1. Buchhalterische Herausforderungen
Gegenstand des Einführungsreferats waren insbesondere die buchhalterischen Aspekte der Kryptowährungen. Halten Unternehmen Kryptowährungen in digitalen «Wallets», ist deren Verbuchung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Buchhaltungsprogramme sind derzeit noch nicht in der Lage, Transaktionen in Kryptowährungen abzubilden.01 Auch der Grundsatz „Keine Buchung ohne Beleg“ wird auf die Probe gestellt. Sämtliche Transaktionen einer Blockchain sind zwar online öffentlich zugänglich, die Auswertung einer solchen Transaktionsliste setzt jedoch eine hohe IT-Affinität voraus.
2. Initial Coin Offerings (ICO’s) und die Ausgestaltung von Tokens
Anlass zu Diskussionen gaben auch die sogenannten „Initial Coin Offerings“, kurz ICO’s (angelehnt an das Initital Public Offering, IPO). Das ICO ist eine Methode der Kapitalbeschaffung, die auf der Blockchain-Technologie basiert. Während eines ICO’s werden Tokens gegen Kryptowährungen ausgegeben. Die steuerliche Behandlung eines Tokens hängt von seiner konkreten Ausgestaltung und seiner Funktion ab.02 Welche Funktion ein Token hat, wird im Whitepaper festgehalten. Die Funktion eines Tokens sollte deshalb bereits zu Beginn festgelegt sein.
Currency Tokens wie Bitcoins erfüllen einzig eine Währungsfunktion. Durch den Erwerb eines Utility Tokens wird hingegen eine Dienstleistung erworben. Sie dienen oftmals als Zugangsschlüssel zu einem bestimmten Netzwerk oder einer Dienstleistung. Equity oder Security Tokens stellen Anteile an einem Unternehmen dar, weshalb bei der Ausgabe solcher Tokens kapitalmarktrechtliche Vorschriften beachtet werden müssen.
Teilweise werden ICO’s auch als Schenkungen (Contributions) an gemeinnützige Stiftungen strukturiert. In der Schweiz ist dieses Konstrukt jedoch unter Druck geraten.
3. Interview mit Herrn Matthias Langer
Im nachfolgenden Interview geht Herr Matthias Langer auf einige ausgewählte Diskussionspunkte der ISIS Tax Talks ein.
Die Transaktionen einer Blockchain sind öffentlich einsehbar. Weshalb ist es trotzdem so schwierig, diese Angaben als Belege für die Buchhaltung zu verwenden?
Der Zahlungsempfänger wird nicht wie bei einer Banküberweisung als Person angeführt, sondern es handelt sich bei den Adressen um eine alphanumerische Zahlenkombination, die nicht ohne weitere Anstrengungen einer Person zugewiesen werden kann. Hinzu kommt bspw. bei Bitcoin Transaktionen, dass der gesamte Saldo «überwiesen» wird und dann ein um den Zahlungsbetrag und einer allfälligen Gebühr verbleibende Restbetrag an eine neue Adresse retourniert wird. Diese Abfolge darzustellen, stellt sowohl die Programme als auch den Buchhalter vor zusätzliche Herausforderungen.
Sofern ein Unternehmen Kryptowährungen und somit sogenannte Wallets hält: Wie kann ein Buchhalter überprüfen, dass die ihm vorliegenden Angaben zu den Wallets des Unternehmens vollständig sind?
Zunächst liegt die Herausforderung für den Buchhalter darin, die Vollständigkeit hinsichtlich der Anzahl der Wallets festzustellen. Dies kann einerseits dadurch erfolgen, dass die Transaktionshistorie zwischen FIAT und Kryptozahlungen nachvollzogen wird, indem ein Wallet durch einen Übertrag bzw. Wechsel von FIAT in Krypto erfolgt. Andererseits kann bei eingehenden Zahlungen, die auf ein neues Wallet erfolgen, nur durch einen Hinweis die Zugehörigkeit des Wallets zum Unternehmen vorgenommen werden. Für einen Aussenstehenden, wie zum Beispiel den Revisor, fehlt diese Verbindung unter Umständen, wodurch sich Rückfragen ergeben. Mögliche Lösungsansätze sind hier unter anderem der Einsatz von kryptografischen Signaturen sowie die Durchführung einer Satoshi Transaktion.
Weshalb ist die Konstruktion eines ICO’s im Sinne einer Schenkung (Contribution) in der Schweiz unter Druck geraten?
Nach unserer Erfahrung handelt es sich nur bei sehr wenigen Blockchain oder Kryptobasierten Projekte um reine gemeinnützige Vorhaben. Im Gegenteil kann man in den meisten Whitepapern lesen, dass die Initiatoren des jeweiligen Projektteams zwischen 10-20% der herausgegebenen Tokens zur Entschädigung Ihrer Vorleistungen für sich vorgesehen haben. Bei einer gemeinnützigen Stiftung stellt sich die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage eine solche Zahlung an die Initiatoren geleistet werden sollen. Eine Ausschüttung von der Stiftung ist bei einer gemeinnützigen Stiftung regelmässig ausgeschlossen und auch unverhältnismässige Dienstleistungsvergütungen werden durch die Stiftungsaussicht nicht akzeptiert. Als deutscher Steuerberater sei mir zudem der Hinweis erlaubt, dass beispielsweise bei einer Schenkung durch eine in Deutschland steuerlich ansässige natürliche Person auch die deutsche Schenkungssteuer zur Anwendung kommen würde. Dies bedeutet, dass eine Schenkung über dem gesetzlichen Freibetrag eine Schenkungssteuer von 30% bis 50% zur Folge hat. Für die Abführung der Schenkungssteuer haften sowohl der Schenker, als auch der Beschenkte solidarisch. Ferner begeht beispielsweise der Stiftungsrat eine Steuerhinterziehung in Deutschland, wenn er eine solche Schenkung nicht in Deutschland fristgerecht anzeigt. Bei einer Contribution in Krypto ergibt sich für den Stiftungsrat zudem das praktische Problem, dass er häufig gar nicht weiss, wer der Schenker ist und aus welchem Steuerdomizil der Schenker stammt.