Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Bundesebene – die sog. «Zukunftsinitiative» der JUSO

<article class="rz"><h2>1. Einleitung</h2> <p>Am 4. M&auml;rz 2024 ist in der Schweiz die Volksinitiative &laquo;F&uuml;r eine soziale Klimapolitik &ndash; steuerlich gerecht finanziert (Initiative f&uuml;r eine Zukunft)&raquo; zu Stande gekommen.^{<a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1">01</a>} Eingereicht wurde die Volksinitiative durch die Partei der Jungsozialisten (JUSO).</p> <p>Die sog. &laquo;Zukunftsinitiative&raquo; sieht vor, das Verm&ouml;gen nat&uuml;rlicher Personen mittels einer zus&auml;tzlichen Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Bundesebene zu besteuern (von den Initianten &laquo;Zukunftssteuer&raquo; genannt). Mit einem Freibetrag von CHF 50 Mio. zielt die Initiative auf die Besteuerung sehr verm&ouml;gender Personen ab. Die Einnahmen dieser Zukunftssteuer sollen gem&auml;ss Initiativtext f&uuml;r die sozial gerechte Bek&auml;mpfung der Klimakrise sowie den daf&uuml;r notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft verwendet werden.^{<a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">02</a>} Laut ersten Sch&auml;tzungen d&uuml;rften etwa 2&rsquo;000 Steuerpflichtige in der Schweiz von einer solchen Steuer betroffen sein. Das von diesen Personen versteuerte Reinverm&ouml;gen d&uuml;rfte dabei ungef&auml;hr 20% des gesamten in der Schweiz versteuerten Reinverm&ouml;gens ausmachen.^{<a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">03</a>}</p> <blockquote> <p>Die Ausgestaltung der Zukunftssteuer ist radikal, da sie einen Steuersatz in ungewohnter H&ouml;he von 50% anstrebt und keine Ausnahmen vorgesehen sind.</p> </blockquote> <p>So sollen auch &Uuml;bertragungen an die (Ehe-)Partner und direkte Nachkommen sowie Zuwendungen an gemeinn&uuml;tzige Institutionen und Hilfswerke mit 50% besteuert werden. Insbesondere sind auch vererbte bzw. verschenkte Familienunternehmen nicht von der Steuer ausgenommen. Die Steuer soll zudem zus&auml;tzlich zu den bereits bestehenden kantonalen Schenkungs- und Erbschaftssteuern erhoben werden. Dies kann zu konfiskatorischen, effektiven Steuerbelastungen von 70% &ndash; 99.5% f&uuml;hren.</p> <p>Der Initiativtext sieht zudem eine noch nicht weiter definierte Wegzugssteuer gleichen Umfangs vor, welche bei Annahme der Volksinitiative r&uuml;ckwirkend ab Datum der Volksabstimmung Anwendung finden soll. Diese soll eine Steuervermeidung verhindern.</p> <p>Der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung vom 15.&nbsp;Mai 2024 gegen die Initiative ausgesprochen. Er empfiehlt dem Parlament, die Initiative ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag abzulehnen. Das Finanzdepartement wurde beauftragt, eine entsprechende Botschaft zuhanden des Parlaments auszuarbeiten.^{<a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">04</a>} Die Volksabstimmung wird nach derzeitigem Kenntnisstand wahrscheinlich auf die erste Jahresh&auml;lfte 2026 angesetzt.</p> <p>Eine Annahme der Initiative h&auml;tte gravierende Folgen f&uuml;r die Betroffenen. Die Steuerpflichtigen besch&auml;ftigen sich deshalb bereits intensiv mit den m&ouml;glichen Konsequenzen, w&auml;hrend potentielle Zuz&uuml;ge aus dem Ausland verhindert werden. So wird beispielsweise Grossbritannien im Jahr 2025 den 225-j&auml;hrigen sog. &laquo;Non-Dom&raquo;-Steuerstatus abschaffen. Dieser erlaubte es verm&ouml;genden Ausl&auml;ndern (sog. &laquo;Nicht-Domizilierten&raquo;), in Grossbritannien zu wohnen, ohne dass ihre ausl&auml;ndischen Eink&uuml;nfte und ihr ausl&auml;ndisches Verm&ouml;gen dort besteuert wurde.^{<a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5">05</a>} Es wird erwartet, dass in den kommenden 12 Monaten tausende verm&ouml;gende Personen Grossbritannien verlassen werden. Aufgrund der Rechtsunsicherheit in der Schweiz ist ein Zuzug der Betroffenen in die Schweiz allerdings eher unwahrscheinlich.</p> <p>Zudem f&uuml;hrt die m&ouml;gliche Einf&uuml;hrung der Zukunftssteuer zu unz&auml;hligen rechtlichen, wirtschaftlichen und praktischen Herausforderungen.^{<a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6">06</a>} Insbesondere die Bestimmung der Steuerpflicht auf Bundesebene, die Art und H&ouml;he der Besteuerung, die Auswirkungen bei Wegzug aus der Schweiz und die &Uuml;bergangsbestimmungen werfen komplexe Fragen auf. Der vorliegende Artikel versucht, ausgesuchte Aspekte zu beleuchten und anhand von Beispielen zu veranschaulichen. Auch auf m&ouml;gliche Handlungsmassnahmen f&uuml;r betroffene Personen wird &uuml;bersichtsm&auml;ssig eingegangen.</p> <h2>2. R&uuml;ckblick und n&auml;chste Schritte</h2> <p>Historisch betrachtet, ist die vorliegende Initiative nicht der erste Versuch, eine nationale Erbschafts- und Schenkungssteuer einzuf&uuml;hren. Das Stimmvolk hatte sich zuletzt 2015 mit einer Erbschaftssteuerinitiative auseinanderzusetzen. Die damalige Volksinitiative zur Erbschaftssteuerreform sah eine Besteuerung von Nachl&auml;ssen und Schenkungen auf Bundesebene mit 20% vor, bei einem Freibetrag von CHF 2 Mio. Die Einnahmen h&auml;tten der AHV-Finanzierung dienen sollen. Auch eine R&uuml;ckwirkung war 2015 vorgesehen. Schenkungen w&auml;ren r&uuml;ckwirkend ab dem 1. Januar 2012 an zuk&uuml;nftige Schenkungen und Nachl&auml;sse angerechnet worden. Dies f&uuml;hrte bereits damals zu einer regelrechten Flut von Grundst&uuml;cks&uuml;bertragungen durch Eltern an ihre Kinder.</p> <p>Die aktuelle Initiative unterscheidet sich insbesondere durch den deutlich h&ouml;heren Steuersatz von 50%, einen h&ouml;heren Freibetrag von CHF 50 Mio. und die Zweckbindung der Einnahmen an den Klimaschutz. Zudem sieht die vorliegende Initiative Ausf&uuml;hrungsbestimmungen zur Einf&uuml;hrung einer noch nicht weiter definierten Wegzugsbesteuerung f&uuml;r nat&uuml;rliche Personen nach bzw. ab Annahme der Initiative vor, welche zu einer &auml;quivalenten Steuerbelastung f&uuml;hren soll.</p> <p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/6np8Y7P3wIxnnk4JEZLPAg/2348c8cd66b9d22653c8bc987f5f385c/2024_Grafik_A11-1.jpg" alt="Tabelle zur &Uuml;bersicht und zum Vergleich der beiden Erbschaftssteuerinitiativen" width="900" height="342" /></p> <p>Nach Pr&uuml;fung der G&uuml;ltigkeit der Initiative durch die Bundesversammlung wird diese voraussichtlich in der ersten Jahresh&auml;lfte 2026 der Bev&ouml;lkerung zur Abstimmung unterbreitet.^{<a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7">07</a>} Bei einer Annahme finden ab diesem Zeitpunkt die &Uuml;bergangsbestimmungen gem. Art.&nbsp;197&nbsp;Ziff.&nbsp;15&nbsp;E-BV r&uuml;ckwirkend Anwendung und es werden Ausf&uuml;hrungsbestimmungen zur konkreten Umsetzung der Initiative zu erlassen sein (vgl. hierzu auch die Ausf&uuml;hrungen in Abschnitt 3.2 hiernach).</p> <h2>3. Zukunftsinitiative</h2> <h3>3.1 Die Zukunftssteuer &ndash; Art. 129a E-BV</h3> <blockquote> <p>Art. 129a E-BV &ndash; Zukunftssteuer<br />¹ Der Bund erhebt zum Aufbau und Erhalt einer lebenswerten Zukunft eine Steuer auf dem Nachlass und den Schenkungen von nat&uuml;rlichen Personen.<br />² Der Bund und die Kantone verwenden den Rohertrag der Steuer zur sozial gerechten Bek&auml;mpfung der Klimakrise sowie f&uuml;r den daf&uuml;r notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft.<br />³ Die Steuer wird von den Kantonen veranlagt und eingezogen. Der Rohertrag der Steuer fliesst zu zwei Dritteln dem Bund und zu einem Drittel den Kantonen zu. Die Kompetenz der Kantone, eine Erbschafts- und Schenkungssteuer zu erheben, bleibt unber&uuml;hrt.<br />⁴ Der Steuersatz betr&auml;gt 50 Prozent. Nicht besteuert wird ein einmaliger Freibetrag von 50 Millionen Franken auf der Summe des Nachlasses und aller Schenkungen. Die Besteuerung erfolgt, sobald der Freibetrag &uuml;berschritten ist.<br />⁵ Der Bundesrat passt den Freibetrag periodisch der Teuerung an.</p> </blockquote> <p>Die Zukunftsinitiative sieht die Schaffung einer Bundeserbschafts- und -schenkungssteuer vor. Die Steuer soll als &laquo;Zukunftssteuer&raquo; in der Bundesverfassung, voraussichtlich in Art. 129a BV, verankert werden. Die Zukunftssteuer soll Nachl&auml;sse und Schenkungen von nat&uuml;rlichen Personen mit einem Steuersatz von 50% besteuern. Wie eingangs erw&auml;hnt, sollen die Steuereinnahmen gem&auml;ss Initiativtext zweckgebunden &laquo;zur sozial gerechten Bek&auml;mpfung der Klimakrise sowie f&uuml;r den daf&uuml;r notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft&raquo; verwendet werden. Konkret sollen gem&auml;ss Initianten die Steuereinnahmen in den Bereichen Arbeiten, Wohnen und den &ouml;ffentlichen Dienstleistungen wie bspw. der Gestaltung &ouml;ffentlicher R&auml;ume eingesetzt werden.^{<a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8">08</a>}</p> <p>Die Initiative stellt bei Annahme eine bedeutende Ver&auml;nderung im Schweizer Steuersystem dar und zielt darauf ab, eine weitere Finanzierungsm&ouml;glichkeit f&uuml;r Klimaschutzmassnahmen zu schaffen. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme insbesondere Bedenken ge&auml;ussert hinsichtlich der Effektivit&auml;t und Umsetzbarkeit der Initiative. Einerseits w&auml;re die Zukunftssteuer unabh&auml;ngig des Verhaltens der Steuerpflichtigen geschuldet.^{<a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9">09</a>} Andererseits ergeben sich erhebliche Herausforderungen bei der Ausgestaltung der Verhinderung der Steuervermeidung, insbesondere im Hinblick auf den Wegzug von Steuerpflichtigen sowie die Verschiebung von beweglichen Verm&ouml;genswerten aus der Schweiz.^{<a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10">10</a>}</p> <h4>3.1.1 Steuerliche Ankn&uuml;pfung und Aufzeichnungspflicht</h4> <p>Gem&auml;ss Art. 129a Abs. 1 E-BV erhebt der Bund eine Erbschafts- und Schenkungssteuer auf dem Nachlass und den Schenkungen von nat&uuml;rlichen Personen. Der vorgeschlagene Verfassungstext l&auml;sst offen, welche steuerlichen Ankn&uuml;pfungspunkte der Steuer zugrunde liegen und wer Steuersubjekt ist. Es ist davon auszugehen, dass analog bestehenden kantonalen Erbschafts- und Schenkungssteuern in erster Linie auf den (letzten) Wohnsitz des Erblassers oder Schenkers abgestellt werden soll. Denkbar sind grunds&auml;tzlich die folgenden Ankn&uuml;pfungspunkte:</p> <ul> <li>(letzter) Wohnsitz in der Schweiz;</li> <li>die Er&ouml;ffnung des Erbgangs in der Schweiz, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland verzeichnete, aber den gesamten Nachlass schweizerischem Recht unterstellt;</li> <li>in der Schweiz belegene unbewegliche Verm&ouml;genswerte wie Liegenschaften oder Rechte daran;&nbsp;</li> <li>bewegliches Verm&ouml;gen, soweit es sich um in der Schweiz steuerpflichtiges Betriebsst&auml;ttenverm&ouml;gen handelt.&nbsp;</li> </ul> <p>Zus&auml;tzlich zu den nach heutigem Recht m&ouml;glichen Ankn&uuml;pfungspunkten w&auml;ren aufgrund des unbestimmten Initiativtextes auch folgende denkbar:</p> <ul> <li>generelle Ankn&uuml;pfung an in der Schweiz belegenes Verm&ouml;gen;</li> <li>Erben/Beschenkte mit Wohnsitz in der Schweiz.</li> </ul> <p>Ob und in welchem Umfang bei Wohnsitz im Ausland ein schweizerisches Erbschafts- oder Schenkungsbesteuerungsrecht auf Grundlage eines Doppelbesteuerungsabkommens zur&uuml;ckgedr&auml;ngt w&uuml;rde, w&auml;re im Einzelfall abzukl&auml;ren.^{<a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11">11</a>}</p> <p>Besteht eine Steuerpflicht in der Schweiz, kann einmalig ein Freibetrag von CHF 50 Mio. geltend gemacht werden. Die Zukunftssteuer richtet sich somit an die verm&ouml;gendsten Steuerpflichtigen in der Schweiz. Zur Sicherstellung, dass der Freibetrag nur einmal geltend gemacht werden kann, wird im Initiativtext explizit festgehalten, dass eine Pflicht zur Aufzeichnung der Schenkungen besteht. Es ist zu vermuten, dass bewusst keine zeitliche Einschr&auml;nkung der Aufzeichnungspflicht vorgesehen wurde. Bei einer Annahme der Initiative werden die Steuerpflichtigen mit der laufenden bzw. r&uuml;ckwirkenden Dokumentation s&auml;mtlicher Schenkungen, inkl. Zuwendungen an gemeinn&uuml;tzige Institutionen, gefordert sein. Bei Schenkung oder Nachlass von im Ausland verhafteten Verm&ouml;genswerten stellt sich wiederum die Frage, ob ein Besteuerungsrecht durch ein allf&auml;lliges Doppelbesteuerungsabkommen zur&uuml;ckgedr&auml;ngt wird. Anzuf&uuml;gen ist, dass basierend auf dem Initiativtext zumindest Schenkungen vor der Annahme der Initiative nicht an den vorgesehenen Freibetrag angerechnet werden. Somit steht der Freibetrag von CHF 50 Mio. ab Annahme der Initiative einmalig in vollem Umfang zur Verf&uuml;gung.</p> <h4>3.1.2 Fehlende Ausnahmen und daraus resultierende Herausforderungen</h4> <p>Der Initiativtext sieht keine Ausnahmen vor. Im Gegenteil: Die Initianten halten explizit fest, dass es keine Rolle spielen d&uuml;rfe, wer die Erbschaft oder Schenkung erhalte.^{<a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12">12</a>} Dies stellt einen fundamentalen Wandel zur Ausgestaltung des bisherigen schweizerischen Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts dar. In diesem Punkt liegt denn auch einer der Hauptkritikpunkte an der Initiative. Die Folgen einer ausnahmslosen Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen seien an folgenden Lebenssachverhalten verdeutlicht:</p> <h5>3.1.2.1 &Uuml;bertragung des Verm&ouml;gens an die direkten Nachkommen und an einen (Ehe-)Partner</h5> <p>In den meisten Kantonen sind Nachl&auml;sse und Schenkungen an die direkten Nachkommen von der bestehenden Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit. Zumindest w&uuml;rde in den meisten Kantonen keine Mehrfachbesteuerung resultieren, sondern neu auf diesen &Uuml;bertragungen die Zukunftsteuer in H&ouml;he von 50% greifen. Dies ist denn auch eines der Hauptziele der Zukunftsinitiative; n&auml;mlich, die steuerfreie &Uuml;bertragung des Elternverm&ouml;gens auf die Kinder durch eine neu geschaffene Bundeserbschafts- und -schenkungssteuer zu verhindern (s. hierzu auch Ziff. 3.1.2.2 nachfolgend).</p> <p>Auch die &Uuml;bertragung des Verm&ouml;gens auf einen (Ehe-)Partner ist mittels Erbschaft oder Schenkung heutzutage grunds&auml;tzlich in allen Kantonen steuerfrei m&ouml;glich. Durch die neue Zukunftssteuer w&auml;re eine freie &Uuml;bertragung von Verm&ouml;gen auch zwischen (Ehe-)Partnern stark eingeschr&auml;nkt.</p> <p>Durch die Ausgestaltung der Zukunftssteuer wird somit nicht nur bei &Uuml;bertragung des Verm&ouml;gens auf die n&auml;chste Generation, sondern auch innerhalb der eigenen Generation, d.h. zwischen Ehegatten bzw. eingetragenen Partnern, eine Besteuerung ausgel&ouml;st. Aufgrund der ausnahmslosen Besteuerung sowie des einmalig zur Verf&uuml;gung stehenden Freibetrags wird ein steuerlicher Anreiz geschaffen, Verm&ouml;gen nicht mehr gemeinsam zu halten, was dem vorherrschenden Familienbild entgegenlaufen d&uuml;rfte. Zudem erschwert oder verhindert gar die Einmaligkeit des Freibetrags Zuwendungen an gemeinn&uuml;tzige Institutionen und &auml;hnliche Einrichtungen zu Lebzeiten, da dadurch der bestehende Freibetrag reduziert w&uuml;rde (s. hierzu auch Ziff. 3.1.2.3 nachfolgend).</p> <h5>3.1.2.2 &Uuml;bertragung des direkt und indirekt gehaltenen operativ t&auml;tigen Unternehmens</h5> <p>&Auml;usserst problematisch sind die fehlenden Ausnahmen in Kombination mit der H&ouml;he des Steuersatzes von 50% f&uuml;r das Unternehmertum in der Schweiz.</p> <p>Mehrheitlich liegt Verm&ouml;gen bei Unternehmerfamilien nicht in liquider Form vor, sondern besteht aus Beteiligungen an operativ t&auml;tigen Unternehmen. Bei einer &Uuml;bertragung des Verm&ouml;gens auf die n&auml;chste Generation oder einen (Ehe-)Partner f&uuml;hrt die vorgesehene Zukunftssteuer konsequenterweise zu einer Steuerschuld, welche nicht durch verf&uuml;gbare liquide Mittel beglichen werden kann. Viele Steuerpflichtige mit in Unternehmen gebundenem Verm&ouml;gen werden dadurch gezwungen sein, substanzielle Teile ihres Unternehmens zu ver&auml;ussern, um die Zukunftssteuer begleichen zu k&ouml;nnen. Die Ausgestaltung der Steuer schafft zudem keinen Anreiz f&uuml;r in der Schweiz wohnhafte Personen, Anteile an Beteiligungen zu erwerben. Eine in der Schweiz steuerpflichtige Person wird im Wissen um die aus der Zukunftssteuer resultierende Steuerschuld liquides Verm&ouml;gen nicht in illiquides Verm&ouml;gen &uuml;berf&uuml;hren. Aus diesem Grund werden in der Schweiz wohnhafte Personen ihre Investitionen in illiquide Verm&ouml;genswerte gezwungenermassen reduzieren. Dies f&uuml;hrt zu einer wohl ungewollten Tendenz, dass Beteiligungen an Schweizer Unternehmen durch ausl&auml;ndische Investoren erworben werden. Dies sei an zwei Beispielen dargestellt:</p> <h6>Beispiel 1</h6> <p>Die in der Schweiz wohnhaften Eltern &uuml;bertragen nach Inkrafttreten der Zukunftssteuer im Rahmen der Nachfolgeplanung ihre direkt gehaltenen Anteile am Familienunternehmen auf die beiden erwachsenen Kinder. Der Wert des Familienunternehmens bel&auml;uft sich auf CHF 150 Mio.^{<a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13">13</a>} Vereinfachend verf&uuml;gen die Eltern &uuml;ber kein weiteres Verm&ouml;gen. Sie haben in der Vergangenheit keine Zuwendungen get&auml;tigt, die an den Freibetrag von CHF 50 Mio. anzurechnen w&auml;ren.</p> <p>Aus der &Uuml;bertragung resultiert eine Steuerlast von CHF 50 Mio. (d.h. Beteiligungswert CHF 150 Mio. &ndash; Freibetrag CHF 50 Mio., besteuert zu 50%). Die Finanzierung der Steuerlast wird gezwungenermassen durch den Verkauf der Anteile am Familienunternehmen im Umfang von rund 33% vorgenommen werden m&uuml;ssen. Die Unw&auml;gbarkeit, einen K&auml;ufer f&uuml;r die exakt notwendige Aktienquote zu finden, wird vorliegend nicht ber&uuml;cksichtigt. Zudem fallen in Kantonen ohne Befreiung entsprechender Verm&ouml;gens&uuml;bertragungen an Nachkommen (AI, NE, VD sowie gewisse Gemeinden in LU) zus&auml;tzliche kantonale und kommunale Steuern an, welche hier nicht ber&uuml;cksichtigt werden.</p> <p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/314DTAScZwhC3WVoqKMJZp/e436fb61d8e41b4122c3aa8a6a13e1dc/2024_Grafik_A11-2.jpg" alt="Abbildung 2 zur Darstellung der &Uuml;bertragung eines direkt gehaltenen Familienunternehmens" width="900" height="319" /></p> <p>In der Konsequenz wird es f&uuml;r in der Schweiz wohnhafte Familien nicht m&ouml;glich sein, &uuml;ber Generationen hinweg das eigene Familienunternehmen zu halten.</p> <p>Sollten sich die Beteiligungen nicht im direkten Privatverm&ouml;gen der Steuerpflichtigen befinden, sondern bspw. &uuml;ber eine Familienholding gehalten werden, ist weit mehr als 50% des Unternehmens zu ver&auml;ussern. Der Grund daf&uuml;r liegt darin, dass die R&uuml;ckf&uuml;hrung des Kapitalgewinns aus dem Verkauf der Unternehmensbeteiligung im heutigen Steuersystem der Einkommenssteuer unterliegt.</p> <h6>Beispiel 2</h6> <p>Eine Familie h&auml;lt &uuml;ber eine Familienholding 100% der Anteile an einem Unternehmen. Der Unternehmenswert bel&auml;uft sich auf CHF 200 Mio. Vereinfachend wird davon ausgegangen, dass keine weiteren Verm&ouml;genswerte in der Familienholding vorhanden sind. Die Eltern versterben nach Inkrafttreten der Zukunftssteuer durch einen unvorhergesehenen Unfall. Die Zukunftssteuer bel&auml;uft sich auf CHF 75 Mio. (d.h. Beteiligungswert CHF 200 Mio. &ndash; Freibetrag CHF 50 Mio., besteuert zu 50%). Davon ausgehend, dass die Zukunftssteuer von den Kindern geschuldet sein wird, ist die Familienholding gezwungen, Anteile am Unternehmen zu ver&auml;ussern. Annahmegem&auml;ss wird die Dividende mit einer Einkommenssteuer von 25% belastet (abh&auml;ngig vom jeweiligen Wohnsitz der steuerpflichtigen Personen). Da somit insgesamt eine Dividende von CHF 100 Mio. (d.h. CHF 75 Mio. Zukunftssteuer + CHF 25 Mio. Einkommenssteuer) zur Tilgung der Steuerlast ben&ouml;tigt wird, hat die Familienholding effektiv 50% der Anteile am Unternehmen zu ver&auml;ussern.</p> <p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/5DTDBT05jAWprnCKrVMu9T/a8e56f26f76d874b6d33ca092e6b4be7/2024_Grafik_A11-3.jpg" alt="Abbildung 3: &Uuml;bertragung indirekt gehaltenes Familienunternehmen" width="900" height="405" /></p> <p>Auf die Problematik der Inanspruchnahme von Zeit f&uuml;r den Verkauf der Unternehmensanteile, des ben&ouml;tigten Jahres- bzw. Zwischenabschlusses f&uuml;r die Vornahme einer Dividendenaussch&uuml;ttung, sowie der Abf&uuml;hrung der Verrechnungssteuer auf Dividenden von 35% wird nicht eingegangen. Zudem k&ouml;nnen, wie im vorhergehenden Beispiel, zus&auml;tzliche kantonale Erbschaftssteuern anfallen. Schliesslich wird eine grunds&auml;tzlich steuerfreie Ver&auml;usserung von Anteilen an der Familienholding in der Praxis regelm&auml;ssig nicht in Frage kommen, da im Unterschied zum vorliegend vereinfachten Beispiel insbesondere weitere Verm&ouml;genswerte &uuml;ber die Holding gehalten werden.</p> <h5>3.1.2.3 Zuwendung an gemeinn&uuml;tzige Institutionen und &auml;hnliche Einrichtungen</h5> <p>Von einem fundamentalen Wandel kann auch bei der Zuwendung an gemeinn&uuml;tzige Institutionen und &auml;hnliche Einrichtungen gesprochen werden. Die Schweiz f&ouml;rdert seit Generationen das Engagement im gemeinn&uuml;tzigen Sektor durch steuerliche Anreize und Unterst&uuml;tzung in Form von Projekten und Programmen. Die Kultur des Gebens und Helfens ist tief in der Schweizer Gesellschaft verankert und spiegelt sich in der Vielfalt und dem Umfang der T&auml;tigkeiten gemeinn&uuml;tziger Organisationen wider. Ausdruck dieser Kultur ist unter anderem auch die Gew&auml;hrung steuerlicher Anreize bei der Erf&uuml;llung gemeinn&uuml;tziger Zwecke im Ausland.</p> <p>Die vorgeschlagene Zukunftssteuer schafft eine grosse H&uuml;rde f&uuml;r verm&ouml;gende Personen, Zuwendungen an gemeinn&uuml;tzige Einrichtungen wie das Schweizerische Rote Kreuz, Caritas, Pro Infirmis, WWF Schweiz, Greenpeace oder auch Forschungseinrichtungen in der Schweiz wie bspw. die ETH Z&uuml;rich oder EPFL (Lausanne) zu t&auml;tigen oder Professuren zu finanzieren. Vermacht eine Person ihr Verm&ouml;gen einer ebensolchen Institution, vereinnahmt der Staat bis zu 50% der get&auml;tigten Zuwendungen. Im Resultat werden in der Schweiz wohnhafte Personen nur noch im Umfang der H&auml;lfte ihrer get&auml;tigten Zuwendung an die Allgemeinheit entscheiden d&uuml;rfen, wie diese verwendet wird, w&auml;hrend die andere H&auml;lfte faktisch durch den Staat bzw. die Politik bestimmt wird.</p> <h5>3.1.2.4 Todesfall</h5> <p>Ersichtlich wird der Enteignungscharakter der Zukunftssteuer in Kombination mit den bestehenden kantonalen Erbschafts- und Schenkungssteuern:</p> <h6>Beispiel</h6> <p>Eine im Kanton Basel-Stadt wohnhafte Person hat keine pflichtteilsberechtigten Erben und verstirbt nach Inkrafttreten der Zukunftssteuer. Gem&auml;ss Testament erbt ein entfernter Verwandter das Gesamtverm&ouml;gen von CHF 200 Mio. Nachweislich wurden in der Vergangenheit keine Zuwendungen get&auml;tigt, die an den Freibetrag von CHF 50 Mio. anzurechnen w&auml;ren.</p> <p>Auf der Erbschaft resultiert eine Steuerlast von CHF 152 Mio. Diese besteht einerseits aus der Steuerschuld der Zukunftssteuer auf Ebene Bund (d.h. Gesamtverm&ouml;gen CHF 200 Mio. &ndash; Freibetrag CHF 50 Mio., versteuert zu 50% = CHF 75 Mio.). Andererseits entsteht eine kantonale Erbschaftssteuerschuld in H&ouml;he von CHF 77 Mio. (d.h.&nbsp; Gesamtverm&ouml;gen 200 Mio., versteuert zu 38.5%). Dies entspricht einer prozentualen effektiven Steuerlast von rund 76%.</p> <p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/69CfuBPYpZThwb44aLcMg7/8c7ac5320f387e5352d2f1f0ae4544c5/2024_Grafik_A11-4.jpg" alt="Abbildung 4 zur Darstellung der Erbschaftssteuerschuld" width="900" height="230" /></p> <p>H&auml;tte der Verstorbene statt eines Verwandten seine nicht-verwandte Nachbarin testamentarisch mit dem Erbe bedacht, k&auml;me die Gesamtsteuerlast aufgrund des fehlenden Verwandtschaftsverh&auml;ltnisses gar auf bis zu 99.5% zu liegen.</p> <h3>3.2 Steuervermeidung und Wegzugssteuer</h3> <p>Ein zentrales Element der Initiative sind die in Art.&nbsp;197 Ziff.&nbsp;15 E-BV vorgesehenen &Uuml;bergangsbestimmungen. Der Bund und die Kantone haben danach Ausf&uuml;hrungsbestimmungen bez&uuml;glich der Verhinderung von Steuervermeidung, insbesondere in Bezug auf den Wegzug aus der Schweiz, zu erlassen. Mit anderen Worten soll in der Schweiz eine bisher f&uuml;r nat&uuml;rliche Personen nicht vorhandene Wegzugsbesteuerung eingef&uuml;hrt werden.</p> <blockquote> <p>Art. 197 Ziff. 15 E-BV<br />&Uuml;bergangsbestimmungen zu Art. 129a E-BV (Zukunftssteuer)<br />¹ Der Bund und die Kantone erlassen Ausf&uuml;hrungsbestimmungen &uuml;ber:<br />1. die Verhinderung von Steuervermeidung, insbesondere in Bezug auf den Wegzug aus der Schweiz, die Pflicht zur Aufzeichnung von Schenkungen und die l&uuml;ckenlose Besteuerung;<br />2. die Verwendung des Rohertrags zur Unterst&uuml;tzung des sozial gerechten, &ouml;kologischen Umbaus der Gesamtwirtschaft, insbesondere in den Bereichen der Arbeit, des Wohnens und der &ouml;ffentlichen Dienstleistungen.<br />² Bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Ausf&uuml;hrungsbestimmungen erl&auml;sst der Bundesrat innert drei Jahren nach Annahme von Artikel 129a durch Volk und St&auml;nde die Ausf&uuml;hrungsbestimmungen per Verordnung. Die Ausf&uuml;hrungsbestimmungen finden auf Nachl&auml;sse und Schenkungen, die nach der Annahme von Artikel 129a ausgerichtet werden, r&uuml;ckwirkend Anwendung.</p> </blockquote> <p>Bei einer allf&auml;lligen Annahme der Initiative sollte es den Steuerpflichtigen freigestellt sein zu entscheiden, ob sie bis zur Inkraftsetzung der Zukunftssteuer in der Schweiz verbleiben wollen oder nicht.</p> <p>Diese Entscheidung der Steuerpflichtigen wollen die Initianten durch Art. 197 Ziff. 15 Abs. 2 E-BV bewusst bereits vor dem Abstimmungstag erzwingen. Darin ist festgehalten, dass der Bundesrat per Verordnung innert drei Jahren nach Annahme der Initiative die Ausf&uuml;hrungsbestimmungen zu erlassen hat, sofern diese bis dahin noch nicht gesetzlich geregelt wurden. Die Ausf&uuml;hrungsbestimmungen sollen r&uuml;ckwirkend auf alle Nachl&auml;sse und Schenkungen ab dem Abstimmungsdatum Anwendung finden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang der vorgesehene, exakte Verfassungswortlaut von Art. 197 Ziff. 15 Abs. 2 E-BV:</p> <blockquote> <p>&laquo;&hellip; Die Ausf&uuml;hrungsbestimmungen finden auf Nachl&auml;sse und Schenkungen, die nach der Annahme von Artikel 129a ausgerichtet werden, r&uuml;ckwirkend Anwendung.&raquo;</p> </blockquote> <p>Die Ausf&uuml;hrungsbestimmungen sollen also explizit auf Nachl&auml;sse und Schenkungen r&uuml;ckwirkend Anwendung finden. Dies impliziert im Gegenzug, dass die Ausf&uuml;hrungsbestimmungen r&uuml;ckwirkend nicht auf Wegz&uuml;ge aus der Schweiz Anwendung finden sollen. Ansonsten h&auml;tte der Verfassungswortlaut wie folgt lauten m&uuml;ssen:</p> <blockquote> <p>&laquo;&hellip; Die Ausf&uuml;hrungsbestimmungen finden r&uuml;ckwirkend Anwendung.&raquo;</p> </blockquote> <p>Ein Wegzug kann weder mit einem Nachlass noch einer Schenkung gleichgesetzt werden. Mithin d&uuml;rfte basierend auf dem Initiativtext ein Wegzug aus der Schweiz bis zum Erlass der Ausf&uuml;hrungsbestimmungen die Zukunftssteuer nicht ausl&ouml;sen. F&uuml;r eine eigentliche Wegzugssteuer (d.h. die blosse Wohnsitzverlegung ins Ausland l&ouml;st die Zukunftssteuer aus), d&uuml;rfte der Initiativtext keine hinreichende Grundlage bilden.^{<a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14">14</a>} In welchem Umfang Schenkungen und Nachl&auml;sse, die nach einem Wegzug und vor Erlass der Ausf&uuml;hrungsbestimmungen ausgerichtet werden, unter die Zukunftssteuer fallen, sofern ein etwaig anwendbares Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht der Schweiz nicht zur&uuml;ckdr&auml;ngt, w&auml;re im Einzelfall zu pr&uuml;fen.</p> <p>Nach hier vertretener Auffassung sollte es den betroffenen Steuerpflichtigen somit m&ouml;glich sein, die Abstimmung abzuwarten und bei einer allf&auml;lligen Annahme der Initiative &uuml;ber ein Verbleiben oder einen Wegzug bis zum Inkrafttreten der Ausf&uuml;hrungsbestimmungen selbst zu entscheiden. Dessen ungeachtet stellt sich indes die Frage, ob nicht eine Sicherstellung einer potentiell sp&auml;ter geschuldeten Steuer m&ouml;glich w&auml;re. Aufgrund der dargelegten Unklarheiten bis und im Zusammenhang mit der Einf&uuml;hrung der Ausf&uuml;hrungsbestimmungen durch den Bundesrat muss den Steuerpflichtigen jedoch zwingend empfohlen werden, sich bereits jetzt mit den verschiedenen Handlungsm&ouml;glichkeiten vertieft auseinanderzusetzen. Dessen ungeachtet bleibt aber zu hoffen, dass bei einer Annahme der Initiative der Bundesrat und der Gesetzgeber die Umsetzung der Initiative m&ouml;glichst im Einklang mit den bestehenden Verfassungsgarantien und -prinzipien vornehmen und dabei Zur&uuml;ckhaltung bei der Ausgestaltung der r&uuml;ckwirkenden und nachwirkenden Besteuerung nach Wegzug walten lassen. So fordern Opel/Oesterhelt in Anlehnung an die im schweizerischen Steuerrecht &uuml;blichen gesetzlichen und aussergesetzlichen Sperrfristen eine Beschr&auml;nkung auf maximal f&uuml;nf Jahre.^{<a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15">15</a>}</p> <p>In diesem Zusammenhang stellen sich auch verschiedene praktische Fragen:</p> <ul> <li>Die Schweiz bietet grunds&auml;tzlich keine Hand zur Vollstreckung von ausl&auml;ndischen Steuerforderungen im Inland. Dies gilt auch im umgekehrten Fall zur Vollstreckung von schweizerischen Steuerforderungen durch Beh&ouml;rden im Ausland.^{<a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16">16</a>} Entsprechend h&auml;tte die Schweiz bei Wegzug oder Verm&ouml;gensverschiebung ins Ausland keinen Zugriff mehr und k&ouml;nnte keine Vollstreckung einer Steuerforderung mehr durchsetzen.</li> <li>Im Zusammenhang mit einer Sicherstellung stellt sich bez&uuml;glich der Steuerbemessung die Frage des relevanten Zeitpunkts. Der steuerliche Verm&ouml;genswert einer zuk&uuml;nftigen Schenkung oder bei Todesfall kann nicht eindeutig im Zeitpunkt des Wegzugs bestimmt werden. Abh&auml;ngig von den Verm&ouml;genswerten k&ouml;nnen diese starken Wertschwankungen unterliegen.</li> <li>Eine Sicherstellung unterliegt zudem der Problematik, dass durch die H&ouml;he der Steuer von 50% im Regelfall keine gen&uuml;genden liquiden Mittel vorhanden sind. Eine Hinterlegung anderer Verm&ouml;genswerte wie bspw. Wertschriften, Kunstgegenst&auml;nde oder auch Immobilien als Sicherheit ist aber kaum praktikabel.</li> </ul> <p>Erschwerend kommt hinzu, dass die Schweiz mit acht L&auml;ndern Erbschafts- und Nachlasssteuerabkommen abgeschlossen hat. Die bestehenden Abkommen wurden abgeschlossen mit D&auml;nemark, Deutschland, Finnland, Grossbritannien, den Niederlanden, &Ouml;sterreich, Schweden und den USA.</p> <p>Durch diese Abkommen soll vermieden werden, dass der Nachlass des Erblassers doppelt besteuert wird. Zu diesem Zweck wird die eindeutige Zuweisung des Besteuerungsrechts geregelt, um Rechtssicherheit f&uuml;r die betroffenen Erben zu gew&auml;hrleisten. &Uuml;blicherweise steht das Besteuerungsrecht f&uuml;r das bewegliche Verm&ouml;gen dem Staat zu, in dem der Erblasser zuletzt gewohnt hat (sog. Wohnsitzprinzip). Zieht der Erblasser beispielsweise vor seinem Tod nach Deutschland, steht Deutschland das ausschliessliche Besteuerungsrecht auf den (beweglichen) Nachlass zu. Das Besteuerungsrecht der Schweiz wird durch das entsprechende Erbschaftssteuerabkommen grunds&auml;tzlich vollkommen zur&uuml;ckgedr&auml;ngt.^{<a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17">17</a>}</p> <h2>4. Handlungsm&ouml;glichkeiten f&uuml;r betroffene Personen</h2> <p>Die m&ouml;gliche Einf&uuml;hrung der Zukunftssteuer auf Bundesebene stellt bereits jetzt eine erhebliche Herausforderung f&uuml;r die betroffenen nat&uuml;rlichen Personen in der Schweiz dar. Mit einem Steuersatz von 50% und einem Freibetrag von CHF 50 Mio. w&uuml;rde die Zukunftssteuer die Nachlass- und Schenkungsplanung in der Schweiz grundlegend ver&auml;ndern. Nachfolgend werden einige Handlungsm&ouml;glichkeiten f&uuml;r Steuerpflichtige aus heutiger Sicht beschrieben.</p> <h3>4.1 Akzeptanz der Steuerpflicht</h3> <p>Eine M&ouml;glichkeit besteht darin, die Zukunftssteuer bei Annahme zu akzeptieren. Dies stellt (vordergr&uuml;ndig) die einfachste, jedoch auch finanziell belastendste Handlungsm&ouml;glichkeit dar. Betroffene sollten ihre Nachlassplanung entsprechend anpassen und gen&uuml;gend liquide Mittel bereitstellen, um die Steuerlast von 50% im Erbfall oder bei Schenkungen decken zu k&ouml;nnen. Dies erfordert eine detaillierte Planung und m&ouml;glicherweise die fr&uuml;hzeitige Verfl&uuml;ssigung von Verm&ouml;genswerten.</p> <h3>4.2 Vorzeitige Nachfolgeplanung</h3> <p>Durch eine vorgezogene Nachfolgeplanung kann das Verm&ouml;gen vor Annahme der Initiative auf die n&auml;chste Generation verteilt werden. Bei einer Familie mit 4 Kindern kann durch dieses Vorgehen ein Verm&ouml;gen von CHF 250 Mio. bereits heute zu je CHF 50 Mio. auf die vier Kinder &uuml;bertragen werden. CHF 50 Mio. verbleiben bei den Eltern. Jedes Familienmitglied kann so zuk&uuml;nftig von einem individuellen Freibetrag von CHF 50 Mio. profitieren. K&uuml;nftige positive Verm&ouml;gensentwicklungen jedoch w&auml;ren von der Zukunftssteuer betroffen.</p> <p>Durch Schenkungen und Nachl&auml;sse, die vor dem Inkrafttreten der neuen Regelung vorgenommen werden, kann die Belastung auf zuk&uuml;nftige Generationen verschoben werden. Allerdings gilt es die bestehenden kantonalen Erbschafts- und Schenkungssteuern zu beachten. Die Generation der Kinder ist bei der eigenen Nachfolgeplanung durch die Zukunftsteuer allerdings k&uuml;nftig stark eingeschr&auml;nkt, da ab Einf&uuml;hrung derselben pro Familie lediglich einmalig ein Freibetrag von CHF&nbsp;50 Mio. geltend gemacht werden kann.</p> <p>&Uuml;bersteigt das bestehende Verm&ouml;gen vor Inkrafttreten der Zukunftssteuer die Anzahl Familienmitglieder, ist auch bei dieser Variante die k&uuml;nftige zus&auml;tzliche Steuerlast zu akzeptieren.</p> <h3>4.3 Verm&ouml;gensstrukturierung</h3> <p>Eine strategische Umstrukturierung des Verm&ouml;gens kann dazu beitragen, die steuerliche Belastung zu minimieren. Das Verm&ouml;gen ist dabei vor der Abstimmung auf eine verselbst&auml;ndigte Verm&ouml;gensstruktur zu &uuml;bertragen, bei welcher das Verm&ouml;gen steuerlich nicht mehr dem Einflussbereich des Steuerpflichtigen und somit auch nicht mehr dem Nachlass zugerechnet wird.</p> <p>Die Verselbstst&auml;ndigung des Verm&ouml;gens kann bspw. durch die Errichtung eines Trusts oder einer Stiftung erreicht werden. Bereits heute nutzen Schweizer Steuerpflichtige erfolgreich regelm&auml;ssig Trusts, aber insbesondere auch Stiftungen, bspw. in Liechtenstein, als zielf&uuml;hrendes Nachlass- oder Nachfolgeplanungsinstrument.</p> <p>Im Gegensatz zum schweizerischen ist das liechtensteinische Stiftungsrecht sehr flexibel auf individuelle Bed&uuml;rfnisse im privatn&uuml;tzigen Bereich ausgerichtet. Die &Uuml;bertragung des Verm&ouml;gens auf eine privatn&uuml;tzige Stiftung zu Lebzeiten unterliegt in verschiedenen Kantonen allerdings der kantonalen Schenkungssteuer. Die Ausnahme sind die Kantone Luzern, Obwalden und Schwyz. Beim Kanton Luzern ist anzumerken, dass die Erbschaftssteuer auf der Schenkung erhoben wird, wenn der Schenker innert f&uuml;nf Jahren nach Vornahme der Schenkung verstirbt. Zudem unterliegen zuk&uuml;nftige Aussch&uuml;ttungen der Stiftung, bspw. an die Kinder und deren Nachkommen, bei ordentlicher Steuerpflicht in der Schweiz, grunds&auml;tzlich der Einkommenssteuer.</p> <p>Abh&auml;ngig von den bestehenden Gegebenheiten und individuellen Bed&uuml;rfnissen der Steuerpflichtigen kann die Verm&ouml;gensstrukturierung mittels Stiftung oder Trust vor Annahme der Initiative eine zielf&uuml;hrende M&ouml;glichkeit zur Zukunftsgestaltung des Verm&ouml;gens sein.</p> <h3>4.4 Wegzug</h3> <p>Eine weitere M&ouml;glichkeit ist der tempor&auml;re oder langfristige Wegzug aus der Schweiz.</p> <p>Wie dargelegt, sind die Autoren vorliegend der Auffassung, dass ein Wegzug bis zur Einf&uuml;hrung der Ausf&uuml;hrungsbestimmungen nicht von der Zukunftssteuer erfasst sein d&uuml;rfte.</p> <p>Sollten das Eidgen&ouml;ssische Finanzdepartement im Rahmen der Ausarbeitung der Botschaft oder der Bundesrat bzw. das Parlament eine andere Auffassung vertreten, w&auml;re ein tempor&auml;rer Wegzug vor Annahme der Initiative als Handlungsm&ouml;glichkeit zu pr&uuml;fen.</p> <p>Angesichts der &Uuml;bergangsbestimmungen, die gem&auml;ss Initiativtext keine r&uuml;ckwirkende Besteuerung von Wegz&uuml;gen vor Annahme der Initiative vorsehen, w&uuml;rde ein Wohnsitzwechsel ins Ausland eine vollst&auml;ndige Vermeidung der Zukunftssteuer erm&ouml;glichen. Ein Wegzug m&uuml;sste diesfalls vor der Abstimmung erfolgen. Aus steuerlicher Sicht w&auml;re der Wohnsitz effektiv ins Ausland zu verlegen und der Wohnsitz in der Schweiz vorbehaltlos aufzugeben. Falls die Initiative nicht angenommen wird, w&auml;re ein Zuzug in die Schweiz unter den gegebenen aufenthaltsrechtlichen Rahmenbedingungen wieder m&ouml;glich. Bei Annahme der Initiative w&uuml;rde die Zukunftssteuer nicht mehr greifen, da keine Steuerpflicht mehr in der Schweiz best&uuml;nde. Diesfalls w&auml;re der Wegzug langfristig und final. Ein Wegzug w&auml;re zudem auch nach Annahme der Initiative bzw. nach Inkrafttreten der Ausf&uuml;hrungsbestimmungen denkbar. Die Auswirkungen eines solchen h&auml;ngen aber massgeblich von der Ausgestaltung der Ausf&uuml;hrungsbestimmungen ab.</p> <p>Bei der Auswahl der Zieljurisdiktion sind verschiedene Aspekte zu ber&uuml;cksichtigen. Einerseits, ob ein Erbschafts- und Nachlasssteuerabkommen mit der Schweiz besteht. Dies w&auml;re bspw. mit &Ouml;sterreich der Fall. Umso interessanter ist &Ouml;sterreich auch deshalb, weil seit 2008 keine Erbschafts- und Schenkungssteuern mehr erhoben werden. Nach heutigem Kenntnisstand d&uuml;rfte daher bei einem Wegzug nach &Ouml;sterreich nach Annahme und Inkrafttreten der Initiative keine Zukunftsteuer anfallen. Welche Steuerlasten bei den Steuerpflichtigen durch das in &Ouml;sterreich geltende Steuersystem zuk&uuml;nftig entstehen, ist individuell zu pr&uuml;fen.</p> <p>Sollte eine Pauschalbesteuerung in Frage kommen, w&auml;re bspw. Italien als Zieljurisdiktion eine Option. Italien hat 2017 ein attraktives Steuerregime f&uuml;r wohlhabende Ausl&auml;nder und zur&uuml;ckkehrende Italiener eingef&uuml;hrt. Mit einer j&auml;hrlichen Pauschale von lediglich EUR&nbsp;100'000 besteht seit Jahren ein grosses Interesse an diesem Steuerregime.</p> <h2>5. Fazit</h2> <p>Die Initiative strebt eine zus&auml;tzliche Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Bundesebene an, um sehr verm&ouml;gende Personen zu besteuern und die Einnahmen zur Bek&auml;mpfung der Klimakrise und f&uuml;r den notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft zu verwenden. Mit einem Freibetrag von CHF 50 Mio. und einem Steuersatz von 50% betrifft die Steuer die reichsten Steuerpflichtigen des Landes.</p> <p>Der Bundesrat lehnt die Initiative ab und hebt die erheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen und praktischen Herausforderungen hervor, die mit der Einf&uuml;hrung der Zukunftssteuer verbunden w&auml;ren. Kritisiert werden insbesondere der hohe Steuersatz, das Fehlen von Ausnahmen und die Einf&uuml;hrung einer faktischen Wegzugssteuer, die Steuervermeidung verhindern soll. Zudem werden sowohl Nachl&auml;sse und Schenkungen an (Ehe-)Partner als auch an gemeinn&uuml;tzige Institutionen und Einrichtungen von der Besteuerung erfasst.</p> <p>Die Initiative soll voraussichtlich in der ersten Jahresh&auml;lfte 2026 zur Abstimmung gebracht werden. Die Zukunftssteuer erfordert von den betroffenen Steuerpflichtigen eine fr&uuml;hzeitige und gr&uuml;ndliche Planung, um die erheblichen finanziellen Auswirkungen zu minimieren. Es bleibt abzuwarten, wie die politischen Entwicklungen verlaufen und ob die Initiative letztlich angenommen wird. Steuerpflichtige sollten jedoch bereits heute Massnahmen ergreifen, um auf alle Eventualit&auml;ten vorbereitet zu sein.</p></article>