die Mehrwertsteuer für viele Unternehmen eine wesentliche Bedeutung einnimmt, können Anhangsinformationen angebracht sein. Sofern wesentliche Abweichungen bestehen zum Jahresabschluss, ist die Berücksichtigung einer kurzfristigen Rückstellung zu prüfen.
Schlussfolgerung
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Entscheid vom 27. Juli 2016 (A-1129/2016) das anzuwendende MWSTG bestätigt und klargestellt, dass die korrekte, vollständige und klare Erfassung der Mehrwertsteuer im Jahresabschluss eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass die Umsatz- und Vorsteuer gesetzeskonform umgesetzt werden und dies in der Verantwortung der steuerpflichtigen Person liegt. Insbesondere der Anspruch auf die Vorsteuer ist durch konsequente Anwendung der Buchführung zu gewährleisten und nachzuweisen. Diesbezüglich sollte sich zum Jahresabschluss das Leitungs- und Führungsorgan eines steuerpflichtigen Unternehmens ein Bild über die Abbildung der Mehrwertsteuer im Jahresabschluss machen.