Emissionsabgabe bei Sanierungen

<article class="rz"><h2>1. Einleitung</h2> <p>Die Emissionsabgabe erfasst die Begr&uuml;ndung oder Erh&ouml;hung von Beteiligungsrechten von inl&auml;ndischen Kapitalgesellschaften und Genossenschaften sowie Zusch&uuml;sse in die Reserven durch Gesellschafter ohne formelle Kapitalerh&ouml;hung. Auch Sanierungsleistungen der Gesellschafter, sofern sie denn auch das Eigenkapital erh&ouml;hen, unterliegen grunds&auml;tzlich der Emissionsabgabe von einem Prozent. Um die Sanierung von notleidenden Gesellschaften nicht unn&ouml;tig zu erschweren, sieht das Bundesgesetz &uuml;ber die Stempelabgaben (StG) einerseits einen Sanierungsfreibetrag von zehn Millionen Franken und anderseits einen Erlass oder die Stundung vor.</p> <p>Die geltende Verwaltungspraxis zur steuerlichen Behandlung von Sanierungen weist aus Sicht der Emissionsabgabe Ungereimtheiten auf, so etwa, dass Forderungsverzichte von Gesellschaftern generell der Emissionsabgabe unterliegen, aber nur ausnahmsweise gewinnsteuerneutral sind. Ausserdem sind Gesellschaften aufgrund des Erfordernisses der Verlustausbuchung zur Inanspruchnahme des Sanierungsfreibetrags oder Erlasses vor das Dilemma gestellt, entweder auf einer Sanierungsleistung Emissionsabgabe zu bezahlen oder auf die Bildung von Kapitaleinlagereserven zu verzichten.</p> <p>Aufgrund eines vielbeachteten und allgemein begr&uuml;ssten Urteils des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) vom 29. November 2021 bestand kurze Zeit Hoffnung, dass dieses Dilemma beseitigt worden sei. Allerdings erhob die Eidgen&ouml;ssische Steuerverwaltung (ESTV) Beschwerde ans Bundesgericht (BGer), das mit Entscheid vom 7. September 2023 das Urteil des BVGer, soweit dieses nicht letztinstanzlich entschied, zugunsten der Beschwerdef&uuml;hrerin korrigiert hat. Im Ergebnis werden das Erfordernis der Verlustbeseitigung, um in den Genuss des Sanierungsfreibetrags zu kommen, und die Anforderungen an den Erlass der Emissionsabgabe unterschiedlich ausgelegt. Dem Vernehmen nach wird die ESTV aber auch f&uuml;r den Erlass weiterhin die Verrechnung von Verlusten verlangen.</p> <p>Der vorliegende Artikel bezweckt, die Emissionsabgabe im Zusammenhang mit Sanierungen umfassend darzustellen.</p> <h2>2. Grundlagen</h2> <h3>2.1 Natur und Gegenstand der Emissionsabgabe</h3> <p>Bei der Stempelabgabe und mithin der Emissionsabgabe handelt es sich um eine Kapitalverkehrssteuer, die an bestimmte, im Gesetz normierte Vorg&auml;nge des Rechtsverkehrs ankn&uuml;pft. In der Rechtsprechung und Literatur wird deshalb mit Bezug auf die Stempelabgabe von einer &laquo;Rechtsverkehrssteuer&raquo; gesprochen.<a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1">⁰¹</a> F&uuml;r ihre Festsetzung ist der wirkliche Inhalt der Urkunden oder Rechtsvorg&auml;nge massgebend.<a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">⁰²</a> Dem formalen Charakter der Steuer entspricht, dass f&uuml;r die Abgabepflicht die rechtliche Gestaltung eines Gesch&auml;fts massgebend ist und nicht der von den Beteiligten verfolgte wirtschaftliche Zweck.</p> <p>Die zum Abgabesatz von einem Prozent erhobene Emissionsabgabe wird auf der entgeltlichen oder unentgeltlichen Begr&uuml;ndung oder Erh&ouml;hung des Nennwerts von Beteiligungsrechten von inl&auml;ndischen Kapitalgesellschaften und Genossenschaften sowie auf Zusch&uuml;ssen von Anteilsinhabern ohne formelle Kapitalerh&ouml;hung erhoben. Soweit Sanierungsleistungen in subjektiver und objektiver Hinsicht unter diesen Steuertatbestand fallen, unterliegen sie grunds&auml;tzlich der Emissionsabgabe. D.h. mit anderen Worten, dass Sanierungsleistungen grunds&auml;tzlich der Emissionsabgabe unterliegen, soweit sie einerseits unter den Steuertatbestand fallen und andererseits keine Ausnahmebestimmung anwendbar ist. F&uuml;r Sanierungsleistungen sieht das StG folgende zwei Ausnahmetatbest&auml;nde vor:</p> <blockquote> <p>Art. 6 Abs. 1 lit. j StG: &laquo;Beteiligungsrechte, die zur &Uuml;bernahme eines Betriebes oder Teilbetriebes einer Aktiengesellschaft, Kommanditaktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschr&auml;nkter Haftung oder Genossenschaft begr&uuml;ndet oder erh&ouml;ht werden, sofern gem&auml;ss letzter Jahresbilanz die H&auml;lfte des Kapitals und der gesetzlichen Reserven dieser Gesellschaft oder Genossenschaft nicht mehr gedeckt ist&raquo;;</p> <p>Art. 6 Abs. 1 lit. k StG: &laquo;Die bei offenen Sanierungen vorgenommene Begr&uuml;ndung von Beteiligungsrechten oder die Erh&ouml;hung von deren Nennwert bis zur H&ouml;he vor der Sanierung sowie Zusch&uuml;sse von Gesellschaftern oder Genossenschaftern bei stillen Sanierungen, soweit:</p> <ul> <li>bestehende Verluste beseitigt werden, und</li> <li>die Leistungen der Gesellschafter oder Genossenschafter gesamthaft 10 Millionen Franken nicht &uuml;bersteigen&raquo;.</li> </ul> </blockquote> <p>&Uuml;berdies sieht das StG f&uuml;r den Sanierungsfreibetrag von zehn Millionen Franken &uuml;bersteigende Sanierungsleistungen die M&ouml;glichkeit des Erlasses oder der Stundung der Emissionsabgabe vor, wenn diese f&uuml;r die betroffene Gesellschaft eine offenbare H&auml;rte bedeuten w&uuml;rde.<a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">⁰³</a></p> <h3>2.2 Sanierungsbed&uuml;rftigkeit im Sinne der Emissionsabgabe</h3> <p>Weder das StG, die Verordnung zum StG noch ein anderes Steuergesetz enthalten eine allgemeine Definition der Sanierungsbed&uuml;rftigkeit. Laut dem Kreisschreiben Nr. 32 der ESTV betreffend Sanierungen liegt eine steuerlich anerkannte Sanierungsbed&uuml;rftigkeit vor, wenn eine Gesellschaft eine echte Unterbilanz aufweist, d.h. wenn Verluste bestehen und die Gesellschaft &uuml;ber keine offenen und/oder stillen Reserven verf&uuml;gt, welche die ausgewiesenen Verluste abdecken.<a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">⁰⁴</a> Das Steuerrecht nimmt also eine Sanierungsbed&uuml;rftigkeit viel rascher an als das Handelsrecht, welches einen h&auml;lftigen Kapitalverlust voraussetzt.<a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5">⁰⁵</a> Eine Sanierungsbed&uuml;rftigkeit im steuerrechtlichen Sinn liegt aber freilich erst dann vor, wenn auch keine stillen Willk&uuml;rreserven zur Verlustdeckung mehr vorhanden sind.<a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6">⁰⁶</a> Demgegen&uuml;ber stellt die handelsrechtliche Definition der Unterbilanz oder des Kapitalverlusts nur auf die offenen Reserven ab und l&auml;sst etwaige stille Reserven ausser Acht.<a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7">⁰⁷</a></p> <p>Die Definition der steuerlich anerkannten Sanierungsbed&uuml;rftigkeit im vorgenannten Sinn gilt aber explizit nicht f&uuml;r den Sanierungsfreibetrag und die Ausnahme f&uuml;r Kapitalerh&ouml;hungen von Auffanggesellschaften bei der Emissionsabgabe, f&uuml;r die, wie noch zu zeigen sein wird, je eine abweichend definierte Sanierungsbed&uuml;rftigkeit vorausgesetzt wird. F&uuml;r den Erlass der Emissionsabgabe wird hingegen eine Sanierungsbed&uuml;rftigkeit im Sinne der besagten Definition im Kreisschreiben Nr. 32 vorausgesetzt. Dass folglich allein bei der Emissionsabgabe drei verschiedene Auspr&auml;gungen der Sanierungsbed&uuml;rftigkeit beachtet werden m&uuml;ssen, die im Gesetz nicht klar normiert sind und ausserdem von der handelsrechtlichen Definition der Sanierungsbed&uuml;rftigkeit abweichen, erschwert die Rechtsanwendung und f&uuml;hrt zu Rechtsunsicherheit.<a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8">⁰⁸</a></p> <h3>2.3 Sanierungsleistung im Sinne der Emissionsabgabe</h3> <p>F&uuml;r die Anwendung der zwei Ausnahmetatbest&auml;nde f&uuml;r Sanierungen und den Erlass oder die Stundung der Emissionsabgabe wird vorausgesetzt, dass es sich bei den der Abgabe unterliegenden Leistungen um Sanierungsleistungen handelt. Eine Sanierungsleistung im Sinne der Emissionsabgabe muss zun&auml;chst dazu dienen, einen bestehenden Bilanzverlust g&auml;nzlich oder teilweise zu beseitigen.<a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9">⁰⁹</a> Folglich qualifiziert etwa eine ordentliche Kapitalerh&ouml;hung nicht als Sanierungsmassnahme im Sinne der Emissionsabgabe, es sei denn, sie erfolgt in Kombination mit einer Kapitalherabsetzung.<a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10">¹⁰</a></p> <p>Nicht vorausgesetzt f&uuml;r das Vorliegen einer Sanierungsleistung wird hingegen, dass eine bestehende Unterbilanz vollst&auml;ndig beseitigt wird. Es ist f&uuml;r das Vorliegen einer Sanierungsleistung im Sinne der Emissionsabgabe grunds&auml;tzlich ausreichend, wenn die Unterbilanz verringert wird, selbst wenn dies nur um einen Rappen geschieht.</p> <p>Damit eine steuerlich relevante Sanierung vorliegt, m&uuml;ssen der Gesellschaft aber von aussen neue Mittel zugef&uuml;hrt werden. Daraus folgt, dass rein bilanzielle Sanierungsmassnahmen, wie etwa die Aufwertung von Aktiven gem&auml;ss Art. 725c OR oder eine Kapitalherabsetzung ohne anschliessende Wiedererh&ouml;hung des Kapitals, keine steuerlich relevanten Sanierungsleistungen darstellen.<a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11">¹¹</a> Nicht als Sanierungsleistungen im Sinne der Emissionsabgabe qualifizieren sodann Leistungen, welche die bestehenden Verluste &uuml;bersteigen und somit eine &Uuml;bersanierung bewirken. Im Fall einer &Uuml;bersanierung wird die Qualifikation als Sanierungsleistung aber nur insoweit versagt, als die Sanierungsleistung die bestehenden Verluste &uuml;bersteigt. Der Fokus der folgenden Ausf&uuml;hrungen richtet sich daher in erster Linie auf die finanziellen Sanierungsmassnahmen, d.h. den Zuschuss und den Forderungsverzicht.<a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12">¹²</a></p> <h2>3. Emissionsabgabe bei Sanierungsmassnahmen</h2> <h3>3.1 Behandlung der Sanierungsmassnahmen bei der Emissionsabgabe</h3> <h4>3.1.1 Herabsetzung und allenfalls Wiedererh&ouml;hung des Aktienkapitals</h4> <p>Bei einer Unterbilanz respektive einem Kapitalverlust ist das nominelle Kapital der Gesellschaft nicht mehr vollst&auml;ndig durch Aktiven gedeckt. Durch die Herabsetzung des Aktienkapitals kann die Gesellschaft das frei werdende Kapital mit dem Bilanzverlust verrechnen und dadurch die Unterbilanz beseitigen oder zumindest reduzieren.<a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13">¹³</a> Wird das Aktienkapital gleichzeitig mit der Kapitalherabsetzung wieder erh&ouml;ht, spricht man von einem Kapitalschnitt oder einer offenen Sanierung.<a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14">¹⁴</a> Bei einer offenen Sanierung unterliegt die Wiedererh&ouml;hung des Kapitals, vorbehaltlich des Sanierungsfreibetrags, grunds&auml;tzlich der Emissionsabgabe.</p> <h4>3.1.2 &Agrave; fonds perdu-Zuschuss</h4> <p>Eine Gesellschaft kann ferner durch &agrave; fonds perdu-Zusch&uuml;sse, d.h. durch Zusch&uuml;sse in die Reserven, ohne dass das nominelle Kapital erh&ouml;ht wird, saniert werden. Man spricht in diesem Fall von einer stillen Sanierung, da keine formelle Kapitalver&auml;nderung stattfindet und die Sanierung daher aus dem Handelsregister nicht ersichtlich ist (keine Handelsregisterpublizit&auml;t). Die der Gesellschaft durch &agrave; fonds perdu-Zusch&uuml;sse zugef&uuml;hrten Mittel erm&ouml;glichen einerseits die Beseitigung bestehender Verluste und folglich die vollst&auml;ndige oder teilweise Behebung der Unterbilanz und versorgen die Gesellschaft andererseits, und im Unterschied etwa zu einem Forderungsverzicht, mit Liquidit&auml;t. Zusch&uuml;sse unterliegen grunds&auml;tzlich nur dann der Emissionsabgabe, wenn sie von den direkten Anteilsinhabern stammen.<a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15">¹⁵</a> Demgegen&uuml;ber unterliegen Zusch&uuml;sse von Dritten oder indirekten Anteilsinhabern, wie z.B. der Grossmuttergesellschaft, nicht der Emissionsabgabe. W&auml;hrend die Begr&uuml;ndung oder Erh&ouml;hung von Beteiligungsrechten auch in Bezug auf ein etwaiges Agio zum allgemeinen Freibetrag von einer Million Franken berechtigt, kann dieser f&uuml;r reine Zusch&uuml;sse nicht beansprucht werden. Dagegen berechtigen Zusch&uuml;sse im Rahmen von Sanierungen zum Sanierungsfreibetrag von zehn Millionen Franken und, soweit sie diesen Betrag &uuml;bersteigen, zum Erlass oder der Stundung der Emissionsabgabe, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erf&uuml;llt sind.</p> <h4>3.1.3 Forderungsverzicht</h4> <p>Eine weitere Auspr&auml;gung der stillen Sanierung sind Forderungsverzichte von Gl&auml;ubigern. Aus steuerlicher Sicht ist zwischen Forderungsverzichten von Dritten und solche von Gesellschaftern zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist auch aus Sicht der Emissionsabgabe von Relevanz, da Forderungsverzichte als Zusch&uuml;sse im emissionsabgaberechtlichen Sinn qualifizieren. Bei einem Zuschuss handelt es sich streng w&ouml;rtlich verstanden um eine Einlage in die Reserven der Gesellschaft. Im weiteren oder wirtschaftlichen Sinne verstanden stellt auch ein Forderungsverzicht ein Zuschuss dar.<a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16">¹⁶</a> Ein solcher bewirkt dasselbe Ergebnis wie eine Einlage in die Reserven, auch wenn der Gesellschaft keine neuen Mittel zugef&uuml;hrt, sondern bestehende Verbindlichkeiten in Eigenkapital umgewandelt werden. Wie gezeigt, unterliegen lediglich Zusch&uuml;sse der direkten Anteilsinhaber der Emissionsabgabe. Bei Forderungsverzichten verh&auml;lt es sich konsequenterweise gleich. &nbsp;</p> <p>Die bei der Gewinnsteuer relevante Unterscheidung, ob der Forderungsverzicht des Anteilsinhabers einen echten Sanierungsgewinn (Regelfall) oder einen unechten Sanierungsgewinn (Ausnahme bei verdecktem Eigenkapital oder Sanierungskredit) bewirkt, ist f&uuml;r die emissionsabgaberechtliche Behandlung hingegen nicht von Belang. Forderungsverzichte der direkten Anteilsinhaber unterliegen vorbehaltlich des Sanierungsfreibetrags grunds&auml;tzlich immer der Emissionsabgabe. Dass auch gewinnsteuerwirksame Forderungsverzichte von Gesellschaftern der Emissionsabgabe unterliegen, ist eine steuersystematische Ungereimtheit. Korrigiert werden sollte aber nicht die Praxis bei der Emissionsabgabe, sondern vielmehr jene bei der Gewinnsteuer.<a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17">¹⁷</a> Bereits korrigiert wurde die Praxis bei der Verrechnungssteuer, indem erfolgsneutral verbuchte und nicht mit Verlusten verrechnete Forderungsverzichte von Gesellschaftern unabh&auml;ngig von deren gewinnsteuerlichen Behandlung nunmehr zur Bildung von Kapitaleinlagereserven berechtigen.<a title="" href="#_ftn18" name="_ftnref18">¹⁸</a></p> <p>Als Entsch&auml;digung f&uuml;r einen Forderungsverzicht kann eine Gesellschaft Gl&auml;ubigern Besserungs- oder Genussscheine ausgeben. Besserungsscheine berechtigen den Inhaber unter bestimmten Voraussetzungen, auf den im Rahmen einer Sanierung geleisteten Forderungsverzicht zur&uuml;ckzukommen. Bei Besserungsscheinen handelt es sich aber nicht um Urkunden, die einen Anspruch auf Beteiligung am Reingewinn oder Liquidationsergebnis begr&uuml;nden, und mithin auch nicht um Urkunden, deren Ausgabe der Emissionsabgabe unterliegt. Demgegen&uuml;ber unterliegt die Ausgabe von Sanierungsgenussscheinen grunds&auml;tzlich der Emissionsabgabe, die sich nach dem Entgelt bemisst. Bei der unentgeltlichen Ausgabe betr&auml;gt die Emissionsabgabe drei Franken je Genussschein.<a title="" href="#_ftn19" name="_ftnref19">¹⁹</a> Erfolgt die Ausgabe von Sanierungsgenussscheinen in Verbindung mit einem Forderungsverzicht, bemisst sich die Emissionsabgabe nach dem Betrag des Forderungsverzichts. Dies ist freilich nur bei Forderungsverzichten von Dritten von Relevanz, da Forderungsverzichte von Gesellschaftern ohnehin der Emissionsabgabe unterliegen, die sich nach dem Betrag des Forderungsverzichts bemisst. Bei Forderungsverzichten von Gesellschaftern hat die Ausgabe von Sanierungsgenussscheinen mithin keine zus&auml;tzliche Emissionsabgabebelastung zur Folge.</p> <h4>3.1.4 Anderweitige Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital</h4> <p>Forderungsverzichte von Gesellschaftern unterliegen gem&auml;ss der vom Bundesgericht gesch&uuml;tzten Verwaltungspraxis grunds&auml;tzlich der Gewinnsteuer, es sei denn, dass die Forderung auf einen Sanierungskredit zur&uuml;ckzuf&uuml;hren ist oder als verdecktes Eigenkapital qualifiziert.<a title="" href="#_ftn20" name="_ftnref20">²⁰</a> Dies gilt in Abweichung vom Massgeblichkeitsprinzip selbst dann, wenn der Forderungsverzicht nicht &uuml;ber die Erfolgsrechnung verbucht wird.<a title="" href="#_ftn21" name="_ftnref21">²¹</a></p> <p>Die nachteiligen Gewinnsteuerfolgen von Forderungsverzichten der Gesellschafter lassen sich aber einfach vermeiden, wenn Gesellschafter, anstatt auf ihre Forderung zu verzichten, diese in die Gesellschaft einlegen, wobei hierf&uuml;r nicht zwingend neue Beteiligungsrechte ausgegeben werden m&uuml;ssen.<a title="" href="#_ftn22" name="_ftnref22">²²</a> Die Forderungseinlage des Gesellschafters hat bei der empfangenden Gesellschaft den Untergang der Forderung durch Konfusion zur Folge. Sie f&uuml;hrt wirtschaftlich zum gleichen Ergebnis wie ein Forderungsverzicht. Der Unterschied liegt einzig darin, dass es sich um eine Einlage handelt, weshalb schon aufgrund von Art. 60 lit. a DBG klar ist, dass diese keine Gewinnsteuerfolgen zeitigt.</p> <p>Die Forderungseinlage des Gesellschafters unterliegt wie der Forderungsverzicht des Gesellschafters der Emissionsabgabe.</p> <h4>3.1.5 Sanierung durch eine nahestehende Person</h4> <p>Erbringt eine dem Anteilsinhaber nahestehende Person einen Forderungsverzicht oder einen Zuschuss in eine sanierungsbed&uuml;rftige Gesellschaft, trat nach fr&uuml;herer Praxis der ESTV bei der Emissionsabgabe wie bei der Verrechnungssteuer automatisch ein Wechsel von der &uuml;blicherweise geltenden Direktbeg&uuml;nstigungstheorie zur Dreieckstheorie ein.<a title="" href="#_ftn23" name="_ftnref23">²³</a> Demzufolge erh&auml;lt der Anteilsinhaber in einem ersten Schritt von der nahestehenden Person eine geldwerte Leistung, die er in einem zweiten Schritt in die zu sanierende Gesellschaft einbringt. Diese Praxis gr&uuml;ndete auf der &Uuml;berlegung, dass die Sanierung einer Gesellschaft Aufgabe des Anteilsinhabers sei. Nach einem Entscheid der Schweizerischen Steuerrekurskommission (heute BVGer) vom 28. Juni 2005<a title="" href="#_ftn24" name="_ftnref24">²⁴</a> liess sich die bisherige Praxis mit Bezug auf die Emissionsabgabe aber nicht mehr halten. Gem&auml;ss Kreisschreiben Nr. 32 der ESTV wird bei einer Sanierungsleistung durch eine dem Anteilsinhaber nahestehende Person (z.B. eine Schwestergesellschaft) die Dreieckstheorie, vorbeh&auml;ltlich der Abgabeumgehung<a title="" href="#_ftn25" name="_ftnref25">²⁵</a>, deshalb nicht mehr angewendet.<a title="" href="#_ftn26" name="_ftnref26">²⁶</a> Bei einer Sanierungsfusion zwischen nahestehenden Gesellschaften ergeben sich bereits aufgrund der Ausnahmebestimmung in Art. 6 Abs. 1 lit. a^bis StG keine Emissionsabgabefolgen.<a title="" href="#_ftn27" name="_ftnref27">²⁷</a></p> <h3>3.2 Ausnahmen von der Emissionsabgabe bei Sanierungen</h3> <h4>3.2.1 Sanierungsfreibetrag</h4> <p>Der in Art. 6 Abs. 1 lit. k StG geregelte Sanierungsfreibetrag wurde mit der Unternehmenssteuerreform II am 23. M&auml;rz 2007 eingef&uuml;hrt und per 1. Januar 2009 in Kraft gesetzt. Es handelt sich um einen besonderen Freibetrag von zehn Millionen Franken der auf Sanierungsleistungen, d.h. die Begr&uuml;ndung oder Erh&ouml;hung von Beteiligungsrechten bei offenen Sanierungen und Zusch&uuml;sse bei stillen Sanierungen, anwendbar ist, soweit bestehende Verluste beseitigt werden.</p> <p>Der Sanierungsfreibetrag ist wie der allgemeine Freibetrag von einer Million Franken als einmaliger Freibetrag ausgestaltet, der aber auf mehrere Sanierungen aufgeteilt werden kann. Eine Konkurrenz zwischen allgemeinem Freibetrag und Sanierungsfreibetrag besteht nicht. Liegt eine Sanierung vor, kommt ausschliesslich der Sanierungsfreibetrag zur Anwendung. Ist dieser ausgesch&ouml;pft, kann allenfalls der Erlass oder die Stundung der Emissionsabgabe beansprucht werden. Der allgemeine Freibetrag kann hingegen bei einer Sanierungsleistung &ndash; in Frage k&auml;me ohnehin nur eine offene Sanierung, da der allgemeine Freibetrag auf Zusch&uuml;sse nicht anwendbar ist<a title="" href="#_ftn28" name="_ftnref28">²⁸</a> &ndash; nicht beansprucht werden.</p> <p>Wie eingangs dargelegt, &auml;ussern sich das StG und die Verordnung nicht n&auml;her dazu, wann eine Sanierungsbed&uuml;rftigkeit vorliegt, die zur Inanspruchnahme des Sanierungsfreibetrags berechtigt. Es wird mit Bezug auf den Sanierungsfreibetrag einzig die Voraussetzung aufgestellt, dass &laquo;bestehende Verluste beseitigt werden&raquo;.<a title="" href="#_ftn29" name="_ftnref29">²⁹</a> Ausserdem qualifizieren gem&auml;ss Gesetzeswortlaut Nennwerterh&ouml;hungen bei offenen Sanierungen nur bis zur H&ouml;he vor der Sanierung zum Sanierungsfreibetrag. Aus dem Erfordernis bestehender Verluste kann nicht geschlossen werden, dass die Gesellschaft eine echte oder unechte Unterbilanz oder gar einen Kapitalverlust im Sinne von Art. 725a Abs. 1 OR aufweisen muss.<a title="" href="#_ftn30" name="_ftnref30">³⁰</a> Dies folgt daraus, dass das Handelsrecht nicht generell vorschreibt, Verluste mit Reserven zu verrechnen. Mit der neuen Bestimmung von Art. 674 OR wurden erstmals Regeln zur Verlustverrechnung eingef&uuml;hrt. Die Bestimmung legt fest, in welcher Reihenfolge Verluste zu verrechnen sind. Sie besagt aber auch, dass hinsichtlich der gesetzlichen Gewinn- und Kapitalreserven eine Verlustverrechnung unterlassen werden kann. Mindestens mit Bezug auf die gesetzlichen Gewinn- und Kapitalreserven hat eine Gesellschaft folglich die Wahl, bestehende Verluste in der Bilanz stehen zu lassen oder sie zu verrechnen.<a title="" href="#_ftn31" name="_ftnref31">³¹</a> Auch aus den Materialien geht nicht hervor, dass die Anwendung des Sanierungsfreibetrags eine Unterbilanz oder einen Kapitalverlust im Sinne von Art. 725a Abs. 1 OR voraussetzen soll.<a title="" href="#_ftn32" name="_ftnref32">³²</a> Einzige Voraussetzungen f&uuml;r dessen Beanspruchung sind mithin in positiver Hinsicht, dass bestehende Verluste ganz oder teilweise beseitigt werden, und in negativer Hinsicht, dass keine Steuerumgehung vorliegt.<a title="" href="#_ftn33" name="_ftnref33">³³</a></p> <p>Die Voraussetzung, dass &laquo;bestehende Verluste beseitigt werden&raquo;, ist gem&auml;ss konstanter Verwaltungspraxis in dem Sinne zu verstehen, dass der Sanierungsfreibetrag nur beansprucht werden kann, wenn und soweit bestehende Verluste ausgebucht werden. Mit anderen Worten m&uuml;ssen die der Gesellschaft zugef&uuml;hrten Mittel unmittelbar mit dem Bilanzverlust und/oder Verlustvortrag verrechnet werden. Es gen&uuml;gt demzufolge nicht, wenn die Sanierungsleistung nach der Bruttomethode verbucht wird. Wie noch zu zeigen sein wird, wurde diese restriktive Praxis erst k&uuml;rzlich vom BGer best&auml;tigt.<a title="" href="#_ftn34" name="_ftnref34">³⁴</a> Was die negative Voraussetzung anbelangt, so w&auml;re eine Steuerumgehung etwa dann anzunehmen, wenn eine Gesellschaft absichtlich unzureichend mit Eigenkapital ausgestattet wurde, um sie zu einem sp&auml;teren Zeitpunkt unter Inanspruchnahme des Sanierungsfreibetrags mit zus&auml;tzlichen Mitteln zu versorgen. Anders als beim Erlass, dessen Beanspruchung bereits beim Vorliegen einer Unterkapitalisierung (objektives Element) ausgeschlossen ist, braucht es beim Sanierungsfreibetrag zus&auml;tzlich eine Umgehungsabsicht (subjektives Element), damit dieser aufgrund einer Unterkapitalisierung nicht beansprucht werden kann.</p> <p>In formeller Hinsicht bringt es die Ausgestaltung der Emissionsabgabe als Selbstveranlagungssteuer mit sich, dass die abgabepflichtige Gesellschaft selbst eine Beurteilung vorzunehmen hat, ob sie die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Sanierungsfreibetrags erf&uuml;llt. Gegebenenfalls hat sie den Sanierungsfreibetrag bei der Abrechnung der Emissionsabgabe mit Formular 3 bei einer offenen Sanierung oder mit Formular 4 bei einer stillen Sanierung von der Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen. Verbleibt nach Abzug des Sanierungsfreibetrags keine emissionsabgabepflichtige Sanierungsleistung, muss &uuml;berhaupt keine Abrechnung eingereicht werden. Da der Sanierungsfreibetrag keine besondere Sanierungsbed&uuml;rftigkeit, sondern bloss die Ausbuchung bestehender Verluste bedingt, d&uuml;rfte es in den allermeisten F&auml;llen klar sein, ob und inwieweit eine Sanierungsleistung zur Inanspruchnahme des Sanierungsfreibetrags berechtigt. Sollte es im Einzelfall trotzdem eine Unsicherheit geben, ob der Sanierungsfreibetrag in Anspruch genommen werden kann, steht es einer Gesellschaft offen, vorab eine verbindliche Auskunft einzuholen.</p> <h4>3.2.2 Ausnahme f&uuml;r Auffanggesellschaften</h4> <p>Die in Art. 6 Abs. 1 lit. j StG geregelte Ausnahme, wonach die Begr&uuml;ndung oder Erh&ouml;hung von Beteiligungsrechten einer Auffanggesellschaft zur &Uuml;bernahme eines Betriebs oder Teilbetriebs einer Kapitalgesellschaft von der Emissionsabgabe ausgenommen sind, sofern letztere einen h&auml;lftigen Kapitalverlust im Sinne von Art. 725a Abs. 1 OR aufweist, wurde ebenfalls mit der Unternehmenssteuerreform II eingef&uuml;hrt. Soweit ersichtlich, hat diese Ausnahmebestimmung im Gegensatz zum Sanierungsfreibetrag kaum praktische Relevanz.</p> <p>Nach hier vertretener Auffassung setzt die Inanspruchnahme der Ausnahme nicht voraus, dass die Aufnahmegesellschaft anl&auml;sslich der &Uuml;bernahme des Betriebs oder Teilbetriebs von der sanierungsbed&uuml;rftigen Gesellschaft neu gegr&uuml;ndet wird.<a title="" href="#_ftn35" name="_ftnref35">³⁵</a> Dies ergibt sich einerseits aus dem Sinn und Zweck der Norm, andererseits aus dem Wortlaut, der explizit auch die Erh&ouml;hung von Beteiligungsrechten einer Auffanggesellschaft erw&auml;hnt. Von der Ausnahme nicht erfasst und damit nicht abgabebefreit, ist derjenige Teil des neu geschaffenen Nominalkapitals der &uuml;bernehmenden Auffanggesellschaft, der das minimal erforderliche Eigenkapital gem&auml;ss Kreisschreiben Nr. 6 der ESTV betreffend verdecktes Eigenkapital &uuml;bersteigt, sofern die Voraussetzungen einer Abgabeumgehung erf&uuml;llt sind.<a title="" href="#_ftn36" name="_ftnref36">³⁶</a> Das heisst mit anderen Worten, dass im Umfang des das minimal erforderliche Eigenkapital &uuml;bersteigenden Nominalkapitals ausserfiskalische Gr&uuml;nde nachzuweisen sind.</p> <h3>3.3 Erlass oder Stundung der Abgabe</h3> <p>W&auml;hrend der Sanierungsfreibetrag und die Ausnahmebestimmung f&uuml;r Auffanggesellschaften erst mit der Unternehmenssteuerreform II eingef&uuml;hrt wurden, geht das Institut des Erlasses und der Stundung der Emissionsabgabe bei einer Sanierung, wenn deren Erhebung eine offenbare H&auml;rte bedeuten w&uuml;rde, bis ins Jahr 1921 zur&uuml;ck.<a title="" href="#_ftn37" name="_ftnref37">³⁷</a> Erlass und Stundung der Emissionsabgabe sind heute in einem separaten sechsten Abschnitt &laquo;Stundung und Erlass der Abgabeforderung&raquo; in Art. 12 StG geregelt. Die Anordnung der Bestimmung im Gesetz verdeutlicht, dass es sich beim Erlass und der Stundung der Emissionsabgabe nicht um einen Ausnahmetatbestand handelt. Die geschuldete Emissionsabgabe wird aber auf Gesuch der abgabepflichtigen Gesellschaft hin gestundet oder erlassen, wenn die im Gesetz normierten objektiven und subjektiven Voraussetzungen erf&uuml;llt sind. Es besteht mithin ein &ouml;ffentlich-rechtlicher Anspruch auf Gew&auml;hrung des Erlasses oder der Stundung.<a title="" href="#_ftn38" name="_ftnref38">³⁸</a> Die ESTV hat nur ein Ermessen bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen erf&uuml;llt sind.<a title="" href="#_ftn39" name="_ftnref39">³⁹</a> Da Stundung und Erlass an die gleichen Voraussetzungen gekn&uuml;pft sind, werden in der Praxis nur mehr Erlassgesuche gestellt.</p> <p>Wie eingangs erw&auml;hnt, setzt der Erlass der Emissionsabgabe eine steuerlich anerkannte Sanierungsbed&uuml;rftigkeit im Sinne der Definition im Kreisschreiben Nr. 32 der ESTV betreffend Sanierungen voraus. D.h., dass eine sanierungsbed&uuml;rftige Gesellschaft eine echte Unterbilanz, verstanden als eine Unterbilanz, die nicht durch offene oder stille Reserven gedeckt ist, aufweisen muss.<a title="" href="#_ftn40" name="_ftnref40">⁴⁰</a> Folglich m&uuml;ssen beim Erlass in punkto Sanierungsbed&uuml;rftigkeit deutlich strengere Voraussetzungen erf&uuml;llt sein als beim Sanierungsfreibetrag. Abgesehen von der offenbaren H&auml;rte ergeben sich aus dem Gesetz keine weiteren Voraussetzungen. Gem&auml;ss konstanter Verwaltungspraxis wird aber auch f&uuml;r die Gew&auml;hrung des Erlasses oder der Stundung der Abgabeforderung verlangt, dass anl&auml;sslich der Sanierung Verluste beseitigt werden.<a title="" href="#_ftn41" name="_ftnref41">⁴¹</a> Die Verlustbeseitigung ist gem&auml;ss konstanter Verwaltungspraxis auch beim Erlass dahingehend zu verstehen, dass bestehende Verluste handelsrechtlich ausgebucht werden m&uuml;ssen. Schliesslich wird verlangt, dass die Sanierung nachhaltig ist. Das heisst, dass ein allf&auml;llig verbleibender Verlust das Grundkapital nicht mehr &uuml;bersteigen darf. Gem&auml;ss konstanter Rechtsprechung und Verwaltungspraxis wird ein Erlass oder eine Stundung versagt, wenn die Gesellschaft unterkapitalisiert ist oder die Unterbilanz auf eine verdeckte Gewinnaussch&uuml;ttung zur&uuml;ckzuf&uuml;hren ist.<a title="" href="#_ftn42" name="_ftnref42">⁴²</a></p> <p>Eine Unterkapitalisierung ist gem&auml;ss Rechtsprechung und Verwaltungspraxis anzunehmen, wenn eine Gesellschaft in den letzten drei Jahren nach Massgabe der im Kreisschreiben Nr. 6 der ESTV betreffend verdecktes Eigenkapital statuierten Belehnungss&auml;tze, aber unter Ausklammerung der Verluste, eine Unterkapitalisierung aufgewiesen hat.<a title="" href="#_ftn43" name="_ftnref43">⁴³</a> Eine Unterkapitalisierung im besagten Sinn liegt mithin vor, wenn das &laquo;verstempelte&raquo; Eigenkapital weniger als das minimal erforderliche Eigenkapital gem&auml;ss Kreisschreiben Nr. 6 betr&auml;gt.<a title="" href="#_ftn44" name="_ftnref44">⁴⁴</a> Bei einer Unterkapitalisierung wird der Erlass im entsprechenden Umfang versagt. Wie erw&auml;hnt, kann der Erlass ausserdem im Umfang einer allf&auml;lligen &Uuml;bersanierung nicht beansprucht werden. Als Ausnahme von diesem Grundsatz kann gem&auml;ss Rechtsprechung eine Sanierungsreserve, die im laufenden Gesch&auml;ftsjahr durch Verrechnung mit laufenden Verlusten wieder aufgel&ouml;st wird, gebildet werden, die ebenfalls vom Erlass profitiert.<a title="" href="#_ftn45" name="_ftnref45">⁴⁵</a> Praxisgem&auml;ss kann dar&uuml;ber hinaus auch ein den sofortigen Verlustabbau &uuml;bersteigender Zuschuss als eine zum Erlass berechtigende Sanierung qualifizieren, wenn die dadurch geschaffene Reserve die f&uuml;r das Folgejahr budgetierten Verluste abdecken soll und in diesem Zeitraum auch tats&auml;chlich zum Ausgleich der Verluste verwendet wird.<a title="" href="#_ftn46" name="_ftnref46">⁴⁶</a></p> <h3>3.4 Erfordernis der Verlustbeseitigung</h3> <h4>3.4.1 Bisherige Praxis</h4> <p>Die Inanspruchnahme des Sanierungsfreibetrags setzt gem&auml;ss Gesetzeswortlaut voraus, dass mit den Sanierungsleistungen &laquo;bestehende Verluste beseitigt werden&raquo;.<a title="" href="#_ftn47" name="_ftnref47">⁴⁷</a> Obwohl das Gesetz f&uuml;r den Erlass und die Stundung der Emissionsabgabe keine analoge Voraussetzung vorsieht, wurde gem&auml;ss Verwaltungspraxis und Rechtsprechung schon vor der Einf&uuml;hrung des Sanierungsfreibetrags auch f&uuml;r den Erlass und die Stundung die Beseitigung bestehender Verluste verlangt.<a title="" href="#_ftn48" name="_ftnref48">⁴⁸</a> Das Erfordernis der Verlustbeseitigung setzt gem&auml;ss bisheriger Verwaltungspraxis voraus:</p> <ul> <li>in bilanzieller Hinsicht, dass die der Gesellschaft zugef&uuml;hrten Mittel mit dem Bilanzverlust und/oder Verlustvortrag verrechnet werden;</li> <li>in zeitlicher Hinsicht, dass die der Gesellschaft als Sanierungsleistung zugef&uuml;hrten Mittel unmittelbar zur Verlustausbuchung verwendet werden.</li> </ul> <h4>3.4.2 Kritik der Lehre</h4> <p>Die restriktive Praxis, wonach eine Sanierungsleistung zur Verlustausbuchung verwendet werden muss, um den Sanierungsfreibetrag oder Erlass in Anspruch nehmen zu k&ouml;nnen, gab bis zur Einf&uuml;hrung des Kapitaleinlageprinzips nicht Anlass zur Kritik. Seither qualifizieren Zusch&uuml;sse und Forderungsverzichte von Gesellschaftern grunds&auml;tzlich als Kapitaleinlagereserven, die, soweit sie entsprechend verbucht und von der ESTV gest&uuml;tzt auf die Meldung mit Formular 170 best&auml;tigt werden, wie Grund- oder Stammkapital verrechnungssteuerfrei an die Anteilsinhaber zur&uuml;ckbezahlt werden k&ouml;nnen.<a title="" href="#_ftn49" name="_ftnref49">⁴⁹</a> Unter dem nunmehr geltenden Kapitaleinlageprinzip ist eine Gesellschaft mithin vor die Wahl gestellt:</p> <ol style="list-style-type: lower-alpha;"> <li>Sanierungsleistungen entweder rein &uuml;ber die Bilanz ohne Beseitigung von Verlusten (brutto) zu verbuchen, womit sie grunds&auml;tzlich als Kapitaleinlagen qualifizieren, aber nicht zum Sanierungsfreibetrag oder Erlass berechtigen; oder</li> <li>Sanierungsleistungen netto zu verbuchen, d.h. mit den Verlusten verrechnen, womit sie zum Sanierungsfreibetrag oder Erlass berechtigen, aber nicht als Kapitaleinlagereserven qualifizieren.</li> </ol> <p>Dass Sanierungsleistungen sowohl als Kapitaleinlagereserven qualifizieren als auch zum Sanierungsfreibetrag oder Erlass berechtigen, ist nach bisheriger Verwaltungspraxis hingegen nicht m&ouml;glich.</p> <p>In der Lehre wird kritisiert, dass das Erfordernis der Verlustausbuchung im Gesetz nicht angelegt sei. Dort sei lediglich von einer Verlustbeseitigung die Rede. Zumindest aus betriebswirtschaftlicher Sicht beseitige eine Sanierungsleistung Verluste, auch wenn sie nicht ausgebucht w&uuml;rden.<a title="" href="#_ftn50" name="_ftnref50">⁵⁰</a> Aus dem Gesetzeswortlaut ergebe sich folglich nicht, dass die Verluste tats&auml;chlich und zeitnah ausgebucht werden m&uuml;ssten. Die Ausbuchung stelle letztlich nur einen formalen Akt der &laquo;Reservenbereinigung&raquo; dar.<a title="" href="#_ftn51" name="_ftnref51">⁵¹</a> Ausserdem wird geltend gemacht, dass das Erfordernis der Verlustverrechnung unn&ouml;tig sei.<a title="" href="#_ftn52" name="_ftnref52">⁵²</a></p> <h4>3.4.3 Leitentscheid des BGer vom 7. September 2023</h4> <p>Das BGer musste vor kurzem erstmals &uuml;ber die Rechtm&auml;ssigkeit der umstrittenen Praxis befinden. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:</p> <p>Die B GmbH wies in ihrer Bilanz per 31. M&auml;rz 2015 erhebliche Verluste aus und war &uuml;berschuldet. Am 21. September 2015 vollzog sie eine Kapitalerh&ouml;hung von einer halben Million Franken mit einem Agio von &uuml;ber einer Milliarde Franken. Im Anschluss nahm sie eine rechtsform&auml;ndernde Umwandlung in eine AG vor und rechnete mit Formular 3 die Emissionsabgabe auf der Erh&ouml;hung des nominellen Kapitals ab und entrichtete den Betrag von 5'000 Franken. In einem Schreiben an die ESTV legte sie dar, dass sie beabsichtige, das Agio zur Ausbuchung des Bilanzverlustes zu verwenden. Der Vorgang sei ihrer Ansicht nach als Sanierungsmassnahme zu qualifizieren, weshalb sie den Freibetrag von zehn Millionen Franken beanspruchen k&ouml;nne. Was den &uuml;berschiessenden Betrag betreffe, seien die Bedingungen f&uuml;r den Erlass der Emissionsabgabe erf&uuml;llt.</p> <p>Am 3. Oktober 2017 gab die Abgabepflichtige der ESTV sodann eine Ver&auml;nderung ihrer Kapitaleinlagereserven bekannt. Aus den Beilagen zum Formular 170 ging hervor, dass die Kapitaleinlagereserven auch das Agio umfassten, das im Zuge der Kapitalerh&ouml;hung vom 21. September 2015 geleistet wurde.</p> <p>Anl&auml;sslich einer externen Kontrolle stellte die ESTV fest, dass das Agio entgegen der seinerzeitigen Ank&uuml;ndigung der Kapitaleinlagereserve gutgeschrieben und nicht zur Verlustausbuchung herangezogen wurde und die Verlustausbuchung auch im darauffolgenden Gesch&auml;ftsjahr nicht nachgeholt worden ist. Mit Verf&uuml;gung stellte sie fest, die Emissionsabgabe sei nachzuerheben. Dagegen erhob die Abgabepflichtige Einsprache und machte unter anderem geltend, die ausserordentliche Generalversammlung habe die Verlustausbuchung nun beschlossen. Die ESTV wies die Einsprache ab, woraufhin die Abgabepflichtige Beschwerde ans BVGer erhob.</p> <p>In seinem Urteil hat sich das BVGer zur Kl&auml;rung der strittigen Frage, ob zur Anwendung des Sanierungsfreibetrags und Erlasses Verluste ausgebucht werden m&uuml;ssen, umfassend mit der Auslegung der einschl&auml;gigen Normen auseinandergesetzt. In grammatikalischer Hinsicht erachtet es den Wortlaut der Ausnahmebestimmung f&uuml;r den Sanierungsfreibetrag, soweit dieser von einer Beseitigung der bestehenden Verluste spricht, als &laquo;schlicht unklar&raquo;.<a title="" href="#_ftn53" name="_ftnref53">⁵³</a> Auch aus den teleologischen und historischen Auslegungselementen kann nach Auffassung des BVGer keine Antwort auf die interessierende Frage abgeleitet werden. Am eingehendsten setzt es sich schliesslich mit der systematischen Auslegung auseinander. Dabei stellt es fest, dass der Umstand, dass die Sanierungsleistung ausnahmsweise von der Emissionsabgabe ausgenommen sei bzw. diese erlassen werde, nichts an der M&ouml;glichkeit der verrechnungssteuerfreien R&uuml;ckzahlung &auml;ndern d&uuml;rfe. Letztlich w&uuml;rde das n&auml;mlich dem Sinn der Ausnahmen zuwiderlaufen, als die Steuerfreiheit bzw. der Erlass insofern r&uuml;ckg&auml;ngig gemacht w&uuml;rden, als sp&auml;ter eine andere Steuer (die Verrechnungssteuer) erhoben werde, die ohne die Steuerfreiheit beziehungsweise den Erlass der einen Steuer nicht erhoben worden w&auml;re.<a title="" href="#_ftn54" name="_ftnref54">⁵⁴</a> Die systematische Auslegung ergebe somit, dass Verluste nicht ausgebucht werden m&uuml;ssen, damit der Sanierungsfreibetrag und der Erlass zur Anwendung gelangen k&ouml;nnen.<a title="" href="#_ftn55" name="_ftnref55">⁵⁵</a></p> <p>Die ESTV hat das Urteil mit Beschwerde in &ouml;ffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans BGer angefochten. Das BGer h&auml;lt in seinem Urteil vom 7. September 2023 einleitend in verfahrensrechtlicher Hinsicht fest, dass Entscheide &uuml;ber die Stundung oder den Erlass von Abgaben nur bei Rechtsfragen von grunds&auml;tzlicher Bedeutung oder wenn es sich sonst um einen besonders bedeutenden Fall handelt und ausserdem nur, falls der Erlass die direkte Bundessteuer oder Staats- und Gemeindesteuern zum Gegenstand hat, mit Beschwerde in &ouml;ffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans BGer angefochten werden k&ouml;nnen.<a title="" href="#_ftn56" name="_ftnref56">⁵⁶</a> Da diese Voraussetzung vorliegend nicht erf&uuml;llt war, konnte der Entscheid des BVGer in Bezug auf den Erlass im bundesgerichtlichen Verfahren folglich nicht mehr angefochten werden, weshalb das BVGer in diesem Umfang letztinstanzlich entschieden hat. Der Streitgegenstand im Verfahren vor BGer beschr&auml;nkte sich somit auf die Frage, ob die Abgabepflichtige den Sanierungsfreibetrag beanspruchen kann.</p> <p>In materieller Hinsicht zieht das BGer in Erw&auml;gung, dass der ausgepr&auml;gt formale Charakter der Stempelabgaben nach einer formell-zivilrechtlichen Betrachtungsweise rufe, von der bei der Auslegung des Gesetzes nicht leichthin abzur&uuml;cken sei. Der Gesetzgeber kn&uuml;pfe den Sanierungsfreibetrag insbesondere daran, dass bestehende Verluste beseitigt werden. Dieses unerl&auml;ssliche Konstitutiverfordernis sei nach den &uuml;blichen Regeln auszulegen. In grammatikalischer Hinsicht erachtet es den Begriff der &laquo;Beseitigung&raquo; als nicht klar. Das grammatikalische Element erlaube mithin f&uuml;r sich allein genommen keine abschliessende Beurteilung.<a title="" href="#_ftn57" name="_ftnref57">⁵⁷</a> Auch die Entstehungsgeschichte der Norm und die Materialien erachtet das BGer als nicht aufschlussreich. Einen hinreichend klaren gesetzgeberischen Willen (historisches Element) zur Frage, ob der Verlustvortrag zwingend auszubuchen sei, liessen weder Bundesrat noch Parlament erkennen.<a title="" href="#_ftn58" name="_ftnref58">⁵⁸</a> Weiter verneint das BGer, dass die Stellung der Norm innerhalb des Gesetzes (systematisches Element) einen R&uuml;ckschluss zul&auml;sst.<a title="" href="#_ftn59" name="_ftnref59">⁵⁹</a> In teleologischer Hinsicht stellt es fest, dass der Gesetzgeber die Absicht verfolgte, die Kapitalzufuhr anl&auml;sslich von Sanierungen von der Emissionsabgabe auszunehmen. Die Rechtswohltat sei jedoch an Bedingungen gekn&uuml;pft und erfordere die Beseitigung bestehender Verluste. Indem der Gesetzgeber die Bedingung der Verlustbeseitigung schuf, habe er eine Erwartung verbunden. Diese gehe dahin, dass der Verlustvortrag auch tats&auml;chlich ausgebucht werde, ansonsten die Bedingung sinnlos bliebe.<a title="" href="#_ftn60" name="_ftnref60">⁶⁰</a> Diese Auslegung werde der gebotenen formell-zivilrechtlichen Betrachtungsweise gerecht und trage dem Umstand Rechnung, dass stempelabgaberechtliche Normen weder ausdehnend noch einschr&auml;nkend auszulegen seien. Dass es betriebswirtschaftlich unerheblich bleibe, ob das Agio stehengelassen oder zur Ausbuchung des Verlustvortrags herangezogen werde, &auml;ndere nichts. Entscheidend sei einzig, dass der Gesetzgeber eine Bedingung geschaffen habe, die nur als Pflicht zur Ausbuchung des Verlustvortrags verstanden werden k&ouml;nne, ansonsten sie inhaltslos bliebe.<a title="" href="#_ftn61" name="_ftnref61">⁶¹</a></p> <p>Dem Vernehmen nach wird die ESTV auch f&uuml;r die Gew&auml;hrung des Erlasses weiterhin die Ausbuchung der Verluste verlangen.<a title="" href="#_ftn62" name="_ftnref62">⁶²</a> Sie ist im Sinne einer Reversl&ouml;sung jedoch bereit, die Emissionsabgabe zur&uuml;ckzuerstatten, falls das BVGer seinen mit Bezug auf den Erlass letztinstanzlichen Entscheid dereinst best&auml;tigen sollte.</p> <h4>3.4.4 Stellungnahme</h4> <p>Im Ergebnis ist das Urteil des BGer zu bedauern, da es sanierungsbed&uuml;rftigen Gesellschaften auch insk&uuml;nftig verwehrt bleiben wird, vom Sanierungsfreibetrag zu profitieren und gleichzeitig Kapitaleinlagereserven zu bilden. Das Urteil ist aber schl&uuml;ssig und nachvollziehbar. Wie in der Urteilsbegr&uuml;ndung dargelegt, ist die bisherige und nun auch weiterhin geltende Verwaltungspraxis, wonach die Anwendung des Sanierungsfreibetrags eine Verlustausbuchung erfordert, durchaus im Gesetz angelegt. Zwar geht aus dem Wortlaut nicht hervor, was unter &laquo;Verlustbeseitigung&raquo; gemeint ist, der Gesetzgeber hat damit aber eine Erwartung verbunden, weshalb das Erfordernis nicht einfach negiert werden kann. Ausserdem ergibt es durchaus Sinn, dass der Sanierungsfreibetrag, der vom Abgabepflichtigen in der Selbstveranlagung anzuwenden ist, nicht an dieselben Voraussetzungen gekn&uuml;pft wird wie der mit Gesuch an die ESTV zu beantragende Erlass.<a title="" href="#_ftn63" name="_ftnref63">⁶³</a></p> <p>Das Selbstveranlagungsverfahren bedingt, dass der Sanierungsfreibetrag an einfach feststellbare Voraussetzungen gekn&uuml;pft wird. Dies ist nach geltendem Recht der Fall, indem einzig das Bestehen von Verlusten und deren Beseitigung durch Sanierungsleistungen verlangt wird. Anders beim Erlass, der eine echte Unterbilanz voraussetzt, die sich nicht ohne weiteres feststellen l&auml;sst. Wenn aber der Sanierungsfreibetrag weiterhin nur an das Bestehen von Verlusten und deren Beseitigung gekn&uuml;pft sein soll, ist diese Voraussetzung dahingehend auszulegen, dass die Verluste bilanziell ausgebucht werden m&uuml;ssen. Eine Aufweichung dieser Voraussetzung w&uuml;rde T&uuml;r und Tor f&uuml;r eine missbr&auml;uchliche Verwendung des Sanierungsfreibetrags &ouml;ffnen, indem sich emissionsabgabefrei sowohl verrechnungs- als auch einkommenssteuerfrei aussch&uuml;ttbare Kapitaleinlagereserven schaffen liessen.<a title="" href="#_ftn64" name="_ftnref64">⁶⁴</a></p> <p>Was die Verlustausbuchung in zeitlicher Hinsicht anbelangt, ist zu bedenken, dass gem&auml;ss neuem Rechnungslegungsrecht Zusch&uuml;sse und Forderungsverzichte von Gesellschaftern zwingend der gesetzlichen Kapitalreserve zuzuweisen sind.<a title="" href="#_ftn65" name="_ftnref65">⁶⁵</a> Obwohl die Verrechnung von Verlusten mit dem Gewinnvortrag und den freien Gewinnreserven, nicht aber der gesetzlichen Gewinn- und Kapitalreserven, handelsrechtlich vorgeschrieben ist, hat die Generalversammlung aufgrund ihrer un&uuml;bertragbaren Befugnis, &uuml;ber den Bilanzgewinn zu beschliessen, der Verlustverrechnung zuzustimmen.<a title="" href="#_ftn66" name="_ftnref66">⁶⁶</a> Dies gilt a fortiori f&uuml;r die Verrechnung von Verlusten mit den gesetzlichen Gewinn- und Kapitalreserven. Daraus erhellt, dass eine Verlustverrechnung der Sanierungsleistung erst im darauffolgenden Jahr durchgef&uuml;hrt werden kann, weshalb die Voraussetzung der umgehenden Verlustverrechnung in diesem Sinne zu relativieren ist.<a title="" href="#_ftn67" name="_ftnref67">⁶⁷</a> Im konkreten Fall musste sich das BGer mit dem zeitlichen Aspekt der Verlustverrechnung nicht auseinandersetzen, da noch das alte Rechnungslegungsrecht anwendbar war und eine Verlustverrechnung auch im Folgejahr unterblieben ist.</p> <h2>4. Schlussbemerkungen</h2> <p>Die Emissionsabgabe ist v.a. bei Sanierungen ein Dorn im Auge. Der Gesetzgeber hat deshalb mit dem Sanierungsfreibetrag eine niederschwellige Ausnahmebestimmung geschaffen, um die Sanierung von Gesellschaften nicht unn&ouml;tig durch die Emissionsabgabe zu erschweren. Er verfolgte dabei das Ziel, einen einfachen Ausnahmetatbestand zu schaffen, der ohne Gesuch beansprucht werden kann. Einzige Voraussetzung in materieller Hinsicht ist die Beseitigung bestehender Verluste. Vor diesem Hintergrund scheint die nun vom BGer best&auml;tigte restriktive Praxis, wonach Sanierungsleistungen dazu verwendet werden m&uuml;ssen, Verluste handelsrechtlich auszubuchen, richtig. Dass demnach sanierungsbed&uuml;rftige Gesellschaften weiterhin zwischen der Anwendung des Sanierungsfreibetrags oder der Bildung von Kapitaleinlagereserven zu w&auml;hlen haben, ist bei der bestehenden Gesetzeslage unvermeidbar. Da f&uuml;r den Erlass der Emissionsabgabe strengere Voraussetzungen als f&uuml;r den Sanierungsfreibetrag gelten, aber Art. 12 anders als Art. 6 Abs. 1 lit. k StG keine Verlustbeseitigung voraussetzt, ist die restriktive Praxis beim Erlass hingegen nicht angezeigt.</p> <p>Daher ist dem letztinstanzlichen Entscheid des BVGer beizupflichten, dass Verluste f&uuml;r die Anwendung des Erlasses nicht ausgebucht werden m&uuml;ssen. Die ESTV ist gehalten, ihre Praxis mit Bezug auf den Erlass entsprechend anzupassen.</p></article>