Matthias Langer
Lara Olms
Blockchain Technologie: Chance oder Risiko für die Steuerberatung?
Das Thema Blockchain tritt zunehmend in die Öffentlichkeit und ist längst nicht mehr nur in Kombination mit der Kryptowährung Bitcoin bekannt. Investitionen und Vertrauen in die Blockchain-Technologie, die inzwischen als Basis diverser Geschäftsmodelle dient, steigen deutlich an. War dies anfangs vorwiegend in der Finanzindustrie der Fall, erkennen nun weitere Sektoren wertvolle Potentiale. So sind in der Steuerberatung und der Revision, neben der richtigen Bilanzierung von Token, auch mögliche Anwendungsfälle der Blockchain zu prüfen und entsprechend umzusetzen.
QUICK READ
Die Blockchain-Technologie erscheint vor allem durch die Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum immer mehr in den Medien. Dies führt dazu, dass auch Blockchain als Technologie von der Öffentlichkeit und speziell von Unternehmen zunehmend als Chance betrachtet wird. In vielen Sektoren werden mögliche Anwendungsszenarien geprüft. In anderen fehlt es dagegen noch an dem breiten Interesse oder Vertrauen. Das gilt beispielsweise für den Steuerbereich. Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit der Frage, ob die Blockchain-Technologie in steuerlichen Sachverhalten Anwendung finden könnte. Dazu werden vorerst Eigenschaften, Ausgestaltungen und Funktionsweisen einer Blockchain dargestellt. Anschliessend folgt eine Erklärung von Smart Contracts und eine Darstellung aktueller Einsatzmöglichkeiten in der Finanzindustrie und in der Verwaltung. Der dritte Abschnitt widmet sich dann Anwendungsszenarien in der Steuerberatung. Hier werden Ansätze zur Steigerung von Effizienz und Sicherheit im Rahmen der Revision, des Datenaustausches, der Kapitalertragssteuer und der Umsatzsteuer vorgestellt. Da dies oft Herausforderungen mit sich bringt, behandelt der vierte Abschnitt Hindernisse beim Einsatz einer Blockchain im Steuerbereich und der Revision sowie Schwierigkeiten bei der buchhalterischen Erfassung und steuerlichen Behandlung von Kryptowährungen. Auch werden rechtliche und datenschutztechnische Hürden, sowie Herausforderungen hinsichtlich Bilanzierung und Akzeptanz der Technologie aufgezeigt. Daraufhin folgen Lösungsansätze zu den vorgestellten Problemen bei der Gestaltung von Token sowie zu deren buchhalterischen und steuerlichen Handhabung und Erfassung. Darüber hinaus zeigt der Artikel Ansätze auf, wie die dargestellten Revisions- und Rechtsthematiken gelöst werden könnten. Abschliessend folgt ein Fazit, indem herausgestellt wird, dass die Blockchain-Technologie viele Anwendungsszenarien und Potenziale für steuerliche Sachverhalte liefert, es jedoch für deren Entwicklung und Umsetzung noch an Zeit, Unterstützung und rechtlicher Klarstellung bedarf.
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1. Definition und Funktionsweise einer Blockchain
1.1 Einführung
Erstmals gross in der Öffentlichkeit stand der Bitcoin – und damit auch zum Teil die Blockchain – Ende 2017 als es der Bitcoin zu seinem Allzeithoch schaffte. Seitdem steigt der Anteil an Investoren, die Kryptowährungen als Spekulations- oder Zahlungsmittel halten. Zum anderen dient die Blockchain-Technologie immer häufiger als Basis für Geschäftsmodelle junger Unternehmen. Doch auch schon lang bestehende Grosskonzerne befassen sich mit der Thematik und der dahinterstehenden Technologie. Sie prüfen, ob sie die Technologie in ihrem bestehenden Geschäftsmodell nutzen und dieses dadurch optimieren oder ausbauen können. Dementsprechend nehmen Vertrauen und Investitionen in die Blockchain-Technologie deutlich zu.01 Es erkennen mehr und mehr Sektoren in der Blockchain-Technologie wertvolle Komponenten für ihre Geschäftsmodelle und prüfen diese auf individuelle Vor- und Nachteile.
Zentrales Ziel ist immer die Eigenschaften von Transparenz, Datenintegrität, Anonymität und Dezentralität der Blockchain-Technologie und damit auch den Schutz vor Manipulation zu nutzen. So können Geschäftsmodelle und -prozesse oftmals sicherer und effizienter aufgebaut und gestaltet werden. Da Effizienzensteigerung und Sicherheit in vielen Berufsfeldern und Unternehmen Kernaufgaben sind, wird nachvollziehbar, dass diese Technologie für viele weitere Branchen abseits der Finanzindustrie interessant sein kann. Dementsprechend sollte eine Integration einer Blockchain auch für steuerliche Problemstellungen geprüft werden.
1.2 Eigenschaften
Die Blockchain selbst ist ein System aus Datenbanken, das Transaktionen chronologisch, digital und verschlüsselt miteinander verknüpft.02 Im Zuge dieser Verknüpfung, werden einzelne Transaktionen mit Hilfe von Rechenleistung und der Lösung komplexer Aufgaben verifiziert. So entsteht eine Kette aus Datenblöcken, in denen entsprechende Transaktionsdaten gespeichert sind: Die Blockchain.03
Die zentralen Eigenschaften einer Blockchain sind Transparenz, Anonymität und Validität. Zudem verfügt sie über keine zentrale Instanz. Das heisst, sie hat keinen Überwachungs- oder Regulierungsposten und keinen zentralen Vermittler.04 Stattdessen kommunizieren die einzelnen Teilnehmerinnen direkt miteinander. Dadurch ist ein solches Netzwerk nicht von aussen kontrollierbar. Es gibt dementsprechend keine Intermediäre, denen einzelne Personen vertrauen müssen, wie es bspw. durch die EZB im klassischen Finanzsystem der Fall ist. Des weiteren besteht das Netzwerk auch ohne Probleme mit seinen Funktionalitäten weiter, wenn einzelne Teilnehmerinnen ausscheiden.
1.3 Aktive und Passive Teilnehmer
Computer, die mit anderen Computern in dem entsprechenden Netzwerk einer Blockchain verbunden sind, Informationen teilen und Anweisungen ausführen, werden «Full Nodes» genannt. Sie sind sogenannte aktive Netzwerkteilnehmer und bilden das Netzwerk. Full Nodes validieren jeden Block und jede Transaktion, die ihnen vorgelegt werden und prüfen diese auf den entsprechenden Konsens des Netzwerkes.05 Überdies besitzt jeder einzelne Full Node eine Kopie der gesamten Transaktionshistorie der Blockchain. Dadurch können die Daten weder durch einzelne Teilnehmer noch durch eine zentrale Instanz manipuliert werden. Daraus resultiert die hohe Absicherung gegen Manipulation und Ausfällen einer Blockchain.06 Passive Teilnehmerinnen sind dagegen diejenigen, die Käufe und Verkäufe tätigen und weniger umfangreiche Verifizierungsaufgaben vornehmen. Sie verifizieren lediglich ob eine Transaktion in einem Block der Blockchain vorhanden ist. Sie laden dabei nicht die ganze Transaktionshistorie herunter, sondern nur den für sie relevanten Ausschnitt.07 Dies erspart ihnen eine enorme Menge an Speicherkapazität.
1.4 Konsens
Damit Transaktionen überhaupt verifiziert werden können und einzelne Blöcke entstehen, benötigt jedes Netzwerk einen Konsens. Dieser enthält die für das entsprechende Netzwerk relevanten Regeln und Anweisungen. Er legt bspw. fest, wie Transaktionen ablaufen müssen, wie neue Blöcke erstellt und angehängt werden oder wie Full Nodes für ihre Verifizierungsaufgaben belohnt werden. Full Nodes enthalten diesen Konsens, der auch als «Einigkeit über die Wahrheit der Transaktionen im Netzwerk» bezeichnet wird, überprüfen diesen bei jeder Transaktion und stimmen darauf basierend über Vorschläge ab.08
1.5 Kryptografie
Eine weitere Besonderheit in einer Blockchain, ist die Kryptografie. Jede Blockchain-Nutzerin hat zwei Schlüssel: Einen öffentlichen und einen privaten. Diese gewährleisten, dass nur berechtigte Teilnehmer entsprechende Transaktion ausführen können. Der öffentliche Schlüssel kann mit einer Empfängeradresse verglichen werden und ist für jeden sichtbar. Der private Schlüssel dagegen stellt eine digitale Signatur dar und wird zur Bestätigung von Transaktionen benötigt. Soll also eine Transaktion ausgeführt werden, wird diese mit dem öffentlichen Schlüssel der Empfängerin (A) verschlüsselt. Die Empfängerin (A) muss sie dann im Anschluss mit ihrem privaten Schlüssel entschlüsseln, um sie einsehen zu können. Da zudem der ursprüngliche Sender (B) diese Transaktion wiederum mit seinem privaten Schlüssel versehen hat, kann die Empfängerin (A) prüfen, ob die Transaktion tatsächlich vom Sender (B) kommt.09 Hat die Mehrheit (mindestens 51%) der Full Nodes diese Transaktion in einem Block und den Block selbst verifiziert, werden mehrere Transaktionen zusammengefasst und als neuer Block an die Blockchain (auf allen Nodes) zugefügt.10 Da bei Erstellung neuer Blöcke immer die längste Blockkette erweitert werden muss, wird der Blockchain eine sehr hohe Sicherheit zugesprochen. Bei einer Manipulation müsste der Angreifer eine grössere Rechenleistung als die aller anderen Miner zusammen aufbringen. Das wäre angesichts der hohen Energiekosten nicht profitabel. Nur so könnte er einen gefälschten Block in die Blockkette einschleusen.11
Jeder dieser Blöcke besitzt neben der Transaktionsdatenbank einen Zeitstempel und einen Hashwert, was einer Prüfsumme entspricht.12 Der Hashwert dient der Verknüpfung der Blöcke mit der Transaktionshistorie sowie der Vermeidung von Manipulation.13 Zusätzlich enthält jeder der Blöcke auch die Prüfsumme seines vorhergehenden Blockes. Dadurch wird die Datenintegrität gesichert und es entsteht die Blockchain: Eine Kette validierter Blöcke in chronologischer Form.14 Bei der Veränderung eines Blocks, stimmt dieser Hashwert nicht mehr mit dem ursprünglichen Wert überein und das Netzwerk wird auf die vorliegende Manipulation aufmerksam gemacht.15 Durch die Speicherung aller Transaktionsdaten und Prüfsummen und deren Abgleich mit neuen Transaktionen, wird zudem geprüft, ob der entsprechende Wert bereits ausgegeben wurde und somit eine Übertragung überhaupt noch möglich ist.16
1.6 Netzwerk und Token
Es gibt offene und private Blockchain-Netzwerke. Die Plattform Bitcoin bspw., ist ein offenes Netzwerk und geniesst wegen ihrer Anonymität, Zugangsfreiheit und Transparenz ein grosses Vertrauen. Jeder Teilnehmer kann Transkationen einsehen und validieren. Diese absolute Transparenz ist Kernbestandteil des Netzwerkes, damit aber zugleich kritisch für viele Unternehmen hinsichtlich sensibler Daten. Jedoch existieren darüber hinaus Blockchains in privater und hybrider Ausgestaltung. Diese ermöglichen es, Einschränkungen bezüglich der Nutzungs-, Validierungs- und Entscheidungsrechte zu treffen. Die hybride Blockchain trifft dabei Bestimmungen über die Anzahl der Netzwerkteilnehmerinnen. Zudem ist es möglich, ihr Protokoll nicht zu veröffentlichen. Die private Blockchain hingegen steht nur bestimmten Personen zur Verfügung und ist nicht öffentlich zugänglich.17 Somit sind auch die Transaktionsdaten einer privaten Blockchain nur für die zugelassenen Teilnehmer einsehbar. Allerdings gibt es durch diese Einschränkungen auch keine wirkliche Anonymität und Dezentralisierung mehr. Umso strikter die Zugangskontrollen und Beschränkungen, umso geringer die Datenintegrität und Dezentralisierung. Zudem sind Änderungen der Funktionsweise der Blockchain sehr viel schneller möglich, da es nur der Zustimmung gewisser berechtigter Nutzerinnen bedarf.
Abschliessend ist hervorzuheben, dass verschiedene Vermögenswerte über entsprechende Blockchains abgebildet und übertragen werden können. Deshalb wird vor der Errichtung der Blockchain festgelegt, welche Art von Vermögenswerten oder Rechte von dem entsprechenden Token eines Netzwerkes repräsentiert werden.18 Dabei kann es sich bspw. um Geld, Aktien, Kunst, Lizenzen oder digitale Güter handeln. Die entsprechenden Eigentumsrechte können direkt dem Eigentümer zugeordnet werden, wodurch Eigentumsverhältnisse klar und transparent dokumentiert sowie fälschungssicher sind.19
2. Aktuelle Einsatzmöglichkeiten
2.1 Die Blockchain und Smart Contracts
Wie einleitend bereits angedeutet, existiert die Blockchain-Technologie nicht nur in der Welt des Bitcoins. Es gibt mittlerweile über 5000 Kryptowährungen (Stand: April 2020) in verschiedensten Ausprägungen.20 Diese sind nicht immer als Zahlungsmittel ausgestaltet. Sie können auch andere Formen annehmen und Nutzungs- oder Vermögensrechte verbriefen, wie im Artikel «Das liechtensteinische «Blockchain Gesetz» (TVTG) aus Sicht der Steuerberatung» von Matthias Langer beschrieben.21
Darüber hinaus nutzen Smart Contracts oder dezentalisierte Applikationen die Blockchain-Technologie. Dezentrale Applikationen sind Benutzeroberflächen, die eine Verbindung zwischen Blockchain-Technologie und Endnutzer durch den Zugriff auf mehrere Smart Contracts herstellen.22 Smart Contracts verkörpern Verträge, die bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen der Vertragsparteien automatisiert ausgeführt werden. Sie beinhalten die Bedingungen für die Erfüllung des Vertrages, prüfen diese und führen die vordefinierte Aktionen bei Erfüllung direkt automatisiert aus. Darüber hinaus wird die Einhaltung der Verträge durch die Blockchain-Technologie überwacht.23 Sie bietet hierbei den Vorteil, dass Verträge anonym ausgeführt werden können und Intermediäre wie Anwälte oder Banken überflüssig werden.24 Dies erspart Kosten und Zeit. Zudem ist die Blockchain-Technologie überall dort anwendbar, wo vorher Drittparteien eingesetzt wurden, um Vertrauen zu vermitteln und zu garantieren. Des Weiteren können Smart Contracts genutzt werden, um Eigentumsrechte zu verwalten und zu übertragen.
2.2 Blockchain in der Finanzindustrie
Einige Beispiele zur Nutzung der Blockchain-Technologie werden durch die Legal-Entity-Identifier-Prüfung unter Leitung der UBS oder die automatische Schadensregulierung der AXA gezeigt.25 So kann bspw. die vorgeschriebene Legitimationsprüfung von Neukunden zur Unterbindung von Geldwäsche und Terrorismus mit einer bankenübergreifenden Blockchain-Technologie und Smart Contracts vereinfacht werden. Die langwierige Legitimationsprüfung müsste dann nur einmal durchlaufen werden. Anschliessend könnten nachfolgende Institute die verifizierten Kundendaten aus der gemeinsamen Blockchain abrufen. Dies erspart sowohl Banken als auch Kundinnen Kosten und Zeit. Das wirkt sich positiv auf die Kundenzufriedenheit aus. Ein weiterer Anwendungsfall ist das Bilden einer Handelsplattform basierend auf einer Blockchain. Über eine solche Plattform könnten Banken ohne zwischengeschaltete Intermediäre Vermögenswerte tauschen. Dies ist möglich, da sich die genauen Eigentumsübergänge eindeutig fortschreiben und jederzeit nachvollziehen lassen. Durch die Nutzung von Smart Contracts könnten zudem spezifische vertragliche Vereinbarungen getroffen werden.26
2.3 Blockchain in der Verwaltung und in Gemeinden
Auch in der Verwaltung werden Digitalisierungsmöglichkeiten auf Basis der Blockchain erprobt. In diesem Bereich ist bspw. die Stadt Zug aktiv. Sie akzeptiert seit Juli 2016 Bitcoin als Zahlungsmittel. Zudem ermöglicht sie es ihren Einwohnerinnen, eine digitale Identität zu erstellen, die auf einer Blockchain basiert. Eine App erstellt zuerst eine eindeutige unveränderbare Kryptoadresse in der Ethereum-Blockchain. In dieser App befindet sich auch das Schliessfach der Bürgerin, das mit der erstellten Kryptoadresse verbunden wird. Diese Identität wird von der Stadt Zug dann beglaubigt. Durch diesen Prozess werden die Daten der Nutzerin nicht zentral gespeichert, sondern bleiben bei ihr selbst. Des Weiteren hat Zug im Juni 2018 die erste blockchainbasierte Abstimmung durchgeführt. Alle Bürger, die eine digitale Identität besassen, konnten ihre Stimme zu drei Fragen abgeben. Damit sollten sicherheitsrelevante Aspekte wie Persönlichkeitsschutz, Unveränderbarkeit der Abstimmung, Prüf- und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse und das Abstimmungsgeheimnis überprüft werden.27 Einer der Hauptvorteile bei blockchainbasierten Abstimmungen ist, dass die Abstimmung nicht auf einem zentralen Server stattfindet. Der Vorgang verteilt sich auf viele Computer. Dies erhöht die Sicherheit vor einem Ausfall oder vor Manipulationen.
3. Blockchain in der Steuerberatung
3.1 Gemeinsame Eigenschaften
Steuerberatungen beschäftigen sich mit dem Thema Blockchain momentan lediglich, wenn es von ihren Kunden und deren Geschäftsmodellen aktiv gefordert wird. Die ersten Steuerberater fangen an, sich mit der Blockchain und ihrer Funktionsweise sowie der Verbuchung von Kryptowährungen und ihrer steuerlichen Abbildung zu beschäftigen. Selbst nutzen sie diese jedoch noch nicht. Es stellt sich oftmals die Frage, ob es für die Blockchain-Technologie überhaupt Anwendungsszenarien in Steuerberatungen gibt.
Bei erfolgter Betrachtung der Eigenschaften einer Blockchain, kamen die zentralen Charakteristiken von Transparenz, Anonymität, Datenintegrität und Sicherheit, sowie Dezentralität und Effizienz hervor. Auch wenn Anonymität in der Steuerberatung eher eine untergeordnete Rolle spielt, sind andere Werte wie Transparenz, Sicherheit, Datenintegrität und Effizienz sehr wichtige Aspekte in steuerlichen Sachverhalten. Dies gibt einen ersten Hinweis, dass sich auch für den Steuerbereich Potentiale in der Blockchain finden lassen. Zudem ist nicht zu vergessen, dass einzelne Gemeinden ihre Verwaltung auf einer Blockchain stattfinden lassen. Da es sich auch dort um sensible Informationen von Bürgerinnen handelt, ist zu vermuten, dass eine entsprechende Abbildung auch für Steuerkanzleien möglich ist.
3.2 Potentiale von Smart Contracts und sicherem Datenaustausch
Gleichermassen wie in anderen Branchen könnten Smart Contracts verwendet werden, um Prozesse zu automatisieren und sichere Vertragsbeziehungen und deren Abwicklung abzubilden. Vergleichbar mit der Legitimationsprüfung in der Finanzindustrie würden diese zudem einige Intermediäre ersetzen und somit die Effizienz steigern. Transaktionsdaten und Eigentumsrechte könnten sicher in einem dezentralen Netzwerk gespeichert werden, auf welches nur die entsprechenden berechtigten Nutzer Zugriff erhalten. Dies ist durch die Ausgestaltung der Blockchain in privater oder hybrider Form möglich. Dadurch müssten diese Daten nicht mehr intern von jedem Nutzer einzeln gespeichert werden, sondern könnten bei Bedarf online geteilt und abgefragt werden.
Je nach Art von Daten und Netzwerk würden die Nutzerinnen mit den entsprechenden Rechten und/oder Einschränkungen ausgestattet werden. Dies bietet neben hoher Sicherheit auch Chancen für den länderübergreifenden Datenaustausch zwischen Unternehmen, Steuerexpertinnen und Wirtschaftsprüfern. Sensible Daten wie Rechnungen, Belege und Buchungsvorgänge, die für steuerliche Prüfungen relevant sind, könnten fälschungssicher ausgetauscht und gespeichert werden. Da eine solche länderübergreifend harmonisierte Lösung des Datenaustausches zwar im Rahmen des automatischen Informationsaustausches angestrebt wird, aber noch vielen praktischen Hürden gegenübersteht, könnte die Blockchain mit ihrer Dezentralität eine Lösung darstellen.28 Die staatlichen Akteure würden von einer effektiveren Umsetzung des Steuerrechts und der Vermeidung von Steuerbetrug profitieren. Die Unternehmen geniessen Vorteile beim Nachweis ihres gesetzeskonformen Handelns und einer Echtzeit-Betriebsprüfung.
3.3 Anwendungsszenario in der Revision
Damit bieten Betriebsprüfungen oder Revisionen weitere Einsatzmöglichkeiten für die Blockchain. Momentan müssen Betriebsprüfer verwendete Technologien, ihre Funktionsweise und Auswirkungen genau verstehen. Ansonsten können gravierende Fehler im Laufe der Prüfung entstehen. Die Blockchain bietet hier Lösungen zur Unterstützung und Erleichterung des Prüfungsprozesses. Kostenintensive Bestätigungen von beteiligten Dritten wie Banken oder Debitorinnen würden wegfallen und Transaktionen auf der Blockchain könnten ohne Zusendung von Dokumenten durch die Revisionsstelle nachvollzogen werden. Zudem ergibt sich eine Effizienzsteigerung durch einen höheren Grad an Standardisierung, der wiederum den Einsatz automatisierter Datenanalysen ermöglicht.29 Prüfer hätten die Möglichkeit, in Echtzeit auf die Daten zuzugreifen und künstliche Intelligenz für dessen Analyse und Weiterverarbeitung einzusetzen.
3.4 Die Blockchain-Technologie zur Dokumentation und Vermeidung von Steuerbetrug
Weitere Anwendungsbeispiele für Steuerberatungen liegen bspw. im Zoll, der Dokumentation von Verrechnungspreisen, der Kapitalertragssteuer und der Umsatzsteuer.30 So gibt es einen Ansatz zur Vermeidung von Cum/Ex- und Cum/Cum-Geschäften. Dies sind Geschäfte, bei denen bewusst eine mehrfache Erstattung von nur einmal abgeführter Kapitalertragssteuer hervorgerufen wird, indem Wertpapiere um den Dividendenstichtag mehrfach hin und her geschoben werden. Die Blockchain soll dabei die Fälschung von Nachweisen, die einen Steuerrückzahlungsanspruch begründen, verhindern, sowie Transparenz über bereits erstattete Kapitalertragssteuer liefern.31 Gleichermassen gibt es im Bereich der Umsatzsteuer Ansätze zur Verringerung des administrativen Aufwands, zur Steigerung der Effizienz und zur Vermeidung krimineller Handlungen.
Blockchain und Smart Contracts sollen durch eine elektronische Rechnungsstellung und deren Transparenz Karussellgeschäfte verhindern.32 Dies sind Geschäfte, bei denen mehrfach mit denselben Waren gehandelt wird, um Vorsteuererstattungen zu erlangen.33 Daneben können Nachweise über versandte und erhaltene Güter, sowie über die Abführung oder Einbehaltung der Umsatzsteuer unveränderlich und transparent abgebildet sowie aufbewahrt werden. Dies vereinfacht Compliance-Prozesse. Dazu trägt auch die Idee der Validierung der Umsatzsteuer-Ident Nummer (USt-IdNr.) mit Hilfe der Blockchain-Technologie bei. Die Gültigkeit dieser Nummer könnte zu einem bestimmten Zeitpunkt sichergestellt werden und ihr könnten einzelne Transaktionen zugeordnet werden. Dies wäre durch die Verknüpfung der USt-IdNr. mit einem entsprechenden Hashwert der auszustellenden Rechnung möglich. Die Rechnung würde auf diesem Wege eindeutig durch den Hashwert repräsentiert, ohne ihren genauen Inhalt freizugeben. Anschliessend würde die Transaktion von den Netzwerkteilnehmern validiert und im Falle einer positiven Prüfung mit weiteren Transaktionen zusammengefasst sowie als Block an die Blockchain angefügt.34
Darüber hinaus ist die Digitalisierung und Automatisierung der Dokumentation von Verrechnungspreisen mit Hilfe einer Blockchain durchführbar. Dies würde die bisher oftmals manuellen und daher fehleranfälligen Revisionsprozesse ersetzen. Für unternehmensinterne Forderungen und Verbindlichkeiten könnten Smart Contracts die Einhaltung der massgebenden Verrechnungspreise, deren angemessene Ermittlung und deren Dokumentation übernehmen.35 Wie auch für den Logistik-Sektor, bietet die Zollabwicklung mittels Blockchain Technologie Potentiale für die Steuerberatung. Dies ist der Fall, da Effizienzsteigerung im steuerlichen Bereich durch eine entsprechende Digitalisierung erzielt werden könnten.36
4. Herausforderungen und technische Schwierigkeiten
4.1 Private vs. öffentliche Blockchain
Bei all den Anwendungsfällen und Potentialen bestehen auch einige Herausforderungen beim Einsatz einer Blockchain im Steuerbereich und dem Umgang mit Kryptowährungen. Eines der Probleme ist die Skalierbarkeit bei offenen Blockchain-Technologien. Steigende Datenmengen wirken sich negativ auf Transaktionsgeschwindigkeiten und Wartezeiten aus.37 Dies kommt durch die komplexer werdende Konsensfindung in der Blockchain zu Stande. Bei den vorgestellten privaten Blockchain-Technologien besteht dafür ein anderes Problem: Die fehlende Dezentralität. Ein anfänglicher einzelner Systemteilnehmer nimmt eine vertrauensvolle Instanz – nämlich die Rolle des Betreibers – ein. Das stellt keine offene Blockchain dar und die Dezentralität des Netzwerks wird – wie oben bereits angeführt – stark verringert.38
4.2 Herausforderungen in der Revision
Zwar können Unternehmen mittels Kryptowährungen bei Transaktionen dank dieser Dezentralität ohne Intermediärinnen agieren und dadurch Kosten sparen. Jedoch sind dadurch auch keine Belege – wie bspw. Bankauszüge – über die Transaktion vorhanden.39 Dies erschwert die Revision. Prüfer müssen dementsprechend einen Bestandsnachweis der vorhandenen Kryptowährungen verlangen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die hohe Sicherheit der Blockchain auch zu einem Problem werden kann. Zur Aufbewahrung der Kryptowährungen werden die entsprechenden privaten Schlüssel benötigt. Sollten diese verloren gehen, ist es unmöglich auf die Kryptowährungen zurückzugreifen. Gleichermassen ist es nicht möglich bei unautorisiertem Abschöpfen der Kryptowährung, die Verluste wieder zurückzugewinnen. Deswegen kommt der Prüfung der Verwahrung des privaten Schlüssel sowie Kontrollen der IT, des internen Kontrollsystems und der Ausgestaltung der Sorgfaltspflichten ein grosser Stellenwert im Rahmen der Revision zu.40 Daneben müssen Revisionsstellen feststellen, ob das Management die Gegenseite einer Transaktion vollständig identifiziert und verifiziert hat. Die Revisionsstelle muss zudem prüfen, ob Transaktionen zu marktüblichen Bedingungen ausgeführt wurden. Dies kann komplizierte Prüfungsprozesse mit sich führen.
4.3 Fehlende rechtliche Grundlagen
Eine Reihe von rechtlichen Rahmenbedingungen hemmen zudem den Einsatz einer Blockchain. Ein Problem besteht darin, dass ein Smart Contract rechtlich gesehen keinen Vertrag darstellt. Es handelt sich nur um eine computerbasierte Umsetzung. Während die Dokumentation des Vertrages auf der Blockchain unproblematisch ist, besteht grosse Uneinigkeit bezogen auf die automatisierte Erfüllung der Vertragspflichten.41 Auch wenn es den Vertragsparteien grundsätzlich frei steht, welche gesetzliche Formvorschrift sie wählen und somit auch den Programmcode als Vertragssprache wählen können, haben Smart Contracts bspw. keine rechtliche Bindung, wenn es zum Wirksamwerden des Vertrages der eigenhändigen Unterschrift bedarf.42 Im Schweizer Recht fehlen Anpassungen der Rechtsordnung hinsichtlich Smart Contracts. Auch der Deutsche Bundestag bestätigt, dass das Prinzip nach dem Smart Contracts funktionieren, nicht in der deutschen Rechtsordnung vorgesehen ist. Demnach würden Smart Contracts durch Zuteilung von Vermögen an neue Eigentümer mittels einer Software, keinem Vertrag nach deutscher Rechtsordnung entsprechen.43
Aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen treten weitere ungewollte Konsequenzen auf. So stellen Smart Contracts, die auf Dauer eingerichtet sind, in manchen Fällen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) dar. Dies führt dazu, dass plötzlich Personen ohne den Wunsch einer dauerhaften Verbindung rechtlich eine GbR mit allen ihren handels- und steuerrechtlichen Ausgestaltungen (bspw. persönlicher Haftung oder veränderte Einordnung von Leistungen und Umsätzen) darstellen.44 Personen, die in solchen Bereichen agieren sind somit verunsichert, wie sie sich rechtskonform verhalten können.
4.4 Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
Ein weiteres Problem ist der Datenschutz. Aktivitäten und gespeicherte Daten auf einer Blockchain sind nicht einfach wieder löschbar. Selbst wenn eine datenschutzrechtlich konforme Einwilligung im Vorhinein über die Speicherung der Daten eingeholt wurde, bleibt das Problem des Löschens bei Widerruf oder Antrag auf Vergessenwerden bestehen. Das jeder EU-Bürgerin durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zustehende Recht auf Schutz der Privatsphäre und seiner personenbezogenen Daten kann zu einer Hürde in der Gestaltung und Betreibung einer Blockchain werden. Denn auch wenn die Transaktionen auf vielen Blockchains anonym sind, lassen sich einige dennoch bis zu ihren Ausführern zurückverfolgen.45
4.5 Unzureichende Akzeptanz und Anreize
Daneben fehlt es weiterhin an Akzeptanz, Vertrauen und Anreizen hinsichtlich der effektiven Nutzung von Blockchain-Technologien in der Steuerberatung. Unternehmen wie auch Behörden müssen zusätzlich Ressourcen für das Studieren der Technologie sowie für die Infrastruktur bereitstellen. In erster Linie: Rechenkapazität, Speicherplatz und Wissen. Hinzukommend wäre für einen dezentralen Betrieb einer Blockchain die selbstständige Verwaltung der benötigten Hardware und die Sicherstellung der Verfügbarkeit der Blockchain-Anwendung erforderlich.46 Hierfür müssten Mitarbeitende akquiriert oder entsprechend geschult werden. Auch die Belastungsfähigkeit der Server wäre zu testen. Es wird schnell klar, dass eine Einführung der Blockchain-Technologie mit viel Kosten, Weiterbildung und Umstrukturierung verbunden ist. Das ist für viele Kanzleien zeitlich, fachlich und technisch nicht möglich.
Dies trifft vor allem zu, so lange keine Anreize einer Verwendung oder Prüfung der Blockchain-Technologie bestehen und auch die Behörden keine konkreten Massnahmen zu einer Einführung der Blockchain-Technologie veröffentlichen oder unterstützen. Zudem ist nicht zu vergessen, dass viele Personen und Unternehmen der Blockchain-Technologie generell noch unwissend oder skeptisch gegenüberstehen. Diese Skepsis wird durch den Umgang und der digitalen Abbildung von sensiblen Daten oftmals verstärkt.
4.6 Bilanzierung und Bewertung von Kryptowährungen
Einige Steuerberatungen haben sich zumindest ansatzweise mit der buchhalterischen und steuerrechtlichen Behandlung von Kryptowährungen auseinandergesetzt. Jedoch trifft dies noch nicht auf die breite Masse zu und führt oftmals zu neuartigen Problemen. In erster Linie muss der Verwendungszweck der Token klargestellt werden, da davon die entsprechende Bilanzierung abhängt. Auch müssen die steuerlichen Folgen für das Unternehmen, die Gründerinnen und die Mitarbeiter bedacht werden, um Kürzungen der Vorsteuer und weitere ungünstige Folgen zu verhindern.47 Dazu muss der Token klassifiziert werden. Da Kryptowährungen keine gesetzlichen Zahlungsmittel sind, gelten sie nicht als flüssige Mittel.48 Sie werden vielmehr in die Kategorien Vermögens-, Nutzungs-, oder Zahlungsmitteltoken eingeordnet.49 Neben der Bilanzierung hängt von dieser Einordnung auch die Bewertung ab. Bei dieser kann es zudem zu Schwierigkeiten kommen, da für weniger bekannte Token keine Kurslisten von der EStV ausgegeben werden. Diese müssen folglich anderweitig ermittelt werden. Darüber hinaus werden einige Token nicht ausgegeben, sondern vom Emittenten selbst gehalten. Dies stellt eine Schwierigkeit dar, da der Preis pro Token zu diesem Zeitpunkt nicht in einem aktiven Markt festgelegt werden kann. Dadurch müssen Ereignisse nach dem Bilanzstichtag berücksichtigt werden. Das Ganze wird dadurch verstärkt, dass zwischen Veranlassung und Ausführung einer Transaktion eine Zeitdifferenz entsteht, was gerade in Zeiten des Geschäftsjahreswechsel besonderer Aufmerksamkeit bedarf.50
Im Gegensatz zu Fiat Währungen (das von der Zentralbank ausgegebene Geld), die über standardisierte Kürzel verfügen, fehlt eine derartige weitverbreitete Identifizierung bei Kryptowährungen. Stattdessen verwenden Börsen für die an ihnen gelisteten Kryptowährungen eigene Symbole zur Identifikation. So ist es keine Ausnahme, dass verschiedene Börsen das gleiche Symbol für unterschiedliche Währungen nutzen oder gleiche Währungen mit verschiedenen Symbolen identifizieren. Dies macht deutlich das eine genaue Identifikation des Tokens unerlässlich ist. Darüber hinaus ist es wichtig, die angewandten Wechselkurse und Verkehrswerte zu den einzelnen Transaktionen zu bestimmen. Oftmals können die betroffenen Mandanten diese nicht zuverlässig ermitteln oder liefern. Sie benötigen dabei die Unterstützung der betreuenden Kanzlei.
Eine weitere Herausforderung stellt die Anzahl erfolgter Transaktionen der Mandantinnen dar. Die Zahl von einer Millionen Transaktionen aufwärts pro Jahr ist schnell erreicht und schliesst ein manuelles Aufarbeiten und Überprüfen der Transaktionen nahezu aus. Dementsprechend sollte dieser Prozess automatisiert werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass verschiedene Typen von Mandantinnen mit verschiedenen Anforderungen an die Aufbereitung ihrer Daten erscheinen. Solche individuellen Anforderungen müssen berücksichtigt werden und abbildbar sein. Gleichermassen sollte bei der buchhalterischen Erfassung von Kryptowährungen frühzeitig eingeplant werden, dass deren Prüfung auf Nachvollziehbarkeit und Vollständigkeit ermöglicht wird.
5. Lösungsansätze
5.1 Ausgestaltung von Smart Contracts
Hinsichtlich des Wirksamwerdens der Smart Contracts ist es möglich, in einem ersten Schritt einen klassischen Vertrag in Schriftform zu verfassen. Auf Grundlage dieses Vertrags kann anschliessend ein Smart Contract programmiert werden. Dieser setzt dann bei Erfüllung der Bedingungen das Vereinbarte automatisiert um. Zudem bräuchten Smart Contracts eine Rechts- und Handlungsfähigkeit.51 Nach Anmeldung und Prüfung eines solchen Smart Contracts, wäre auch die steuerrechtliche Frage des Anknüpfungspunktes und damit der Gewinnbesteuerung geklärt. Eine Anmeldung würde die Vertragsparteien und die Algorithmen, auf Basis derer die Vermögensübertragungen stattfinden, beinhalten.
5.2 Blockchain- und Token-Konzeption
Auch hinsichtlich des Datenschutzes müssten sich Unternehmen schon beim Aufbau und Planung der Blockchain mit entsprechenden Regulierungen detailliert auseinandersetzen, um nicht später in Schwierigkeiten zu gelangen. Das Löschen personenbezogener Daten könnte auch durch das Errichten einer nachträglich veränderbaren Blockchain ermöglicht werden. Jedoch sollte man sich dabei im Klaren sein, dass dadurch eine zentrale Eigenschaft der Blockchain, die Dezentralität, verloren geht. Vertrauenswürdige Administratoren hätten in diesem Fall die Aufgabe, entsprechende Änderungen im Netzwerk durchzuführen ohne dabei die Authentizität der Blockchain zu gefährden.
Um nachträglich auftauchende Unannehmlichkeiten und Mehraufwand zu vermeiden, sollten Token-Emittenten schon bei der Konzeption des Tokens die bilanzielle Erfassung und die steuerlichen Rahmenbedingungen mit der Revision abstimmen.52 Dies gilt nicht nur für die steuerliche Situation der juristischen Person, sondern auch für die der Gründerinnen und der Mitarbeiter. Gründerinnen halten oftmals einen gewissen Anteil der Token selbst oder entlohnen ihre Mitarbeiter in Token, woraus sich je nach Ausgestaltung nachteilige steuerliche Konsequenzen ergeben können.53
5.3 Ermittlung des Wertes der Kryptowährung
Gleichermassen kommt der Ermittlung des Verkehrswertes der Kryptowährungen Bedeutung zu, da sich dieser auf die Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer und Sozialversicherung auswirkt.54 Um nach Ausgabe der Token oder bei Halten verschiedener Krypto-Vermögenswerte die Kryptobestände nachzuweisen, kann man sich (im Beisein des zuständigen Prüfers) in das entsprechende Konto einloggen. Alternativ kann die Revisionsstelle eine Nachricht zur Unterzeichnung an die «public adress» der Kundin senden. Die Kundin retourniert die Nachricht im Anschluss an die Unterzeichnung mit ihrem privaten Schlüssel an den Prüfer.55
Als dritte Variante kann aber auch das Management beauftragt werden, eine bestimmte Transaktion innerhalb des Unternehmens zu tätigen. Zur Nachvollziehbarkeit dieser und weiterer getätigten Transaktionen sowie zu deren Prüfung auf ausreichende Identifizierung der Vertragsparteien, kann mittels Datenanalyse die Transaktion auf der Blockchain zurückverfolgt werden. Dies ist aufgrund der öffentlichen Einsehbarkeit der Blockchain möglich und erleichtert den Prüfungsprozess.
5.4 Treffende Bilanzierung und Bewertung durch automatisierte Prozesse und Schnittstellen
Hinsichtlich der buchhalterischen und steuerlichen Handhabung von Kryptowährungen ist es wichtig darauf zu achten, dass in den von den Kunden übermittelten Dokumenten ausreichend Informationen zu den einzelnen Kryptowährungen vorhanden sind, um diese eindeutig identifizieren zu können. Damit es zu keinen Verwechslungen aufgrund von nicht eindeutigen Identifizierungskürzeln verschiedener Börsen kommt, kann je nach Anwendungsfall ein intern angelegtes Mapping von Vorteil sein. Dies ist zudem wichtig, um die Mandanten bei der Ermittlung der angewandten Wechselkurse zu unterstützen. Die Kurse können über eine technische Schnittstelle automatisiert bei der entsprechenden Börse abgefragt und den Transaktionen zugeordnet werden.
Alternativ existieren weitere Lösungen in Form einer vereinheitlichten Schnittstelle zu diversen Börsen oder in Form von bestimmten Formeln, die Preise von entsprechenden Kryptowährungen berechnen und automatisiert abfragen. Liegen die Trades in der Vergangenheit, stehen die Kurse der einzelnen Tage normalerweise in open und close Kursen zur Verfügung. Da viele Kryptowährungen zudem eine hohe Volatilität aufweisen, ist es wichtig, die richtigen Kurse zu ermitteln und deren transparente Berechnung nachweisen zu können. Um einen effizienten Prozess der Übernahme getätigter Kryptotransaktionen in die Buchhaltung zu gewährleisten, sollte dieser automatisiert werden. Standardbuchhaltungsprogramme unterstützen dieses Vorgehen nach heutigem Stand noch nicht. Es bedarf daher eines Investments in Softwareentwicklung und Serverinfrastruktur.
Um den Aufwand auf Seiten der Mandanten gering zu halten, kann zudem durch enge Zusammenarbeit sichergestellt werden, dass individuelle Anforderungen und Gegebenheiten hinsichtlich der Datenqualität und –aufbereitung berücksichtig werden. Diese können je nach Tokenart und Herkunftsland des Trades unterschiedliche Ausgestaltungen aufweisen. Die entsprechenden Informationen werden dann für die Buchhaltung vorbereitet und verarbeitet. Eine grobe automatisierte Grundprüfung über die Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit der Daten kann im Nachhinein durch das Zugreifen auf die Orderbooks (Liste aller offenen Kauf- und Verkaufgebote) der Börsen vollzogen werden. Dennoch ist es wichtig, einen Abgleich vorzunehmen und zu prüfen, ob der Mandant über weitere Token verfügt. Da in diesem Bereich keine umfassenden Auszüge oder Belege vorliegen, ist ein enger Austausch mit dem Mandanten notwendig, um zu verifizieren, dass kein Wallet vergessen oder verschwiegen wurde.
6. Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Blockchain-Technologie immer mehr Aufsehen erregt. Ihr Einsatz wird zunehmend von Unternehmen geprüft. Durch ihre präsentierten Vorteile im Hinblick auf Transparenz, Anonymität, Validität und Dezentralität sowie ihrer hohen Sicherheit geniesst sie steigendes Interesse und zunehmendes Vertrauen. Bezogen auf steuerliche Sachverhalte wurde herausgestellt, dass es gerade auch hinsichtlich der Revision viele Anwendungsszenarien auf unterschiedlichen Ebenen gibt und Effizienzsteigerungen durchaus möglich sind. Auf die genaue Ausgestaltung sowie neue Ideen und Projekte – vielleicht auch von staatlicher Seite – wird mit Spannung gewartet. Um das Ganze zu vereinfachen und zu beschleunigen ist zudem auf eine klare rechtliche Einordnung und gesetzliche Definition der Smart Contracts, der Blockchain-Technologie sowie deren Ausgestaltungen und Handhabungen zu hoffen. Gleichermassen trifft dies auf datenschutzrechtliche Fragen zu. Unterstützend würden zudem finanzielle und fachliche Anreize zur Erforschung und Umsetzung der Technologie im Steuerbereich wirken. Währenddessen gilt es, den buchhalterischen und steuerrechtlichen Umgang mit Kryptowährungen und deren Abbildung zu perfektionieren und in den Alltag einer Steuerkanzlei einzugliedern.
01 PwC, Blockchain is here. What’s your next move?, 2018, online gefunden am 23. April 2020 unter: https://www.pwc.com/gx/en/issues/blockchain/blockchain-in-business.html.
02 Langer Matthias/Nägele Thomas; Blockchain- und tokenbasierte Unternehmen in Liechtenstein - Steuerliche und rechtliche Fragen und Antworten, IWB 6 (2018), S. 240 (zit.: Langer/Nägele).
03 Eixelsberger Wolfang/Wundara Manfred/Huemer Walter, Blockchain in der Verwaltung, in: Stember Jürgen/Eixelsberger Wolfang/Spichinger Andreas/Neuroni Alessia/Habbel Fraunz-Reinhard/Wundara Manfred (Hrsg.), Handbuch E-Government, Wiesbaden 2019, S. 506 (zit.: AutorIn in: Stember/Eixelsberger/Spichinger/Neuroni/Habbel/Wundara).
04 Hemmerle Mathias/Langer Matthias, Blockchain-Technologie und die damit verbundenen Auswirkungen für Wirtschaftsprüfer, IRZ 4 (2019), S. 150 (zit.: Hemmerle/Langer).
05 Asolo Bisade, Full Node and Leightweight Node, November 2018, online gefunden am 23. April 2020 unter: https://www.mycryptopedia.com/full-node-lightweight-node/.
06 Hein Cathrin/Wellbock Wanja/Hein Christoph, Rechtliche Herausforderungen von Blockchain-Anwendungen - Straf-, Datenschutz- und Zivilrecht, Wiesbaden 2019, S. 14 (zit.: Hein/Wellbock/Hein).
07 Eixelsberger/Wundara/Huemer in: Stember/Eixelsberger/Spichinger/Neuroni/Habbel/Wundara, S. 507.
08 Bitpanda Acadamy, Was ist eine Bitcoin Node?, online gefunden am 14. April 2020 unter: https://www.bitpanda.com/academy/de/lektionen/was-ist-eine-bitcoin-node/.
09 Gayvoronskaya Tatiana/ Meinel Christoph/ Schnjakin Maxim, Blockchain – Hype oder Innovation, Technischer Bericht Hasso-Plattner-Instituts Nr. 113, Potsdam 2018, online gefunden am 23. April unter: https://publishup.uni-potsdam.de/opus4-ubp/frontdoor/deliver/index/docId/10314/file/tbhpi113.pdf.
10 Nofer Michael/Gomber Peter/Hinz Oliver/Schiereck Dirk, Blockchain, Business & Information Systems Engineering 59(3) (2017), S. 183ff.
11 Scherschel Fabian/Bögeholz Harald, Bitcoin-Mining – Währung im Kollektiv, Juni 2017, online gefunden am 23. April unter: https://www.heise.de/ct/artikel/So-funktioniert-die-Kryptowaehrung-Bitcoin-3742304.html?seite=2.
12 Hemmerle/Langer, S. 150.
13 Hein/Wellbock/Hein, S. 11.
14 Langer/Nägele, S. 240.
15 Voshmgir Shermin, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, online gefunden am 23. April unter: https://www.technologiestiftung-berlin.de/fileadmin/daten/media/publikationen/170130_BlockchainStudie.pdf, S. 13 (zit.: Voshmgir).
16 Schrey Joachim/Thalhofer Thomas, Rechtliche Aspekte der Blockchain, NJW 20 (2017), S. 1431 ff.
17 Voshmgir, S. 16.
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21 Langer Matthias, Das liechtensteinische «Blockchain Gesetz» (TVTG) aus Sicht der Steuerberatung, in zsis) 2/2020 (abrufbar unter: publ.zsis.ch/A3-2020).
22 Voshmgir, S. 14.
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25 Reuse/Frère/Schaab, S. 47.
26 Preuss Peter, Blockchain-Technologie – Funktionsweise und ausgewählte Anwendungsbeispiele in der Finanzindustrie, in: Seidel Marcel (Hrsg.); Banking & Innovation 2018/2019: Ideen und Erfolgskonzepte von Experten für die Praxis, Stuttgart 2019, S. 78.
27 Eixelsberger/Wundara/Huemer in: Stember/Eixelsberger/Spichinger/Neuroni/Habbel/Wundara, S. 514.
28 Fatz Filip/Fettke Peter/Hake Philip/Risse Robert, Potenziale von Blockchain-Anwendungen im Steuerbereich, HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 55 (2018), S. 1233 (zit.: Fatz/Fettke/Hake/Risse).
29 Hemmerle/Langer, S. 152.
30 Fatz/Fettke/Hake/Risse, S. 1235.
31 Hyvärinen Hissu/Risius Marten/Friis Gustav, A blockchain-based approach towards overcoming financial fraud in public sector services, Business & Information Systems Engineering 59 (2017), S.441–456.
32 Gross Stefan, Mit der „Blockchain“ aus dem Umsatzsteuer-Dilemma, Umsatzsteuer Rundschau 66(13) (2017), S.501–502.
33 Dautzenberg Norbert, Karussellgeschäfte, Februar 2018, online gefunden am 23. April 2020 unter: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/karussellgeschaefte-51782/version-274933.
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36 Botton Nicolas, Blockchain and Trade: Not a Fix for Brexit, but Could Revolutionise Global Value Chains (If Governments Let It), ECIPE 1 (2018), S. 2-3.
37 Bauer Michael Faustino/Schulte Martin/Schwab Jakob Benjamin, Was Blockchain für Accounting bedeutet, Controlling & Management Review 63 (2019), S. 41.
38 Nakamoto Satoshi, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, 2008, S. 2, online gefunden am 23. April 2020 unter: https://bitcoin.org/bitcoin.pdf.
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45 Deloitte, Die Blockchain aus Sicht des Datenschutzrechts - Eine kurze Einführung zu datenschutzrechtlichen Implikationen, online gefunden am 23. April 2020 unter: https://www2.deloitte.com/dl/de/pages/legal/articles/blockchain-datenschutzrecht.html.
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48 Hemmerle/Langer, S. 151.
49 Langer Matthias, Das liechtensteinische «Blockchain Gesetz» (TVTG) aus Sicht der Steuerberatung, zsis) 2 (2020).
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53 Langer Matthias, Liechtenstein: Elysium für Krypto und Blockchain basierte Unternehmen? - Eine steuerrechtliche Analyse, SteuerRevue 11 (2017), S. 846 ff.
54 Langer, Steuercheck, S. 76.
55 Hemmerle/Langer, S. 151.